Chronik des Ewigen Imperiums der Herren der Ordnung

Von Robin Haseler alias Gavin Darklighter

           

 

             

Inhalt:   Prolog
            Kapitel 1
            Die Imperiale Akademie der Zauberweber
            Hafen der Ordnung
            Bote aus der Ferne
            Die Sitzung in Ortu
            Die Stadtmiliz
            Piraten!
            Böse Kunde
            Das Winterende
            Kapitel 2
            In neuen Landen
            Knightsbridge
            Weiter nach Hamlet of Wainthorpe
            Der Groboldkönig
            Der Schatten in der goldenen See
            Eine neue Nation
            Tanelorn – Fels in der Brandung
            Kapitel 3
            Neue Zeiten – Der AM Krieg
            Der Angriff auf die düstere Insel
            Der lange Marsch
            Die Belagerung der Hauptstadt von Death & Honor
            Rückzug
            Der Ruf zu den Waffen
            Der Aftermath Frieden
            Die Ankunft in Carnage
            Das Juwel des Südens
            Kapitel 4
            Wiederaufbau
            Das Haus der Frösche greift an
            Der Feind in Tanelorn
            Überfall auf Defiance
            Wunderliche Verbündete
            Wer anderen eine Grube gräbt
            Die Schlacht um Defiance
            Die Verteidiger von Tanelorn
            Zurück in Afens Heaven
            Frieden mit den Fröschen

 



            Kapitel 5
            Amazonenjagd
            Eternal
            Die Ferengi Allianz
            Schlachtfest bei Aertemus
            Die dunklen Tage
            Ehre und Stärke
            Kapitel 6
            Neue Banner über Ferenginar
            Der Turm der Zauberweber
            Die Vogelfreien
            Die Blutroten Adler
            Kapitel 7
            Schon wieder Afens Heaven
            Die Nordallianz
            Der Weg der Ordnung
            Die Zen Knights
            Alles hat ein Ende
            Kapitel 8
            Der Fall des dunklen Goliath naht
            Der Errant-Krieg
            Kapitel 9
            Die Diener des Chaos
            Feuer und Blut
            Die Ordnung und das Chaos (19. März)
            Die Belagerung von Tanelorn (03. April)
            Tage der Entscheidung (13. April)
            Kapitel 10
            Outpost und die Chaosinsel (13. April)
            Die imperiale Provinz (13. April)





 

(Buch: Die Carnage Expedition)

Prolog

Tagebucheintrag von Gavin Darklighter

"Heute war ein sehr guter Tag für uns. Dank dem guten Wetter gedeiht das Korn und wächst wie Unkraut. Unser Dorf ist in den letzten zwei Wochen um drei Familien gewachsen. Mit großem Eifer haben die Neuankömmlinge heute zusammen mit uns den Kornspeicher weiter ausgebaut. Ich denke wir werden auch mit diesen neuen Bewohnern gut über den Winter kommen. Die neue Ordnung die der Imperator geschaffen hat zahlt sich wirklich aus. Soviel Wohlstand gab es lange Zeit nicht. Ich kann mich schon kaum noch an einen ernsthaften Orküberfall erinnern. Die Waldläufer haben so gut wie jedes Orklager der Gegend ausgeräuchert. Wir haben endlich Frieden. Aber inzwischen liegen wir ja mehr oder weniger im Kern eines großen Reiches. Das bemerkt man tagtäglich. Immer öfter beziehen Reisende bei uns Nachtquartier. Ich denke ich werde der Bittstellung der Familie Donnerfuß stattgeben und das Schankrecht an sie vergeben. Morgen werde ich sie zu mir rufen. Es ist selten, dass ich wirklich offiziell als Vogt des Dorfes etwas zu tun habe. Aber in diesem Fall ist alles nach dem imperialen Recht genau geregelt. Nun... sehen wir, was die nächsten Tage bringen werden."


Kapitel 1

Die imperiale Akademie der Zauberweber

Molly Witchblade hatte ein im Wind wallendes Kleid aus smaragdgrüner Seide angelegt. Die langen kunstvoll bestickten Ärmel wiegten sich sachte im aufkommenden Wind. Langsam strich sie sich eine Strähne ihres Haares aus dem Gesicht und betrachtete von ihrem Aussichtspunkt die Stadt. Stolz erfüllte ihr Herz als sie vom großen Turm der Magier auf die vielen kleine Gebäude unter ihr blickte. Die Stadt der Gilde Witchcraft war stark gewachsen und zum Zentrum der Magie im Imperium geworden. Molly konnte die Magie der Stadt spüren. In allen Ecken pulsierte die magische Energie. Mentoren verschiedenster Disziplinen führten ihre Experimente auch in diesem Augenblick durch. Unter dem Turm wimmelte es geradezu von Anwärtern der magischen Schulen. Doch heute war einiges anders. Lange Banner mit dem Wappen der Ordnung, des Imperiums und der Witchcraft zierten den Turm. Auch die restliche Stadt war festlich geschmückt. Aus allen Ecken des Reiches waren Vertreter gekommen. Große Besucherströme aus dem Umland waren in der Stadt einquartiert.

Die Ankunft des Imperators warf schon seit einer Woche ihre Schatten voraus. Seit der Pflanzung des Baums des Lebens hatte es kein solches Ereignis mehr in Coven gegeben. Nun war die kleine Ansammlung von Häusern zu einer prächtigen Stadt gewachsen. Die drittgrößte Stadt im Reich. Ein lautes Schnauben hinter ihr kündete davon, dass Zardoz den Balkon betrat. Leise scharrten seine Hörner an dem für einen Minotauren recht niedrigen Torbogen. Er neigte leicht den Kopf. "Alles ist für die Ankunft des Imperators bereit, Herrin." Molly blickte den großen Minotauren lächelnd an. "Ich danke dir. Das wird ein rauschendes Fest werden." Sie kraulte ihn kurz am Bauch, weiter nach oben kam sie auch gar nicht, und verließ dann den Balkon.

Leise klackten seine Stiefel bei jedem Schritt den er auf dem feinen Marmorboden machte. Duncan Idaho ging noch einmal den Saal im Inneren des Magierturms von Coven ab. Prüfend blickte er nach oben und beobachtete das immerwährende magische Feuer, welches aus einem Bannkreis im Zentrum des Turmes aufstieg. Mit einem Anschlag rechnete hier gewiss niemand, die Stadt Coven war alles andere als ein Sicherheitsrisiko. Dennoch war es die Pflicht von Duncan alle Orte zu kontrollieren an denen der Imperator auftreten würde. Die Krieger der Gilde Witchcraft hatten gute Arbeit geleistet und mit der Hilfe der Zauberweber suspekte Personen aus der Stadt verwiesen. Sicher konnte man sich aber nie sein. Daher würde die Ehrengarde des Imperators - bestehend aus Truppen der Stahlwölfe immer an der Seite des Imperators bleiben. Duncan Idaho ging in Gedanken noch einmal die Schritte der offiziellen Zeremonie durch. Das war ein großer Tag für Coven stellte er fest. Die Stadt würde schon morgen den Titel "Imperiale Akademie des Imperiums" tragen.


Hafen der Ordnung

Das "Eltwyn"-Vollblut schnaubte laut auf und tänzelte nervös. Schlachtenlärm konnte den weißen Hengst nicht schrecken, doch eine Menschenmenge die wie auf Kommando zu jubeln begann machte ihm immer noch ein wenig Angst. Beruhigend tätschelte Bigfoot seinem Hengst und sprach ein paar Worte mit ihm. Die Masse des Volkes hatte schon den ganzen Morgen auf die Ankunft des Imperators in Ortu, der neu erbauten Hafenstadt des Imperiums gewartet. Wie bei seinem Besuch in Coven wurde der Imperator der Ordnung frenetisch gefeiert. Viele Besucher waren in die Stadt geströmt um ihren Herrscher einmal aus der Nähe zu sehen. Dem entsprechend viele Probleme hatten die Wachen und Ordnungshüter der Stadt, die Bürger im Zaum zu halten. Schmunzelnd beobachtete Bigfoot aus den Augenwinkeln wie ein Zwerg versuchte einen Minotauren zur Ordnung zu rufen, weil er den Pferden zu nahe gekommen war. Doch erst als ein ebenso großer Minotaure in schwerer Panzerung auf den widerwilligen Bürger zuschritt, kam dieser zur Vernunft. Bigfoot nickte dem einzigen Minotauren seiner Leibgarde dankend zu. Es hatte oft seine Vorteile Malebolgia bei sich zu haben, auch wenn er manchmal eine etwas wilde Art pflegte. Sein Freund und gleichzeitig Anführer der Stahlwölfe, Duncan Idaho schaffte es in der Regel in zu zügeln. Bigfoot gab dem Hengst mit einem leichten Druck seiner Beine zu verstehen, dass er weiter wollte. Lächelnd grüßte der Imperator in alle Richtungen und winkte seinen Untertanen zu. Auf seinem weißen Hengst und in der polierten Panzerrüstung sah er regelrecht überirdisch aus, was beabsichtigt war. Hinter dem strahlenden Lächeln hing Bigfoot seinen Gedanken nach. Immer noch mochte er diese Auftritte vor dem Volk nicht wirklich. Es war ihm zuviel Theater. Doch seine Berater bestanden darauf und erinnerten ihn daran, was er für das Volk darstellte. Er war das Symbol der Ordnung, ja im Grunde musste er das gesamte Imperium verkörpern. Molly Witchblade hatte es einmal ganz treffend beschrieben. Das Imperium ist so stark wie sein Anführer. Erscheint dieser schwach, schwächt dies auch das Imperium.

Vor der örtlichen Kirche der Ordnung kam der Zug zum stehen. Während Bigfoot weiterhin dem versammelten Volk zuwinkte, saß zuerst die Ehrengarde ab und postierte sich auf dem Platz. Niemand sollte die Chance erhalten dem Imperator Schaden zuzufügen. Erst als einer der Gardisten dem Imperator ein verstecktes Zeichen gab, saß auch Bigfoot ab und ging langsam über den Platz. Die Luft roch hier bereits sehr salzig, obwohl kein Wind vom Meer her blies. Bigfoot genoss den Duft des Meeres einen Augenblick, bevor er die Stufen zur Kirche empor stieg. Das Volk sah dies als ein Innehalten vor dem Gebäude welches dem Allvater geweiht war und glaubte der Imperator zollte damit seinen Respekt. Der Jubel flammte erneut auf und wurde erst leiser als Bigfoot mit vier Gardisten durch die großen Tore getreten war. Ein etwas nervöser Lord ging vor dem Imperator auf die Knie und dankte ihm für seinen Besuch. Bigfoot musste unwillkürlich lächeln. Der Lord war erst vor kurzem zu den Herren der Ordnung gestoßen, jener Gilde welche noch immer den Kern des Imperiums darstellte und hatte dort schnell sein Talent als Verwalter bewiesen. So war ihm die Aufgabe zugekommen zusammen mit dem Generalprotektor Taker dieses kleine Fischerdorf in eine Stadt zu verwandeln. Umso nervöser war der Lord nun, als der Imperator kam um das Ergebnis der Arbeiten zu begutachten. Lange hatte es dem Imperium an geeigneten Handelswegen über See gefehlt. Das Straßennetz welches unter der Führung von Taker gebaut worden war, bewies sich zwar als bedeutendes Mittel um Handel zu treiben und Truppen zu verlegen, doch manche Ware, konnte man so nur schwer erhalten. Daher hatte man sich entschlossen das günstig liegende Dorf Ortu auszubauen. Es hatte nur acht Monate gedauert bis der Hafen fertig gestellt worden war. Neben der Werft und dem nun ausgebauten Hafenbecken waren Kasernen, Schmieden und eine Unzahl von Kontoren erbaut worden. Kaum hatten die ersten neugierigen Händlerschiffe halt in dem Hafen gemacht, waren Händler aus dem Umland aufgetaucht und siedelten sich in Ortu an. Der Orden des Allvaters und ihre Mönche hatten natürlich auch nicht lange auf sich warten lassen. Schon alleine weil die Kirchen als Hort der Sicherheit auch im Imperium die Funktion der Banken übernahmen, durfte eine Kirche des Allvaters in Ortu nicht fehlen. Von nun an konnten auch exotischere Waren ihren Weg in das Imperium finden. Erste Ergebnisse dieser Mühen erblickte Bigfoot bei seinem kurzen Gang über den neuen Markt, dem Umschlagplatz für die Händler. Seltsame Früchte waren dort ausgestellt und der Händler ließ es sich nicht nehmen, dem Imperator einige davon anzubieten. Zum Missfallen der Leibgarde versuchte Bigfoot neugierig die Früchte. Sie waren außerordentlich süß und saftig. Erstaunlich nach der langen Reise, die sie hinter sich haben mussten.

Nach einem Schluck Wein, ebenfalls aus einem fernen Königreich, blieb Bigfoot auf der Terrasse über der recht großen Taverne und blickte auf das Meer. In seinem Rücken wärmten ihn die letzten Sonnenstrahlen der untergehenden Sonne. Es wäre fast idyllisch gewesen, doch überall in der Stadt wurde selbst an diesem Abend eifrig gearbeitet. Bigfoot nahm das Hämmern der Zimmerleute war. Im Hafen wurden gerade zwei Koggen auf dem Trockendock gebaut. Grundstock einer kleinen imperialen Flotte. Da die Taverne auf einer kleinen Anhöhe erbaut worden war, blickte der Imperator auf einen Teil des Ortes hinab. Sanft fiel die Küste zum Meer ab und endete in dem neu gebauten Hafenbecken. Der Kai war noch immer voller Menschen die drei Handelschiffe be- und entluden. Es war erstaunlich, wie schnell die Händler von diesem neuen Hafen erfahren hatten. Herolde hatten die Herren der Ordnung nämlich keine ausgesandt. Bigfoot lächelte zufrieden und nippte an seinem Wein. Ein erfolgreicher Tag für die Ordnung.


Tagebucheintrag von Gavin Darklighter

"Es ist Herbst geworden. Aras' ist inzwischen um einige Familien gewachsen. Erstaunlich wie sich der Handel mit der Hauptstadt für uns auswirkt. Eigentlich liegen wir nicht wirklich günstig, aber die neue Straße, welche sich durch unseren Ort zieht, bringt viele Reisende zu uns. Alle Wege führen in die Ewige Stadt, also auch der von Aras'. Die Schenke des Dorfes - "Zum goldenen Drachen" musste bereits von uns ausgebaut werden. Ein Anbau für weitere Betten und eine zusätzliche Scheune. Der Beamte, welcher die Steuern kassiert wird bei seinem nächsten Besuch sicherlich große Augen machen. Ansonsten haben wir jetzt auch so etwas wie eine Handelsbeziehung mit der Hauptstadt. Wir schlagen Holz und verkaufen es im Winter an die Ewige Stadt. In der großen Ebene gibt es nicht genügend Holz für alle, so können wir wohl den ganzen Winter von dem Holzverkauf leben. Felle und Wildbrett verkaufen wir ebenfalls, aber natürlich nicht in dem Umfang. Genau wie den größten Teil unserer Ernten des Sommers, benötigen wir diese Dinge selbst. Als kleine Gemeinschaft ist es weiterhin unser Ziel uns größtmöglich selbst zu versorgen. In diesem Sinne sehe ich aber zuversichtlich in die Zukunft."


Bote aus der Ferne

Mit dem Ellbogen stützte der Imperator seinen Kopf ab und lauschte den Schilderungen des Händlers, der vor ein paar Tagen erstmals mit seinem Schiff in Ortu vor Anker gegangen war. Es war selten, dass der Imperator einen einfachen Kaufmann empfing. Noch dazu im großen Thronsaal. In imperialen Purpur gewandet saß der mächtige Herr über das Imperium der Ordnung auf dem imposanten Drachenstecherthron. Jenem Thron, welcher aus dem Schädel des Draken geformt worden war, den der erste Imperator der Ordnung erschlagen hatte. Der Kaufmann war sichtlich eingeschüchtert, nicht zuletzt wegen der unzähligen Wachen der Leibgarde die wie Marmorstatuen die Wände säumten und ihre Augen auf ihm Ruhen ließen. "Herr, wie schon gesagt, dieser Kontinent ist sehr weitläufig. Ich wundere mich, mit Verlaub, dass es auf diesem Lande keine Kunde davon gibt. Man nennt ihn Carnage, woher dieser Name stammt kann ich Euch aber nicht sagen. Doch alle verwenden diesen Namen. Carnage unterteilt sich in etwa sechs Landmassen. Es gibt sogar verschiedenste Klimaregionen. Die so genannte Eisinsel ist wie der Name schon sagt ein raues kaltes Land. Doch ebenso gibt es ein Land, welches fast nur aus heißen Wüsten besteht. Dort hat sich ein großer Stamm Irekeis niedergelassen, wie ich selbst sehen durfte. Ein sehr offenherziger Stamm, denn sie lassen alles Volk in ihrer Stadt verweilen. Dann gibt es noch zwei große Landmassen mit angenehmeren Wetter. Dort finden sich einige freie Städte. Viel verlassenes Land, verwüstet durch das Chaos, aber auch eine gute Möglichkeit eine klingende Münze zu machen. Aber wie schon gesagt, es herrscht Chaos im ganzen Land. Oh und dann gibt es noch in der großen Bucht der größten Landmasse eine unwirtliche Insel. Tiefe Wälder, düstere, hohe Berge. Ein Moor schließt an das andere an. Ein ungemütlicher Ort, auch wenn dort so mancher Jäger schon sein Glück gemacht haben soll." Unsicher blickte der Kaufmann um sich, als er mit dieser Beschreibung geendet hatte. Doch der Imperator wollte mehr über das Land erfahren. Er gab dem Kaufmann einen Wink. "Sprich weiter. Was gibt es noch über dieses Land zu berichten? Wer herrscht dort?" "Nun Herr, herrschen? Es gibt einige mächtige Stadtstaaten welche über Carnage vertreut sind. Sie sind so mächtig, dass niemand sie wirklich angreifen würde. Doch nie war eine dieser Städte mächtig genug ihre Herrschaft über das wilde Land auszubreiten." "Keinerlei Königreiche? Fürstentümer oder anderes?" fragte Bigfoot erstaunt. Der Kaufmann schüttelte den Kopf. "Nichts was dem Imperium gleicht. Es herrscht Chaos, Tod und Zerstörung. Nur wenige Gemeinschaften, Gilden oder Heerführer gelingt es eine Stadt zu errichten die sich behauptet." "Das klingt so, als ob dieses Land wirklich eine schlimme Zeit gesehen hat," dachte der Imperator laut nach und kratzte sich nachdenklich am Kinn. Mit einem Wink entließ er den Kaufmann. Sofort wurde er zu den Kartenzeichnern des Imperiums gebracht um sein Wissen im Detail weiter zu geben.


Die Sitzung in Ortu

Die schweren Stiefel von Duncan Idaho hallten laut auf dem Steinboden nach und kündigten sein Kommen an. Alle Augen waren auf ihn gerichtet. Da er die Sicherheit des Gebäudes ein zweites Mal überprüft und die Wachposten kontrolliert hatte, stieß er als Letzter zur Sitzung. Fast alle Berater und hohen Würdenträger waren versammelt. Gildenführer, Anführer der Heereseinheiten, die Generalprotektoren, alle waren sie in die Hafenstadt Ortu gereist um sich mit dem Imperator zu beraten. Es gab selten eine so große Sitzung und das die Wahl für den Ort der Sitzung auf die neue Hafenstadt Ortu gefallen war, schien auch nicht ohne Bedeutung. Trotz seines hohen Ranges hatte Duncan keinen blassen Schimmer um was es sich in der Sitzung drehen sollte. Die Gesichter der Anwesenden zeugten meist von demselben Unwissen. Zwei Wachen schlossen hinter Duncan die Tore des Sitzungssaals. Dieser befand sich im Herzen der neu errichteten Festung von Ortu. Duncan Idaho schlug sich mit der Faust auf die Brust und grüßte den Imperator. „Für die Ordnung, Imperator.“ Bigfoot nickte ihm zu und erwiderte den Gruß knapp. Einen Augenblick herrschte Schweigen, dann erhob sich der Imperator aus seinem Sessel. „Ihr habt alle von diesem unbekannten Kontinent gehört nehme ich an?“ fragte er in die Stille hinein. „Carnage – Hort des Chaos,“ sinnierte Bigfoot. Er ging zu einem Tisch im hinteren Teil des Saales und holte von dort eine große Rolle Pergament. Schwungvoll rollte er das Pergament auf dem Sitzungstisch aus. Eine große Karte erschien, bunt, mit vielen Kommentaren und Hinweisen. „Hier findet sich alles was wir über dieses Land wissen.“ Er deutete auf die größte Landmasse. „Außer dem Chaos existiert dort weniges. Ordnung ist für dieses Land ein Fremdwort. Von dort drohen uns mehr Gefahren als von allen anderen Orten von denen wir bisher Berichte erhielten.“ Galandril räusperte sich leise. „Meint Ihr wir sollten dieses Land erobern?“ Bigfoot blickte einen Augenblick auf die Karte, schüttelte dann aber den Kopf. „Das Imperium der Ordnung war noch nie eine Expansionsmacht. Wir bringen die Ordnung und vernichten das Chaos. Doch dem Volk lassen wir die Wahl über den Anschluss an das Reich.“ Zustimmend nickte Molly und bewegte sich fast lautlos näher an de Kartentisch. „Ja das ist wahr. Wir können dort nicht einfach landen und das Land eingliedern. Schaut Euch die Karte an.“ Langsam strichen ihre langen Finger über das Pergament und deuteten auf viele kleine eingezeichnete Ortschaften. „Es gibt dort Orte an denen herrscht jemand. Auch mit Ordnung vermute ich und behauptet sich gegen das Chaos.“ „Mehr oder weniger“, schaltete sich Cohinor Thelos ein und deutete auf große Gebiete ohne Siedlungen aber mit vielen Hinweisen für Ruinen und Orkdörfern. „Carnage strahlt förmlich das Chaos aus. Es ist wie eine Brutstätte. Am liebsten würde ich sofort mit meinen Elfenkriegern aufbrechen um dieses Nest auszuräuchern.“ „Wir wissen wie sehr die New Steel Wind das Schleifen von Orkdörfern lieben“, meinte Taker scherzhaft, dann wurde er wieder ernst, „aber schau dir diese Landschaft an. Unwegsam, keine Straßen. Es gibt kaum den Hauch von einer Struktur. Wenn es hier je ein Reich gegeben hat, ist es seit langem zerfallen. Es wird selbst für die Elfen schwer sein, dort zu kämpfen. Schon allein die Versorgung. Bei so wenigen Siedlungen würde man einen ganzen Tross zur Versorgung benötigen.“ „Und sich damit einen Klotz ans Bein hängen“, ergänzte Galandril. Taker nickte zustimmend. „Wir sollten mehr über das Land erfahren“, sagte Duncan nach einer Pause der Diskussion. „Weder wissen wir, wer dort in den Siedlungen herrscht, noch wie sie sich zu uns verhalten würden. Die Angaben über die Landschaft sind in vielen Fällen auch völlig ungenau. Der Kaufmann hat uns schließlich nur einige Wege beschrieben, den Rest hat er selbst von Anderen gehört.“ Er deutete mit dem Finger auf einen hohen Berg. „Wer sagt, dass dort kein See liegt und der Kaufmann nur nicht zugehört hat.“ Wieder schwieg der Beraterstab einen Augenblick. Alle Augen ruhten auf der Karte. Der Imperator hatte sich während der Diskussion wieder in seinen Sessel niedergelassen und seinen Beratern gelauscht. Es waren umsichtige Männer und Frauen, aber sie betrachteten die Lage immer nur aus ihrem Blickwinkel. Taker als Organisator, Cohinor als Krieger, Molly als Diplomatin und so weiter. Die Aufgabe des Imperators war es, daraus ein Gesamtbild zu formen und dann zu entscheiden. Die meisten Stimmen waren gegen einen Eroberungsfeldzug wie er selbst. Doch der Rat Carnage zu erkunden und sich zu rüsten, war nicht zu vernachlässigen. Langsam erhob er sich wieder. „Wir werden nicht nach Carnage gehen. Bisher gibt es auch keinen Grund dafür. Wir wissen viel zu wenig und dieses nur aus den Mündern weniger. Doch das heißt nicht, dass wir nicht gerüstet sein sollten. Sendet Späher aus die das Land erkunden. Gebt ihnen genug Gold mit damit sie Informationen kaufen können, egal wer sie anbietet. Wir müssen mehr über die Gefahren dieses Landes erfahren. Aber schickt auch Diplomaten um Kontakt mit diesen Siedlungen aufzunehmen. Sicherlich wird es dort manchen König geben, der Interesse an einem Bündnis hat. Oder nur an einem Handelsaustausch. Bis wir wissen, was uns von Carnage für Gefahren drohen, bleiben wir wachsam. Setzt außerordentliche Manöver für das Heer an. Drängt darauf die Flotte der Ordnung zu vollenden. Wer weiß was für Überraschungen uns von Carnage erwarten.“


Tagebucheintrag Gavin Darklighter, Aras’

"Das Ende des Winters bringt wieder mehr Reisende zu uns. Unsere Schenke ist tatsächlich voll belegt. Zum ersten Mal seit Monaten. Den Wirt freute es und das restliche Dorf auch. Endlich bekommen wir wieder mehr Neuigkeiten aus dem Reich zu hören. Von der Hafenstadt Ortu hatten wir bereits im Herbst eine Menge gehört, doch die Erzählung über die seltsamen Waren die dort ausgeladen würden, faszinierte uns doch immer aufs neue. Vom Bau einer Festung auf einer Anhöhe über Ortu hörten wir zum ersten Mal. Die Stadt musste gewachsen sein, wenn der Generalprotektor Taker solche Baumaßnahmen im Winter begann. Oder aber der Hafen barg auch seine Gefahren. Ich habe diesen Gedanken aber wohlweislich nicht ausgesprochen. Es gibt Dinge, die muss man nicht aussprechen. Die Folge wäre nur Unruhe und Angst im Dorf. Der Gesprächsstoff ist auch so in Hülle und Fülle vorhanden.

Aus der Ewigen Stadt kommen auch seltsame Berichte zu uns. Das Heer, normalerweise im Winter in ihren Winterlagern, soll schon ein erstes Manöver durchgeführt haben. Speziell schien dabei das Kämpfen in großer Kälte geübt worden sein. Solche Geschichten machen natürlich Sorgen. Während gerade die jungen Leute meist fasziniert den Geschichten über die großen Heereseinheiten lauschen, denken die Alten im Dorf anders. Sie erinnern sich noch an die Zeit des Chaos. An die Zeit bevor die Herren der Ordnung das Königreich der Barbaren befriedeten und auf ihrem Heimweg bei uns Rast machten. Nun mag ich nicht besonders alt sein in diesem Sinne. Aber ich habe wohl mehr erlebt als andere meines Dorfes in diesem Alter. Ich hoffe diese Manöver, der Bau der Festung von Ortu sind keine Vorzeichen eines Feldzuges. Sollte es dennoch so sein, werden wir für die Ordnung in die Schlacht ziehen. Im Namen der Ordnung und des Imperators, daran besteht kein Zweifel. Lieber wäre es mir aber doch, in Ruhe hier in Aras’ zu bleiben. Nicht jeder ist Jahr ein Jahr aus auf Abenteuer aus."



Die Stadtmiliz

Die Elfe streckte sich langsam und jedes Gelenk knackte nach einander. Ihre auffallend blauen Haare wehten lose im Wind. Stolz stand Lady Dorkas de Hell auf einem der Türme der Festung von Ortu. Zufrieden lehnte sie sich auf ihren Speer und blickte auf den Platz vor der Festung. Fünfzig Männer und Frauen übten dort unter der Anleitung einer ihrer Amazonen. Die Ausbildung der Miliz für Ortu war abgeschlossen. Ein wenig Feinschliff hier und dort, dann würde die Ordnung in Ortu eine starke Hand haben, die ihren Willen ausführte. Immer 25 Milizionäre sollten Dienst in der Stadt tun. So hatte sie es mit dem Lord der Stadt geplant. Einige würde als Nachtwächter durch die Straßen gehen. Neben der Abschreckung von Einbrechern ging es auch immer um das frühzeitige Erkennen von Bränden. Etwas Verheerendes für eine Stadt, auch wenn gerade Ortu recht großzügig angelegt war, konnte ein Feuer leicht ganze Stadtviertel vernichten. Die Miliz war deshalb auch ausgebildet worden einen Brand zu löschen. Neben der Nachtwache gab es einen Ausguck am Hafen. Dort waren zwei Späher postiert, die das Meer absuchten. Es war nie falsch neben dem Land auch die See im Auge zu behalten. Außerdem kümmerten sich die Späher um das Positionsfeuer, welches Schiffe zum Hafen geleitete. Die restlichen Milizionäre patrouillierten am Tag durch die Stadt, verrichteten Zolldienste am Stadttor und bewachten die Mauern. Mit einem markerschütternden Schrei vollendeten die Milizionäre ihre Übung indem sie die Hellebarden nach vorn stießen und dann senkrecht aufstellten. Stramm standen sie in der Abendsonne. Ein kühler Wind von See verhalf ihnen zu ein wenig Abkühlung von dem anstrengenden Training. Lady Dorkas war zufrieden. Das kam selten vor, stellte sie für sich fest.


Tagebucheintrag Gavin Darklighter

"Es wird nun täglich wärmer. Ein stetiger Strom von Reisenden ergießt sich nun über die imperiale Straße. Ich bin wirklich froh, dass der Generalprotektor Taker damals davon absah, die Straße direkt an meinem Haus entlang zu bauen. Die ganzen Lastkarren und Kutschen machen richtig Lärm. Da wir aber durch die Reisenden ein sattes Plus in der Kasse haben, ist der Unmut der Bürger sehr gering. Gestern habe ich den Anteil des Vogtes bei den Bewohnern eingesammelt. Mein Lohn für die Verwaltungsarbeit des Ortes. Inzwischen muss ich sagen, kann man davon leben. Ich habe heute bereits mit Elenora gesprochen, ob wir unsere zwei kleinen Felder nicht besser an einen der Bauern abgeben. Wir können gut von den Abgaben leben und es bleibt noch etwas übrig um für schlechte Zeiten zu sparen. Und wenn wir die Felder für eine minimale Pacht weitergeben, wird uns das auch nicht schaden.

Für wirkliche Feldarbeit werde ich dieses Jahr wohl keine Zeit finden. Bereits jetzt sind Anträge von Bewohnern eingegangen wie nie zu vor. Auch Auswärtige bemühen sich um einige Angelegenheiten. Ein Mönch des Ordens der Ordnung, ein Orden der Kirche des Allvaters bittet darum eine Kapelle zu Ehren des Allvaters errichten zu dürfen. Ich habe dagegen nichts einzuwenden und werde ihm bald die Erlaubnis erteilen. Im Sommer wird das Gebäude sicherlich schon stehen. Aber nicht immer sind es erfreuliche Schriften die ich lesen muss. Seit der Hafen der Ordnung sich etabliert hat, liefert er immer mehr Güter an die Ewige Stadt. Güter, die bisher von uns stammten. Auch wenn wir nicht viel lieferten, war unser Korn doch immer gutes Geld wert. Das hat sich geändert, denn die Händler aus Ortu sind offensichtlich billiger. Schon Mitte des Winters habe ich überlegt unsere Vorräte eher nach Coven zu liefern. Die Stadt liegt weit entfernt von der Hafenstadt und ist so für uns günstiger gelegen. Die Gilde Witchcraft, welche über die Stadt wacht, wird sicherlich ebenso Interesse an unserem Korn haben. Nun, da der Frühling nahe ist, muss ich mich entscheiden wie wir weiter vorgehen. Allein einen anderen Abnehmer finden wird auf Dauer keine Lösung sein. Die Preise sind gefallen und das wird sich herum sprechen. Eine Lösung wird wohl der Bau einer Mühle sein. Bisher haben wir unser Korn zu einem Müller in einem Dorf in der Umgebung gekarrt und mahlen lassen. Das kostet einfach zuviel. Wir werden das wohl selbst machen. Ich hoffe nur wir finden bis zur Ernte einen Müller der sich bei uns niederlassen will."


Piraten!

Mit einem tiefen Schnaufen gab er die gerade eingeatmete Luft wieder frei. Auch wenn die Seeluft noch recht kühl war und Wölkchen vor dem Mund entstehen ließ, sie erfrischte ihn auf angenehme Weise. Foschbor kletterte die langen Leitern zur Spitze des Signalturmes von Ortu empor. Seine Schicht hatte begonnen. Mit einem müden „Moin“ wurde er von seinen Kameraden begrüßt. Durchgefroren von der langen Nacht waren sie froh endlich abgelöst zu werden und verschwanden innerhalb von einer Minute von der Plattform mit dem großen Feuer. Eigentlich, überlegte Foschbor, müsste das Feuer genügend Wärme abgeben. Er hielt einen Augenblick die Handflächen an das große Kohlebecken, doch ein eisiger Wind fegte schnell alle Wärme davon. Vielleicht sollte er dem Lord von Ortu einmal vorschlagen eine Art Windfang um die Brüstung zu bauen. Das Feuer sah man dann trotzdem noch, aber die Wachposten auf dem Turm würden nicht als Eiszapfen wieder herunter steigen. „Wann wird es endlich Frühling, hm?“ begrüßte ihn sein Kamerad Eyidrian. Sie frühstückten gemeinsam auf einem kleinen, wackeligen Tisch um den sie ihre Hocker postiert hatten. Ab und an hob einer von Beiden den Kopf um auf die See zu spähen. Doch trotz des günstigen Windes näherten sich keine Schiffe. Es würde ein ruhiger Morgen werden vermutete Foschbor.

Mit einem Gähnen öffnete Lady Dorkas das kleine Fenster ihrer Kammer. Trotz ihres Rangs als Ausbilder war ihr nur eine kleine Dachkammer zugewiesen worden. Das genügte der blauhaarigen Amazone natürlich, dennoch ärgerte sie sich ab und zu über diese Respektlosigkeit. Es gab gewisse Dinge, die musste man wissen, wenn man mit Amazonen zutun hatte. Sie mit Respekt behandeln war einer dieser Dinge. Unter dem Fenster fiel das mit Schindeln gedeckte Dach noch etwa einen halben Meter ab um dann den Blick auf den Hof frei zu machen. Eine kleine Gruppe Wachen kehrte gerade von der Nachtwache zurück und kümmerte sich nicht groß um die aus dem Fenster blickende Ausbilderin. Nur eine der Wachen grüßte lasch. Mit einem säuerlichen Gesicht drehte sich die Amazone um und machte sich für den kommenden Tag bereit. Anscheinend mussten noch einige Männer etwas geschliffen werden, stellte sie in Gedanken fest.

Dicker Nebel waberte über die See. Immer wieder glaubte Foschbor ein Segel in der Ferne zu erblicken nur um dann festzustellen, dass es nur eine weitere Nebelbank war. Der Wind trug den Nebel regelrecht in Wellen an die Küste. Dünne Arme des Dunstes waren schon in den frühen Morgenstunden nach Ortu gedrungen und zogen durch die Gassen. Der Kai unter dem Spähturm war für Foschbor lediglich ein verschwommenes, milchiges Etwas. „Im Grunde könnten wir auch nach Hause gehen und einen Tee trinken“, brummte Eyidrian und schürte das Feuer neu an. Foschbor rieb sich die kalten Hände und schüttelte den Kopf. „Dienst ist Dienst. Ob wir etwas sehen oder nicht.“ Eyidrian kicherte: „Du hast doch nur vor der Amazone Angst.“ Dafür erntete er einen spielerischen Knuff in die Seite. Als Foschbor sich wieder auf die Nebelsuppe unter sich konzentrierte, glaubte er wieder ein Segel zu sehen. „Wenn ich jedes Mal eine Goldmünze bekommen würde, wenn ich glaube ein Segel zu sehen, könnte ich mich heute Abend zur Ruhe setzten.“ Anstatt einer der sonst üblichen Bemerkungen seines Kollegen erntete er Schweigen. Schweigend blickte Eyidrian auf etwas in der See. Erst als Foschbor zu ihm hinüber ging, brach dieser aus seiner Starre. Er deutete auf etwas im Nebel. „Gleich 5 Goldmünzen?“

Sie saß gerade bei einem gemütlichen Frühstück, als die Hafenglocken zu läuten begannen. Fluchend sprang Lady Dorkas auf und hastete aus den Aufenthaltsräumen der Miliz. Auf dem Platz vor dem Gebäude liefen bereits zehn Männer der wachhabenden Miliz zusammen. Bei so einem Alarm hatten die in der Stadt patrouillierenden Milizen die Order sich zuerst hier zu sammeln. Ein kopfloses Umherlaufen durfte es nicht geben. Lady Dorkas übernahm augenblicklich das Kommando. Die Glocken läuteten derweil weiter und gründeten von einem Angriff auf den Hafen.

Mit einem festen Tritt beförderte Eyidrian einen weiteren Pirat von ihrem Ausguck. Kaum hatten die beiden Alarm geschlagen, waren die Piraten mit Enterhaken den Turm hinauf geklettert. Weitere hatten versucht über die Leiter auf die Plattform zu gelangen. Nur mit Mühe hatte Foschbor die Luke nach unten rechtzeitig verschließen können. Nun hämmerte es dumpf von unten an die Luke, während die Beiden versuchten die Enterhaken wieder nach unten zu werfen. Eyidrian hieb mit seinem Kurzschwert ein weiteres Mal auf das dicke Seil eines Enterhakens und durchtrennte es. Begleitet von einem lauten Schrei surrte es in die Tiefe.

Zwanzig Männer und Frauen hatte Lady Dorkas auf die Schnelle gesammelt und war dann in Richtung Hafenviertel aufgebrochen. Die Mauer, welche das Hafenviertel vom Rest Ortus trennte erwies sich als gute Investition. Zehn Männer der Miliz hatten es geschafft diese zu halten, nachdem sie die Tore aufgrund der Alarmglocken geschlossen hatten. Nun traf die Verstärkung ein. Gerade rechtzeitig, denn mit einem dumpfen Laut brach das mittlere Tor. Mit lautem Kampfgeschrei drangen die Freibeuter durch die Lücke und trafen auf die erste Verteidigungslinie der Miliz. Die Speere und Hellebarden der Miliz fuhren in die anstürmenden Piraten und dezimierten die erste Angriffswelle erheblich. Doch nun, nachdem die Überraschung über die starke Gegenwehr gewichen war, zwangen die Piraten die Milizionäre in den Zweikampf. Schnell erkannte Lady Dorkas, wie sehr die Piraten mit ihren Schwertern und Säbeln im Nahkampf überlegen waren. Nicht jeder war so geschickt im Umgang mit dem Speer wie sie. Wie um ihre Gedanken zu bestätigen wich sie einem Säbelhieb ihres Gegenübers aus und riss ihren Speer herum. Ein tiefer, blutiger Striemen zeichnete sich am Brustpanzer ihres Feindes ab und lies ihn in die Knie gehen. Sie verlor keine Zeit und setzte mit einem harten Stoß in die Brust nach. Röchelnd sank der Pirat zusammen. Doch so erfolgreich sie auch war, die Miliz war es nicht. Bereits zehn von ihnen lagen tot oder sterbend auf dem Boden. Sie hatten einfach noch nicht die Erfahrung um zu erkennen wie erfolglos ihr ringen gegen die immer zahlreicher werdenden Piraten war. Lady Dorkas gab den Befehl zum Rückzug. Es geschah womit sie gerechnet hatte. Nicht alle Piraten folgten ihnen. Viele Feinde machten sich zuerst über die Wertsachen der Gefallenen her oder versuchten in der Umgebung zu plündern. Sie hoffte, dass alle Bürger der Stadt bereits in die Festung auf der Anhöhe geflohen waren. Dort würden sie vor dieser Horde sicher sein. Mit den etwa zwanzig verbleibenden Milizionären zog sich Lady Dorkas Richtung Stadtzentrum zurück. Nun entpuppte sich die Konzeption der Stadt als weiterer Bonus für die Verteidiger. Alle Straßen und Gassen welche von der Küste durch die Stadt führten, liefen auf einem Platz nahe dem Marktplatz zusammen. Der Hafenplatz wie er genannt wurde, diente meist als Umschlagplatz für Waren und als Treffpunkt von Matrosen. Nun entpuppte sich dieser Platz als leicht zu verteidigender Knotenpunkt. Mit ein paar umgeworfenen Karren und Fässern errichteten die Milizionäre Barrikaden. So würde es eher möglich sein den Feind abzuwehren, glaubte die Amazone. Und ihre Hoffnung stieg, als weitere fünfzehn Milizionäre und einige Freiwillige sich bei ihr meldeten. Diese brachten auch Meldungen mit. Die Bevölkerung hatte sich in die Festung zurückgezogen und der Lord von Ortu kümmerte sich um die Bevölkerung. Von der Festung aus hatte man weiterhin Gefechte von zwei Orten beobachtet. Den Piraten war es nicht gelungen den Ausguck der Miliz einzunehmen. Sie hatten davon abgelassen, als ihre Männer immer wieder vom Turm hinab fielen. Außerdem hatten sich einige Händler und ihre Arbeiter in einem Kontor verbarrikadiert. Bisher schien es den Piraten nicht gelungen zu sein dieses Widerstandsnest auszuräuchern. Apropos Ausräuchern, dachte Lady Dorkas. Hoffentlich brannten sie nicht die halbe Stadt nieder, wenn sie nach ihrem Raubzug wieder an Bord ihrer Boote gingen. Sie musste so schnell wie möglich wieder den Hafen erobern. Die Piraten nahmen ihr die Entscheidung ab. Offensichtlich war ihnen der Hafen und die dort lagernden Waren nicht Beute genug. Lautes Gejohle näherte sich durch zwei Gassen dem Platz.

Der Lärm brach unvermittelt ab, als die Piraten auf die Barrikaden stießen. Soweit Lady Dorkas in die eine Gasse sehen konnte berieten sich zwei der Männer. Die restlichen drückten sich unschlüssig herum oder versuchten durch die verschlossenen Türen in das Innere von Gebäuden zu gelangen. Solch vorsichtiges Verhalten legten die Piraten in der anderen Gasse nicht an den Tag. Nach einer Minute entschieden sie sich zum Angriff. Mit einem lauten Gebrüll stürmten sie gegen die Barrikaden, wo sie bereits erwartet wurden. Einige Milizionäre warfen schwere Gegenstände über die Absperrungen um die Feinde zu Fall zu bringen. Trotz der eher verzweifelten Aktion zeigte dies zuerst Wirkung. Etwa fünf der Piraten kamen ins straucheln und fielen rücklings in die Klingen ihrer Kameraden. Doch wirklich aufhalten konnte das die Piraten nicht. Erst die eiligst durch Lücken in den Barrikaden geschobenen Speere hinderten diese am überwinden der Absperrungen. Immer wieder ließen die Verteidiger die Speere durch kleine Spalten und Lücken nach Außen schießen und nicht selten trafen sie ein weiches Ziel. Die Amazone wusste, es war Zeit für einen Ausbruch, doch die wenigen Kräfte durch den Sturm beider Gassen zu spalten, konnte sie sich nicht leisten. Sie mussten weiter diesen Platz halten. Vielleicht rannten genug kopflose Piraten in ihre Speere, damit sie einen Gegenangriff wagen konnten. Lady Dorkas war noch in diesen Gedankengang vertieft, als der Kampflärm abbrach. Es herrschte urplötzlich Stille. Nach einigen Augenblicken hörte man aus beiden Gassen das Getrampel vieler Stiefel. Sie zogen sich zurück. Überrascht zog die Amazone eine Augenbraue in die Höhe. Schade, dachte sie, der Feind war nicht dumm genug sich hier aufreiben zu lassen. Nun musste sie doch ihre Miliz in zwei Gruppen teilen. Zumindest die Mauer zum Hafenviertel wollte sie zurückerobern. Diese war fast ebenso leicht zu halten wie dieser Platz.

Eyidrian spähte erneut nach unten und beobachtete wie die Piraten ihre Beute verluden. Am Rande des Hafens ging ein Lagerhaus in diesem Moment in Flammen auf. Dort hatten sich die Händler verschanzt und wurden nun buchstäblich ausgeräuchert. Johlend warteten etwa zwanzig Piraten vor den Toren des Kontors, bis die Verteidiger nach draußen flohen. Gefangene machten sie keine. Eyidrian dankte dem Allvater, dass ihr Turm größtenteils aus Stein bestand. Mit einem leisen Zischen rief Foschbor seinen Kameraden zu sich. Geduckt, lief dieser zu Foschbor. Ihre Köpfe wollten sie den Piraten nicht zeigen. Ein verirrter Pfeil genügte schließlich. Foschbor deute in Richtung von Ortus Zentrum. „Dort, die Piraten kommen aus der Stadt zurück.“ „Du hast Recht“, sagte Eyidrian und versuchte die Zahl abzuschätzen. „Sind es weniger geworden?“ „Ich glaube schon“, bestätigte Foschbor. „Womöglich hat die Miliz sich neu formiert und sie zurückgeschlagen.“

Mit einem energischen Ruck zog Lady Dorkas ihren Speer aus dem Brustkorb eines Nachzüglers. Immer wieder stießen sie auf einzelne Piraten, die zu schwer beladen waren um schon den Hafen erreicht zu haben. Für diese Piraten gab es kein Entkommen. Die Milizionäre sannen auf Rache und wollten Blut sehen. Die Amazone strich sich eine blaue Strähne aus dem Gesicht und blickte die Gasse hinab. Die Mauern waren nun in Sichtweite. Es gab keine Wachen oder ähnliches. Vielleicht konnten sie noch das Wunder vollbringen. Mit einem lauten Ruf trieb sie ihre Leute weiter an. Sie sollten sich nicht weiter mit Versprengten aufhalten. Wenn die Mauer unter Kontrolle war, würden diese sowieso in ihre Hände fallen. Kaum das sie die Mauern gesichert hatten ohne auf echte Gegenwehr zu stoßen, erblickte Lady Dorkas erste Rauchwolken. Sie stiegen aus den Vierteln mit den vielen eng gebauten Lagerhäusern auf. Ein Kontor nach dem anderen ging in Flammen auf. Nun hatten sich ihre schlimmsten Befürchtungen doch bewahrheitet. Doch um dem Brandschatzen ein Ende zu bereiten fehlte es ihnen definitiv an Männern. Tatenlos mussten sie zusehen wie die verbliebenen Piraten ihre Schiffe beluden und den Hafen in Brand setzten. Der Hafen versank in einem Flammenmeer als die vier Schiffe ablegten.


Böse Kunde

Mit sorgenvollem Blick studierte der Imperator die Berichte vom Überfall auf Ortu. Wie lange hatte es so etwas nicht mehr gegeben, fragte er sich. Die halbe, gerade gebaute Flotte war in Rauch aufgegangen oder lag angeschlagen im Hafenbecken. Das Hafenviertel war zu Asche zerfallen. Nur die gerade gebildete Stadtmiliz hatte das völlige Ende der Stadt verhindert. Doch sie hatte dafür einen hohen Preis bezahlt. Lady Dorkas berichtete, dass nur etwa die Hälfte der Miliz noch Dienst tun konnte. Besorgt blickte Bigfoot auf eine der vielen Lagekarten in seinem Arbeitszimmer. Die nächsten regulären Truppen des Imperiums lagen zwei Tagesreisen von Ortu in einem der Winterlager. Es handelte sich um Heeresteile der Gilde Witchcraft aus Coven. Es war schon lange die Regel, dass die Heeresteile in andere Regionen zum Winterlager geschickt wurden. Das hatte den Vorteil, dass die Truppen die auch im Winter bereit sein sollten, nicht plötzlich alle zuhause blieben, weil das Lager in unmittelbarer Nähe der Heimatstadt war. Mit einem knappen Marschbefehl schickte er diese Truppen nach Ortu. Sie sollten helfen die Stadt wieder aufzubauen und dort für mehr Sicherheit sorgen. Bigfoot wand sich wieder den Berichten der Kämpfe zu. Zumindest hatten sie einige Gefangene gemacht. Diese Piraten wurden bereits verhört um ihre Herkunft zu ergründen. Es war zwar nicht seine Art auf Rache zu sinnen, aber Bigfoot hatte fest vor, diesem Angriff eine Antwort folgen zu lassen. Es klopfte leise an der Türe. „Herein“, antwortete Bigfoot und hob den Kopf. Duncan Idaho trat ein und grüßte den Imperator. „Für die Ordnung, mein Imperator.“ Bigfoot nickte und winkte seinen treuen Heerführer zu sich. „Was gibt es neues Duncan?“ „Herr, die Piraten stammen von der Küste Carnages. Das haben sie alle unabhängig gestanden.“ Bigfoot rieb sich die Augen und blickte auf die große Karte mit den Informationen über diesen Kontinent. Einiges war in letzter Zeit ergänzt worden. Weitere Händler hatten ihnen Informationen verkauft. Doch immer noch barg das Land viele Geheimnisse. Duncan brach die Stille: „Herr, werden wir eine Strafexpedition entsenden?“ Der Imperator lies seinen Blick noch einmal über die Karte wandern und fixierte dann Duncan Idaho in seiner schweren Rüstung. „Womöglich. Das werden die kommenden Tage zeigen. Aber lasst die Truppen sich vorbereiten und treibt die Reparaturen an den Schiffen voran.“ „Ja Herr.“ Duncan verneigte sich und verließ das Zimmer. Der Imperator blieb allein in seinem Arbeitszimmer zurück und überdachte diese Entwicklung. Langsam stand er auf und strich über das imperiale Purpur seines Gewands. Es war schon eine Weile her, dass er den schweren Harnisch des Tribuns getragen hatte. Die Pflichten des Imperators verlangten ihm eine Menge ab. Und doch, diese Angriffe riefen ihm etwas ins Gedächtnis. Eigentlich hatten sie sich seit langem mehr mit sich selbst beschäftigt als mit allem anderen. Das Imperium war als Bekämpfer der Ordnung groß geworden, doch nun hatten sie begonnen diese Ordnung nur noch zu verwalten. Der Imperator war zu einer fernen Gestalt geworden. Grübelnd ließ Bigfoot seinen Blick durch das Fenster hinter seinem großen Sessel schweifen. Es offenbarte sich ein wunderschöner Blick auf die pulsierende Hauptstadt des Imperiums. Die Ewige Stadt, längst eine kleine Welt für sich, erstreckte sich fast bis zum Horizont. Längst waren die Außenbezirke in die legendäre Orkebene zu Füßen des Drachenberges vorgestoßen. Verwundert, wie sein Generalprotektor Taker diese Stadt verwaltete wand er sich wieder den Karten zu. Er musste das Gesamtkonzept erarbeiten. Die Details führten die Protektoren aus. Erst nach einigen Stunden, die Sonne stand schon tief über der Ewigen Stadt, erkannte Bigfoot, was zu tun war. Lange Zeit waren die Bürger des Imperiums keiner echten Gefährdung von Leib, Leben oder Wohlstand ausgesetzt. Das Imperium würde auf Dauer schwach werden, sich nur noch um sich selbst kümmern und auf zukünftige Gefahren schlecht vorbereitet sein, da die Bevölkerung sich zunehmend an den Zustand des Lebens ohne eine Bedrohung gewöhnte. „Man kann nicht im gemachten Nest sitzen und sich Bekämpfer der Ordnung nennen“, sinnierte Bigfoot laut. Nur wenn sich das Imperium stets neue Herausforderungen sucht, wird es weiter blühen, so wie es jetzt der Fall war. Die Entscheidung stand fest. Die Herren der Ordnung würden auch auf Carnage die Ordnung bringen. Und zwar bereits sobald der Frühling anbrach. Bigfoot wand sich wieder zum Fenster und beobachtete wie die Sonne hinter den Dächern der Ewigen Stadt unterging.


Das Winterende

Leise summend zurrte Dragooner seine Lederrüstung fest, kontrollierte dann die Schärfe seines Säbels und den Glanz seiner schwarzen Stiefel. Perfekt, sagte er sich und trat aus seinem kleinen Quartier. Es war noch früh am Morgen, doch die ersten Bürger von Coven waren bereits auf den Beinen. Händler, Handwerker aber vor allem Zauberlehrlinge. Sie waren auf dem Weg zum magischen Markt, in den Gassen um den Turm der Zauberweber. Dort konnte man praktisch alles kaufen, was man für die Ausübung eines Zaubers benötigte. Ein einfacher Kampfzauber mochte sich vielleicht aus der Essenz der Zauberweber selbst nähren, für große Beschwörungen oder das Verzaubern von Waffen benötigte es allerdings vieler Zutaten. So schickten die Meister und Zauberweber höheren Grades ihre Lehrlinge jeden Morgen aus, um frische Zutaten zu beschaffen. Immer ein interessantes Schauspiel für einen Krieger wie Dragooner. Nun, Krieger war vielleicht das falsche Wort, doch seine magischen Fähigkeiten waren auf den Kampf beschränkt. Einen Feuerball konnte er genau so wenig beschwören wie andere Elemente. Seine Essenz schien nur seine Schnelligkeit und Schlagkraft zu beeinflussen. Auch kein schlechter Bonus wie er fand. Langsam sog er die frische Morgenluft ein. Als einer der Gruppenführer der Heeresteile der Witchcraft hatte er die Aufgabe das große Frühjahrmanöver zu organisieren. Bis der Imperator alle Truppenteile, also auch die der Witchcraft, zum Manöver rief, wollte er seine Männer auf Trab gebracht haben. Dragooner war sich sicher, dass der bei manchen angesetzte Winterspeck bald verschwunden sein würde. Freudig lächelnd schritt er in Richtung der Quartiere seiner Männer.

„Höret Volk des ewigen Imperiums der Ordnung!
Im Namen des Imperators habe ich als Herold die Aufgabe Euch von der Entscheidung unseres Herrn zu berichten. Viele von Euch haben bereits von dem bösartigen Überfall auf unsere Stadt Ortu gehört. Die Trauer und Bestürzung über die Verluste sind unermesslich. Auch bei unserem Imperator. Es ist an der Zeit wieder das Schwert der Ordnung in das Chaos fahren zu lassen. Es ist Zeit jenen Ordnung zu bringen, die versuchten uns ins Chaos zu stürzen. Das Chaos – es stammte aus den Landen die man Carnage nennt. Doch die Weite der See scheint dem Chaos nicht mehr Barriere genug sein. Sie streckt ihre Hand nach unseren Gestaden aus. Das Imperium wird dem mit eiserner Faust entgegnen. Noch diese Woche wird ein Expeditionsheer nach Carnage aufbrechen und dort die Saat der Ordnung säen. Im Namen der Ordnung!“

Aufmerksam blickte Szador Witchblade seiner Schwester über die Schulter. Sie ging die Liste der von Coven zu stellenden Truppen durch. Nach einer Weile drehte Szador sich um und griff nach einer Karaffe mit Wein. Er goss sich einen Becher ein und trank einen Schluck. Molly wand sich zu ihm und zog eine Augenbraue in die Höhe. „Du willst etwas sagen, das spüre ich.“ Szador lächelte und nickte.„Ich habe mich gerade gefragt, warum der Imperator so wenige Truppen haben möchte. Wenn ich an den letzte Feldzug denke…“ Er brach ab und nahm einen weiteren Schluck aus dem Becher. Seine Schwester nickte und hob die Liste. „Du hast natürlich Recht. Wenn man diese Zahlen vergleicht kann man sich wirklich wundern. Aber das hat durchaus seine Gründe.“ Sie stand auf und strich nachdenklich ihr Kleid glatt. Mit der Liste in der Hand trat sie zu Szador und zeigte darauf. „Der Imperator würde sicherlich am liebsten das gesamte Heer mit sich nehmen, aber es müssen genügend Truppen zurück bleiben um das Reich zu sichern. Und, nun die Piraten haben eine große Zahl unserer Schiffe versenkt. Sie waren noch nicht fertig gestellt und somit nicht bemannt. Er kann also gar nicht mehr Truppen mit sich nehmen.“ Nachdenklich nickte Szador und spielte mit seinem Becher. „Warum wartet er nicht bis die Schiffe alle wieder einsatzbereit sind?“ „Es würde bis zum Herbst dauern. Keine gute Zeit für den Beginn eines Feldzuges. Außerdem scheint er mehr eine Strafexpedition zu planen.“ Szador kratzte sich am Kinn. „Ich dachte du wüsstest über die Planung des Imperators bescheid.“ Lächelnd schüttelte Molly den Kopf. „Gedanken kann ich noch nicht lesen und zu diesem Thema hat es keine weiteren Besprechungen gegeben. Er hat nur gesagt, wir können uns nicht auf dem Erreichten ausruhen. Die Ordnung muss immerzu erkämpft werden, sonst zerbricht das Erreichte.“ „Ich verstehe was er meint“, antwortete Szador und trank den Becher leer. Ein Augenblick des Schweigens legte sich über den Raum. Dann blitzte ein Lächeln in Mollys Gesicht auf. „Ich glaube manchmal kann ich Gedanken lesen Bruderherz.“ Sie tippte mit dem Zeigefinger auf seine Brust. „Ich werde dich sicherlich nicht alleine gehen lassen. Ich werde ebenfalls gehen.“ Szador schmunzelte nur. „Als ob ich etwas anderes erwartet hätte.“

Der Wind wehte stetig auf die See. Günstig für ihre Schiffe wie Bigfoot vom Kapitän erklärt bekam. Noch nie war er auf solch großen Schiffen lange Zeit unterwegs gewesen. Nun änderte sich dies. Die gemischten Truppen aus allen Heeresteilen waren auf die Schiffe verteilt und bereit zum Auslaufen. Das Volk hatte die Entscheidung, die Expedition selbst anzuführen, als gutes Omen angenommen. So konnte schließlich nichts schief gehen, sagte man in den Tavernen. Zwar waren dies nicht die Beweggründe des Imperators dieses kleine Heer selbst anzuführen, doch beruhigte es das Volk. Das war wichtig. Natürlich vertraute man auch seinen Protektoren und Lords in den Städten und Orten, doch die Angst um den Imperator konnte durchaus auch Unordnung hervorrufen. Es war ein gewagtes Spiel, doch Bigfoot fühlte sich verpflichtet diese Expedition anzuführen. Wie sonst konnte man sich sonst Imperator und Heerführer der Ordnung nennen? Sein Vorgänger Baladnaran, erster auf dem Drachenstecherthron hatte es ebenso gehalten. Nun saß er auf dem Thron, geformt aus dem einst niedergeworfenen Drachen. Es schien ihm, als sei es seine Berufung einen eigenen Drachen zu suchen. In seinem strahlenden, magischen Harnisch stand er auf der Brücke des Schiffes. Die rechte Hand stützte er auf den breiten Knauf seines Schwertes, die Linke hatte er an den Schultergurt seines Harnischs gelegt. Die verzauberte Rüstung ließ ihn heller erscheinen. Ein durchaus beabsichtigter Effekt. Volk und Truppen sahen den starken Heerführer und Imperator breitbeinig auf der Brücke. Es konnte nur einen Sieg geben. Duncan Idaho und Malebolgia standen am Kai und beobachteten die Szenerie. Die Bürger von Ortu bejubelten die Truppen und verabschiedeten den Imperator. Die Stahlwölfe würden vorerst zurück bleiben. Auch wenn der Minotaur Malebolgia nervös mit den Hufen schlug und schnaubte, es war keine Beleidigung gegenüber der ersten imperialen Legion. Sie mussten die Grenzen des Reiches schützen. In ihren Händen lag es die Ordnung zu hüten, nun da so viele Heerführer mit dem Imperator in See stachen. Cohinor Thelos klopfte Duncan auf die Schulter. Auch ihm missfiel der Gedanke, nicht bei ihrem Herrn zu sein, doch so lautete die Entscheidung des Imperators. Der Jubel wurde noch einmal lauter, als die Schiffe die Segel setzten. Langsam glitten sie eines nach dem anderen aus dem Hafenbecken in die weite See. „Für die Ordnung“, murmelte Duncan Idaho und wand sich um.


Tagebuch von Gavin Darklighter

"Heute Mittag hat uns ein Herold Kunde von den neuesten Ereignissen im Reich gebracht. Es scheint ja eine Tradition unter den Boten zu sein, Aras’ als letztes anzusteuern. Wie dem auch sei, wir hatten schon etwas über die geplante Expedition durch Reisende gehört. Ich hatte mich ohnehin gewundert, als dieser große Tross aus Coven durch unseren Ort zog. Nun klärt sich irgendwie alles auf. Dem Überfall auf Ortu mussten Konsequenzen folgen. Das war jedem in Aras’ klar, als wir davon hörten. Dass so schnell reagiert würde, hatten wir nicht gedacht. Nun sind also heute bereits die Schiffe nach Carnage ausgelaufen. Ich werde sicherlich bald viel Zeit in meiner Schreibstube verbringen und eine neue Chronik beginnen.

Dies ist mehr als ein neuer Feldzug, mehr als eine Strafaktion oder ein neuerlicher Angriff auf die Regionen des Chaos. Der Imperator hat ein neues Kapitel in der Geschichte des Imperiums aufgeschlagen. Möge der Allvater ihm beistehen."


Kapitel 2

In neuen Landen

Die Gischt spritzte hoch und durchnässte seine Kleidung. Bigfoot stemmte sich gegen den Seegang und blickte auf den Horizont. Bald würden sie wohl ankommen. Die Matrosen hielten ebenfalls nach der Küste Ausschau. Der Imperator war nervös. Eigentlich sollten sie längst das sichere Ufer erreicht haben. Nicht zum ersten Mal stellte er für sich fest, dass die See nicht sein Revier war. Den Überblick auf einem Schlachtfeld zu behalten war eine Sache, hilflos den Gezeiten ausgesetzt zu sein, eine Andere. Er wischte sich einige Tropfen aus dem Gesicht und blickte von der Brücke über das Schiff. Dicht gedrängt hatte man dort Truppen und Ausrüstung untergebracht. Wieder tauchte das Schiff in ein Wellental ein und senkte den Bug gefährlich tief. Wann mochte dies alles endlich ein Ende haben, fragte er sich und beobachtete wieder den Horizont.

Es wunderte ihn immer wieder wie schnell er sich an den schwankenden Boden gewöhnt hatte. Nicht jeder hatte dieses Glück gehabt und so mancher suchte regelmäßig die Reling auf. Dragooner überprüfte den Halt seines Schwertgurtes. Auch wenn er inzwischen recht sicher stand, in seine eigene Waffe fallen wollte er deswegen nun wirklich nicht. „Laaand, Laaaand in Sicht!“ erschallte es plötzlich über ihm. Endlich hatten die Matrosen im Krähennest etwas am Horizont entdeckt. „Dem Allvater sei dank, “ murmelte Dragooner und machte sich sofort daran seine Männer auf die Landung vorzubereiten.

Der Kiel des kleinen Beibootes setzte knirschend auf den Strand auf. Bigfoot hatte darauf bestanden als erster an Land zu gehen. Nicht nur weil sich dies für einen echten Feldherrn gehörte, der seine Truppen an eine ferne Küste bringt. Zudem wollte er keine Sekunde länger auf den Planken dieser Schiff genannten Schaukel bleiben. Neben ihm stand Molly Witchblade in einem weiten Kleid und beobachtete die Küstenlinie. Eine Dünenlandschaft die sanft anstieg. Ein guter Ort um das Expeditionsheer an Land zu bringen. Aus der Hand von Szador Witchblade nahm der Imperator die Standarte mit dem Wappen der Ordnung. Es war kombiniert mit dem neuen Wappen dieser Expeditionsstreitmacht. Einem goldenen Schwert auf schwarzen Grund. Mit einem großen Satz sprang Bigfoot aus dem Boot in das knöcheltiefe Wasser. Sanft umspülten die Wellen seine Stiefel. Einige Möwen krächzten aufgeregt und kreisten über dem Schauspiel. Langsam und mit festen Schritten ging Bigfoot an Land. Er wand sich zum Meer um und blickte auf die kleine Armada an Beibooten, die darauf warteten an Land zu gehen. Mit einem kräftigen Stoß rammte er die Standarte der Ordnung in den nassen Sand und rief. „Von nun an wird an diesen Küsten Ordnung herrschen – auf dass wir das Chaos in seine Schranken verweißen werden!“


Knightsbridge

Das Expeditionsheer zog durch ein fast menschenleeres Land. Stille Täler und weite Ebenen wechselten sich mit dichten, dunklen Wäldern ab. Nicht nur einmal versuchten Chaosgeschöpfe den Tross zu überfallen. Kleine grüne Geschöpfe brachen in Gruppen aus dem Wald und versuchten mit ihren primitiven Keulen an Beute zu kommen. Doch die Krieger und Zauberweber, welche den Tross bewachten, hatten mit diesen Geschöpfen keinerlei Probleme. Schon nach wenigen Tagen hing an den Standarten eine große Zahl grüner Ohren. Selten traf man auf Bewohner des Landes. Nur ab und zu stießen die Herren der Ordnung auf ein Gehöft oder ein kleines Dorf. Meist begegnete man ihnen mit viel Misstrauen. Zu oft schienen diese einfachen Leute Opfer von Raubüberfällen geworden zu sein. Erst nach einiger Zeit wagten sich die Bewohner aus ihren Verstecken und waren bereit ein wenig von ihren Vorräten an die Truppen zu verkaufen. Natürlich berichteten ihnen die Mitglieder der Expedition von ihrer Heimat und der damit verbundenen Vorstellung der Ordnung. Staunend lauschten die Bewohner diesen Umschreibungen, schienen dem Ganzen aber wenig Glauben zu schenken. Immerhin befanden sie die Ziele denen sich diese Truppe verschrieben hatte für gut. Sie berieten sie, welcher Weg zu nehmen war um größere Städte zu erreichen. Mit den Weisungen der Dorfbewohner ausgerüstet zog der Tross von Siedlung zu Siedlung. Doch niemand mochte ihnen ihre Ideen glauben, auch wenn man gerne Waren verkaufte. Zu mehr Kontakten kam es nicht. Die Dorfältesten, Könige und Fürsten schickten die Herren der Ordnung immer nach ein bis zwei Tagen fort. Zu groß war wohl die Angst vor solch einer großen Gruppe Krieger, mochte sie auch noch so freundlich gewesen sein. So erreichten die Herren der Ordnung schließlich eine echte Straße. Zwar widersprach der Generalprotektor Taker dieser Bezeichnung vehement, denn die Straße war mehr ein Streifen Schlamm in der Landschaft, doch es war das erste Anzeichen für echte Zivilisation, seit sie an Land gegangen waren. Mit neuem Ansporn folgten die Krieger der Ordnung der Straße. Trotzdem stieg die Dichte der Dörfer nicht an. Eigentlich hätte man annehmen können, dass an einer wichtigen Straße eine große Anzahl an Orten zu finden war. Dies war aber nicht der Fall. Auch hier kam es in fast schon regelmäßigen Abständen zu Überfällen der grünen Geschöpfe, welche die Einheimischen Grobolde nannten. Dieses Land war wahrlich dem Chaos verfallen stellte der Imperator schockiert fest, als sie selbst direkt an der angeblich so wichtigen Straße auf ein völlig verwüstetes und ausgebranntes Dorf stießen. Echte Ordnungsmächte gab es hier wohl nicht. Von den angeblich mächtigen Stadtstaaten welche quasi regierten, hatten die Herren der Ordnung bisher nichts entdecken können. So zogen sie immer weiter die Straße entlang, ohne dass sich das Bild wesentlich änderte.

Das Feuer knisterte leise als Caldher an ihm vorbeiging. Es war spät in der Nacht, die Herren der Ordnung hatten ein Lager aufgeschlagen, doch heute gelang es ihm nicht einzuschlafen. Wie schon so oft stellte sich Caldher Drake auch diese Nacht viele Fragen. Er war gewiss kein Zweifler, aber ein Denker. Selten genug für einen Kämpfer, doch das machte ihn für die Streitkräfte des Imperiums natürlich nicht weniger nützlich. Aber in manchen Nächten wurde ihm dies zum Fluch. Dieses Land beschäftigte ihn mehr als ihm lieb war. Solche Verwüstungen kannte man selbst zu den schlimmsten Zeiten vor der Gründung des Imperiums der Ordnung in ihrem Land nicht. Die Dauerhaftigkeit der Zerstörung und auch die Mutlosigkeit der Bevölkerung schien fast grenzenlos. Caldher blickte in den Himmel. Doch statt einen leuchtenden Stern aufblitzen zu sehen, hing ein dicker Wolkenteppich tief über dem kleinen Tal in dem sie rasteten. Nicht einmal der Himmel schenkt diesem Land Hoffnung. Leise ging er zurück zum Feuer um sich ein wenig zu wärmen, dabei nahm er sich vor, dass die Herren der Ordnung wieder etwas Hoffnung in dieses Land bringen würden. Etwas müde blickte er ins Feuer und beobachtete wie die Funken hin und her sprangen. Die Glut loderte hellrot auf als eine kleine Windböe hinein fuhr. Als ob ihn der kurz aufkommende Wind wieder geweckt hatte starrte Caldher aufmerksamer ins Feuer. Es war einer der Momente, in denen sich Caldher in Erinnerung rufen musste, dass er seit seiner Ankunft in diesem Land viel zu selten meditierte. Er war ein Krieger der Gedanken, ein Warlock. Eigentlich sollte er jeden Tag seine Übungen vollführen um seinen Geist zu schärfen. Langsam erhob er sich aus der Hocke, in der er sich am Feuer gewärmt hatte. Es war Zeit einige Übungen nachzuholen. Caldher Drake schwebte etwa zwanzig Zentimeter über dem Boden und meditierte. Kleine blaue Funken, Glühwürmern gleich kreisten um seinen Oberkörper. Auf seinem Gesicht spiegelte sich tiefe Zufriedenheit wieder. Ein leiser mentaler Ruck störte seine Konzentration und er hob die Augenlieder. Irgend etwas hatte sich in seiner Umgebung verändert, sonst würde seine Intuition ihn nicht aus seinen Übungen holen. Langsam blickte sich Caldher um. Auf den ersten Blick sah er nichts. Doch noch nie hatte ihn seine innere Wahrnehmung getäuscht. Er murmelte leise einen Spruch und hob sich höher in die Luft. Mittels Levitation schwebte er kurz darauf auf Höhe der Baumkronen über ihrem Lager und blickte nach unten. Zwischen den schmalen Zelten schlich eine kleine Gestalt. Nur der Schatten der kurz auf eine Zeltwand erschien verriet sie. Caldher murmelte schnell einige Zauber um sich vorzubereiten. Zwar konnte es auch einer der Zwerge in den Reihen der Ordnung sein, aber sein Gefühl sagte ihm, dass es nicht so war. Die Gestalt war ein sehr dreister Gegner, dem war er sich ziemlich sicher. Mit einem Ruck setzte sich der Warlock in Bewegung und näherte sich der umher huschenden Gestalt bis er fast über ihr stand. Tatsächlich handelte es sich um einen Grobold der dreist in einigen unbewachten Gepäckstücken wühlte. Leise sank Caldher Drake nach unten und zog dabei sein Schwert. Grimmig lächelnd bereitete er eine lähmende Gedankenattacke vor. Sie würde den Grobold nicht töten, das würde sein Schwert vollbringen. Seine Füße berührten den Boden, doch Caldher hatte jenen kleinen Ast nicht bemerkt, der nun knackend unter seinen Sohlen nachgab. Quiekend wand sich der Grobold um und starrte den Warlock erschrocken mit roten Augen an. Caldher überwand zuerst die Starre, die beide kurz befallen hatte. „Buh!“, sagte er und entfesselte seine Gedankenattacke. Glühendes Licht sammelte sich um den Körper des Wesens und ein leises, erstickendes Quieken war alles was zu hören war. Mit dem Licht jedoch brach die Hölle los. Zuerst wurden einige Zeltplanen zurückgeworfen und Krieger traten heraus. Schnell hallten erste Rufe über das Lager und immer mehr Leute wurden geweckt. Der Grobold schien ein wenig schneller erholt zu sein, als man erwarten konnte. Schon hob er seine kleine Steinaxt und wollte Caldher angreifen. Schnell erhob sich dieser wieder in die Luft. Was sollte er sich mit einfachem Stahl herum schlagen. Seine Waffe waren seine Gedanken. Er entlud eine weitere Attacke und streckte den Feind prompt nieder. Doch damit war es nicht beendet wie er aus der Luft feststellte. Von wegen ein mutiger Grobold, dachte er und blickte sich um. Überall quieckte es am Rand des Lagers. Das kleine Monster war nur ein Späher gewesen und hatte sich etwas von den schönen Sachen im Lager ablenken lassen. Die ersten Krieger befanden sich schon im Kampf mit dem Feind, der es fast geschafft hatte sich anzuschleichen. Molly Witchblade, sie sah aus als ob sie ebenfalls noch nicht geschlafen hatte, koordinierte bereits die Verteidigung. Blitze zuckten durch die Luft, das Klirren von Waffen war zu hören und die ersten Schreie von Verwundeten. Beinahe wären sie kalt erwischt worden, schoss es Caldher durch den Kopf. Doch nun war auch für ihn die Zeit zu handeln. Er konzentrierte sich auf die einzelnen Feinde in seinem Umfeld. Jene Unholde des Groboldclans die sich bereits tiefer im Lager befanden. Seine Geist streckte sich nach ihnen. Er hatte seine Ziele gefunden. Mit aller Kraft sprach er seinen Zauber und lenke die enorme Kraft auf die einzelnen Ziele. Gelbe Kreise schossen von dort in die Höhe und vielfaches Quieken war zu hören. Er hatte sie gelähmt und einigen Schaden zugefügt. Er konnte es nicht sehen, aber er wusste, viele waren zu Boden gegangen und bluteten aus Nase und Ohren. Diesen Vorteil nutzen die Krieger auf den Boden aus. Die desorientierten Angreifer wurden niedergemäht und kurze Zeit später war das Lager wieder frei. Zufrieden aber etwas erschöpft sank Caldher zu Boden und zog erneut sein Schwert. Ein Ziel fand sich allerdings in dieser Nacht nicht mehr für ihn. Mit Stolz nahm Caldher Drake am nächsten Morgen die Belobigung des Imperators entgegen. Es war eine große Ehre als „wachendes Auge“ der Ordnung bezeichnet zu werden. Doch eine Ahnung sagte Caldher, dass es bald mehr als ein Auge bedurfte um diese Expedition zum Sieg zu führen. Gerüstet für die schweren Schlachten, die vor ihnen lagen, zogen sie weiter.

Es vergingen fünf weitere Tage, bis sie auf ruhigere Regionen stießen. Die Überfälle der Grobolde begannen abzunehmen und des öfteren stieß man auf eine kleine Siedlung. Als man die Bewohner befragte, erklärten sie zum Stadtstaat Knightsbrigde zu gehören. Einer von drei wichtigen Städten auf dieser Landmasse. Endlich schien sich für die Herren der Ordnung ein echter Verbündeter zu offenbaren. Zumindest lauschten die Bewohner den Geschichten über das Imperium der Ordnung ebenso gespannt und nahmen ihnen diese Vorstellung auch ab. Zwar blieben auch sie sehr distanziert, doch es schlossen sich schließlich fünf junge Bewohner dem Tross der Ordnung an. Sie wollten einfach sehen, ob dieses kleine Heer Erfolg haben konnte. So begleiteten sie den Tross als Handwerker und arbeiteten für die Krieger. Nach weiteren zwei Tagen erreichten die Herren der Ordnung die Stadt Knightsbrigde. Sie wurden freundlich empfangen und durften die Stadtmauern passieren. Dahinter erstreckte sich eine durchaus imposante Ansiedlung. Natürlich waren die starken Befestigungsanlagen nicht zu übersehen, doch innerhalb dieser pulsierte das Leben wie es die Männer und Frauen des Heerzuges schon sehr lange nicht mehr gesehen hatten.

Mit großer Freude mischten sich die Herren der Ordnung unter die Bewohner. Die Tavernen der Stadt waren entsprechend gut gefüllt und die Wirte rieben sich die Hände angesichts des ihnen bevorstehenden Absatzes. Viele zog es aber auch auf den großen Marktplatz der Stadt. Dort und in den umliegenden Läden wurde alles feil geboten was man sich vorstellen konnte. Staunend begutachtete Natasha die Auslagen eines Schmuckschmiedes. Die vielen glänzenden Ringe hatten es ihr angetan. Viele von ihnen leuchteten in einem geheimnisvollen Licht und kündeten von allerlei Verzauberungen. So konnte man durch die eingravierten Runen Schutz vor den Elementen erhalten, oder ein Zauber verschaffte einem mehr Kraft, magische Essenz oder Klugheit. Es war verblüffend, fand Natasha. Sie nahm sich vor, irgendwann mehr über die Herstellung solcher schätze zu erfahren. Ebenso erging es Bilqis und Kickersen. Beide standen in einer großen Schmiede und prüften die angebotenen Waren. Der große Barbar Kickersen schwang ein Zweihänder und lachte rau. Genau das Richtige für ihn, auch wenn der Preis etwas hoch war. Er hielt es vor seine Augen und prüfte mit scharfem Blick die Qualität der Arbeit. Kleine Fehler waren zu erkennen, aber nur für einen Fachmann. Für Kickersen gehörte es nicht nur zum Geschäft des Kriegers, es war sein Hobby, die Arbeit der Schmiede zu bewerten. Dieser hier Schnitt allerdings nicht mit einer Bestnote ab. Dagegen hatte Bilqis einen Schmied gefunden, der wahrlich ein Meister seines Fachs war. Der Zwerg hämmerte die Platten für seine Rüstungen in einem bestimmten Ablauf um sie noch besser zu härten. Natürlich war es ein Geheimnis wie genau er das tat und auch Bilqis konnte ihm dieses nicht entlocken. Doch sie stand weiter bei ihm und beobachtete wie er beim Gesang einer Zwergenweise den Ambos zum singen brachte. Rotglühendes Eisen direkt aus der Esse gezogen formte mit er mit einer Inbrunst, welche Bilqis schwer nachvollziehen konnte. Sie verstand etwas von Qualität der Waren, doch dies war eine andere Klasse.

Anders als seine Krieger stürzte Bigfoot nicht in das Stadtleben, sondern besuchte sofort den Herrscher der Stadt. Der Sitz des Herrschers war recht bescheiden. Mit der prächtigen Ewigen Stadt und seinen monumentalen Gebäuden konnte es dieses Haus nicht aufnehmen. Dennoch war Bigfoot, Imperator hin oder her, hier nur ein Bittsteller. Im allerhöchsten Falle noch ein Diplomat. Aber mit mehr konnte er nicht rechnen. Er war mit seinem Heer in ein fremdes Land gezogen. Hier mussten sie sich erst behaupten. Doch dazu benötigte er Verbündete und dieser Tatsache war er sich durchaus bewusst. Dieser Herrscher war womöglich der erste Verbündete um auch hier die Ordnung zu verbreiten. Bigfoot betrat den Audienzsaal und schritt auf den Mann zu, der auf einem steinernen Thron am hinteren Ende des Saales saß. Der ältere, bärtige Mann musterte Bigfoot mit seinen eisblauen Augen. Sein Thron war mit dicken Fellen behängt und wirkte ebenso martialisch wie der Rest des Saales, in dem man unzählige Waffen und Trophäen aufgehängt hatte. So wunderte es auch nicht, dass der Herrscher fast in voller Rüstung auf seinem Thron saß. Bigfoot neigte knappt den Kopf. „Lord Truesteel, es ist mir eine Ehre Euch kennen zu lernen.“ Lord Geriand Truesteel erhob sich aus seinem Thron und ging die zwei Stufen vom Thron zu Bigfoot hinab. Sie schüttelten sich die Hände. „Die Ehre ist auf meiner Seite. Ich weiß durchaus, dass ein Imperator vor mir steht.“ Bis spät in die Nacht dauerten die Gespräche der beiden Herrscher an. Während sich die Stadtbewohner über so viele Gäste und Kunden freuten und es dementsprechend in den Gassen der Stadt zuging, brannte im großen Saal des Lord Truesteel immer noch Licht. Bigfoot hatte den ganzen Abend ihren Ursprung und die Entstehung des Imperiums der Ordnung beschrieben. Er ging dabei auch auf die vielen Schlachten ein, um ihren Willen zu verdeutlichen die Ordnung zu bringen. Der Lord lauschte den Schilderungen mit großem Interesse. Nach einem schlichten Abendmahl aber, begann der Lord selbst über Carnage zu sprechen. Er war nach einer langen Reihe von Kriegslords der Herrscher über Knightsbridge geworden. Lange Zeit hatte sich die Stadt gegen das Chaos auf diesem Teilkontinent gestemmt, doch nie dauerhaft erreicht. Im Gegenteil, meist war man nach Feldzügen dem Untergang selbst näher als je zuvor. Trotzdem hatte man sich zusammen mit zwei weiteren Städten behauptet. Die kleine Stadt weiter im Nordwesten namens Swampstone und die glanzvolle Centaurenstadt Silverlance Keep. Nur in letzterer Stadt schien es gelungen zu sein ein wirklich starkes Bollwerk gegen das Chaos zu errichten. Die große Anzahl an Champions und Helden innerhalb der Mauern der Centaurenstadt ermöglichte es ihnen ein großes Gebiet zu sichern. Dies war Knightsbridge nicht beschert, wie der Lord anmerkte. Eine lange Feindschaft zwischen den Herrschergeschlechtern von Swampstone und Silverlance Keep schwächte die drei Städte dabei sehr. Knightsbridge fuhr schon seit Jahrzehnten einen neutralen Kurs um ein Gleichgewicht zu erhalten. Ein Bündnis mit einer Partei würde einen Krieg heraufbeschwören und darauf warteten die Schergen des Chaos nur. So kam es, dass Truesteel auch ein Bündnis mit den Herren der Ordnung ablehnen musste. Eine Allianz mit auswärtigen Parteien war ebenso gefährlich für seine Stadt. Auch wenn er diesen Schritt tief bedauerte hatte er in diesem Zusammenhang keine Wahl. Bigfoot akzeptierte die Entscheidung, denn er wusste um die schwere Entscheidung des Lords.


Tagebucheintrag von Gavin Darklighter

"Irgendwie muss ich mich selbst loben. Das hört sich jetzt vielleicht komisch an, aber es stimmt. Ich bin drei Wochen durch das Imperium gereist um einen Müller für unser Dorf Aras’ anzuwerben. Mir ist es geglückt. In einem Ort bei Coven gelang es mir einen Mann dieser Zunft anzuwerben. Der Preis war natürlich hoch, denn Müller sind gefragt, aber unser Angebot war definitiv das Beste. Er bekommt für sich und seine Familie ein Haus errichtet. Direkt neben der Mühle. Außerdem wird sein Lohn dem Ertrag angepasst, aber in schlechten Erntejahren wird er von der Gemeinschaft mitversorgt, sollte dies möglich sein. Zudem habe ich dem Mann aus meiner Kasse einen ordentlichen Betrag in die Hand gedrückt. Als Startguthaben, bis die ersten Ernten eingefahren werden. Damit sind wir wieder im Geschäft. Die Einbrüche unseres Handels mit der Ewigen Stadt werden wir mit Lieferungen an Coven ausgleichen. Dank unserem Müller haben wir dabei noch einen Vorteil, denn wir Liefern das Endprodukt in Säcken, nicht nur Korn. Ob sich diese große Investition auszahlt wird wohl die erste Ernte zeigen. Ansonsten kann ich meinem Tagebuch wenig berichten. Es ist ruhig im Imperium. Die Generalprotektoren, Protektoren, Lords und Vogte vertreten den Imperator ohne dass es Probleme gäbe. Lediglich das Wissen, dass ihr Imperator einen Feldzug in der Fremde führt macht einige Bürger unruhig. Aber es gibt auch viele stolze Bürger des Imperiums. Sie feiern jeden Abend den Mut ihres Herrn, sich nicht auszuruhen und immer weiter gegen das Chaos zu streiten. Dem kann ich mich eigentlich nur anschließen, auch wenn es sicherlich nicht ganz so einfach sein wird, wie es sich die Leute vorstellen."


Weiter nach Hamlet of Wainthorpe

Es vergingen zwei Tage bis der Tross sich wieder auf den Weg machte. Viele Bürger von Knightsbridge hätten es lieber gesehen wenn das stattliche Heer in der Nähe geblieben wäre. Eine Verstärkung welche die Stadt gut hätte gebrauchen könnte. Doch die Wege trennten sich wieder, denn Bigfoot wollte weiter auf der Suche nach Verbündeten durch die Lande ziehen und dabei das Chaos vertreiben. Letzterem hatte auch Lord Truesteel nichts entgegen zu setzen, sicherte es doch ihre Grenzen, auch wenn er dem Vorhaben Verbündete zu finden keine Chance gab. So zog das Heer der Ordnung Richtung Osten. Silverlance Keep sollte ihr nächster Stopp sein hatte Bigfoot entschieden. Die Entscheidung welche Stadt das nächste Ziel sein sollte war mehr von Neugierde geprägt. Noch nie hatten sie eine Centaurenstadt gesehen. Dies wollte der Imperator sich nicht entgehen lassen, genau so wenig wie einen Blick auf die so berühmte Schar der Centauren, wenn sie über die Ebene in die Schlacht ziehen. Vielleicht würde er ja dort Verbündete finden.

Leise schlichen sich zwei Kundschafter durch das Unterholz. Vor ihnen im Tal erstreckte sich eine Grasebene. Man hätte bis an den Horizont blicken können, so eben war sie, doch inmitten dieser erhoben sich die mächtigen Mauern von Silverlance Keep. Der Stadt der Centauren. Sie beobachteten eine kleine Gruppe Centauren welche vor dem Stadttor trainierten. Das Donnern der Hufe schallte weit über die Ebene als sie in faszinierenden Manövern sich immer wieder umkreisten und dann in den Nahkampf gingen. „Wir sollten dem Voraustrupp Bescheid geben. Einfach auf der Ebene erscheinen könnte Ärger bedeuten, “ sagte Caldher zu seinem Kameraden. Kairan nickte stumm und wand sich um. Der Einzug in Silverlance erwies sich dann aber doch als völlig problemlos. Nachdem zwei Herolde das nahende Heer angekündigt hatte, bat man sie freundlich in die Stadt. Eine weiträumige angelegte Ortschaft mit großen Parkanlagen und eigentümlicher Bauweise. Überall war das Klappern von Hufen zu hören. Eine seltsame Geräuschkulisse für die Herren der Ordnung, in deren Reihen recht wenige Centauren zu finden waren. An der Expedition nach Carnage waren gar keine Centauren beteiligt, auch wenn man sie inzwischen als schnelle Erkundungstruppe in dem unwegsamen Gelände gern gesehen hätte. Aber so etwas weiß man schließlich erst immer hinterher. Bigfoot musste enttäuscht feststellen, dass auch hier die Gespräche nicht anders verliefen. Man erlaubte ihnen in einem ihrer kleine Dörfer zu lagern und von dort auf die Jagd zu gehen. Solange es keine Beschwerden der Bürger gab, konnten sich die Herren der Ordnung frei bewegen. Der Imperator nahm das Angebot an und zog mit seinen Truppen in ein kleines Dorf westlich von Silverlance Keep. Der Ort nannte sich Hamlet of Wainthorpe.

Kaum hatte man sich in dem kleinen Ort einquartiert und das Umland gesichert, rief der Imperator zur Lagebesprechung. In einem eiligst errichteten Zelt sammelten sich die wichtigsten Berater und Hauptleute um den Worten des Imperators zu lauschen. Als die Sonne hinter den bewaldeten Hügeln unterging leuchtete die in der Mitte von Wainthorpe errichtete Statue des Allvaters in einem goldenen Licht. Direkt darunter stand das Zelt des Imperators. Nachdenklich stand Bigfoot vor dem Kartentisch. Seine Kartenzeichner hatten alle neuen Erkenntnisse und Details eingezeichnet. Nun eröffneten sich ihnen viele weitere Informationen. Auch hatte man inzwischen einiges über die Geschichte von Carnage gelernt. Doch hilfreiche Verbündete waren nirgends in Sicht, musste Bigfoot etwas enttäuscht feststellen. Die vorherrschenden politischen Parteien konnten sich seine Einmischung nicht leisten und sonst gab es hier keine Gruppen die sich ihm anschließen würden. Nur vereinzelt war man auf Abenteurer gestoßen. Bigfoot wand sich an seinen Stab. „Ich nehme an, wenn wir nach Swampstone ziehen würden, wäre das Ergebnis ebenso wie in den beiden anderen Städten. Wir werden erst einmal hier bleiben. Nach so einer langen Reise wird uns eine längere Rast gut tun.“ Die Berater hatten dem nichts entgegen zu setzten.

Molly Witchblade trat aus dem Zelt des Imperators und blickte zum Himmel. Der Mond hing tief über den Hügeln und tauchte den Ort in ein seltsames Licht. Die Beratungen hatten sich wieder einmal bis in die Nacht hingezogen. Zumindest würden sie sich nun etwas in diesem kleinen Ort ausruhen. Sie waren sehr freundlich empfangen worden. Boten sie mit ihrer Anwesenheit doch endlich Schutz vor den Grobolden. Dieses Thema hatte man an diesem Abend auch angeschnitten. Sobald alle wieder erholt waren, würde man Jagd auf diese Geschöpfe machen, die diesen Ort so oft versuchten zu plündern. Wenn es schon keine Verbündeten in der Region gab, würde man wenigstens das Chaos im Bereich des so möglichen bekämpfen. Aber eines war Molly bereits jetzt klar. Die Piraten welche Ortu überfallen hatten, kamen auf keinen Fall von diesem Teilkontinent Carnages. Man würde wohl weiter im Norden nach ihnen suchen müssen. Gedankenverloren schlenderte sie an den Quartieren ihrer Krieger vorbei. Doch vor einem der Zelte blieb sie schlagartig stehen. Sie spürte eine Schwingung jener Essenz, welche nur mächtige Magier inne hatten. Mit gerunzelter Stirn trat sie auf das Zelt zu. Die Zauberweber ihrer Gilde waren eigentlich in einem anderen Bereich des Feldlagers untergebracht. Außerdem war dies das Zelt ihres Gruppenführers Dragooner und dieser war kein voller Magier. Keuchend trat plötzlich ein Schatten aus dem Zelt. Zuerst sah dieser Molly nicht. Der muskulöse Oberkörper der Person glänzte im Mondlicht. Es war Dragooner. Mit einem weiteren keuchen ging dieser in die Knie. Molly lief zu ihm. „Was ist los?“ rief sie erschrocken. „Ich … ich weiß nicht Herrin“, antwortete er gepresst. Sie untersuchte ihn schnell, konnte aber nicht entdecken was seinen Zustand erklärte. So etwa hatte sie noch nie gesehen. Doch dann wechselte Molly Witchblade aus Intuition auf die Astralebene und erkannte was dort geschah. „Dragooner, bleib ganz ruhig. Ich weiß was mit dir geschieht.“ Fragend blickte Dragooner Molly an. Diese lächelte. „Ich habe immer gewusst, dass mehr magisches Potenzial in dir steckt als für einige Kampfzauber. Nun sucht sich diese Kraft seinen Weg an die Oberfläche.“ Dragooner schüttelte den Kopf. „Aber was..?“ „Bald wirst du ein vollwertiger Zauberweber Dragooner. Die lange Reise und der Stress der Expedition hat wahrlich verborgene Kräfte in die geweckt.“ Molly zeichnete einige Gesten in die Luft und rief ein Luftelementar um Dragooner etwas zu kühlen. Dann brachte sie ihn zurück in sein Zelt.


Der Groboldkönig

Seit sie auf dieser Expedition waren hatte sich sein Aufgabenbereich wirklich geändert, stellte Foschbor fest. Es war noch nicht lange her, da hatte er auf einem Ausguck in Ortu Dienst getan. Nun befand er sich in einem fernen, fremden Land und arbeitete als Heiler. Einige der verwundeten Kameraden nannten ihn schon Mangels echten weiblichen Personals die Stationsschwester des Feldlazaretts. Ein Titel den Foschbor mit einem Lächeln hinnahm. Ein wenig Humor würde die Wunden schneller heilen lassen. Trotz ihrer Anwesenheit hatten es die Grobolde inzwischen zweimal geschafft, bis an den Rand von Wainthorpe zu gelangen. Es hatte einige Verletzte gegeben, aber keine Toten. Zumindest auf ihrer Seite. Die Verluste der Grobolde dagegen waren weitaus größer. Aber dies schien ihnen kaum etwas auszumachen. Wie eine Plage schienen sie über dem Land zu liegen und ihre Anzahl schien nicht abzunehmen. So hatte man beschlossen einen wirklichen Schlag gegen diese Plage zu unternehmen. Nachdem man mehrere Tage die Grobolde verfolgt hatte und den Wald von Spähern durchsuchen ließ, hatte man einen Ort gefunden, den die Grobolde wohl als ihr Lager benutzten. Primitive Hütten und eine Kultstätte waren auf einem Hügel errichtet. Dennoch schien es ein machbares Unterfangen diesen Hügel von der grünen Plage zu befreien. Die ganze Nacht führten die Herren der Ordnung ihre Truppen heran. Man wollte dem Feind nicht den Vorteil des frühen Entdeckens ermöglichen und so zog man den Schutz der Dunkelheit vor. Nach und nach gingen die Kampfgruppen in Stellung. Bigfoot wählte für diesen Angriff eine neue Strategie und Aufstellung. Bisher waren in den Schlachten in ihrer Heimat meist große Verbände aufeinander getroffen. Die Heereseinheiten waren die Reaktion gewesen. Jede Heereseinheit hatte ihre Spezialitäten im Kampf besessen. So zum Beispiel die erste Legion des Imperiums, die Stahlwölfe im frontalen Nahkampf und Sturmangriff. Dagegen waren die Elfen der Gilde New Steel Wind mit ihren Waldläufern mehr für die Aufklärung und die Unterstützung durch ihre Bogenschützen berühmt. Das völlig unwegsamen Gelände Carnages und die eher kleine Truppenstärke der Herren der Ordnung machten es nötig, eine andere Taktik anzuwenden. Bigfoot lies Kampfgruppen bilden, welche eine wesentlich kleiner Anzahl an Kriegern und Magiern besaßen als die Heereseinheiten. Außerdem mischte er die Fähigkeiten der Truppenteile. Ziel war es, ausgewogene Heeresgruppen zu erhalten. Mehrere Nahkämpfer wurden von Magiern und möglichst einem Heiler unterstützt. Zudem Bogenschützen und wenn vorhanden ein Aufklärer. Mit dieser neuen Vorgehensweise stellte man sich den Gegebenheiten Carnages und mit diesem Angriff auf die Grobolde sollte sich zeigen, ob sie Erfolg haben würden.

Bigfoot kniff die Augen zusammen und blickte auf den Hügel vor ihnen. Sie waren von drei Seiten so nah wie möglich an das Lager der Grobolde geschlichen. Dann hatte man auf den Sonnenaufgang gewartet. Gerade hob sich die Sonne träge hinter den Bergen in den Himmel und ließ erste Sonnenstrahlen in die Täler fallen. Morgennebel stieg überall aus dem Wald und die Vögel zwitscherten noch lebendiger als in der Morgendämmerung. Ein Hahn krähte in weiter Ferne. Wahrscheinlich ein Hahn aus Wainthorpe mit besonders lauter Stimme. Bigfoot nahm dies als Zeichen und zog sein Schwert. Seine Kampfgruppe würde zuerst angreifen und die Aufmerksamkeit auf sich ziehen. Dann würden die anderen Gruppen dem Feind in die Flanke fallen. „Für die Ordnung!“ hallte es plötzlich aus dem Wald und eben mit diesem Satz antworteten die Krieger dem Imperator. „Für die Ordnung!“ Überall flogen angesichts des plötzlichen Lärms Vögel auf. Aufgeschrecktes Wild floh vor den Herren der Ordnung. Sie hatten sich gute Verstecke ausgesucht und so hatten sie den Hang schon nach kürzester Zeit erklommen. Noch bevor überhaupt ein Grobold begriffen hatte was geschah, hieben die Krieger der Ordnung bereits am Rand des Lagers auf die Kreaturen ein. Speere und Schwerter bohrten sich durch die Körper der Wachen, welche die Grobolde aufgestellt hatten. Doch nun gellte lautes Quicken durch das Lager und überall erhoben sich grüne Grobolde. Ihre Zahl war weit größer als angenommen, stellte Bigfoot fest und parierte einen Hieb mit einer Keule. Er trat dem kleinen Grobold mit seinen schweren Stiefeln ins Gesicht, was diesen jaulend in die Knie gehen lies. Noch bevor er das Schwert auf den Grobold niedergehen lassen konnte hatten zwei Blitze den Körper zu Asche verwandelt. Bigfoot rollte die Augen und lächelte zu Dragooner. Seit er seine neuen Kräfte beherrschte war er als Zauberweber kaum zu bremsen. Eine wertvolle Ergänzung ihrer Truppe. Mit einem wütenden Schrei schoss Molly Witchblade eine magische Ladung gegen die angreifenden Grobolde. Die Äxte wild schwingend waren sie, kaum dass Mollys Gruppe den Schauplatz erreicht hatte, auf sie zugestürmt. Nun klappte der erste Grobold tot zusammen. Szador Witchblade kümmerte sich mit seinem Bogen um zwei weitere Grobolde. Taumelnd fielen sie ins Gras und erhoben sich nicht mehr. Auf der anderen Seite konnte Molly den Anführer der dritten Gruppe sehen. Kickersen McSteel, der alte Barbar welcher aus dem Norden stammte und irgendwie in Coven gelandet war. Seine Kampfschreie hallten über das ganze Feld als seine Axt durch eine Gruppe von Grobolden fuhr. Wie eine Sense schien er die Kreaturen zu mähen, welche sich ihm in den Weg stellten. Ein neben ihr einschlagender Pfeil lies Molly sich wieder auf ihre Gruppe konzentrieren. Offensichtlich hatten sie die Aufmerksamkeit einiger Bogenschützen auf sich gelenkt. Bisher hatten sie nicht einmal gewusst, dass die Grobolde Schützen in ihren Reihen hatten. Gut, dachte sie und schoss einen Blitz in die Richtung des nächsten Feindes, nun wissen wir es.

Eine kleine Axt krachte auf den Brustharnisch des Imperators und zerbrach. Bigfoot konnte sich ein hämisches Lachen nicht verkneifen als er das verdutzte Gesicht des kleinen Groboldes sah. Mit großen Augen starrte dieser einen Augenblick auf den zerbrochenen Stil seiner Waffe, bevor er begriff, dass seine Waffe wenig gegen solch eine Panzerung ausrichten konnte. Bigfoot quittierte diesen Versuch mit einem Schwerthieb und schickte den Grünling in zwei Hälften zu Boden. Die Waffen der Grobolde mochten zwar nicht sehr gut sein, doch ihre bloße Masse machte dies leicht wieder wett, stellte Bigfoot erneut fest. Wieder stürmte eine große Gruppe auf ihn zu. Doch seinem Schwert hatten sie wenig entgegen zu setzten und einer nach dem anderen fiel im Versuch sie abzuwehren. Laut lachend wischte Kickersen McSteel sein blutverschmiertes Schwert an einem Gefallenen ab. Seine Gruppe hatte diesen Bereich des Lagers fast völlig von diesem Ungeziefer gesäubert. Langsam gingen Kickersen und seine Kameraden weiter in das Lager hinein. An manchen Stellen brannten kleine Feuer. Fackeln waren vor den Hütten aufgestellt. Ohne zu zögern griff der Barbar danach und war die Fackeln in die Behausungen. Schnell brannte das Lager um ihn lichterloh. Ab und zu trieb das Feuer eine der Kreaturen aus seinem Versteck, doch im großen Ganzen schienen sie die Oberhand zu gewinnen. Der Imperator sah, wie Teile des Lagers in Flammen aufgingen und nahm dies als Zeichen des Erfolgs. Die eine Gruppe hatte wohl damit begonnen das Lager zu säubern. Doch trotz dass ihr Lager bereits in Flammen aufging, wehrten sich die Grobolde weiterhin verbissen. Das war neu, stelle Bigfoot fest. Normalerweise zogen sich Grobolde angesichts einer kommenden Niederlage schnell zurück. Sie waren als äußerst feige bekannt und dies hatten sie auch schon bei ihren Angriffen auf Wainthorpe bewiesen. Kaum dass sie begriffen hatten, dass sie den Herren der Ordnung nicht entgegen zu setzten konnten, hatten sie ihr Heil in der Flucht gesucht. Hier dagegen schien etwas anders. Was es war, wusste Bigfoot allerdings noch nicht.

„Ein Schamane“, keuchte Molly auf und wehrte den magischen Angriff ab. Das Potenzial der Grobolde war weitaus größer als erwartet. Nun hatten sie also auch noch magisch Begabte unter sich. Szador hatte den ersten Angriff des Schamanen abbekommen und blutete aus dem linken Bein. Schnell eilte der Heiler Foschbor herbei und versorgte die Wunde. Mit einem Zauber stoppte er die Blutung und schloss die Wunde halbwegs. Völlig heilen würde es erst, wenn das Bein Ruhe bekam, doch daran war gerade nicht zu denken. Mollys Augen funkelten auf, als sie einen ihrer mächtigeren Zauber entfesselten. Ihre roten Haare wehten in einem unnatürlichen Wind, der nur sie umgeben zu schien. Wie vom Schlag getroffen blieb der Grobold Schamane stehen und starrte ins Leere. Molly senkte die Arme und blickte ihn an. Mit einem seltsamen Laut brach der Schamane zusammen. Blut sickerte aus seinem Mund und seinen Augen. Mit dem Ärmel ihrer Robe wischte sich Molly ein kleines Rinnsaal Blut aus dem Gesicht. Der Angriff des Schamanen hatte sie mehr getroffen als erwartet, doch nun wendete sich auch hier das Blatt. Die wenigen verbliebenen Grobolde zogen sich in das Lager zurück. Auch Kickersen schien Erfolge verzeichnen zu können. Dicke Rauchschwaden hingen inzwischen über dem Schlachtfeld, als Mollys Gruppe den Grobolden nachsetzten. Sie schienen sich im Zentrum des Lagers sammeln zu wollen. Nun erkannte Bigfoot warum die Grobolde sich nicht wie sonst fluchartig zurückzogen. Nach und nach sammelten sie sich nun im Zentrum des Lagers. Die drei Kampfgruppen bahnten sich dorthin langsam ihren Weg. Dort erhob sich eine Art Kultstätte. Dieser Tempel war es aber nicht, welche die Groboldkrieger von einer Flucht abbrachte. Bigfoot beobachtete wie ein großer, starker Grobold einen kleinen, recht panischen Artgenossen festhielt und schließlich erschlug. Dann grunzte der große Grobold Befehle auf die jeder seiner Artgenossen reagierte und sie sofort ausführte. Offensichtlich hatten sie den Anführer gefunden. Ein Blick zu Molly und Kickersen bestätigte ihm, dass sie ebenfalls zu dieser Erkenntnis gelangt waren. Ihr Ziel stand daher fest. Der Kopf dieses Groboldkönigs musste gespießt auf einer Lanze zurück nach Wainthorpe gebracht werden.

Zielsicher lies Szador einen Pfeil nach dem anderen in die Gruppe um den Groboldkönig surren. Die Leibwachen konnten sich mit ihren primitiven Rundschilden kaum gegen die Fernwaffe erwehren. Molly und Dragooner unterstützten die Dezimierung der Eingekesselten Grobolde mit ihren magischen Attacken. Gerade glaubte Szador es würde ein baldiges Ende mit den restlichen Grobolden geben, da griffen sie plötzlich an. Sie suchten ihr Heil im Angriff. Es schien ihnen lieber, sich dem Gegner frontal zu stellen, als wie Tontauben abgeschossen zu werden. Ein Teil der Grobolde warf sich gegen die bei Molly konzentrierten Fernkämpfer. Der Rest versuchte zusammen mit dem Groboldkönig den Imperator anzugreifen. Der wilde Schrei des Nordmannes McSteel erschütterte das Schlachtfeld als dieser erkannte, dass offensichtlich kein Feind zu ihm kommen wollte. So schwang er seine Axt und kam selbst zum Feind und fiel den Angreifern von Molly und Szador mit seinen Männern in den Rücken. Der Imperator und seine Krieger erwehrten sich inzwischen dem Ausfall des Königs. Die Schwerter, Äxte und Hämmer fuhren auf die anstürmenden Grobolde und schickten eine große Zahl zu Boden. Blut spritzte und färbte das Gras rot. Bigfoot wehrte mit seinem Schild, auf dem das Wappen der Ordnung prangte, den ersten Hieb des Groboldköniges ab. Die anderen Krieger auf beiden Seiten erkannten schnell, dass sich hier zwei Widersacher in vielerlei Weise gegenüber standen und Niemand mischte sich ein. Wieder parierte Bigfoot einen Schlag der Axt mit seinem Schwert und schob diese mit voller Kraft zur Seite. Dann setzte er mit seinem Schild nach und benutzte es wie einen Rammbock, welches er in das Gesicht des Grobolds schmetterte. Taumelnd zog sich dieser einige Schritte zurück, doch Bigfoot setzte nach. Mit letzter Kraft fing sich der Grobold wieder und erwiderte den Angriff mit einer Folge von Axthieben auf das Schild. Tiefe Kerben blieben darauf zurück als Metall und Holz davon weg splitterten. Doch die Kampferfahrung des Imperators, welche er in viele Schlachten gesammelt hatte, setzte sich allmählich durch. Mit jedem parierten Schlag und erneuten Angriff wurde der Grobold erschöpfter, seine Abwehr schwächer. Wenige Minuten später gelang es Bigfoot die Abwehr des Groboldkönigs zu durchbrechen und er rammte sein Schwert tief in die Brust des Grobolds. Lautes Quieken war die Folge. Überall auf dem Schlachtfeld versuchten plötzlich die verblieben Grobolde zu fliehen, doch dafür war es zu spät. Als ihr König zu Boden ging, war es um die Grobolde vollends geschehen.


Der Schatten in der goldenen See

Eine imposante Feier folgte dem Sieg am Groboldhügel. Die Bürger waren außer sich vor Freude. Selbst aus Silverlance Keep war eine Abordnung gekommen um den Ordnungshütern ihre Glückwünsche zu überbringen. Die Centauren hatten diese am Rande ihres Gebietes liegende Menschensiedlung nie besonders geschützt, doch nun wollten sie natürlich nicht nachstehen. So konnte man zumindest ihre Worte verstehen. Der Ruf der Herren der Ordnung schien damit bestätigt. Zwar brachte dies ihnen immer noch keine Verbündeten ein, aber das Chaos war in dieser Gegend deutlich geschwächt worden, wenn nicht sogar besiegt. Für die Herren der Ordnung bedeutete die Ankunft der Abordnung aus Silverlance auch etwas anderes. Höflich gab man ihnen zu verstehen, dass man neben den Champions der Centauren keine weiteren Helden in diesem Gebiet duldete. Eine Ansicht, die für die Herren der Ordnung wenig verständlich war. Doch Bigfoot wollte den wenigen stabilisierenden Faktoren wie die Centaurenstadt nicht die Stirn bieten. Es war nicht seine Absicht sich gegen sie zu stellen und damit die Verteidiger der Ordnung noch weiter zu schwächen. Es gab genügend Regionen die sich mehr über ihre Hilfe freuen würden, nahm er an. Nach einer Woche der Besprechungen und Planungen stand das Ziel fest. Die Expedition würde auf die so genannte Wüsteninsel übersetzen. Laut den Berichten die Bigfoot und sein Stab besaßen, waren die Irekeis dort überraschend tolerant. Angeblich nahm die Stadt der Irekeis alle Fremden mit offenen Armen auf. Zumindest solange sie einen dicken Geldbeutel besaßen. Als Verbündete kamen die Herren über Khar Th’Sekt freilich nicht in Frage, doch hoffte man in dieser freien, sehr großen Stadt andere Verbündete finden zu können.

Ein heißer Wind wehte über die absolut flache Ebene. In der Ferne zitterte die Luft und zeigte unheimliche Trugbilder. Leben schien es in dieser Wüste kaum zu geben. Einige Geier kreisten über dem Tross welcher sich mühevoll von der Küste der Wüsteninsel ins Innere Richtung Khar Th’Sekt kämpfte. Bigfoot wischte sich den Schweiß von der Stirn, erreichte damit aber nur, dass unzählige Sandkörner seine Stirn erneut zerkratzten. Der feine Sand schien überall. Vor ihm gab es kein Entkommen. In Rüstungen, Gepäck und Kleidung drang er andauernd ein. Selbst die Waffen schienen unter dem dauernden Einfluss des Sandes stumpf zu werden. Der Imperator war froh einen Ortskundigen gefunden zu haben. Auf halber Strecke waren sie auf ein Lager mit Abenteurer gestoßen, welche sich ihnen angeschlossen hatten. Diese führten sie nun nach Khar, wie man die Irekeistadt kurz nannte.

Eigentlich hatte er seit der Ankunft an den Küsten dieser Wüste nicht mehr aufgehört zu fluchen. Taker rückte seine Templerrüstung zurecht und vermutete, dass diese bald durch die Sonne schlicht schmelzen würde. Doch er hatte den Weg der Templer der Ordnung gewählt. War er auch sonst meist nur als Generalprotektor und Baumeister in Erscheinung getreten, er war auch ein Krieger, dem Orden der Templer der Ordnung verschrieben. Dies machte ihm nun schwer zu schaffen, auch wenn er es nie zugeben würde. Ein Templer beklagte sich nicht über Unannehmlichkeiten. Der Allvater hatte seine Gründe hier eine Wüste entstehen zu lassen und so musste er es auch ertragen können. Und zwar mit voller Rüstung. Die Furie Shon’jir war mit Dragooner dem Tross voraus gegangen um die Lage zu erkunden. Nun standen sie nicht weit entfernt vor der großen Irekeistadt auf der Ebene. Es gab keine Deckung in dieser Wüste. Zumindest nicht in der Nähe von Khar. Die Türme der Mauern von Kahr erhoben sich wie mächtige Krallen in die Höhe. Dragooner stellte zwar fest, dass die Mauern anderer Städte höher waren, aber in dieser Wüste gab es schließlich auch nichts womit man die Mauern erstürmen konnte. Die Furie vermutete, dass auch der starke Wüstenwind ein Grund für die etwas flachere Bauweise war. Die Beiden beobachteten eine große Anzahl von Reisenden, die aus allen Himmelsrichtungen auf das Stadttor zuströmten. Niemand schien abgewiesen zu werden. Egal welche Waffen er trug, welche Rasse er angehörte oder wie groß die Reisegruppe war. Es schien also auch kein Problem für ihren Tross zu sein, in die Stadt zu gelangen. So beschlossen sie auf die Ankunft der Hauptgruppe zu warten und gemeinsam die Stadt zu betreten.

Er stampfte durch die staubigen Gassen und stützte sich mehr als einmal an einem Zelt oder Gebäude ab. Dieser Wein den die Irekeis aus irgendwelchen Kakteen brauten war wirklich stark, überlegte Kickersen McSteel. Aber er war ein Nordmann, der Barbar aus Coven, wie man ihn schon genannt hatte. So etwas konnte ihn nicht zu Fall bringen, sagte er sich. Trotz der späten Stunde versuchten noch einige Händler ihre Waren los zu werden und sprachen Kickersen an. Dieser lehnte schwankend ab. „Was soll ich denn mit dieser Handtasche eh? Geh mir vom Leib Rothaut. Er glaubst das ich bin, eine Riesen-Amazone?“ Molly rollte die Augen als sie den Nordmann endlich gefunden hatte. Die Hitze und der Wein hatten ihm tatsächlich zugesetzt. Plötzlich war er aus der Taverne verschwunden gewesen, in der sie und einige Kameraden gesessen hatten um sich von der langen Reise zu erholen. Das Lachen des Barbaren war mehr ein Glucksen als er eine Art Strumpfhose aus Krokodilleder angeboten bekam. Er wollte gerade zu einer weiteren Beleidigung ansetzten als Molly zu ihm trat. Am liebsten hätte sie ihn am Ohr gepackt, nur ihre zierliche elfische Statur hinderte sie daran. So zog sie an dem Gürtel des Nordmannes und brachte ihn aus der Reichweite des Händlers. „Oh hallo Schwester …“ begann Kickersen bevor er seine Herrin erkannte. „Uh oh…“ Molly lächelte und hob drohend den Finger. „Mitkommen McSteel.“

Die Abendluft lies endlich eine kühle Prise über die Stadt kommen. Wie die Bewohner diese Hitze ihr Leben lang ertragen konnten, war Bigfoot schleierhaft. Aber die Irekeis waren schließlich Kinder der Wüste. Anders konnte man es gar nicht sagen. Nun war Bigfoot auf dem Weg zum Führer dieser Nation. Für ihn selbst war dies mehr ein Stadtstaat, aber es lag ja immer im Ermessen des Herrschers sein Reich zu bewerten. Langsam ging er auf das Gebäude von Maak Sal’Ankar zu. Seine Leibwache bestand aus dem Templer Taker und dem Zauberweber Dragooner. Man wollte auf alles gefasst sein. Das Gebäude glich in vielen Punkten den anderen Gebäuden der Stadt. Die Ecken waren mit drachenzahnartigen Eckpfeilern verziert und formten mit den Mauern eine solide Grundmauer auf dem Sand. Flach ansteigende Rampen führten zu einer, auf einer höheren Ebene liegenden Eingangshalle. Halle war vielleicht nicht das richtige Wort, denn zum großen Teil bestand der Oberbau des Hauses nicht aus festem Material, sondern aus Planen. Beim Bau wurden sowohl feste Mauerelemente und Zelte kombiniert. Ob dies etwa mit der ursprünglich Lebensweise der Irekeis zutun hatte oder vielleicht eher praktische Gründe hatte, wusste Bigfoot nicht. Der Thronsaal Maak Sal’Ankars war durch viele Fackeln erleuchtet. Seltsame, würzige Düfte füllten das große Zelt. Zwei Irekei Assasine flankierten den Herrscher. Freundlich kam er auf Bigfoot zu und schüttelte diesem die Hand. „Willkommen in der Stadt der Sonne“, sagte er lächelnd. „Machen sie sich keine Sorgen. Auch wenn wir verschiedenen Göttern verschrieben sind. Diese Stadt bietet jedem Wanderer der Wüste Zuflucht.“ Bigfoot wunderte sich sehr über dieses Verhalten. Bis auf die wenigen Irekeis welche sich nach schweren Prüfungen tatsächlich den Herren der Ordnung angeschlossen hatten, kannte man diese Rasse als sehr untolerant. „Es freut mich auf eine so gastfreundliche Stadt in all diesem Chaos zu stoßen“, antwortete Bigfoot. „Ach Chaos, ein für Euch wohl nicht sehr wohliger Begriff.“ Maak machte eine Pause und schien zu überlegen. „Die Herren der Ordnung, nicht wahr? Ja so haben Euch meine Wachen genannt. Abgesandte aus einem großen Imperium in dem nur die Ordnung und der Allvater herrscht.“ Bigfoot nickte und lächelte. „Ihr bringt es auf den Punkt.“ Aus dem Augenwinkel sah er wie sich seine Leibwächter spannten. Nicht ohne Grund, denn die Leibgarde des Irekei war bei der Nennung einer Abordnung des Allvaters nervös geworden. Offensichtlich war die große Toleranz doch nur oberflächlich zur Schau getragen. Doch Maak schien ganz ruhig geblieben. „Nun, aber hier ist das große Imperium nicht in ihrem Land. Zwar habt ihr eine stattliche Abordnung geschickt, aber für eine Eroberung reicht es nicht. Drum sagt, was bezweckt ihr in diesem wunderschönen Reich des Chaos?“ „Nun, wenn ihr es genau wissen wollt, suchen wir nach Übeltätern, welche unsere Küsten geplündert haben. Wir wollen ihnen gewissermaßen die Rechnung präsentieren.“ Maak hob die Augen. „Nur ein Rachefeldzug? Oh,“ machte er enttäuscht,“ ich dachte es gehe um Eure hohen Vorstellungen von der Ordnung.“ Bigfoot lächelte verschlagen. „Ich habe nicht gesagt, dass wir auf dem Weg zu dieser Rache nicht unserer Lehre der Ordnung folgen und sie Carnage bringen.“ Maak hob theatralisch die Arme und spielte einen Augenblick den schockierten. „Oh, der große Drache stehe mir bei.“ Als sich seine Leibgarde spannte winkte er aber sofort ab und war wieder der Alte. Böse lächelnd drehte er sich etwas zu seiner Rechten und schien in die Ferne zu blicken. „Wie viele von Eurer Sorte habe ich hier schon vorbei ziehen sehen. Uh, es müssen Hunderte gewesen sein. Ich gebe Euch nun einen Rat. Völlig kostenlos.“ Da schien ihn zu einem besonders breiten Grinsen zu veranlassen. „Geht dahin zurück, wo Euer großes Imperium steht. Carnage braucht keine Ordnung und es wird auch nie ein Land der Ordnung sein. Wenn das Chaos überall seine Blüten trägt, dieses Land ist eines seiner Wurzeln. Nie wird dieses Land dem Allvater dienen.“ Bigfoot blickte ebenso theatralisch in die Ferne und erwiderte dann. „Ich sehe auch für Carnage eine Zukunft der Ordnung über welche der Allvater wacht.“ Dann wurde er wieder ernst. „Daher möchte ich gerne noch etwas in diesem Land verweilen.“ Maak nickte. „Natürlich. Und in dieser Stadt auch nehme ich an?“ fragte er. „So Ihr es als Herrscher gewährt.“ Der Irekei runzelte einen Augenblick die Stirn. „Welch Glück ihr doch habt, dass wir eine so tolerante Stadt sind. Von mir aus könnt ihr bleiben, aber…“ Bigfoot lächelte und vollendete den Satz. „… im Gegensatz zu Eurem Rat wird dies nicht kostenlos sein.“ Der Irekei nickte freudig. „Ihr versteht schnell.“

Missmutig blickte Szador Witchblade in die fast bis zum Boden geleerte Kasse des Heeres. Er blickte im Schein der Kerzen auf die Auflistung der Gelder. Die Miete für den Aufenthalt in Khar war wirklich enorm teuer. Doch es war mit Sicherheit ein kleiner Preis als ohne Ziel in der Wüste umher zu irren und zu verdursten. Im Moment benötigten sie neben frischen Vorräten auch Waffen und andere Ausrüstung. Daher konnten sie nicht einfach in die Wüste ziehen und versuchen irgendwo anders hin zu gelangen. Langfristig hatte der Stab des Imperators bereits eine Reise auf die größte Landmasse von Carnage, die Greenlands geplant. Doch bis dahin mussten ganz andere Probleme gelöst werden. Die leere Kasse war das Größte. Szador rieb sich die müden Augen und blickte dann wieder auf seine Aufstellungen. Eines war sicher, sie mussten an neue Barmittel gelangen.

Durch Anwendung und Kampf gewinnt man an Kraft rief sich Dragooner eine Lektion in Erinnerung. Jede freie Minute versuchte er seine Kräfte zu erweitern und neue Zauber zu erlernen. Doch erst jetzt, inmitten des Kampfgetümmels schien er Erfolg zu haben. Er hatte es natürlich nicht darauf angelegt, doch plötzlich stand er neben ihm. Ein kleiner, grauer Gargoyle zwinkerte ihm piepsend zu. Noch verwundert über sich selbst schickte Dragooner sein beschworenes Wesen in die Schlacht. Erfreut erkannte Molly welche Fortschritte Dragooner machte. Nun konnte er bereits eine magische Kreatur beschwören. Genau die richtige Hilfe für die Kämpfe, welche sie gerade bestritten. Szador hatte sie auf diese Idee gebracht. Aus dem akuten Geldmangel heraus, welcher die Herren der Ordnung plagte, waren sie zur Orkjagd ausgezogen. Immerhin etwas, was sie bereits von zu Hause her bestens beherrschten. Mit einer Geste schickte Molly einen weiteren Blitz zu den kleinen Hütten der Orks und ärgerte sich, wie zäh diese Wesen waren. Die Wüste hatte sie offensichtlich härter gemacht. Sie kämpften wesentlich verbissener als es die Herren der Ordnung es gewöhnt waren. Dennoch war dies bereits das zweite Dorf an diesem Tag, welchem sie die Ordnung brachten. Dank dem harten Einsatz aller Kampfgruppen würde es auch hier nur noch eine Frage von Minuten sein, bis das Dorf endgültig in Flammen aufging. Danach würden sie nach Khar zurücklehren und ihre Beute zu klingender Münze machen. Nicht mehr lange und sie konnten zu den Greenlands aufbrechen. Trotz der reichen Beute vergingen doch zwei Wochen ehe Szador zumindest von einer halbwegs vollen Kriegskasse berichten konnte. Da die Herren der Ordnung nicht müde wurden in der Umgebung allen die Ordnung zu bringen, welche dem Chaos dienten, war es nicht verwunderlich, dass viele Irekeis der Stadt ihnen nicht mehr so gute Preise machten. Diese Zweischneidigkeit von Feindschaft und Geschäftstüchtigkeit war für die Herren der Ordnung etwas neues. Meist war man es gewöhnt klare Linien zu ziehen. Hier war dies nun nicht so. Der lange Aufenthalt hatte aber auch seine guten Seiten. Eine große Anzahl von Abenteurern und versprengten Jüngern des Allvaters schlossen sich den Herren der Ordnung an. Dass dies gerade in dieser Stadt geschah, wunderte Bigfoot jeden Tag aufs Neue. Er rechnete jeden Tag damit, aus der Stadt verwiesen zu werden. Doch noch schienen ihre Abgaben den Herrscher Sal’Ankar davon abzuhalten.

Wieder einmal brach der Abend an und bereitete der Stadt Khar einen wunderschönen Sonnenuntergang. Ein für diese Gegend kühler Wind wehte über die Ebene und trieb die Händler auf dem Marktplatz zu absoluten Höchstleistungen an. Die Taverne, in der sich die Herren der Ordnung zu treffen pflegten, war wie jeden Abend überfüllt. In einer Ecke grölte ein sehr fröhlicher Barbar nach weiterem Irekei Wein. Eine kleine Schlägerei zwischen einem Elf und einem Zwerg rundeten das Bild ab. Bigfoot hatte es sich angewöhnt hier jeden Abend einen Becher Wein zu trinken und nach den neusten Neuigkeiten zu horchen. Einige Gäste der Taverne kannten die seltsame Abordnung von Imperator und zwei Leibwachen bereits und gesellten sich schnell zu ihm. Berichte und Abenteurer wurden so in gemütlicher Runde ausgetauscht. An diesem Abend tauchte auch einer der Herolde auf, welche Bigfoot ausgesandt hatte. Tallyn, inzwischen ein bewandter Dieb, verneigte sich knapp vor Bigfoot und setzte sich dann zu ihm. „Herr, ich habe in den letzten Wochen viele Jagdgemeinschaften begleitet, einige Gilden gesehen und mit vielen Leuten gesprochen. Viele, welche den Allvater und die Ordnung so verfechten wie wir, fand ich nicht. Doch eine Gilde ist unseren Idealen doch recht nahe.“ Bigfoot nahm einen Schluck Wein und lauschte den Worten Tallyns. „Die Gilde nennt sich Death & Honor. Sie sind Verfechter einer ehrenhaften Politik und planen sich in den Greenlands niederzulassen.“ Das lies Bigfoot aufhorchen. „Also planen sie dort einen Ort zu gründen?“ „Ja Herr, sie sind schon länger in diesem Land, viele stammen auch von hier und nun möchten sie sich den Traum eines sicheren Horts verwirklichen.“ „Ein Bollwerk gegen das Chaos. Diese Leute gefallen mir.“ Tallyn lächelte. „Ich glaube dem Führer von D&H geht es ebenso. Ihm gefallen unsere Ideale. Sein Name ist Krono.“


Eine neue Nation

So kam es, dass die Herren der Ordnung einige Tage mit Kriegern der Gilde Death and Honor auf die Jagd gingen. Bigfoot wollte mit Sicherheit wissen, ob diese Leute einen guten Charakter besaßen. In diesem Land schien ihm inzwischen vieles möglich. Doch allen Befürchtungen zum Trotz erwiesen sich Death and Honor als echte Freunde. Nach vielen Gesprächen im Stab des Imperators beschloss man, sich Death and Honor anzuschließen. Ihr Ziel eine eigene Stadt zu gründen war es wert unterstützt zu werden. Als Ortskundige übernahmen Death and Honor die Führung bei der Reise auf die Greenlands. Als schließlich die Schiffe an der Küste der Greenlands ankamen, war der kleine Ort zum Teil bereits Wirklichkeit geworden. Krono hatte die Stadt Defiance getauft. Die Hauptstadt einer neuen Nation im Süden der Greenlands. 

Die kleine Hütte nahe der Kirche von Defiance diente den Herren der Ordnung als Hauptquartier. Krono hatte es ihnen zugewiesen und damit ihren besonderen Status betont. Noch half man nur bei der Sicherung des kleinen Dorfes, war aber kein Teil der Nation. Defiance selbst bestand im Grunde nur aus zwei oder drei Baracken, der Kirche und einer Anzahl von Holzhütten. Selbst eine echte Stadtmauer war noch nicht errichtet. Doch täglich strömten neue Abenteurer in die Stadt. In vielen Dingen erinnerte es etwas an die Gründerzeit des Imperiums der Ordnung, als die Herren der Ordnung ihre Hauptstadt bauten. Taker lies die Gelenke seines Panzerhandschuhes klacken und betrachtete eine Karte der Umgebung. Schon eine Weile war man in Schweigen verfallen. Immer noch hatten die Späher keinen Hinweis auf die Piraten gefunden, welche sie suchten. Orte des Chaos, wie Orklager, Wyrmnester und ähnliches dagegen zuhauf. Innerlich war allen bewusst, dass diese Expedition länger dauern würde als angenommen. Doch noch sprach es Niemand aus. Schließlich erhob sich der Imperator von seinem Stuhl. „Es steht eine Entscheidung an meine Freunde“, begann er. „Wir haben einen weiten Weg hinter uns und ich bin nicht gewillt jetzt in unsere Heimat zurück zu kehren. Hier, „er deutete auf die Karte, welche auf dem Tisch ausgebreitet war, “wartet viel Arbeit auf uns.“ Er machte eine Pause und blickte in die Runde. „Wir haben zwei Möglichkeiten. Entweder wir verfahren wie bisher und ziehen durch das Land. Bringen jenen die Ordnung, die auf unserem Weg liegen und suchen diese Piraten. Oder wir errichten einen Außenposten und bringen dauerhafte Ordnung in dieses verwüstete Land.“ Die Entscheidung schien leicht zu fallen. Alle stimmten für letztere Möglichkeit. So machte man sich daran, Pläne zu entwerfen, wie es möglich war in diesem Land einen Außenposten zu errichten. Schnell wurde dabei klar, dass die beste Möglichkeit darin lag, sich weiterhin mit der Death and Honor Nation zu verbünden. Gute Freunde gibt man nicht einfach auf. Zusammen war ihr Ziel wesentlich leichter zu erreichen, befand der imperiale Stab. Nach langen Beratungen kam man schließlich zu dem Schluss die Herren der Ordnung und ihre Expeditionsstreitmacht in Carnage bei der Nation Death and Honor einzuschwören. Ihnen also als eigenständiges Element zur Seite zu stehen. Damit war von den Herren der Ordnung kontrolliertes Land in Carnage kein offizieller Teil des Imperiums. Aber dies war eher zweitrangig, befand man. Wichtiger war es einen sicheren Außenposten zu errichten und diesen gegen das Chaos zu befestigen. Anschließend würde man das Umland befrieden und sich auf die Suche nach den Piraten machen.


Tanelorn – Fels in der Brandung

Die neue Nation des Südens, wie Death and Honor auch genannt wurde, wuchs schneller als erwartet. Schon nach wenigen Wochen hatten sich weitere Dörfer der Führung Kronos angeschlossen und die Macht der Nation gestärkt. Die Herren der Ordnung trugen ihren Teil dazu bei. Auch ihre Zahl wurde durch weitere Krieger gestärkt. Als ihre besondere Aufgabe empfanden sie es die Region um Defiance weiter vom Chaos zu befreien. Noch immer gab es Orte, welche nicht wirklich sicher waren. So zogen die Herren der Ordnung immer wieder aufs Neue in die Wälder und räucherten die Verstecke des Feindes aus. Bilqis die Kriegerin, welche schon in der Wüstenstadt zu den Herren der Ordnung gestoßen war, musterte die Umgebung. Die düsteren Wälder machten es nicht wirklich einfach voran zu kommen. Dabei auch noch nach Dienern des Chaos Ausschau zu halten war umso schwerer. Geduckt schlich sie leise von Deckung zu Deckung. Den Speer hielt sie gesenkt in der Rechten. Warum hatte sie sich nur lautstark für diese Aufgabe gemeldet. Hätte sie gewusst was da auf sie zukäme, sie hätte es sich noch einmal überlegt. Nun war es zu spät. Sie stützt sich an einer dicken Eiche ab und spähte daran vorbei. Schnell zog sie den Kopf wieder ein. Amazonen! Zumindest sahen sie so aus. Doch wenn in diesen Wäldern Amazonen ein Lager unterhielten, wüssten es die Führer der Nation sicherlich. Wieder wagte Bilqis einen Blick. Langsam konnte sie sich einen Reim darauf machen. Es schienen ausgestoßene Amazonen zu sein. Dort in dem kleinen Tal schienen sie ein Lager errichtet zu haben. Weit ab von allen Wegen und Straßen. Schnell kehrte Bilqis um, sie wollte so schnell wie möglich Bericht erstatten. Die neuen Erkenntnisse wurden in die große Carnage Karte eingezeichnet. Der Wald den Bilqis erkundet hatte, galt nun als potenzielles Ziel. Umso mehr als es Berichte von Reisenden gab, welche von Amazonen überfallen worden waren. Der Schluss, dass diese Amazonen dahinter steckten, lag nahe. Bigfoot entschloss sich dieses Räubernest noch in den nächsten Tagen auszuräuchern. Sie waren ihrem Ziel einer sicheren Region um Defiance zusammen mit den Death and Honor Kriegern recht nahe und da sollten diese Amazonen nicht dazwischen stehen. Natürlich war mit einer Gruppe zu allem entschlossener Amazonen nicht zu spaßen, das war Bigfoot bewusst. Daher lies er die Herren der Ordnung mit allen Kampfgruppen ausrücken um dieses Lager dem Erdboden gleich zu machen.

Dichter Nebel durchzog die Wälder, nasse Flechten hingen von den alten Bäumen und ließen stetig einige Tropfen auf den Boden niedergehen. Ihre Kleidung und Rüstung war schon lange durchnässt, als die Herren der Ordnung nach und nach Stellung bezogen. Die vielen Stiefel hatten tiefe Spuren in den Waldboden gerissen. Bigfoot hoffte, dass die Amazonen in dieser unwirtlichen Gegend unaufmerksam waren. Schließlich musste man hier nicht jederzeit mit einem Angriff rechnen. Aber schon eine aufmerksame Patrouille konnte auf ihre Spuren stoßen und alles zunichte machen. Mit einem längst nassen Tuch versuchte Bigfoot sich die Feuchtigkeit aus dem Gesicht zu wischen. Es schien nicht möglich. Immer wieder legte sich ein Film aus Wasser auf alles. Er gab es auf und konzentrierte sich auf das Lager vor ihnen. Inzwischen mussten alle vier Kampfgruppen in Position sein. Er führte den Angriff in das Zentrum. Molly Witchblade führte ebenso wie Kickersen McSteel eine Kampfgruppe von der Flanke. Die vierte Kampfgruppe unter Befehl von Taker blieb zuerst zurück um dann in die Lücke zu stoßen, die Bigfoot mit seinen Kriegern zu schlagen erhoffte. Der Imperator zurrte einen Riemen seines Brustharnisches fester und blickte dann in die Runde. Viele neue Krieger, Magier und Abenteurer hatten sich ihnen angeschlossen. Doch ihre harten Auswahlkriterien bewahrten die Ideale und Qualität der Herren der Ordnung. Eines konnten sie sicher nicht in ihren Reihen gebrauchen. Unruhestifter. Gerade auf Carnage war die Gemeinschaft wieder sehr wichtig geworden. Wie einst in der Gründerzeit unter Baladnaran. Nur die Gemeinschaft sicherte den Sieg. Etwas, was ihr Verbündeter Krono nicht  so praktizierte. Im Zuge ihres Wachstums hatten die Gilden um die D&H Nation wild alle willigen Abenteurer in ihre Reihen aufgenommen. Ob dies wirklich ein positiver Schritt gewesen war mochte Bigfoot bezweifeln. Aber die Rekrutierungspolitik der Nation war nicht seine Sache. Er nickte dem Bogner Eyidrian aufmunternd zu. Es war Eyidrians erste große Schlacht, entsprechend nervös spielte er mit einem Pfeil in seiner Hand und wartete auf den Angriffsbefehl. Diesen Befehl gab Bigfoot einige Augenblicke später. Inzwischen mussten auf jeden Fall die Kampfgruppen in Position sein. Ein längeres Warten würde sie verraten. Er trat aus dem Schutz eines dicken Baumes hervor und zog sein Schwert. Er blickte sich zu seinen Kriegern und Magiern um und rief donnernd: „Für die Ordnung!“ Dabei lies er das erhobene Schwert nach unten fahren und zeigte auf das Amazonenlager. Von drei Seiten erhob sich das Gebrüll der angreifenden Krieger. Erschrocken sprangen die Amazonen aus ihren Zelten und banden ihre gezähmten Panter los. Mit gellendem Kriegsgeschrei hoben sie ihre Speere und stürzten sich in den Kampf. Die langen Haare von Molly Witchblade wehten in einem unnatürlichen Wind. Sie murmelte unentwegt Formeln und gestikulierte mit ihren Händen. Blitzte lösten sich von ihren Händen und fuhren in die Reihen der Amazonen. Ein Panter fiel jaulend zu Boden. Es roch nach verbrannten Fell und Fleisch. Molly dagegen schien völlig unbeschadet. Die magische Kraft konnte ihr nicht schaden. Nicht einmal ihre Robe wurde von ihrer Blitzorgie beeinträchtigt. Mit einem grimmigen Lächeln schickte sie eine weitere Amazone zu Boden. Ein kleiner Gargoyle lieferte sich im Namen seines Herrn Dragooner ein heftiges Duell mit einem weiteren Panter. Bigfoot wehrte die präzise geführten Speerstöße seines Gegenübers erneut ab und schwang sein Schwert nach vorn. Er spürte wie ein Speer seinen Brustharnisch streifte und die Spitze abbrach, doch sein Schwert hatte mehr Erfolg bei den leichten Rüstungen der Amazonen. Eine tiefe Wunde klaffte in der Brust der Amazone und lies sie röchelnd zusammen sacken. Nun war es an der Zeit, dass die Reserven unter Takers Führung in den Kampf eingriffen. Der Templer entlastete die Kampfgruppe von Molly und arbeitete sich langsam zu Kickersen McSteel vor. Der Nordmann wütete mit einem lauten Lachen unter den Feinden. Seine Axt schwang hin und her und mähte die Amazonen regelrecht nieder. Es war ein recht kurzer Kampf. Die Überraschung war auf ihrer Seite gewesen und so hatten sie ohne Verluste diesen Kampf überstanden. Die Verwundeten wurden bereits von den Priestern der Herren der Ordnung versorgt. Langsam schritt Bigfoot durch die Reihen seiner Kämpfer. Hier und da klopfte er einem Verwundeten auf die Schulter oder führte ein kurzes Gespräch. Man hatte es sich im verwüsteten Lager der abtrünnigen Amazonen gemütlich gemacht. Ein kleiner Trupp unter Leitung von Taker durchsuchte bereits die Hütten und Zelte nach Beute. Nach wie vor war es wichtig, dass ihre Expeditionskasse gut gefüllt war. Nicht zuletzt weil man den Plan gefasst hatte einen Außenposten zu errichten. So etwas kostete viel Gold. Auch wenn Krono seine Hilfe zugesagt hatte. Bigfoot hatte gerade seine Runde beendet, da rief Szador nach ihm. Szador Witchblade hatte anscheinend eine ausgeprägte Krämerseele, wie Molly es öfters bezeichnete, und kümmerte sich schon seit einiger Zeit um die Kasse der Expedition. Als der Imperator ihn erreichte leuchteten seine Augen regelrecht. In seinen Händen hielt er ein Pergament mit den Aufstellungen der Beute. Freudig wies er auf zwei Kisten, die gerade heran getragen wurden. Mit einem Kräftigen Hieb seines Templerschwertes öffnete Taker die Kisten. Sie waren gefüllt mit Gold. Beute aus zahllosen Überfällen. Bigfoot lächelte zufrieden. „Dem Allvater sei Dank. Schon bald werden wir unseren Außenposten errichten können.“ 

Feierlich ließen Bigfoot und Krono den jungen Setzling in den Boden ein. Durch seine magischen Fähigkeiten wurde der frisch gepflanzte Baum des Lebens innerhalb eines Tages zu einem stattlichen Baum gewachsen sein. „Dies soll der Grundstein unserer Stadt auf Carnage sein“, begann Bigfoot. „Ein Hort der Ordnung. Ein Ort der Sicherheit und des Friedens in diesem geschundenen Land.“ Er blickte in die zahlreichen Gesichter, welche sich versammelt hatten. Neben den vollständig versammelten Herren der Ordnung waren viele Schaulustige aus der Death and Honor Nation gekommen. Die Stadtgründung war ein großes Ereignis. Bigfoot hob seine Stimme. „Höret Volk von Carnage, höret Herren der Ordnung. Ich gebe dieser Stadt den Namen Tanelorn! Dies wird von nun an der Begriff für wahre Ordnung in diesem Land sein.“ Jubel brach unter den Anwesenden aus. Viele regten ihre Waffen in die Höhe. Das Banner der Ordnung flatterte im Wind und kündete von einem neuen Zeitalter für den Süden der Greenlands.


Kapitel 3

Tagebucheintrag Gavin Darklighter

Es gibt Neuigkeiten aus Carnage. So schnell wird dieser Feldzug wohl nicht enden. Zumindest interpretiere ich die Berichte so. Die Herolde berichten von der Gründung einer Stadt auf Carnage unter dem Banner der Ordnung. Ein fester Posten also. Unser Imperator richtet sich also doch dort ein. Vermutlich liegt das daran, dass es doch nicht so einfach zu sein scheint, diese Piraten aufzuspüren. Netter Nebeneffekt, wir haben einen Fuß in der Tür von Carnage, wenn ich das mal so sagen darf. Natürlich hat die Meldung, dass der Imperator die Stadt Tanelorn und den Carnage Ableger der Herren der Ordnung einer Nation angeschlossen, etwas befremden ausgelöst. Aber es erscheint mir sinnvoll. Ich habe das auch meinen Leuten im Dorf erklärt. Man kann nicht erwarten, dass die Herren der Ordnung dieses große Land einfach im Handstreich der Ordnung zuführen. Dafür ist die Expeditionsstreitmacht zu klein. Da wird auch der berichtete große Zuwachs an neuen Kriegern nicht viel helfen. Ich habe mir als Chronist einige Karten besorgt und dort Tanelorn gesucht. Bigfoot hat den Standort gut gewählt. Wie ein Fels in der Brandung steht der Außenposten zwischen Gebieten die vom Chaos beherrscht werden. Sicherlich werden die Herren der Ordnung bald ausziehen und diesen Regionen Ordnung bringen. Das wird Tanelorn gut tun und seine Macht steigern. Was diese Nation betrifft, Death and Honor, erscheint sie mir recht ähnlich den unseren Idealen. Natürlich nicht in unserer strengen Ausrichtung, aber in solch einem gefährlichen Land muss selbst der Imperator Kompromisse schließen. Ich bin schon auf die weiteren Berichte aus Carnage gespannt. Vor allem der Aufbau der neuen Stadt interessiert mich sehr.“


Neue Zeiten – Der AM Krieg 

Das Feuer im Kamin prasselte leise vor sich hin und spendete wohlige Wärme. Zwei Führer der Death and Honor Nation waren nach Tanelorn gekommen um mit Bigfoot die neusten politischen Entwicklungen zu besprechen. Sie standen um einen breiten Kartentisch, auf dem die Hauptlandmasse der Greenlands, sowie die dunkle Insel in der großen Bucht der Greenlands eingezeichnet war. An vielen Stellen hatte der Zeichner in den vergangenen Wochen neue Ortschaften eingezeichnet. Wie eine Gründerwelle schien über Carnage zu schwappen und das Chaos in seine Schranken zu verweisen. Natürlich lag dies nicht an der Ankunft der kleinen Streitmacht der Herren der Ordnung. Doch auch sie schienen ihren Anteil zu haben. Zumindest waren sie zur rechten Zeit an diesen Küsten gelandet. Die meisten der neu gegründeten Ortschaften kümmerten Krono und Kinmaul jedoch nicht. Ihr Augenmerk richtete sich in ihren Ausführungen auf die düstere Insel. Krono deutete auf die einzige dort errichtete Stadt. „Dies ist Bastion, die Hauptstadt der Nation Aftermath. Bastion ist die älteste Stadt unter den Neugründungen nach der großen Welle des Chaos, welche so viele Jahrzehnte über dieses Land hinweg fegte. Die Truppen von Aftermath kennen keine Gnade, sind hoch diszipliniert und bis in den Tod loyal. Loyal zu ihrem Herrn Veil.“ Kinmaul trat einen Schritt näher an den Tisch und legte ein Pergament auf die Karte. Darauf war eine grobe Aufstellung zu lesen. „In gewisser Weise hat sich Bastion zu eine Wirtschaftsmacht entwickelt. Nur dort findet man die hochwertigen Manufakturen, die besten Ausbilder in allen Waffengattungen. Eine Vormachtstellung welche sie nur mit ihren Verbündeten teilen. Ihre Hauptstadt wird strengstens bewacht und ist schwer befestigt. Nur echte Verbündete wie die Nation 8Direction können die Vorteile von Bastion nutzen.“ Krono nickte zustimmend und deutete auf einige andere Städte. „Hier, hier und hier gibt es weitere Städte, welche ähnlich hochgradige Ausbilder und Schmiede beschäftigen. Nicht ganz so gut, aber auf dem besten Wege dahin es zu werden. Die Drohungen gegen diese Städte werden bereits verstärkt. Wir rechnen in Kürze mit einem Krieg.“ Schwer atmend stemmte sich Bigfoot auf den Tisch und betrachtete die Karte. „Diesen Krieg würden Aftermath und 8D auf jeden Fall gewinnen. Sie haben sowohl bessere Truppen, als auch die bessere Ausrüstung.“ Kinmaul rollte sein Pergament wieder zusammen. „So ist es.“ Es vergingen tatsächlich keine zwei Wochen bis die Truppen von AM und 8D die ersten Städte erstürmten. Eigentlich waren sie weit weg von der düsteren Insel und dem Heimatgebiet von 8D dem hohen Norden der Greenlands. Dies schien aber nicht wirklich zu stören. Zu groß erschien wohl die Gefahr, das Erstarken einer weiteren Macht neben der von Bastion. Drei Städte wurden in den folgenden Tagen dem Erdboden gleich gemacht. Sie befanden sich auf der unwirtlichen Eisinsel im Osten. Zuerst ging die Stadt Da Tree House der Gilde The Fallen in Flammen auf. Die Stadt Inner Circle der gleichnamigen Gilde wurde bereits am folgenden Tag gebrandschatzt. Als letzte Stadt fiel Outreach der Gilde Wolfs Dragoons den Horden zum Opfer. Doch die Gilden und ihre Truppen konnten zu Teilen aus den brennenden Städten fliehen und formierten sich neu. Ihrer Heimat beraubt, sannen sie nach Rache an den Unterdrückern. Ein weites Stück nördlich des kleinen Stützpunktes Tanelorn, oberhalb der so genanten Barrows, befand sich die letzte Stadt, welche es in Sachen Wirtschaftskraft und Profession ihrer Bewohner mit den Städten von AM und 8D aufnehmen konnte. In der Schlacht um die Stadt Arboreus sollte der AM Krieg seinen vorläufigen Höhepunkt finden. 

Gemütlich schlenderte Nylen aus seinem Zelt. Der Morgen war noch jung und das satte Rot am Himmel kündigte die aufgehende Sonne an. Er trat an den kleinen Brunnen und erfrischte sich ein wenig. Auch heute gab es wieder eine Menge zutun. Er blickte sich einen Augenblick zufrieden um. Neben dem Baum des Lebens, der inzwischen ordentlich gewachsen war, arbeitete bereits der Runenmeister. Der Ausbau des kleinen Stützpunktes verlangte allen eine Menge ab. Aus der kleinen Kirche des Allvaters, traten bereits erste Jäger. Offensichtlich planten sie eine Treibjagd in den Sümpfen, zumindest sah es danach aus.  Nylen würde heute bei dem Bau der Schmiede helfen. Während die Jäger die finanziellen Mittel beschafften, kümmerten sich andere Mitglieder der Herren der Ordnung um den Ausbau von Tanelorn. Noch war es nicht mehr als ein kleines Nest. Liebevoll von den Bewohner als Käffchen bezeichnet. Doch es würde sicherlich nicht mehr lange dauern, bis die Stadt weiter wuchs. Nylen hatte erst gestern ein Gespräch zwischen Taker und Bigfoot mitgehört, in dem es um den Bau zwei weiterer Schmieden gegangen war. Man merkte es. Auch über der Death and Honor Nation und damit über den Herren der Ordnung schwebte das Fallbeil des Krieges. Gerade erst hatte sie die Nachricht vom Fall der Stadt Outreach erreicht. Selbst die Eisinsel weit im Osten schien nicht sicher vor den Horden von der düsteren Insel. So war es auch nicht verwunderlich, wenn man sich in Tanelorn mit dem Bau von Schmieden zur Waffenproduktion beschäftigte.

Der Imperator schritt vor den vier Kampfgruppen der Herren der Ordnung. Sie hatten einen weiten Weg zurückgelegt um hierher zu gelangen. Weit in den Norden der Greenlands, durch die gefährlichen Barrows war man marschiert um sich mit den Truppen von Death & Honor zu treffen. Molly Witchblade ging einen Schritt hinter Bigfoot und besprach mit ihm die Lage. Krono hatte dieses Treffen so weit im Norden nicht ohne Grund einberufen. Ein neuerlicher Angriff der AM Horden drohte einer Stadt namens Arboreus. Auch die Herren der Ordnung waren schon öfters in diese Stadt gereist um von den hochrangigen Ausbildern Fertigkeiten zu erlernen. Nun war der Großmacht AM und ihren Alliierten 8D diese Stadt ein Dorn im Auge. In dieser Stadt sammelten sich die geschlagenen Nationen von der Eisinsel und gründeten eine Allianz. Es war also ein Zeichen von Death & Honor, in der Nähe der Stadt ein Feldlager zu errichten. Man wollte sich nicht dem Willen von AM beugen. Freundlich begrüßten sich die Gildenführer und ihre Generalprotektoren. Krono dankte Bigfoot für sein Kommen. Dann kam er ohne große Umschweife zur aktuellen Lage. Während der Reise der Herren der Ordnung hatte sich einiges getan. Die Truppen von AM und 8D waren drohend in der Nähe von Arboreus aufmarschiert. Doch ein buntes, aus vielen Gilden und Nationen bestehendes Heerlager hatte sich in der Stadt selbst formiert. Der Widerstand war bereit die Stadt Arboreus unter der Führung der Gilde Seventh Circle zu verteidigen.

Zusammen mit Kickersen spielte Keiler, der neue Barbar in den Reihen der Ordnung, eine Runde Würfel. Was ihre Führung im großen Zelt im Zentrum des kleinen Heerlagers besprach interessierte sie weniger. Auf sie hörte sowieso keiner. Soweit waren sich die Beiden einig. Weniger Einigkeit herrschte über das gerade erzielte Würfelergebnis. Keiler behauptete lautstark, Kickersen würde irgendwie betrügen. Schon die fünfte Runde ging an ihn und etliche Goldstücke wechselten den Besitzer. Mürrisch warf Keiler einige zusätzliche Münzen auf den kleinen Holztisch in ihrem Zelt. Doch anstatt das Klirren der Münzen zu vernehmen, ertönte aus der Ferne das Dröhnen von Fanfaren. Kickersen McSteel war sofort auf den Beinen, die Hand an der Axt. Keiler sprang aus dem Zelt und blickte um sich. Überall liefen Leute durcheinander. Doch Niemand konnte etwas sehen. Zwar lag das kleine Feldlager auf einer Anhöhe südlich der Stadt, doch der Blick auf die Ebene wurde durch dichte Wälder verdeckt. Man wollte schließlich Niemanden sofort wissen lassen, dass die Death & Honor Nation ebenfalls in der Gegend war. Ein Warlock murmelte laut einige Sprüche und erhob sich dann auf magische Weise in die Höhe. Ein Levitationszauber brachte ihn über die Baumwipfel und er konnte sehen was sich auf der Ebene tat. Die Zeltplane wurde zur Seite gerissen und ein Krieger kam herein gestürzt. Er grüßte die Anwesenden knapp und wand sich dann Krono zu. Sie flüsterten einen Augenblick mit einander, dann verließ der Krieger wieder das Zelt. Krono wand sich zu seinen Verbündeten. „Ihr habt genauso wie ich die Fanfaren vernommen. Nun haben wir Gewissheit, die Horden greifen die Stadt an. Es toben bereits erste Gefechte.“ Taker blickte verwundert auf sein Pergament. „Ich hatte vermutet sie greifen später an.“ Kinmaul nickte zustimmend. „Ja, der magische Bannzirkel, welcher die Schutzzauber des Baums des Lebens außer Kraft setzt wird erst in einigen Stunden aktiv. Sie greifen also sehr früh an.“ Bigfoot blickte in die Runde. „Sie setzten alles auf einen raschen Sieg und die Vertreibung ihrer Gegner. Später haben sie es dann wesentlich einfacher die Stadt zu schleifen.“ Sie wandten sich um und verließen das Zelt. Fragende Blicke ihrer Untergebenen verfolgten sie. Aber noch war nichts entschieden. Die Führung von Death & Honor und den Herren der Ordnung erklomm einen nahen Hügel und blickte ins Tal. Dort war inzwischen eine große Schlacht entbrannt. Die AM Horden versuchten durch die Linien der Verteidiger zu brechen und ihren Nachschub zu stören. Das man konnte es selbst von weit entfernt gut erkennen. Die ganze Ebene vor der Stadt schien zu beben Die Truppen von Aftermath und 8Direction waren in ihrer Kriegskunst den Verteidigern überlegen. Langsam entwickelte sich die Schlacht zu Gunsten der Angreifer. Krono ballte die Faust. Er blickte in die grimmigen Gesichter der Umstehenden. „So kann das nicht weitergehen.“ Alle nickten nur. Die Entscheidung war gefallen. Die Nation D&H war das Zünglein an der Waage. Es stand auf Messers Schneide als sich Krono entschied in die Schlacht einzugreifen. Doch durch den beherzten Angriff der Truppen unter dem Banner von D&H und der Herren der Ordnung gelang es die Horden von Aftermath wieder in die Defensive zu drängen. Die plötzlich in der Flanke auftauchenden Krieger von D&H machten den Angreifern mehr zu schaffen als dessen Heerführer zugeben mochte. Nun begann die zahlenmäßige Überlegenheit der Verteidiger der Stadt zu punkten. Nach zwei weiteren Stunden tobender Schlacht mussten sich die AM Horden geschlagen zurückziehen. Die erste Niederlage in der Geschichte der Großmacht.


Der Angriff auf die düstere Insel

Beflügelt von diesem großen Sieg gegen die vermeintlich übermächtige Großmacht entschlossen sich die Führer der Alliierten zum direkten Sturm auf Bastion. Man wollte den Feind direkt ins Herz treffen um ihm zu zeigen, dass nicht alles ungeschoren blieb. Zu diesem Zweck plante man eines der Runentore, welche magische Wege zwischen weit entfernten Orten öffneten, zu verwenden. Eines dieser Tore befand sich auf der düsteren Insel, ein weiteres im Einflussbereich der Allianz. Eine gute Möglichkeit schnell eine große Anzahl an Kriegern ins Herz des Feindeslandes zu bringen. Alsbald sammelte sich eine große Schar am Runentor in den Greenlands. Der Traveller der Invasionsstreitmacht, ein Meister seines magischen Fachs, öffnete nach einigen Beschwörungen die Verbindung zwischen den beiden Runentoren. Die Krieger der Allianz verschwendeten keine Zeit und sofort verschwanden die ersten zwei Kampfgruppen durch das Tor. Nylen blickte nervös um sich. Lange war es nicht her, dass er sich den Herren der Ordnung angeschlossen hatte. Die Ideale und Ziele des Imperators hatten ihn überzeugt. Er war bereit für diese Sache zu kämpfen. Doch erst jetzt, im Geschrei der Hauptleute, dem Klirren der Rüstungen und dem seltsamen Rauschen des magischen Tores, wurde er sich der Tragweite bewusst. Hier kämpften sie nicht nur für irgendeinen Heerführer oder Warlord. Sie kämpften für eine Sache, für ein Ideal. Erst jetzt begriff Nylen gänzlich wovon die Herren der Ordnung gesprochen hatten, als er sich ihnen angeschlossen hatte. Mit diesen Gedanken strich er über seine lange Robe und packte seinen Zauberstab. Der Hauptmann seiner Gruppe befahl auf das Portal zuzugehen. Langsam schritten sie auf das magische Wirbeln zu. Nylen schluckte und trat nach seinen Kameraden in den Wirbel. Als Magier war er einer der Letzten seiner Gruppe. Die kräftigen und besser gepanzerten Krieger waren ihnen vorausgeeilt um ihre Ankunft zu schützen.

Ein seltsames Geräusch breitete sich zusammen mit einem seltsamen Licht um Nylen aus. Er spürte einen Ruck und ein seltsames Ziehen in seiner Stirn. Einen Augenblick war es ihm als würde er ins Nichts fallen, dann tat sich vor ihm ein Wirbel aus Licht auf. Zwei Atemzüge später bemerkte er wie sich das Licht um ihn herum abschwächte. Er stand wieder auf festem, steinernen Boden. Plötzlich brandete der Schlachtenlärm auf ihn ein. Das Getöse von klirrenden Schwertern, das Zischen von Feuerbällen und die chaotischen Kommandos einzelner Hauptleute. Er murmelte sofort einen Zauber der ihm mehr Schutz gewähren sollte. Ein Hinterhalt, schoss es ihm durch den Kopf. Der Feind hatte sie wohl erwartet. Um ihn herum türmten sich bereits die Gefallenen der Allianz. Fast direkt neben Nylen stand ein riesiger schwarzer Minotaur des Feindes und drosch mit einem Hammer auf alle Ankommenden ein. Nylen hatte er noch nicht bemerkt, da er etwas versetzt hinter dem Rücken des Riesen aufgetaucht war. Er erkannte seine Chance und sprach erneut einen Zauber. Mit magisch beschleunigten Schritten begann Nylen zu rennen. Hinab von der Plattform, weg von dem Portal. Hier würden sie abgeschlachtet werden. Einer nach dem Anderen erschien durch das Tor. Eine telepathische Warnung hatte offensichtlich noch Niemand zu ihren Befehlshabern geschickt. Nylen nahm sich vor dies zutun, sobald er aus dem Blickfeld der Feinde war. Hinter ihm schlug eine Axt in den Granit der Treppen und verfehlte ihn nur knapp. Man hatte ihn nun doch als Ziel ausgemacht. Das war zugegeben recht schwer bei dem Getümmel. Kleine Magier konnten sich hier recht gut absetzten. Dies gelang Nylen schließlich auch. Keuchend sandte er eine Warnung an einen Hauptmann der Herren der Ordnung. Er hoffte damit ein größeres Unglück zu verhindern. Hinter ihm tobte weiter die Schlacht am Portal.  

Die Warnung kam zu spät wie sich später herausstellen sollte. Etwa die Hälfte der Kampfgruppen befand sich schon auf dem Weg. Viele von ihnen wurde ein blutiger Empfang bereitet. Und nur Nylen war die Flucht geglückt. Keuchend machte Nylen halt und blickte sich zum ersten Mal ernsthaft um. Er war sicherlich eine halbe Stunde ohne Unterlass gerannt. Nun stand er am Strand der düsteren Insel. An einem klaren Tag hätte man von hier aus vielleicht sogar die schroffen Küsten des Hauptkontinents gesehen. Doch schöne Tage gab es auf der düsteren Insel nicht. Dicke Wolken hingen am Himmel und verdüsterten das eh schon bestehende Bild. Dunkler Sand schluckte das Blau des Meeres. Abgestorbene Bäume, dunkelgrüne Tannen bildeten den Abschluss des Strandes. Ein Geruch von faulendem Moor lag in der Luft, gegen den auch der Seewind nichts auszurichten schien. Langsam ließ sich Nylen nieder und nahm wieder Kontakt mit einem seiner Hauptleute auf. Man war überrascht zu hören, dass jemand die Tragödie am Portal überlebt hatte. Sofort wurde ein neuer Plan geschmiedet. Immer noch stand eine große Zahl ein Kriegern bereit, die nun keine Möglichkeit mehr sahen auf die Insel zu kommen. Doch nun ward diese gefunden. Nylen beherrschte die Beschwörung mit der man Personen von jedem Ort zu ihm selbst holen konnte. Ein Trumpf im verloren geglaubten Spiel. Sofort machte er sich daran die erste Person zu sich zu holen. Man achtete darauf, dass zuerst weitere Magier auf die Insel geschickt wurden, welche ebenfalls diesen Zauber beherrschten. Eine Beschwörungskette wurde aufgebaut und immer schneller konnten weitere Krieger an den Oststrand der düsteren Insel geholt werden. Als einige Stunden vergangen waren, hatte sich ein großes Heer am Strand gesammelt. Der dunkle Sand war von vielen Stiefeln aufgerissen und überall hallten laute Befehle über den Strand. Nylen blickte sich etwas müde um. Es hatte viel Kraft gekostet die vielen anderen Magier hier her zu holen. Sie hatten sich immer nur kurze Ruhepausen gegönnt und dann erneut eine Beschwörung begonnen. Nun sah man die Früchte ihrer Mühen. Ein Heer wie es zuvor selten aufmarschiert war stand bereit. Hunderte Krieger und Magier standen bereit dem Terror Aftermaths ein Ende zu bereiten. Es war Zeit auf die Hauptstadt des Feindes zu marschieren und ein Exempel zu statuieren.


Der lange Marsch 

So brach das Heer auf, um in das Landesinnere vorzustoßen. Der Feind hatte laut den Spähern keine Ahnung von ihrem Kommen, doch schon bald zeigte sich, dass ganz andere Bedrohungen auf sie warteten. Mühsam bahnten sich die Truppen ihren Weg zuerst durch einen dichten, abgestorbenen Wald. Teilweise mussten sie sich den Weg frei schlagen, da Dornenranken und umgefallene Bäume ihren Weg dermaßen behinderten. Der Boden unter ihren Füßen wechselte ständig zwischen Morast und Geröll, was ihr Fortkommen nicht unbedingt erleichterte. Schon nach wenigen Stunden waren sie über und über mit Schlamm bedeckt. Der stinkende Dreck klebte überall an ihnen und schien, kaum das man ihn irgendwo entfernte, wieder dort zu heften. So vergingen die Stunden, während das Heer seinen erschöpfenden Weg zur Stadt Bastion fortsetzte. Immer wieder stießen sie auf ausgebrannte Ruinen und Richtplätze. Einzig bewohnt von Untoten Geschöpfen, die mit unsicherem Schritt auf die Spitze des Heeres zuwankten. Eine Gruppe Crusader und Templer des Allvaters hatte sich dort gebildet und erlöste die geschundenen Seelen von ihrem Leid. Zum Unglück blieb es nicht bei diesen eher unbedeutenden Angriffen. Je näher man Bastion kam, umso heftiger wurden die Angriffe mächtiger Untoter Wesen. Selbst ein kleiner, aber dennoch äußerst bösartiger schwarzer Drache stellte sich ihnen in den Weg. Es stellten sich Verluste ein, denn auch das Ende des Trosses war nun Ziel von Angriffen. Chaoskreaturen brachen aus den toten Wäldern und Gebüschen hervor und griffen die mutigen Krieger der Allianz an. Am späten Nachmittag erreichte die Spitze des Heeres die Moore der düsteren Insel. Ein Späher war voraus gegangen, doch er war schon eine ganze Weile überfällig. Man befürchtete das Schlimmste. Unruhig blickten die Männer und Frauen des Angriffsheeres auf die unter ihnen liegenden Moore. Von den Hügeln herab sah die sumpfige Ebene, welche noch zwischen ihnen und der Stadt Bastion lag, gar nicht so groß aus. Doch giftig-grüne Wolken und ein unheiliges Licht, welches über dem Moor waberte, lies andere Schlüsse zu. Erst nach langem Zögern machten sich die ersten Gruppen auf den Weg durch das Moor. Dem einzigen bekannten Weg zu ihrem Ziel. Nylen hustete und nieste zugleich. Eine volle Nase hatte er von dem grünen Nebel genommen. Natürlich nicht absichtlich, sein Stiefel, feinstes Wyrmsleder wohlgemerkt, war in einem weiteren Morastloch stecken geblieben und hatte ihn zu Fall gebracht. Schnaubend erhob er sich und stützt sich auf seinen Zauberstab, während er den Stiefel aus dem schwarzen Morast fischte. Inzwischen hatte er sich schon mehrer Blutegel eingefangen. Seine Kameraden hatten dasselbe Schicksal erlitten. Aber sie waren noch am Leben. Sie hatten bereits an die zwei Gruppen verloren. Was mit ihnen genau geschehen war, wusste Niemand. Sie verschwanden in einer Nebelwand und kamen nie heraus. Nylen hoffte nicht auf weitere solche Nebelbänke zu stoßen. Er war nah genug an einer Gruppe gewesen, welche im Nebel verschwunden war und hatte ihre verzweifelten Schreie gehört. Trotz der Kälte perlte ihm Schweiß von der Stirn. Der Magier schob sich eine Strähne seines langen braunen Haares aus dem Gesicht und hüpfte, sich den Schuh anziehend, seiner Gruppe hinterher.

Müde blickte Bigfoot über die Reste ihres Heeres. Der Todesatem des Sumpfes hatte ihnen fast die Hälfte der Streitmacht gekostet. Das schwere Gerät war stecken geblieben oder gleich völlig in irgendwelchen Löchern versunken. Der Angriff aus dem Moor heraus war ein Desaster gewesen. Erschöpft wischte der Imperator sein schmutziges Schwert ab. Immerhin hatte er fast die gesamten Streitkräfte der Ordnung wieder nach Hause gebracht. Abermals blickte er um sich, sah die schlammigen, zerlumpten Gestalten. Seine Gedanken wanderten zurück, als sie aus der Deckung des Moores brachen und versuchten die Stadt des Feindes zu erstürmen. Man hatte sie nicht erwartet, soviel stand fest. Doch die mächtigen Mauern waren ein fast zu großes Hindernis. Schnell war der Feind gewarnt und begann Gegenmaßnahmen zu unternehmen. Felsen hagelten von den Zinnen, heißes Pech und Öl folgten. Die Leitern, die unermüdlich gegen die Wälle geworfen wurden, fielen fast ebenso schnell wieder in sich zusammen. Nur mit großen Mühen gelang es ihnen ein Teil der Mauern zu erobern. Doch halten konnten sie es auf Dauer nicht. Die Gegenwehr war zu heftig. Viele der Hauptleute und der Unterheerführer fielen bei dem Versuch tiefer in die Stadt vorzudringen. Nach Stunden des blutigen Kampfes hatte Bigfoot keinen Sinn in diesem Gemetzel mehr gesehen und den Rückzug befohlen. Die meisten anderen noch bestehenden Truppenteile der Allianz folgten ebenfalls seinem Befehl. Die Schlacht war verloren, doch sie war nicht zu Ende. Der Rückzug durch die Sümpfe war ein Wettlauf. Immer wieder wurden sie von kleinen Gruppen Spähern und Waldläufern des Feindes eingeholt. Mit ihren Bögen verringerten sie die Zahl der Fliehenden zusehends. Erst als einige Beschwörer auf dem Festland mittels Telepathie von dem chaotischen Rückzug erfuhren und mit ihren Zaubern die Fliehenden aufs Festland holten, war es vorbei. Bigfoot legte seinen Brustharnisch ab und lies ihn müde auf den Boden fallen. Es war kein guter Tag gewesen.


Die Belagerung der Hauptstadt von Death & Honor

Im Verlauf der nächsten Woche wendete sich das Kriegsglück endgültig wieder zu ungunsten der Allianz. Wie Heuschrecken schienen die Truppen Aftermath und ihrer Verbündeten über die Bollwerke der Allianz herzufallen. Mehrmals war auch der kleine Ort Tanelorn bedroht, als kleinere Heerhaufen vorbei zogen. Doch sie begnügten sich mit einem kurzen Einfall in die Ortschaft ohne nennenswerten Schaden anzurichten. Das Hauptaugenmerk lag auf anderen Städten, zumeist den Hauptstädten der in der Allianz zusammen geschlossenen Gilden und Nationen. Doch nach weiteren Niederlagen im Norden gegen Verbündete der Aftermath Truppen, fielen immer mehr Mitglieder der Allianz von ihrem Beistandschwur ab. Einige liefen gar zum Feind über um sich selbst zu schützen. Death & Honor dagegen blieben hart in ihrer Haltung und ein fester Bestandteil der Allianz. Das drohende Unheil und die sich immer stärker abzeichnende Niederlage schreckte Krono offensichtlich nicht. Ein feiger Rückzug oder eine Kapitulation zu den undenkbaren Bedingungen, welche Aftermath anderen Gegner bereits gestellt hatte, kamen nicht in Frage. So wurde die Drohung des Anführer von Aftermath, die Hauptstadt von Death & Honor in Schutt und Asche zu legen, um ein Zeichen für alle Allianzmitglieder zu setzten, Wirklichkeit. Die Truppen Aftermaths zogen aus zur Belagerung der Hauptstadt Defiance.

Mit lautem Krachen schlug ein weiteres brennendes Geschoss in das Gebälk über ihnen ein. Instinktiv duckten sich alle im Raum und blickten nach oben. Erst nach einigen Sekunden begann das Gewusel im Raum wieder zu beginnen. Heiler liefen zwischen den Verletzten hin und her und versuchten ihr möglichstes zu tun. Eine Gruppe noch relativ unverletzter Kämpfer saß erschöpft beisammen und trank aus Bechern einen stärkenden Trank. Sie waren die ganze Nacht auf Posten gewesen, doch man ließ ihnen nun kaum Ruhe. Im Morgengrauen hatten die Belagerer von Defiance ihre Bemühungen verstärkt die Stadt zu zermürben. Schon die ganze Nacht waren brennende Geschosse wie hunderte Sternschnuppen über die Mauern in die Stadt geregnet. Nun setzte der Feind auch Trebuchets ein. Viele stellten sich inzwischen offen die Frage, ob überhaupt jemand diese Schlacht überleben würde. Dennoch hielten die Truppen von Death & Honor und den Herren der Ordnung weiterhin die Stadt. Die wenigen verbliebenen Allianzmitglieder hatten kaum Verstärkung geschickt. Mit dem Fall von Defiance würde die Allianz wohl aufhören zu existieren. Dem war sich auf Bigfoot bewusst. Bisher war ihr kleines Posten Tanelorn fast unbehelligt geblieben. Trotz beachtlichem Wachstum war es keine strategische Stadt für den Feind. Lediglich die gut ausgebauten Schmieden, welche in den letzten Wochen Tag und Nacht Waffen für den Krieg produziert hatten, schienen ein Grund zum Angriff zu sein. Aber bisher hielt sich Aftermath daran, nur die symbolisch wichtigen Hauptstädte zu schleifen. Bigfoot zurrte seinen massiven Brustharnisch fest. Er klopfte einmal prüfend mit der gepanzerten Faust darauf, dann griff er zu seinem Schwert. Die letzte Schlacht von Death & Honor. Der Imperator, Anführer des Expeditionsheeres, hielt sein Schwert prüfend vor sich, lies es zweimal kreisen. Dies würde nicht das Ende der Herren der Ordnung sein. Nationen mochten vergehen, doch die Ordnung würde dies überstehen. Der Imperator hatte gegenüber Death & Honor sein Wort gehalten. Sie blieben im Bündnis treu an der Seite von Krono und seinen Mannen. Sie standen Seite an Seite auf den Mauern von Defiance und hielten die Horden von Aftermath in Schach. Doch es war klar, sollte die Stadt fallen, würden die Herren der Ordnung sich nach Tanelorn zurückziehen. Dies war von Krono akzeptiert worden, treuere Mitstreiter gab es nicht.

Ein weiterer Einschlag eines Trebuchets lies eine Außenmauer einstürzen. Mit lautem Knirschen senkte sich die Mauer und riss die darauf postierten Verteidiger mit sich. Der Weg für die Angreifer war frei. Die Sonne stand hoch am klaren, blauen Himmel, als sich großes Geschrei über die Stadt erhob. Schildbewährte Sturmtruppen drangen in die Mauerlücke, bevor man sie mit Barrikaden notdürftig verschlossen hatte. Krono, Bigfoot und weitere Hauptleute traten nun aus dem kleinen Palast der Stadt. Es war Zeit für das letzte Gefecht. Eine letzte Reserve der Death & Honor Truppen warf sich den Sturmtruppen entgegen. Zwei wild brüllende Minotauren hieben mit Kriegshämmern auf die Verteidiger ein und bahnten sich so einen Weg. Die Pfeile die in ihrem Fell steckten und Schwerthiebe die mancher Krieger anbrachte beeindruckten sie in ihrer Raserei nicht. Bigfoot klopfte Krono auf die Schulter. Dieser nickte stumm und zog sein Schwert. „Für Death&Honor!“ „Für die Ordnung!“ schallte es über den Marktplatz.

Taumelnd trat er zwei Schritte zurück und hob sein großes Schild. Krachend traf der Kriegshammer das Schild und spaltete es fast. Bigfoot war es als würde sein Schildarm zu Brei geschlagen worden. Es war lange her, seit er mit einem wilden Minotauren gekämpft hatte. Er fing seinen Schritt wieder und ging zum Gegenangriff über. Mit einem schnellen Ausfall setzte er dem Minotauren eine tiefe Wunde zu. Bigfoot warf das fast nutzlose Schild zur Seite und fasste sein Schwert mit beiden Händen. Der Minotaure war wegen seiner Verletzung etwas zurückgewichen, diese Chance musste er nutzen. Mit einem lautem Schrei stürzte er nach vorn und hieb auf seinen Feind. Das schnelle Nachsetzten überforderte den Verletzten und er geriet ins Taumeln. Nur mit Mühe parierte er die schnell aufeinander folgenden Hiebe mit dem Stil seines Kriegshammers. Mit einem Knacken gab das Holz nach und der Stil des Kriegshammers zerbrach. Bigfoots Schwert traf abgeschwächt auf die gepanzerte Brust des Minotauren. Dieser knurrte laut und seine blutunterlaufenen Augen blitzten auf. Ein Instinkt übernahm in ihm die Kontrolle. Das nahende Ende vor Augen schien der Minotaure rasend zu werden. Bigfoot brachte zwei Schritte zwischen sich und dem nun geifernden Feind, das Schwert in Abwehrposition. Er lächelte und nickte dem Feind zu. Der Minotaure verstand und ging zum Angriff über. Mit donnernden Schritten seiner Hufe sprang er auf den Imperator zu. Dieser wich schnell nach links aus und drehte sich behänden, das Schwert mit sich. Ein tiefer Riss bildete sich in den weniger starken Flankenrüstung des Feindes. Dunkelrotes Blut troff hervor. Laut Brüllend und rasend vor Schmerz wand sich der Gehörnte um und versuchte Bigfoot mit seinen riesigen Pranken zu packen. Ein Ausweichen war nicht mehr möglich. Eine Sekunde bevor der Minotaure zupackte, ging Bigfoot in die Knie und hechtete halb nach vorn. Das Schwert vor sich gestreckt, stieß er hinter den Pranken hervor und bohrte seine Klinge tief in den Bauch des Feindes. Blut brach hervor als sich das Schwert von unten nach oben durch den Bauch seinen Weg suchte. Mit einem Jaulen erstarrte der noch eben so wilde Minotaure und blickte an sich hinab. Bigfoot sprang einen Schritt zurück und zog dabei das Schwert aus dem Feind. Wie ein Baum fiel dieser sogleich zur Seite um.

Keuchend blickte Bigfoot sich um. Sie hatten sich gut geschlagen. Trotz der Überlegenheit der Belagerer hatten diese viele Verluste einstecken müssen. Doch nun brannte die Stadt überall. Dichter, schwarzer Qualm zog durch die Gassen und erschwerte Freund und Feind zu unterscheiden. Eine große Gruppe der Feinde zerstörte bereits den Baum des Lebens, das Zentrum jeder großen Stadt. Das Ende würde bald kommen. Suchend blickte er sich um und erblickte Dragooner, der einen Manablitz nach dem Anderen auf die Belagerer am Baum des Lebens feuerte. Er rief ihn zu sich. Verschwitzt und dreckig kam dieser zu seinem Imperator gelaufen. „Herr?“ „Rufe die verbliebenen Streitkräfte zusammen. Hier können wir nichts mehr tun. In wenigen Augenblicken wird der Baum des Lebens vergehen. Wir müssen uns sammeln und nach Tanelorn zurückkehren. Hoffen wir das wir einem anderen Schicksal entgegen sehen.“ Dragooner verneigte sich und lief davon.


Rückzug

Tatsächlich fiel Defiance in jenen Minuten als sich die verbliebenen Streitkräfte der Herren der Ordnung gesammelt hatten. Auch Krono und einige wenige Death & Honor Krieger waren bei ihnen. Der Feind konzentrierte sich bereits voll auf das Schleifen der Stadt und so gelang es ihnen sich im Schutz des dichten Rauches aus der Stadt zurück zu ziehen. Als man den Abzug auf Feindesseite bemerkte, waren die Meisten schon einige Zeit aus der Stadt. Der Heermeister Aftermaths lies sie ziehen. An einer aufreibenden Verfolgungsjagd durch die gefährlichen Rennonfields welche zwischen Tanelorn und Defiance lagen, hatte er kein Interesse. Er wollte seine Truppen für einen geordneten Angriff auf das Provinznest Tanelorn schonen.

Es war ein trauriger Einzug in Tanelorn. Die Bewohner sahen den Kriegern an, was mit der Hauptstadt der Nation geschehen war. Dennoch, die Herren der Ordnung waren zurückgekehrt. Ihre Verluste hielten sich in Grenzen. Man würde den Feind gebührend empfangen. Aftermath würde spüren was es hieß eine Stadt der Ordnung anzugreifen. Die ganze Nacht hörte man das Hämmern und Klirren der Schmieden in Tanelorn. Die Schmiede der Stadt hatten sich sofort daran gemacht die Waffen und Rüstungen der Truppe auszubessern oder zu ersetzten. Ihnen blieb wenig Zeit, doch diese wollte man nutzen.

Der Imperator ging immer wieder auf und ab. Er hatte beschlossen eine magische Nachricht ins Reich zu schicken. Sie benötigten Verstärkung. Sicherlich konnten sie eine Weile dem Feind widerstehen ohne frische Truppen. Es hatten sich genügend Männer und Frauen dieses Landes der Ordnung angeschlossen. Aber auch wenn sie immer wieder aus dem Nebel der Wälder die Truppen Aftermaths angriffen. Irgendwann würden sie bezwungen werden. Der Führer der fast zerbrochenen Death & Honor Nation - Krono - verhandelte inzwischen mit dem Anführer der Gegenseite, Veil. Death & Honor war geschlagen worden und so verhandelte er nun über die Konditionen des Friedens. Die Allianz war im Prinzip zerbrochen. Jene die noch Widerstand leisteten waren auf die ferne Eisinsel geflohen und verbargen sich dort in eisigen Festen vor dem Feind. Selbst AM war es bisher nicht gelungen eine Expedition zu diesen Festungen in einen Erfolg zu verwandeln. Dies war eine Option, sollte Tanelorn fallen. Tanelorn, nicht mehr als ein Kaff unter den Siedlungen dieses Landes, doch es war der Stützpunkt der Ordnung auf Carnage. Bigfoot wollte das mühevoll urbar gemachte Land nicht so einfach aufgeben. Vielleicht waren sie uninteressant genug um in Ruhe gelassen zu werden. Dennoch, neue Truppen waren von Nöten. Molly Witchblade und andere Zauberweber sollten die arkane Nachricht senden. Seine Generalprotektoren in der Heimat würden den Rest erledigen.


Der Ruf zu den Waffen

„…. rufe ich hiermit die erste und dritte Legion des Imperiums zu den Waffen um dem Imperium bei seinem Kampf auf Carnage zur Seite zu stehen….“

Gavin Darklighter blickte von dem Erlass auf und schürzte die Lippen. Das Haus Darklighter zählte mit seiner Landwehr zur dritten Legion. „Nun denn,“ murmelte er, „Zeit zu packen.“ Er stand von seinem breiten Schreibpult auf und verließ das Arbeitszimmer. Elenora war gerade dabei zusammen mit den Kindern einen Kräutertrank zu mischen. Er beobachtete sie einen Augenblick still von der Tür aus. Der Kräutergarten schien dieses Jahr besonders starke Kräuter hervorzubringen. Vielleicht lag es auch einfach am Können seiner Frau. Fröhlich lachend warf seine Tochter Sonora einen getrockneten Pilz in den Topf und lauschte auf das seltsame Zischen. Marek saß auf Elenoras Schoß und lachte glucksend mit. Hoffentlich gab es das nicht zum Abendessen, dachte Gavin und grinste. Nun bemerkte Sonora ihren Vater und rannte zu ihm. Dieser fing sie auf und trug sie auf den Arm an den Tisch zurück. Elenora blickte auf und zog eine Augenbraue nach oben. Ihre spitzen elfischen Züge traten noch deutlicher hervor. „Ähm, eben ist ein Erlass gekommen,“ begann Gavin. Elenora verzog das Gesicht. „Lass mich raten, der Imperator braucht frische Truppen für seine Expedition?“ brachte sie es auf den Punkt. „Oh es ist inzwischen mehr als eine Expedition. Sie haben einen Stützpunkt errichtet und…“ „… unser Dorf darf Truppen stellen.“ Gavin blickte etwas säuerlich und rollte mit den Augen. „Ja.“

Ein irres glitzern lag in den Augen des Minotauren als er den Erlass dem Kommandanten der Stahlwölfe überbrachte. Duncan Idaho lächelte. „Es ist also soweit?“ „Endlich ziehen wir wieder in eine Schlacht,“ frohlockte der Minotaure Malebolgia und schnaubte freudig. „Ich werde mir noch die Hörner spitzen lassen. Man weiß nie was in fremden Ländern alles auf einen wartet.“ „Noch Verrücktere als mein Adjutant wohl kaum,“ antwortete Duncan grinsend. „Nun, ruft die Truppen zusammen. Wir müssen so schnell wie möglich aufbrechen. Schiffe stehen in Ortu bereit.“ „Jawohl.“

Müde stapfte Gavin zurück zu seinem Haus. Er hatte als Vogt die Pflicht, jene Leute der Landwehr auszusuchen, die ihn begleiten würden nach Carnage. Solche Aufgaben fielen ihm schwer. Wer war wirklich geeignet? Wer war nicht wirklich bereit diese Schlacht für das Imperium zu bestreiten? Er hoffte eine gute Wahl getroffen zu haben. Morgen früh würden sie nach Ortu aufbrechen und zusammen mit der restlichen dritten Legion in See stechen. Die Stahlwölfe, Elitesturmtruppen, Ehrenwache und erste imperiale Legion der Herren der Ordnung würden ebenfalls von dort in See stechen. Gavin freute sich die alten Kampfgefährten wieder zu treffen. Schmunzelnd dachte er an den Kommandanten Idaho und den wilden Minotauren Malebolgia. Was für ein Gespann. Der Morgen begrüßte sie mit strahlendem Sonnenschein. Kein Wölkchen trübte den Himmel und der helle Morgengesang der Vögel war zu hören. Einige Karren voller Ausrüstung und Proviant führten sie mit. Ansonsten gingen alle zu Fuß. Auch Gavin Darklighter. Reiten war noch nie seine Sache gewesen. Mit einem lauten Ruf setzte sich der Tross in Bewegung. Vorbei an der kleinen Schenke und dem Marktplatz. Überall winkte man ihnen aus Türen, Fenstern und aus den Höfen zu. Gavin ging voraus und lächelte. Vielleicht war es eine Abwechslung nach der ruhigen Phase hier in Aras’. Sein Lächeln erstarb schneller als er diesen Gedanken gehabt hatte als sie an seinem Haus vorbei zogen. Ein weiterer Karren wartete dort. Darauf seine Familie. Gavin wusste sofort was Elenora beabsichtigte. „Nein,“ murmelte er nur. Doch der Blick seiner Frau ließ ihm keine Wahl. „Danke Schatz, so eine kleine Reise tut uns bestimmt gut,“ säuselte Elenora lächelnd. Einige seiner Leute grinsten breit. Da Gavin nun einen neuen Vertreter für Aras’ benötigte, ernannte er seinen entfernten Verwandten Solidar Darklighter zum stellvertretenden Vogt des Dorfes. Dieser würde die Geschäfte in der Abwesenheit weiter leiten.

Schwungvoll stieg Duncan Idaho vom Sattel und sog die frische Meeresluft ein. Er blickte über die kleine Flotte die sich im Hafen versammelt hatte. Überall liefen Matrosen umher und verluden Güter. Die meisten Truppen der dritten Legion waren offensichtlich bereits an Bord ihrer Schiffe. „Na wird auch Zeit,“ hörte er eine Stimme hinter sich. Er zuckte leicht zusammen und wand sich um. Lady Dorkas de Hell, die wohl reizbarste Amazone des Imperiums stand vor ihm. „Ah, es ist mir eine Freude Euch wieder zu sehen Lady Dorkas. Wie ich höre habt ihr hier das Kommando über die Vorbereitungen?“ Lady Dorkas strich sich eine blaue Strähne ihres Haares aus dem Gesicht und nickte. Sie sah kein bisschen freundlich aus. „So ist es. Und nach meinem Zeitplan sollte sich die wunderbare erste Legion bereits auf den Schiffen befinden.“ „Tatsächlich? Nun, dann wollen wir uns mal beeilen,“ antwortete Duncan grinsend. Er stieg wieder auf seinen Hengst und drehte sich zu seinem Tross um. Mit einem lauten Pfiff setzte sie sich in Bewegung hinab zum Hafen.

Alles war verladen. Gavin blickte sich um und klopfte sich die Hände ab. Seine Leute hatten sich unter die restlichen Truppen der zweiten Legion gemischt. Wer das Kommando über diese Legion inne haben würde, stand noch nicht fest. Das würde bei ihrer Ankunft festgelegt. Vermutlich würde man sie einfach dem Imperator unterstellen. So groß war das Exeditionsheer ja nicht. Elenora kam an Deck. Sie hatte eine lange, grüne Robe angelegt, welche mit goldenen Runen bestickt war. Ihre Kampfrobe wie sich Gavin erinnerte. „Es ist lange her, dass ich dich so gesehen habe,“ meinte er. Sie blickte lächelnd zum Boden. „Nun, es wurde Zeit.“ Lautes Hufgetrampel lies Gavin sich umblicken. „Ah da kommen sie endlich.“ Er deutete auf einen weiteren Tross der in den Hafen kam. Zusammen mit seiner Frau schritt Gavin die Planke zum Kai hinab um Duncan und Malebolgia zu begrüßen.

Duncan lächelte freudig und schüttelte Gavin die Hand. „Freut mich Euch wieder zu sehen.“ Malebolgia grunzte und verbeugte sich vor Elenora. „Es scheint als ob es wieder einmal Zeit wird, was?“ Duncan nickte. Während Elenora das Fell des Minotauren graulte, gingen Duncan und Gavin ein paar Schritte zur Seite um einem Karren auszuweichen, der verladen werden sollte. Die ungeduldigen Rufe von Dorkas waren überall zu hören. „Wundert Euch nicht, Elenora ließ mir gewissermaßen keine Wahl. Eigentlich wollte ich sie als meine Stellvertreterin in Aras’ lassen,“ meinte Gavin. Duncan lachte laut auf. Er winkte eine jungen Magierin zu, welche gerade von ihrem Schimmel gestiegen war. Als sie herangekommen war stellte er sie vor. „Darf ich vorstellen, meine Gefährtin Rebecca.“, leise fügte er hinzu,“ im übrigen die selbe Lage wie bei Euch werter Freund.“ Gavin grinste und verneigte sich. „Es ist mir eine Ehre Euch kennen zu lernen.“ Mit einem strahlenden Lächeln neigte sie leicht den Kopf. „Nennt mich Engel.“ Eine kleine Flamme züngelte plötzlich vor ihnen hoch. „Engel der Flammen“ „Solange Ihr das nicht auf meinem Schiff macht, gerne,“ antwortete Gavin.


Der Aftermath Frieden

Die kleine Insel in der Meerenge zwischen der düsteren Insel und dem Hauptkontinent glich einem Ameisenhaufen. An jeder günstigen Stelle hatten Schiffe angelegt. Zeltlager schossen wie Pilze überall aus dem Boden und umringten einen in der Mitte des Eilandes aufragenden hohen Felsen. Auf diesem erhob sich die kleine Festung der Insel. Leise knirschend lief das Beiboot auf den Sandstrand und kam zum stehen. Bigfoot blickte sich um und sprang dann von Bord. So viele Delegationen, Diplomaten und Leibwachen auf einem Haufen. Er schüttelte den Kopf. Dies war die größte Versammlung von Carnages Anführern die es wohl je gegeben hatte. Eigentlich der perfekte Ort die Idee der Ordnung zu verbreiten, doch er war nur Gast. Die Herren der Ordnung waren nur eine kleine Figur in diesem Schachspiel. Krono, Anführer der zertrümmerten Death & Honor Nation hatte ihn hier her gebeten. Der oberste Heerführer Aftermaths Veil hatte diese Konferenz einberufen um Carnage neu zu ordnen und aufzuteilen. Zwar lag Death & Honor am Boden, dennoch war Krono einer der Personen von denen man erwartete, dass sie einen Friedensvertrag mit Aftermath unterzeichneten. Bigfoot würde als Verbündeter Death & Honor anwesend sein. Kaum hatten sie ein Lager in unmittelbarer Nähe der Death & Honor Delegation aufgeschlagen, erreichten Bigfoot und seine Leibwache auch schon die ersten Gerüchte. Ein Teil der Anti-AM-Allianz war nicht bereit klein bei zu geben und plante sich auf die Eisinseln weit im Osten zurück zu ziehen. Die Verhandlungen würden nur geführt um Zeit zu gewinnen. Im Gespräch mit Krono zeigte dieser sich aber bereit für einen Frieden. Sein Ziel war die Restauration von Death & Honor und der Aufbau der Ruinen von Defiance. Bigfoot versprach Krono ihn dabei zu unterstützen. Bessere Verbündete als Death & Honor, fanden sich auch auf dieser großen Versammlung der Nationen nicht.

Es wurde bereits Nacht als die ersten Vorgespräche begannen. Nicht mit Aftermath oder ihren Verbündeten. Unzählige Diplomaten waren unterhalb der Festung unterwegs um die Stimmungen aufzufangen. Große Abneigung gegen dieses Friedensdiktat war überall zu verspüren, auch wenn einige Nationen froh waren verschont worden zu sein. Bis auf einige rebellische Nationen schienen alle bereit den Frieden zu akzeptieren. Ein weiterer Tag verging ohne große Ereignisse. Doch die Gerüchteküche begann zu brodeln wie noch nie. Veil, schien ganz besondere Pläne mit diesem Frieden zu verbinden. Er wollte nach diesem verheerenden Krieg neue Weichen für Carnage stellen. Was genau damit gemeint war, schien aber niemand zu wissen. Spekulationen gab es zu natürlich zu Hauff, doch nichts klang annähernd plausibel. Als der Morgen erneut graute, riefen Herold alle Delegierten in den Sitzungssaal der Festung. Dutzende Würdenträger, Kriegsfürsten und Nationenführer machten sich daraufhin auf den Weg. Ein demütiger Gang vor den Sieger des großen Krieges.

Gemurmel erfüllte den kleinen Saal. An den Wänden hingen die Banner der wichtigen Nationen, doch über allen thronte das Banner von Aftermath. Es war deutlich wer hier den Ton angab. Mit einer Ehrengarde eskortiert trat Veil in den Saal und alle Gespräche verstummten. Nur das Klirren der Rüstungen war zu hören als Veil an den Kopf des langen Eichentisches trat. Seine Leibwachen verteilten sich an den Wanden. „Ich danke Euch, dass ihr meiner Bitte nachgekommen seit. Es ist Zeit eine neue Ordnung über Carnage zu bringen,“ begann Veil ohne viele Umschweife seine Rede. Irgendwo hörte man ein leises, wütendes Schnauben. Gemurmel brach aus. Niemand wusste so genau was Veil wohl vorhatte. „Ich bitte Euch,“ er hob beschwichtigend die Hände, „hört mich zuerst an!“ Tatsächlich kehrte Ruhe ein, was sicherlich auch an den bedrohlich wirkenden Wachen lag, die demonstrativ mit ihrer Ausrüstung geklappert hatten. „Danke. Nun, zuerst möchte ich sagen, es freut mich sehr, dass so viele Nationen zu einem Friedensvertrag bereit sind. Einige der größte Nationen haben bereits die Oberherrschaft Aftermaths anerkannt. Doch ich möchte alle Nationen in diesen Frieden einbinden, um Carnage auf Zeiten vorzubereiten die kommen werden.“ Er machte eine kurze Pause um seinen Worten mehr Nachdruck zu verleihen. „Das Land liegt in Trümmern, doch manche wollen immer noch nicht begreifen, dass Aftermath der Sieger dieses Krieges ist. Ich rufe alle Nationen auf, dies jetzt einzusehen.“ Wütende Protestrufe erschallten im Saal. Diskussionen brachen überall aus. Auch Veil war es nicht möglich wieder Ruhe zu stiften. Nach etwa einer halben Stunde verließen einige Anführer die Versammlung. Erst dann trat wieder Ruhe ein. „Nun, wir können niemand zwingen. Zumindest nicht auf diese Weise. Auch die eisigen Gefilde im Osten werden sie nicht vor dem Zorn Aftermaths schützen!“ Kommentierte Veil das Verhalten. Es war deutlich, dass für diese Nationen der Krieg weitergehen würde. „Doch hört mich nun an. Ihr seit zum Frieden bereit und dies ist wichtig. Wir haben Kunde von fernen Ländern namens Mourning, Dead, Corruption und vielen weiteren. Alle scheinen sich auf große Expansionen vorzubereiten. Wir sind das perfekte Ziel für diese Invasoren! Schwach, zerrüttet, in viele Fraktionen zerfallen.“ Diese angeblichen Neuigkeiten lösten große Unruhe aus. Die Sitzung musste unterbrochen werden, damit sich alle Teilnehmer beraten konnten. 

Am Abend war man sich nicht einig ob dies nur ein Trick von Veil war um mehr Fraktionen auf seine Seite für einen Frieden zu ziehen oder der Wahrheit entsprach. Doch eigentlich war die Entscheidung schon gefallen, man konnte dem Friedensvertrag nicht entkommen. Lediglich um kleinere Konditionen konnte man schachern. So geschah es dann auch. Veil bot im Verlauf der Verhandlungen an, alle Subgilden und Verbündete von AM zu lösen. Im Gegenzug verlangte er keinerlei Reparationen und forderte nur die Bündnispflicht im Falle einer Invasion Carnages unter dem Banner AMs. Außerdem wurde die düstere Insel offiziell zum absoluten Territorium Aftermaths erklärt. Nur die ausgegliederten Subgilden und alte Verbündeten hatten dort Zugang. Für Krono und Death & Honor bedeutete dies Frieden. Er konnte seine Pläne vom Wiederaufbau verwirklichen ohne unter der Kandare Aftermaths zu stehen. An das Eintreten der Bündnispflicht glaubten die wenigsten Unterzeichner des Vertrages.


Die Ankunft in Carnage 

Die Segel strafften sich erneut im Wind und schoben das Schiff weiter über die tiefschwarze See. Leise ächzten die Taue und ein ständiges Rauschen kündete davon wie das Schiff sich durch unruhige See wühlte. Gavin Darklighter zog prüfend an einem der Taue und blickte zum Himmel. Endlich lichteten sich die schwarzen Wolken. Fast schon vorsichtig brachen erste Lichtstrahlen durch die Wolkendecke und glitzerten auf der Wasseroberfläche. Gavin lächelte, es wurde auch langsam Zeit, dass die See sich beruhigte. Endlich schien der Allvater ihnen wieder wohl gesonnen zu sein. Der Sturm der letzten zwei Tage hatte sich doch erheblich vom Kurs abgebracht. Allein durch die magischen Fähigkeiten seiner Gemahlin Elenora hatten sie überhaupt noch ein wenig den Kurs nach Carnage halten können. Ohne Sterne war Gavin in Sachen Navigation völlig aufgeschmissen. Elenora dagegen konnte zum Glück die Sterne mit einem Zauber kurz sehen. So war es ihnen möglich gewesen weiter auf ihr Ziel zuzuhalten. Gavin wischte sich ein paar Spritzer der Gischt aus dem Gesicht und versank in Gedanken. 

Carnage, Land der Verheißungen. Wie lange war es her? Zwei Monate waren vergangen, seit der Imperator mit seinem Expeditionsheer ausgezogen war nach Carnage. Eine stolze Flotte von zehn Schiffen war in das Land hinter dem Meer aufgebrochen. Trotz der Entfernung sollte auch dort das Banner der Ordnung wehen. Zwei Monate hatte Gavin auf seinem Gut gewartet, doch dann waren die Boten des Imperators auch in sein Dorf gekommen. Die Herolde sprachen von heftigen Kämpfen und der Imperator rief zu den Waffen um die neue gegründete Stadt Tanelorn  zu schützen. Die erste und dritte Legion war dem Ruf gefolgt. Viele Schiffe waren als Verstärkung in See gestochen. Der Sturm hatte sie leider getrennt. Gavin war sich sicher, dass Duncan Idaho und das Kontingent Stahlwölfe bereits in Carnage gelandet waren. Eine Hand auf seiner Schulter riss ihn aus seinen Gedanken. Elenora stand neben ihm und strahlte. Als Gavin aufsah, stürmte bereits seine Tochter Sonora auf ihn zu und sprang ihn an. Er schloss sie lächelnd in die Arme. Es war nicht seine Entscheidung gewesen mit der ganzen Familie nach Carnage zu reisen. Diese Entscheidung hatte seine Frau getroffen. Sie hatte keine Lust wieder ihren Mann in den Kampf ziehen zu sehen, während sie zu Hause blieb. Sie war eben auch eine Kämpfernatur. So waren sie sozusagen mit Kind und Kegel aufgebrochen. Neben seiner Frau, der fünf Jahre alten Tochter Sonora und dem zwei jährige Sohn Marek waren noch einige Knechte und Bauern aus ihrem Gut bei ihnen. Keine große Streitmacht, aber mehr konnte Gavin nicht bieten. Seit sein Dorf sich dem Imperium angeschlossen hatte, war er oft mit seinen Bauern in die Schlacht gezogen. Als Teil der dritten Legion war dies seine Pflicht gewesen. Sie hatten immer gesiegt. Gavin hoffte dieses Mal würde es genauso sein. Er hatte versprochen seine Männer wieder nach Hause zu bringen. Auch wenn diese Expedition länger dauern würde, er brachte sie wieder nach Hause. Dessen war er sich sicher. Um nicht noch weiter solchen Gedanken nachzuhängen beschloss er ein wenig zu schlafen.

Elenora Darklighter blickte über die See und kontrollierte ihren Kurs. Bald sollte man die Küste sehen können nahm sie an. Sie blickte zu dem nun klaren Sternenhimmel. Es war nach den Tagen unter tiefhängenden Wolken eine Wohltat. Endlich entfaltete sich ihre magische Kraft wieder voll. Das Wetter hatte sich seltsamer Weise auch auf ihre Kräfte ausgewirkt. Es reichte scheinbar nicht, dass sie bei so einem Wetter immer Kopfschmerzen bekam. Eine Böe kam auf und ein leichter Ruck ging durch das Schiff. Einer der Knechte, der am Ruder stand, schreckte aus seinem Halbschlaf hoch und blickte erschrocken auf das Ruder. Elenora nickte ihm beruhigend zu. Der Kurs stimmte nach wie vor. Sie strich sich eine Strähne aus dem Gesicht und blickte auf den Horizont. Hinter ihnen würde ihn kürze die Sonne aufgehen. Dann würden sie hoffentlich Carnage erblicken. Mit einem Gähnen kam Gavin auf die Brücke. Seine Gemahlin war bereits auf und versuchte seine Tochter Sonora im Zaum zu halten. Keine leichte Übung wenn man den kleinen Marek auf dem Arm hatte. Zudem war Sonora ein echtes Energiebündel. In mancherlei Hinsicht. Sie war ebenso wie ihre Mutter mit vielen magischen Fähigkeiten gesegnet. Nicht nur einmal hatte sie zum Entsetzen der Mannschaft auf dem Schiff ihren Elementargeist „Klein Fünkchen“ beschworen. „Klein Fünkchen“ war ein Feuerelementar. Nicht auszudenken, wenn dieser Elementargeist sich den Segeln genähert hätte. Doch er verhielt sich zum Glück ruhig und summte nur um Sonoras Kopf herum. Gavin ging gemütlich zum Bug des Schiffes und blickte auf den Horizont. Ein schmaler Streifen hob sich von den Wolken ab. Sofort drehte er sich erfreut zu seiner Frau um. Sie war zu ihm getreten und lächelte ihn an. „Wir sind da, Schatz.“ Gavin grinste. „Wird auch langsam Zeit, Duncan und Malebolgia sind sicherlich schon in Tanelorn angekommen.“

Elenora rollte die Augen. „Keine Sorge, du wirst schon keine Schlacht verpassen.“ Gavin verzog missmutig das Gesicht und beobachtete wie die Küste näher kam. Knirschend setzte der Bug auf dem Sandstrand auf. Noch einmal spritzte die Gischt auf und durchnässte einige der Knechte, die gerade die Segel verzurrten. Gavin sprang von der Reling in das seichte Wasser. Elenora folgte ihm und wurde von Gavin aufgefangen. Mit einem Grinsen trug er sie zum Strand und setzte sie ab. „Willkommen in Carnage!“


Das Juwel des Südens

Das kleine Dorf, welches Tanelorn gewesen war, änderte stetig sein Bild, befand Bigfoot. Langsam lies er seinen Blick über die Schmieden schweifen. Dicker Rauch quoll aus den Schornsteinen und das stete Hämmern kündete von eifriger Tätigkeit. Nun, da der Krieg vorbei war, fanden viele Besucher ihren Weg in die Stadt. Tanelorn war auf dem ganzen Kontinent bekannt. Seinen guten Ruf verdankte die Stadt dem hervorragenden Warenangebot zu fairen Preisen. Neben den Schmieden war das kleine Örtchen besonders für seine Geschmeide bekannt. Den Herren der Ordnung war es gelungen drei besonders begabte Juweliere anzuwerben, welche nun immer schönere und nützlichere Schmuckstücke herstellten. Nicht wenige mit besonderen magischen Fähigkeiten. Bigfoot war stolz auf die Leistung, welche seine Mannen erbracht hatten. In diesem garstigen und unwirtlichen Land hatten sie ein wahres Juwel geschaffen.

Die Stahlwölfe waren tatsächlich vor ihnen eingetroffen. Ihr Banner wehte bereits über der kleinen Stadt Tanelorn. Gavin Darklighter ging an der Spitze des kleinen Trosses. Auf dem Weg nach Tanelorn hatten sie eine Menge über den großen Krieg von Carnage gehört. Über den Fall der Allianz, die Erstürmung der Stadt Defiance. Sie befürchteten das Schlimmste, doch nun standen sie vor der neuen Stadt der Ordnung. Tanelorn. Unter den saftig, grünen Blättern des Baum des Lebens, im Zentrum des Ortes, standen allerlei Gebäude. Große Schmieden, Hallen von Meistern und Handwerkern. Eine prächtige, recht neu erbaute Kathedrale der Ordnung und des Allvaters erhob sich über all dem und berührte fast die Blätter des Baumes. „Schau Elenora, Tanelorn. Hort der Ordnung, Trutzburg des Imperiums in diesem Land,“ sagte Gavin. Der Imperator empfing sie auf den Stufen der Kathedrale. Rechts und links flankiert von seinen Generalprotektoren und dem Beraterstab. Gavin Darklighter kniete vor ihm nieder. „Mein Imperator, wir folgten Eurem Ruf nach Carnage um Euch zur Seite zu stehen.“


Kapitel 4  

Wiederaufbau

Die nächsten Wochen waren überall auf dem Kontinent vom Wiederaufbau gekennzeichnet. Alte Allianzen wurden erneuert, Nationen versuchten die Schäden des großen Krieges zu beheben. Auch die Hauptstadt Defiance erstand aus den Ruinen neu. Das fast völlig zerstörte Herz der Nation D&H wurde erneut zum Treffpunkt im Südwesten des Kontinents. Das Bündnis zwischen den Herren der Ordnung und Death & Honor wurde bei der Feier zum Neuaufbau Defiances erneuert. Feierlich besiegelte man abermals den Bund zwischen dem kleinen Heer der Ordnung und der Nation unter Krono. Dieser hatte den tapferen Widerstand der Ordnungsstreiter gegen Aftermath nicht vergessen und war froh solche Verbündete auch weiterhin zu besitzen. Neben den Herren der Ordnung schlossen sich noch einige weitere kleinere Grupp en der Nation Death & Honor an. So beherrschte die Nation bald wieder ihr ursprüngliches Einflussgebiet. Zusammen mit der etwas nördlich von Death & Honor gelegenen Nation House of the Frogs dominierte man den Süden, gemessen an der Anzahl der kontrollierten Städte. Natürlich hatte die Death & Honor Nation noch lange nicht ihre alte Stärke zurück erlang. Die Hauptstadt war zwar neu errichtet, doch die großen Schäden aus der Zeit der Belagerung verhinderten vorerst die Erneuerung der Mauern. Die kampfbereiten Truppen der Nation waren ebenfalls stark dezimiert. Nur die Stadt Tanelorn und die Truppen der Herren der Ordnung waren relativ unbeschadet aus dem Krieg hervorgegangen. Zumindest war Tanelorn nicht geschleift worden und auch sonst waren weniger Verluste zu beklagen als (bei) manch einer anderen Gilde.


Das Haus der Frösche greift an

Langsam lies Gavin seinen Blick über den Horizont schweifen. Die Sonne sandte ihre letzten warmen Strahlen und färbte den Himmel rot. Große, rundliche Wolken schienen wie die Glut des Feuers aufzuleuchten. Langsam stand Gavin auf und klopfte seine Leinenhose ab. Die schwere Rüstung hatte er vor Tagen zuletzt getragen. Zusammen mit einer kleinen Schar war er ausgezogen und hatte Wyrms gejagt. Eine kleine drachenartige Kreatur, die ganz in der Nähe von Tanelorn immer wieder ihr Unwesen trieb. Neben diesen Wyrms gab es in dem Jagdgebiet auch Trolle. Mit der dort gemachten Beute hatte Gavin sich einige Übungsstunden bei einem Kampfmeister erkauft und war nun auf dem Weg ein Kreuzritter zu werden. Er blickte zum Himmel und entschied sich noch ein wenig zu trainieren. Er hob sein Schwert aus dem Gras und schwang es einige Male nach rechts und links. Schattenfechten nannte man das. Man förderte so die Kraft der Arme um auch harten Hieben des Gegners zu widerstehen. Außerdem war es ein gutes Ausdauertraining. Er machte ein paar Ausfallschritte und hieb auf einen imaginären Gegner ein. Eigentlich war es Zeit, mehr als nur Schattenfechten zu betreiben, überlegte Gavin. Er wusste nicht wie schnell sich seine Gedanken bewahrheiten würden.

Sie starrte lange in das magische Feuer vor ihr. Ihre Augen weiteten sich noch einmal, dann wischte sie mit der bloßen Hand durch das Feuer und es erlosch. Hinter ihr stand Bigfoot und blickte etwas verwundert zu. Es kam nicht oft vor, dass er zu den Zauberwebern gerufen wurde. Mit magischen Dingen kannte er sich wirklich nicht gut aus. Aber es schien etwa wichtiges geschehen zu sein. So hatte er die Herrin der Zauberweber noch nie gesehen. „Nun?“ fragte er in die Stille. Molly Witchblade sackte erschöpft zusammen. Solche Visionen zehrten an ihren Kräften. Sie holte Luft und ihr Blick wurde wieder klar. Langsam wand sie sich zu ihrem Imperator um. „Die Nächte der Stille und des Friedens sind vorbei.“

Als der Morgen graute galoppierte ein Reiter wie von allen Chaosdämonen verfolgt, nach Tanelorn hinein. Es war ein Herold der Death & Honor Nation. Seinem Rappen stand der Schaum vor dem Mund und der Schweiß troff von seinen Flanken. Sein Reiter sah nicht wirklich besser aus. „Höret, höret Herren der Ordnung! Ein neuer Feind hat sich uns offenbart. Ein Krieg steht bevor!“ brüllte er durch das noch halb schlafende Örtchen. Kaum hatte er gerufen, öffneten sich die großen Türen der Kirche der Ordnung. Duncan Idaho und Taker traten heraus, beide in voller Rüstung. Matt spiegelte sich die Morgensonne darin. Hinter ihnen trat Bigfoot in seiner prächtigsten Rüstung aus dem Tor und schritt die Stufen zum Boten hinab. „Sag Krono, dem ehrenwerten Herr von Death & Honor, wir sind bereit für die Nation in den Krieg zu ziehen!“ Bigfoot konnte sich ein Grinsen nicht verkneifen. Der Herold hatte nicht damit gerechnet auf eine gerüstete Stadt zu treffen. Alle anderen Death & Honor Städte die er besucht hatte waren in heillose Panik verfallen. Niemand hatte so schnell mit einem neuen Krieg gerechnet. Doch die Herren der Ordnung konnten auf mächtige Zauberweber vertrauen und waren alles andere als überrascht von der Botschaft.

Später am Tag rief der Imperator seinen Beraterstab zusammen. Als neues Mitglied des Carnage-Stabes hatte er Duncan Idaho hinzu gerufen. Der Kommandant der Stahlwölfe hatte bereits in der Heimat wertvolle Dienste geleistet und würde sich hier als genauso wertvoll erweisen. Bigfoot ging um den Kartentisch und platzierte weiße eckige Steine auf den Markierungen der Death & Honor Städte und Dörfer. „Die Death & Honor Nation, der wir mehr oder weniger angehören, hat sich noch lange nicht vom großen Krieg erholt. Dennoch sehen wir uns nun einer weiteren Gefahr gegenüber.“ Er setzte dunkelgrüne Steine in Form einer Pyramide auf die Karte. Wesentlich mehr grüne Steine fanden ihren Weg auf die Karte und dominierten den gesamten mittleren Süden des Hauptkontinents. Die weißen Steine bildeten dagegen um die Stadt Defiance ein Ballungszentrum welches sich dann wie eine Perlenkette nach Tanelorn, etwa in der Mitte des südlichen Kontinents, zog. „Rickard the Frog, Anführer des Hauses der Frösche, wie sich die Nation nennt, hat uns den Krieg erklärt. Angeblich hätte Death & Honor die Absicht wichtige Jagdgebiete und Rohstoffvorkommen im Grenzgebiet zwischen unseren Nationen zu beanspruchen.“ Bigfoot wies auf ein Gebiet zwischen den Ansammlungen von Siedlungen beider Nationen. „Dies ist ein völlig fadenscheiniger Grund um Death & Honor völlig zu zerschlagen. Die Nation ist momentan nicht einmal soweit restauriert um alle Städte wieder völlig zu versorgen. Die Frösche dagegen waren im vergangenen Krieg neutral und besitzen volle Kampfstärke. Außerdem sind sie uns mindestens 2:1 überlegen.“ Taker deutete auf das von Death & Honor kontrollierte Territorium. „Sie haben also vor uns zu schlucken und sich als Macht des Südens zu etablieren.“ Bigfoot nickte. „Rickard the Frog hat lediglich einen Grund gesucht und nun eine Streitigkeit um die wertvollen Grenzregionen erfunden.“ Molly zog eine Augenbraue in die Höhe. „Nimmt man ihm das ab?“ Bigfoot zuckte die Achseln. „Nun, ich denke vielen Nationen geht es genauso wie Death & Honor, sie werden sich nicht groß einmischen, da sie noch vom Krieg geschwächt sind. Außerdem ist die Größe der Frosch-Armee angeblich erschreckend. Das hält Proteste leise, auch wenn ich sicher bin, dass es sie gibt. Aber wer genau auf unserer Seite in den Kampf ziehen würde, konnten uns die Boten aus Defiance nicht sagen.“ Duncan lies seinen Blick über die Karte schweifen. „Beziehungsweise ‚ob’ es überhaupt Verbündete gegeben wird.“ „So ist es,“ bestätigte Bigfoot. „Doch wir werden weiterhin Krono und seinen Mannen zur Seite stehen. Wir haben uns noch nie feige davon gestohlen. Wir haben Aftermath überstanden, es sollte uns gelingen auch den Fröschen Einhalt zu gebieten.“


Der Feind in Tanelorn

Ein Schritt nach vorn, der Schwung des Hammers zog an seinem Arm. Er hob das Schild und wehrte den Schlag von Duncan ab. Klirrend traf das Schwert auf das kleine Rundschild und hinterließ eine tiefe Kerbe. Der Anführer der Stahlwölfe setzte nach und versuchte sein Schild als Rammbock zu verwenden. Gavin wich gerade noch nach links aus und brachte sich wieder in Angriffsposition. Dieses Mal krachte sein Hammer auf das Schild von Duncan. Mit einem dumpfen Ton zeichneten sich Risse darin ab. Die Beiden trennten sich wieder und brachten zwei Schritte Abstand zwischen sich. Gavin beschwor seinen neu erlernten Kreuzritterangriff. Eine Art Geschenk des Allvaters. Gleißendes Licht schoss aus seinen Händen hervor und raste als helle Kugel auf Duncan zu. Mit einem seltsamen Klirren umfasste sie seine Rüstung und lies ihn kurz taumeln. Doch die Rüstung und die magischen Ringe hatten die Wirkung des Zaubers geschwächt. Keine zehn Sekunden später ging Duncan wieder zum Angriff über und überbrückte die Entfernung zwischen den Beiden. Mit einem Brüllen drosch er mehrmals auf das Schild von Gavin ein. Jeder Hieb zeichnete sich bedrohlich tief in dem Schild ab. Gavin taumelte zurück und konnte sich gerade noch auf den Beinen halten. „Halt, genug für heute,“ sagte Gavin. Duncan nickte. Sie hatten sich heute beide sehr gut geschlagen. Noch einige Wochen dieser Übungen und sie würden jedem Feind gewachsen sein. Damit war die Übungsstunde am Morgen beendet. Verschwitzt und mit schmerzenden Muskeln machten sie sich auf den Weg nach Tanelorn.

„Sie koooommeeen! Auf Eure Posten!“ Die Schreie hallten durch die Gassen von Tanelorn. Jedem war bewusst was sie bedeuteten. Überall liefen Bewohner schreiend umher. Die Krieger eilten zu den Waffen, Hauptleute versuchten ihre Einheiten zu sammeln. Duncan und Gavin waren gerade erst angekommen, da fiel das Überfallkommando der Frogs über die Stadt her. Sie waren schnell aufgetaucht und nun standen sie quasi auf dem Marktplatz der Stadt. Da viele Krieger der Ordnung in der Wildnis jagen waren oder gerade als Geleitschutz für den Imperator in der Hauptstadt Defiance weilten, waren nicht viele Verteidiger zur Stelle. „Zu mir!“ brüllte Duncan Idaho. „Sammelt Euch am Baum!“ Schnell hatten sich einige Verteidiger um den Baum gesammelt und bildeten eine feste Linie gegen den Feind. Dragooner lies helle Blitze über den Marktplatz zucken und versuchte den Feind auf Abstand zu halten. Die elfischen Bogenschützen in der zweiten Reihe taten ebenfalls ihr Bestes. Nur Malebolgia der riesige Minotaure knurrte laut etwas von Nahkampf und schwang seine Axt. Allein die Klingen der Doppelaxt waren so groß wie ein durchschnittlicher Zwergenkopf. Schnaubend scharrte er mit den Hufen. „Haltet sie ab! Wir müssen uns weiter sammeln,“ rief Duncan und versuchte zusammen mit dem inzwischen eingetroffenen Taker die Verteidigung zu verbessern.

Der Heiler der Frogs stand etwas abseits der Kämpfer und tat sein Bestes um seine Kameraden am Leben zu erhalten. Immer wieder hagelten auf sie Blitze und unzählige Pfeile ein. Mit schweißnasser Stirn beschwör er einen Heilzauber nach dem anderen. Seine Hände glühten regelrecht als er immer wieder seine magische Energie durch sie fließen lies. Der Schlachtenlärm steigerte sich noch und umtobte den Heiler. Er war voll auf seine Aufgabe konzentriert und bemerkte nicht den schmalen Schatten hinter sich. Ein heißes Ziehen durchfuhr ihn als die zwei Dolche in seinen Rücken eindrangen. Doch dann spürte er nichts mehr. Das Gift breitete sich rasend schnell in seinen Adern aus und ließ ihn zusammen sacken. Constabler zog seine Dolche zurück und verschwand wieder im Schatten der Schmieden, eine Kerbe auf seinem Dolch reicher. Mit einem Ruf machte Gwyn die Führung der Verteidigung darauf aufmerksam, dass gerade der wichtigste Heiler des Feindes zusammen sackte. Malebolgia wartete erst gar nicht mehr auf einen Befehl. „MoooOOOO!“ schallte es donnernd über das Schlachtfeld und mit schwerem stampfen setzte sich der Minotaure in Bewegung. Die Angreifer setzten zwei Sekunden mit ihren Angriffen aus als sie die große Masse Fell wie eine Dampfwalze auf sich zukommen sahen. Erst dann reagierten sie und beharkten ihn mit allem was sie hatten. Doch es war zu spät. Die Verteidiger waren mitgerissen worden und stürmten nun geschlossen auf den Feind ein. Die schwere Axt von Malebolgia fuhr wie eine Sense durch die Reihen des Feindes. Das er aussah wie ein Igel, so gespickt war er mit Pfeilen, schien ihn in seiner Rage nicht zu stören. Donnernd krachten Schilde, Schwerte, Hämmer und Speere aufeinander. Taker und Duncan führten je eine Flanke an. Malebolgia genügte im Grunde um das Zentrum der gegnerischen Truppen zu beschäftigen. Es dauerte nicht lange, da befanden sich die Frogs auf dem Rückzug. Doch es war ein teurer Sieg gewesen. Unzählige Tote und Verletzte. An vielen Ecken von Tanelorn hatte es erhebliche Schäden gegeben. Es wurde wirklich Zeit die schon lange geplanten Mauern zu errichten. Aber mitten in einem Krieg war dies fast unmöglich. Nun stellte sich die Frage, wie lange sie gegen diese Übermacht bestehen würden. Niemand mochte genauer darüber nachdenken.

Überfall auf Defiance

Bigfoot las die Nachrichten aus Tanelorn. Ein Überfall des Feindes. Mehr um die Moral zu schwächen als irgendwelche strategischen Ziele zu erreichen. Tanelorn lag zwar recht günstig und hatte somit einen strategischen Wert. Aber die Hauptkämpfe würden sich auf das Herz der Death & Honor Nation konzentrieren. Niemand erwartete ernsthaft eine groß angelegte Belagerung der kleinen Dörfer im Osten. Die Hauptstadt von Death & Honor würde das Ziel sein. Der Imperator legte die Nachricht zurück zu den vielen anderen Papieren die sich in der kleinen Botschaft der Herren der Ordnung in Defiance auf einem Tisch angesammelt hatten. Die letzten Stunden waren unglaublich hektisch gewesen. Überfälle auf fast alle Dörfer in den vergangenen zwei Tagen. Nur die größeren, besser geschützten Siedlungen waren bisher ausgelassen worden. Bigfoot trat aus dem kleinen Gebäude auf die Veranda. Überall hörte man das Hämmern und Sägen der Handwerker. Hektisch wurde daran gearbeitet die Verteidigungswälle der Stadt provisorisch wieder herzustellen. Aber die letzte Belagerung hatte die Mauern in einem erbärmlichen Zustand zurückgelassen. Die Baumeister rauften sich fast minütlich die Haare, weil wieder eine Schwachstelle auftauchte und die Reparaturarbeiten ins Stocken brachte. Er drehte sich gerade um und wollte wieder zurück an seinen Arbeitstisch gehen, als ein lauter Schrei über den Marktplatz hallte. „Sie kommen! Zu den Waffen!“

Die Überfallgruppen der letzten Tage hatten sich vor Defiance gesammelt um eine letzte, machtvolle Demonstration zu geben, zu was sie fähig waren. Mehrere Abteilungen stürmten durch die Lücken in den Mauern und vertrieben die Arbeiter. Die Stadtwachen konnten gar nicht so schnell reagieren. Schnell brannte es an allen Ecken und Enden der Stadt. Krono leitete die Verteidigung persönlich und erkannte schnell, was hinter diesem Vorhaben steckte. Es war die Vorbereitung. Ein Geplänkel vor dem echten Sturm. Der Feind versuchte lediglich die Arbeiten zu stören um eine sturmreife Stadt vorzubereiten. Nach zwei Stunden war es vorbei, so schnell wie es begonnen hatte. Ohne nennenswerte Verluste hatten beide Seiten sich getrennt. Aber die Stadtverteidigung war geschwächt, vor allem die gerade begonnenen Reparaturarbeiten an den Mauern waren zunichte gemacht worden.

Bigfoot wischte das Blut eines Feindes von seinem Schwert und öffnete die Lederriemen seiner Rüstung. Er streckte sich. Kein guter Tag für Defiance. Der Sturm auf die Stadt stand bevor. Langsam ging Bigfoot zum Schreibtisch. Er hielt kurz inne, dann griff er zum Federkiel. „Auf Befehl des Imperators berufe ich folgende Kampfgruppen zur Verteidigung der Hauptstadt nach Defiance…… „ war auf dem Pergament zu lesen. Eine Bote machte sich schon wenige Minuten später auf den Weg nach Tanelorn.


Wunderliche Verbündete

Der Generalprotektor Taker stand vor einem langen Tisch und lies seinen Blick über die darauf liegenden Pläne wandern. Sie hätten schneller bauen sollen, dachte er. Sein Blick fiel auf die Risszeichnungen für die Verteidigungsmauern um Tanelorn. Ideen, Konzepte, noch war nichts davon in die Tat umgesetzt. Und doch war es schon das zweite Mal, dass sie die Mauern hätten gut gebrauchen können. Ärgerlich überschlug er im Kopf wie schnell eine provisorische Palisade errichtet werden konnte. Allein der Holzbedarf war enorm. Sicherlich würden die Krieger der Frösche es nicht dazu kommen lassen. Sie würden also noch eine Weile ohne diesen Schutz auskommen müssen. Tief in seinen Gedanken nahm er erst das zweite Klopfen an der Tür wahr. „Ja?“ Die Türe öffnete sich und Gavin Darklighter trat herein. Der junge Vogt aus Aras’, der dem Ruf des Imperators nach Carnage gefolgt war. „Generalprotektor, ein Bote hat Befehle des Imperators gebracht.“ Er übergab Taker eine kleine Rolle Papier und zog sich zurück.

Krono fluchte leise und studierte einen weiteren Bericht seiner Waldläufer und Späher. Der Feind marschierte ungehindert über das Territorium von Death&Honor. Der Widerstand brach an vielen Stellen zusammen. Kleine Gruppen hatten ihr Heil in der Flucht gesucht und in den Wäldern Schutz gesucht. Langsam ging Krono in seinem Arbeitszimmer auf und ab. Rickard, Anführer des Feindes hatte ihnen angeboten sich zu unterwerfen. Teil seiner Nation zu werden. Ein kluger Schachzug, denn selbst die treuesten Anhänger von Death&Honor würden über solch ein Angebot nachdenken. Den Krieg beenden, weiteres Gemetzel vermeiden und zusammen die stärkste Nation des südlichen Kontinents bilden. Aber ein Gefühl sagte ihm, dass nicht allen diese Entwicklung gefallen würde. Viele angrenzende Nationen beobachteten den Feldzug von Rickard mit Argwohn. Eine so starke Nation würden sie als direkten Feind ansehen. Auch deswegen hatte Krono dieses Angebot abgelehnt. Eine Krieg vermeiden der einen neuen Krieg beschwört war sinnlos.

Es war Abend geworden. Dicke, schwarze Wolken zogen über die die düstere Insel. Wie immer. Ein Nieselregen ging nieder und verwandelte die Aschefelder in schwarze Bäche. Aus den Sümpfen stiegen Schwaden von Nebel auf. Lächelnd blickte Veil, Anführer Aftermaths aus seinem Turm nach draußen. Er liebte den Anblick. Doch heute Abend konnte er seine Gedanken nicht an solche Augenblicke verschwenden. Nach ihrem großen Sieg im großen Krieg hatten sie tatsächlich fast alle Feinde niedergeworfen. Sie unterjocht. Ein Vertrag hatte den Frieden gebracht und machte Aftermath zum Oberhaupt aller Gilden auf dem großen Kontinent. Sicher, auf der Eisinsel und in den Wüstengebieten widersetzte man sich ihm, aber man konnte nicht alles haben. Fast jeden Tag brachen Angriffsgruppen über die magischen Portale auf und bekämpften die Widerständler auf der Eisinsel. Die schwer befestigten Städte im Eis waren selbst für Aftermath nicht so leicht zu nehmen. Aber es hielt seine Männer in Form, dachte er. Dass nun zwei Nationen Krieg auf dem Hauptkontinent führten interessierte ihn eigentlich nicht. Doch an diesem Angriff war nichts ehrenhaftes. Rickard hatte einem ausgebluteten Feind den Krieg erklärt, während er sich nicht am großen Krieg beteiligt hatte. Das missfiel selbst dem kalten Strategen Veil. Aber dies war kein Grund einzugreifen. Es gab einen Anderen. Sollte das Haus der Frösche den Sieg erringen, und ohne Verstärkung für die Angegriffenen war dies unausweichlich, würden sie zur mächtigsten Nation auf dem südlichen Kontinent aufsteigen. Die schiere Größe würde selbst Aftermath nicht unbeachtet lassen können. Das fragile, gerade erst geschaffene Gleichgewicht wäre gestört. Leider verfügte Aftermath durch die Feldzüge auf der Eisinsel nicht über genügend Truppen auf dem Hauptkontinent. Veil dachte nicht im Traum daran seine zwei Legionen, die seine Insel schützten dafür einzusetzen. Aber es gab schließlich noch sehr gute Verbündete von Aftermath, welche im Norden des Hauptkontinents ihr Reich aufgebaut hatten. Die Nation Eight Direction würde sich seinem Wunsch nicht widersetzen. Langsam ging er vom Fenster zu seinem Schreibpult und griff nach einer schwarzen Feder. „Es ist wohl Zeit die Geschicke des Krieges ein wenig zu beeinflussen,“ murmelte er.

Es war bereits später Abend als auch der letzte Hauptmann eingetroffen war. Das große Feuer in der Mitte der Halle knisterte fröhlich und umzüngelte das Holz, welches gerade nachgelegt worden war. Ein Dutzend Hauptleute und ein weiteres halbes Dutzend Krieger waren in der Halle verteilt und unterhielten sich leise. Immer wieder hörte man das leise „plonk“ von Zinnbechern mit denen angestoßen wurde. Für die heutige Versammlung war ein besonders guter Met geöffnet worden und niemand ließ sich diesen entgehen. Ruffles, Hauptmann der ersten Kohorte trank einen Schluck und schaute weiter ins Feuer. Die Glut glomm hell auf, als ein Diener weiteres Holz nachlegte. Er hatte keine Lust sich zu unterhalten. Ihm war klar worauf diese Versammlung hinauslief. Schon wieder ein neuer Krieg, fragte er sich. Konnte der große Krieg so schnell vergessen sein? Immer noch lagen viele Teile des Landes in Schutt und Asche, doch schon war wieder das Klirren von Stahl in den Tälern zu vernehmen.

Der alte König, der über der Halle auf seinem Sitz thronte, griff zu einem schweren aus Gold und anderen edlen Materialen gefertigten Hammer. Dreimal hämmerte er damit auf einen daneben stehenden Ambos. Er rückte den Pelz seines Umhanges etwas zurecht und streckte sich. In seinem Alter konnte selbst das Sitzen manche seiner Knochen in Unzufriedenheit stürzen. Es knirschte leicht in einem seiner Gelenke, dann saß er gerade. Grimmig lächelnd überblickte er die Halle. Alle Gesichter waren nun zu ihm gedreht. „Brüder! Nicht lange ist es her, da zogen wir in den großen Krieg. Es waren wahrlich große Schlachten. Oh jaa und wir schlugen uns heldenhaft. Große Taten wurden vollbracht und unsere Dichter und Barden werden noch lange von ihnen singen. Wer hätte gedacht, dass so schnell schon wieder der Stahl in der Welt singen würde.“ Er schüttelte den Kopf. „Nun, wir haben Freunde im Süden. Einst waren wir Verbündete im Kampf gegen den Feind. Nun versucht ein neuer Feind sie zu vernichten. JA, hört genau her meine Brüder. Das Haus der Frösche versucht unsere Freunde zu vernichten. Wir werden ihnen beistehen. Bei unserer Ehre, dass werden wir Brüder! Niemand soll gesagt haben die Crimson Brotherhood hätte zugesehen, wie Freunde in eine Schlacht gehen. Schon morgen werden ich die erste Kohorte entsenden um unsere Freunde zu unterstützen.“ Der Hammer des Königs brachte den Ambos erneut zum singen, dann brach lautes Gemurmel aus. Ruffles nahm einen tiefen Zug aus seinem Becher und ging dann aus der Halle. Der Morgen würde früh beginnen.


Tagebucheintrag von Gavin Darklighter

„Ich komme wirklich nicht mehr dazu diese Seiten zu füllen. Längst habe ich begonnen die wichtigsten Ereignisse knapp zu notieren um sie später niederzuschreiben. Ich denke die Expedition in dieses Land und die Gründung von Tanelorn werden dereinst ein großes Kapitel in den Geschichtsbüchern des Imperiums bilden. Vielleicht habe ich Gelegenheit einen Teil zu diesem Kapitel beizutragen. Dennoch, mir bleibt wenig Zeit hier alles niederzuschreiben. Ich hoffe nach unserer Rückkehr nach Aras’ wieder dieses Buch füllen können. Nun, wie die Zeit verrinnt. Der Feind wird bald wieder über Tanelorn hereinbrechen. Unsere Späher haben sie bereits ausgemacht und wir werden ihnen einen besonderen Empfang bereiten. Für die Ordnung!“


Wer anderen eine Grube gräbt

Mit einem Sirren flog der Bolzen auf den großen Krieger zu. Ein dumpfer Schlag und er kippte stöhnend nach hinten. Wütend blickte sich Malebolgia um. Gerade hatte ihn ein lausiger kleiner Schütze um einen Zweikampf gebracht. Mit einem weiteren ausladenden Hieb seiner Axt beendete er das Leben zweier weiterer Angreifer und grunzte zufrieden. Röchelnd brach einer der Warlocks des Feinds zusammen. Soviel zu der Macht der Gedanken dachte Constabler und verschwand schnell wieder im Schatten eines Gebäudes. Niemand hatte gesehen wie der Warlock gestorben war. Constabler lies seine Dolche einmal in der Hand rotieren und lächelte. Die Siegesgewissheit des Überfallkommandos bröckelte und wandelte sich plötzlich in Panik. Einige Angreifer wanden sich um und versuchten aus der Stadt Tanelorn zu entkommen. Elenora Darklighter schickte einen Blitz hinter ihnen her. Zwei der Flüchtlinge verschwanden in einer Rauchwolke und hinterließen nur zwei Häufchen Asche. Ein ungeordneter Rückzug des Feindes setzte ein. Tatsächlich gelang es einigen die Stadt zu verlassen und in die Wälder zu fliehen. Doch sie wussten nicht, dass man dort bereits auf sie gewartet hatte. Hufgeklapper kündigte die Rückkehr der Centauren an. Schlagfest Donnerhuf führte die kleine Gruppe an. Er machte vor Duncan Idaho halt und salutierte. „Sie sind uns nicht entkommen. Keiner von ihnen wird zurückkehren.“ Duncan nickte zufrieden. Dieser Überfall auf Tanelorn war weitaus blutiger gewesen. Zumindest für den Feind. Sie hatten sie erwartet und die kleine Stadt in eine Todesfalle für den Feind verwandelt. Langsam ging er zu einem der Getöteten und wischte an seiner Kleidung sein blutverschmiertes Schwert ab. Dennoch war es Zeit dem Feind eine wahre Lektion zu erteilen.

Die Kampfgruppen wanderten in lockerer Formation nach Norden. Wälder deckten ihren Vormarsch und Späher sicherten die Wälder. Kein Feind war zu sehen. Das Haus der Frösche wartete sicher noch auf die Rückkehr ihrer Überfallkommandos auf Tanelorn. Doch dieses Mal hatten sie sich mehr als eine blutige Nase geholt. Duncan Idaho ballte die gepanzerte Faust. Nach dem geplanten Überfall auf Afens Haven, zu dem sie aufgebrochen waren, würden sie sich Richtung Defiance aufmachen. Dort würde die große Schlacht stattfinden. Die Mehrheit der feindlichen Truppen war bereits in der Nähe von Defiance. Sie lagerten dort und warteten nur noch auf den Angriffsbefehl. Nun machte sich die Lage von Tanelorn bezahlt. Die perfekte Basis für einen Gegenschlag, den nach Defiance brauchte man aus dem Territorium der Frösche mehr als drei Tage, von Tanelorn nach Afens Haven waren es nur eineinhalb Tagesmärsche. Sie würden nach ihrem Überfall auf die Hauptstadt der Frösche die Strecke nach Defiance mittels Beschwörungen zurücklegen. So war es vereinbart. Der Imperator erwartete sie bereits.

Wie aus dem Nichts trat einer der Waldläufer aus dem Dickicht links von ihrem Weg. Ihre Tarnung war tatsächlich perfekt. Nicht nur einer der Krieger im Tross hatte sich bei dessen Auftauchen erschrocken umgesehen. Ljandon trat lächelnd an Duncan Idaho heran. Dieser winkte Molly Witchblade und Taker zu sich. „Nun Waldläufer, berichte,“ befahl er. Der Waldläufer schaute sich gemütlich um und lächelte versonnen. Einen Augenblick schien er einfach in den Himmel zu starren, erst dann begann er zu sprechen: „Nun, wir haben ein paar vereinzelte Frösche aufgeschreckt,“ berichtete er gemütlich und nestelte an einem Beutel, der am Gürtel verzurrt war, herum. „Und weiter?“ hakte Taker nach. Der Waldläufer öffnete den Beutel und griff hinein. Ein seltsames Geräusch war daraufhin zu hören. „Ja nun, wir haben Frosch lecken gespielt.“ Irritiert blickte Duncan zu Molly. Sie zuckte lächelnd die Achseln. „Frosch lecken?“ fragte Duncan. „Das Spiel der Waldläufer. Kennt ihr es nicht?“ Ljandon schien überrascht. Er zog etwas aus seinem Beutel heraus und hielt es Duncan hin. „Quaaak“ ertönte es direkt vor Duncans Nase. „Ein Frosch,“ stellte Duncan fest und schob Ljandons Hand beiseite. „Nun eigentlich eine Kröte. Jedes Mal wenn wir einen unserer Feinde zur Strecke bringen, lecken wir an unseren kleinen Freunden. In etwas so.“ Er nahm die Kröte zurück und lies seine Zunge einmal über die Rücken der Kröte fahren. Sofort weiteten sich seine Pupillen. Von der Iris war wenig zu sehen und ein breites Grinsen erschien auf des Waldläufers Gesicht. Duncan rollte mit den Augen. „Ah ja.“ Der Waldläufer zuckte etwas enttäuscht über das Unverständnis mit den Achseln. „Jedenfalls haben wir alle Feinde auf unserem Weg, ähm, entfernt.“ Taker nickte zufrieden. „Sehr gut, dann kann es ja weiter gehen.“ Er gab dem Tross ein Zeichen, dass die kleine Pause zu Ende war, die sich die Truppe während des Gesprächs gegönnt hatte. Duncan blickte dem Waldläufer nach, der gut gelaunt davon stapfte. Schließlich schüttelte er den Kopf. „Das müssen eine Menge erlegte Feinde gewesen sein.“

Es war ein guter Plan. Bigfoot sprach leise und ruhig zu den Kommandeuren der Nation. Er schilderte den Überfall und den restlichen Plan. Alle nickten zustimmend. Mit so etwas würde der Feind nicht rechnen. Sie erwarteten ein Opfer welches sich nicht mehr wirklich wehrte. Der Feind war sich seines Sieges zu gewiss. Das war seine Schwäche. Gerade als Krono das Wort ergreifen wollte um über die kommende Belagerung von Defiance zu sprechen, flog die Tür des kleinen Saales auf. Erzürnt wand sich Krono um, doch ein völlig außer Atem geratener Bote kam auf ihn zu und ließ in stumm bleiben. „Herr,“ schnaufte er. „Ich komme aus dem Norden. Es gibt gute Neuigkeiten.“ Nachdem der Bote alles geschildert hatte, begann Krono zu lächeln. „Na da sieh an. Die Nation Eight Direction, sowie die Crimson Brotherhood schicken Truppen. Sie durchreiten bereits das Gebiet der Frösche. Wir werden sie informieren, was wir morgen vorhaben.“

Sie schüttelten sich die Hände. Das vernarbte Gesicht des Hauptmanns der Eight Direction Kampfgruppe sah aus, als wäre eine ganze Kuhherde darüber getrampelt. Er bemerkte die fragenden Blicke unter den Männern der Ordnung und lächelte. „Eine Erinnerung an die Belagerung von Defiance,“ sagte er. Nach einem Augenblick der Stille wand er sich wieder zu Duncan Idaho. „Nun alte Zeiten. Wir werden Euch bei diesem Vorhaben unterstützen, aber nachdem die Stadt gesäubert ist, brechen wir unverzüglich auf nach Defiance.“ Duncan Idaho nickte. „Das genügt völlig. Es tut uns leid, dass wir nicht genügend Beschwörer besitzen, um Euch schnell nach Defiance holen können. Unsere Mittel sind begrenzt und wir wollen unseren Magiern nicht zuviel zumuten.“ Der Hauptmann nickte. „Ein kleiner Marsch, nach der Schlacht, tut meinen Männern sicher gut.“ Zwei Stunden später standen drei Eight Direction Kampfgruppen und zwei Kampfgruppen der Ordnung vor den Mauern der größten Stadt der Frösche. Der Abend brach herein und bot ihnen Deckung. Die Dämmerung wurde zu ihrem Verbündeten. Ihr Ziel hatten sie mit Bedacht gewählt. Wir würde es wohl wirken, wenn ein Überfall des so schwachen Feindes gerade auf die Hauptstadt des Reiches stattfand? Duncan Idaho blickte ernst und nickte Taker zu. Taker setzte seinen gehörnten Helm auf und hob die Hand. Die Truppen machten sich bereit.

Jaque lehnte müde an einer Innenmauer neben dem Tor. Noch zwei Stunden dann war Ablösung, überlegte er. Er ließ seine Gedanken schweifen und dachte an den bevorstehenden Abend. Das Glück, nicht an der Belagerung der Death&Honor Stadt beteiligt zu sein, bedurfte jeden Abend einer neuerlichen Feier. Der Feind wehrte sich wie ein verwundeter Wolf. Als ob es eine Chance gegen sie gäbe. Er schüttelte den Kopf. Aber bald würde dieses Ungeziefer zertreten sein. Jaque hatte mit angesehen als das Heer aus Afens Heaven ausgezogen war. Schon lange hatte man nicht mehr so eine Streitmacht gesehen. Seine Gedanken wanderten zu der Blonden in der Schenke am Osttor. Selig lächelnd bedauerte er, dass er erst in zwei oder drei Stunden dort sein würde. Mit diesen Gedanken endete sein Leben, als ein Dolch seine Kehle zerschnitt. Blut füllte seine Lunge und verhinderte das Schreien. Langsam mit den Händen an seinem Hals sackte er zu Boden. Constabler wischte seinen Dolch am Waffenrock des Opfers ab und steckte den Dolch wieder in den Gürtel. „Zu leicht“ überlegte er und schlich zum Tor. Keine weiteren Wachen waren zu sehen. Zwei Wachen auf dem Torturm und nur eine Torwache. Alle unaufmerksam. Niemand hatte seine Kletterpartie über die Mauer bemerkt. Constabler schüttelte den Kopf. Er würde die Frösche nie verstehen. Leise entriegelte er das Tor und zog es auf. Vor dem Tor warteten die restlichen Kämpfer. „Willkommen in Afens Heaven!“ flüsterte er und verneigte sich als ob ein ganzer Hofstaat vor im stünde.

Es dauerte nicht lange bis alle Gruppen in der Stadt waren. Erst fünf Minuten später begann Geschrei durch die Gassen zu hallen und Stahl auf Stahl zu erklingen. Man hatte sie entdeckt. Duncan Idaho lächelte grimmig. Ihm war es so lieber. Sich in der Nacht in die Stadt zu schleichen und den Feind im Schlaf zu überraschen war nicht die Art der Herren der Ordnung. Er gab seiner Kampfgruppe ein Zeichen und stürzte sich auf eine Gruppe Wachen, die gerade ihre Baracke verließen. Schlagfest Donnerhuf galoppierte durch die Gassen. In der linken Hand hielt er eine Fackel. Auf seinem Rücken hatte er ein Bündel mit weiteren Fackeln gebunden. Vor jedem Gebäude machte er halt und warf eine brennende Fackel auf die meist mit Stroh gedeckten Dächer. Die ersten Straßenzüge waren bereits in dicken Rauch gehüllt. Ein klirrender Hieb prasselte auf das Schild von Taker nieder. Sein Gegenüber brüllte seine Untergebenen zu sich, doch das Chaos war perfekt. Einige suchten ihr Heil in der Flucht, rannten aber direkt zwischen die Beine eines riesigen Minotauren der eine zweihändige Axt schwang. „Wer seit ihr? Was tut ihr hier?“ fragte der wild auf Taker eindreschende Kämpfer wütend, ohne sich bewusst zu sein, wie seltsam diese Frage klingen musste. Taker holte aus, parierte den letzten Hieb und ging zum Angriff über. Sein Schild krachte mit voller Wucht auf sein Gegenüber. Der bärtige Kämpfer, der die Stadtwache anzuführen schien, geriet ins Taumeln. Der Generalprotektor setzte nach und hämmerte ihm seinen Schwertknauf ins Gesicht. Ein hässliches Knirschen zeugte vom Bruch seiner Nase. Er taumelte weiter zurück und schrie seinen Schmerz heraus. Blut rann ihm über das Kinn. Taker setzte nach. „Nur die Hüter der Ordnung,“ antwortet der Generalprotekor und stieß sein Schwert in die Brust des Feindes.

Um Mitternacht standen große Teile der Hauptstadt Afens Heaven in Flammen. Dicke Rauchsäulen stiegen auf, doch noch immer wurde in einigen Winkeln der Stadt gekämpft. Die Bewohner waren allesamt geflohen. Eine echte Niederlage für das Haus der Frösche. Duncan Idaho schüttelte dem Hauptmann der neuen Verbündeten die Hand und verabschiedete ihn. „Es war mir eine Freude Euch auf unsere Seite zu sehen.“ Der hässliche Hauptmann lachte trocken. „Das kann ich mir vorstellen. Wollt ihr wirklich hier bleiben?“ Duncan Idaho nickte und grinste. „Die Stadt brennt, aber sie steht noch.“ „Ihr seit von der gründlichen Sorte was?“ Duncan nickte nur und antwortet: „Wir bringen die Ordnung.“

Langsam las Bigfoot die Zeilen der Nachricht. Afens Heaven war noch immer in den Händen der Herren der Ordnung. Die Stadt brannte. Der Feind war geschlagen und hatte sich vor die Stadt zurückgezogen. Unglaublich, überlegte Bigfoot. Es hatte ein kleiner Überfall sein sollen, doch nun begannen seine Kämpfer die Stadt zu schleifen. Duncan Idaho hatte eine Gruppe abgestellt und mit dem Abriss der ausgebrannten Gebäude begonnen. Und dies alles im Schutz der Mauern der Stadt. Die Truppen der Frösche mussten hilflos vor den Mauern zusehen. Jeder Angriff war bisher kläglich gescheitert. Das waren wirklich erstaunliche Nachrichten. Bigfoot lächelte und verließ sein Quartier. Er musste Krono davon berichten.


Die Schlacht um Defiance

Dünner Nieselregen ging an diesem Morgen auf Defiance nieder. Die Wolkendecke hing tief über der Stadt und schien nichts Gutes zu verheißen. Eine nasse Kälte durchzog die Stadt und niemand schien davon verschont zu bleiben. Jeder Versuch die Baracken für die Verbündeten Truppen aufzuheizen schien zu scheitern. Missmutig blickte Bigfoot auf den kleinen Holzofen in der Ecke. Konnte man nicht ein Feuerelementar in so einen Ofen sperren, fragte er sich. Der Ofen jedenfalls schien gegen die Kälte wenig ausrichten zu können. Aber nach dem Wind zu urteilen würde es gegen Mittag etwas aufhellen. Die Wolken würden Richtung Westen, auf die düstere Insel ziehen. Da gehört dieses miese Wetter auch hin, dachte Bigfoot und stand von seinem Arbeitstisch auf. In etwa zwei Stunden würden die Magier mittels Beschwörung die Truppen aus Afens Heaven abziehen. Die Stadt war an vielen Stellen niedergebrannt und nach mehr als zwei Tagen in der Hand der Herren der Ordnung gab es wenig, woran Rickard und seine Untertanen noch Freude haben würden. Für die geringe Größe der Kampfgruppen hatten sie gute Arbeit geleistet. Ein echter Denkzettel für den Feind. Leider hatte man nicht genug Zeit die Stadt vollständig zu vernichten. Defiance war wichtiger. Hier wurde jeder Mann gebraucht. Trotzdem war es ein schöner Erfolg nach der langen Serie von Niederlagen, überlegte Bigfoot. Er ging zu seiner Rüstung hinüber und betrachtete sie. Viele der Beulen und Scharten waren ausgebessert worden. Der Schmied verstand sein Handwerk. Nun hing seine imperiale Rüstung auf der Stafette an der Wand und wartete frisch poliert auf die nächste Schlacht. Nun, sie würde nicht lange auf sich warten lassen. Nicht weit von Defiance lagen mindestens zwei Legionen des Feindes bereit. Die letzten Tage hatten sie damit zugebracht, Holz in den Wäldern zu schlagen. Was sie daraus zimmerten war relativ klar. Sturmleitern und Belagerungsmaschinen. Es würde eine harte Schlacht um Defiance geben.

Er schlug die Augen auf und versuchte den rötlichen Wirbel, der immer noch vor seinen Augen tanzte zu vertreiben. Schon einige Sekunden spürte er wieder festen Boden unter den Füßen. Gavin fühlte sich unwohl bei dieser Ort zu Ort Beschwörung. Es war, als ob etwas den Bauchnabel anzog. Dann schien sich der Magen dreimal zu drehen und ein Troll mit Steinen Ball zu spielen. Im Magen versteht sich. Egal ob man die Augen schloss oder versuchte zu sehen was geschah. Plötzlich bildet sich um einen herum ein seltsamer Wirbel und man fiel. Es gab kein Oben und Unten, man schien zu schweben. Das hielt eine Weile an und man sah diesen rot-schwarzen Wirbel. Dann hatte man wieder festen Boden unter den Füßen und war im besten Fall am anderen Ende des Kontinents. In diesem Fall, als Gavin sich umblickte, in der Kathedrale von Defiance. Eine große Gruppe von Magiern und Heilern beschwor immer wieder den Ort zu Ort Zauber. Es schien als wollten sie noch vor dem Sonnenuntergang zehn Legionen in der Stadt haben. Leider hatten sie nicht so viele Krieger, dachte Gavin und nickte dem Heiler, der ihn beschworen hatte dankend zu. Man sah dem schweißnassen Heiler an, wie sehr diese Beschwörung ihn mitnahm. Er ging in einen anderen Teil der Kirche um sich kurz zu erholen. Nachdem Gavin zweimal tief Luft geholt hatte, packte er seinen Kriegshammer und verließ die Kathedrale. Auf dem Marktplatz unter den Blättern des Baums des Lebens herrschte reges Treiben. Ochsenkarren brachten Lebensmittel und andere Rohstoffe. Gavin erblickte mindestens drei Schmiede die umher gingen und die Schwerter der Krieger kontrollierten, ob nicht noch etwas zu verbessern war. Gavin lies seinen Blick weiter schweifen und musterte die Stadt. Es gab immer noch einige größere Lücken in der Mauer. Nur behelfsmäßig gesichert, in dem man einige Karren in die Lücke geschoben hatte. Nicht gut, schoss es Gavin durch den Kopf. Auch die meisten Baracken und Gebäude waren neu gebaut. Man sah, dass sie in aller Eile errichtet worden waren. Gavin zuckte mit den Achseln und wanderte über den Marktplatz. Erst einmal die eigene Truppe finden, überlegte er und hielt Ausschau nach Kriegern der Ordnung. „Gavin, hey hier her!“ rief es nach einer Weile über den Lärm hinweg. Gavin wand sich um und vernahm zuerst nur das Hufgeklapper eines Centauren. Nicht viel später bahnte sich Schlagfest Donnerhuf, der Centauren Prelat seinen Weg durch die Menge. Ihm gelang das sichtlich schneller als Gavin. „Willkommen in Defiance Gavin, wir sind da hinten,“ begrüßte Schlagfest ihn und wies zum südlichen Ende des Marktplatzes. Schlagfest bahnte ihnen einen Weg zurück und schon bald stand Gavin in einer kleinen Gruppe der Herren der Ordnung. Lächelnd klopfte Leander dem Neuankömmling auf die Schulter. „Ah, auch schon da. Wir dachten schon die Beschwörer hätten dich in Tanelorn vergessen.“ Gavin zuckte erneut die Achseln. „Es gab wohl wichtigere Personen, die nach Defiance geholt werden mussten.“ Leander grinste und musterte den jungen Krieger. „Ich sehe, du hast dich für eine neue Waffe entschieden“ und tippte auf den breiten Kriegshammer. Gavin nickte. „Ja, er liegt mir mehr und nun sagen wir, er hat einen durchschlagenden Erfolg.“ „Dann hoffen wir mal, dass sich dieser Erfolg einstellt,“ antwortete eine Stimme hinter Gavin. Molly kam in langer Robe zu ihnen und begrüßte sie. „Zumindest das Wetter ist besser geworden. Ich hoffe das ist ein Zeichen.“ „Ja ein Zeichen, dass der Feind bald angreifen wird,“ kommentierte Szador trocken, der ebenfalls zu ihnen stieß.

Gegen Mittag bezogen die Herren der Ordnung mit allen Truppen ihre Stellungen. Die Späher hatten berichtet, dass der Feind vor die Stadt zog. Die Karren an den Mauerlücken waren umgeworfen und mit schweren Holzbalken verstärkt worden. Gavin hatte das Gefühl, sie würden nicht lange halten. Neben Gavin schwang Kickerson seine Axt und lies sie zweimal um das Handgelenk kreisen. „Pass bloß auf mit dem Ding Großer,“ meinte Gavin unruhig und ging zwei Schritte zur Seite. Kickerson lachte. „Wenn das deine einzige Sorge ist. Schau dir diese armselige Barrikade an. Sie wird höchstens zwei oder drei Stunden halten. Zwei Stunden wird sich der Feind darüber kaputt lachen, dann wird er sie überwinden.“ Mit hochgezogener Augenbraue musterte er Kickerson. „Ein humorvoller Barbar? Beim Allvater, wo bin ich hier gelandet,“ ächzte er und nahm seinen Kriegshammer in die Rechte.

Schwere Kriegstrommeln hallten über die Stadt. Bald war es soweit. Der Feind nahm bereits Aufstellung. Mit ein paar letzten Handgriffen zurrte Bigfoot seine Plattenrüstung fest und setzte den Helm auf. Er lies sein Schwert zweimal um das Handgelenk kreisen. Dann trat er aus der Baracke und ging zu seinen Kriegern. Molly Witchblade stand vor den Kriegern und ordnete die Linien. Ihr grünes Gewand leuchtete in all der tristen Umgebung regelrecht auf. Trotzdem würde sich sicher nicht jeder sofort auf sie stürzen. Als Bigfoot näher kam sah er, dass in ihren Augen ein regelrechtes Feuer zu lodern schien. Er nickte ihr aufmunternd zu und trat vor die Truppe. „Herren der Ordnung! Hört Euren Imperator! Nicht lange ist es her, dass wir als kleine Streitmacht an diesen Küsten gelandet sind. Mit nur einer Hand voll Kriegern der Ordnung errichteten wir ein neues Bollwerk in diesem Meer aus Chaos. Tanelorn, nannten wir diesen Hort des Friedens. Nun seht, vor der Stadt wartet wieder einmal das Chaos. Es mag einen anderen Namen tragen. Doch das Ziel ist Zerstörung und Tod! Wir wollen diesem Land die Ordnung bringen. Rund um Tanelorn ist dies gelungen. Unseren Verbündeten ist dies ebenfalls gelungen. Die Nation von Death&Honor schuf Ordnung im Süden.“ Er machte eine Pause und blickte über seine Männer. „Doch nun? Der Feind wartet vor dieser Stadt. Das Chaos wartet vor dieser Stadt. Sie bringen alles das, was wir vernichten wollen. Hier,“ er hob seine Stimme und rammte sein Schwert in den Boden,“ entscheidet sich das Schicksal dieser Nation, dieser Stadt. Ja des ganzen Südens. Hier entscheidet sich auch das Schicksal von Tanelorn. Lasst die Ordnung als Sieger hervorgehen. Mit Blut, Stahl und Speer. Ein Tag des Allvaters, ein Tag für die Ordnungsstreiter. Ein Tag an dem das Chaos weichen wird!“

Jubel hob sich über die Truppe und viele Waffen wurden in die Höhe gehoben. Das Banner der Ordnung wurde zwischen ihnen aufgepflanzt. Die Kommandanten übernahmen die Schlachtlinien. Ein dumpfes Horn dröhnte über das Feld und kündigte die erste Welle des Feindes an. Die zweite Reihe also, dachte Gavin und blickte sich um. Aufgrund seiner noch geringen Kampferfahrung hatte man ihn in die zweite Linie gesteckt. Hinter ihm bildeten die Heiler eine dritte Linie und machten sich bereit mit ihren Zaubern die Krieger zu unterstützen.

Erster Kampflärm wehte über die Stadt. Der Feind griff an einer anderen Mauerlücke an. Doch die Bogenschützen hinter den Barrikaden erstickten den ersten Angriff im Hagel ihrer Pfeile. Gavin blickte sich um. Hier gab es nur wenige Bogenschützen. Er packte seinen Kriegshammer fester. Bogenschützen links und rechts der Mauerlücke begannen hektisch ihre Pfeile zu verschießen. Doch ihr Feuer wurde erwidert. Ein großer Feuerball fegte auf der linken Mauer drei Bogenschützen hinweg. Die verkohlten Überreste schlugen rauchend neben den Barrikaden auf. „Aaaaaachtung! Haltet die Barrikade!“ rief Duncan Idaho. Eine Kampfgruppe empfing die ersten Feinde, die versuchten die Barrikade zu überwinden. Speere fuhren hervor und spießten sie auf. Ein Hagel aus Pfeilen war die Antwort und einige Verteidiger gingen schreiend in die Knie. Gavin reckte sich, konnte aber nur wenig sehen. Noch spielte sich die Schlacht vor allem zwischen Bogenschützen und Fernmagiern ab. Ein magischer Blitz schlug nun auf der rechten Mauer ein und zerschmetterte die dort stehenden Bogenschützen. Zwei weitere Feuerbälle vollendeten das Werk. Es gab nun niemanden mehr, der die Feinde auf Distanz hielt. Gavin sah wie die Barrikaden erzitterten. Flammen schlugen hoch als ein Feuerball Teile des Holzes entzündete. Dann kehrte Stille ein.

Es dauerte eine Weile, dann ertönte erneut ein Horn. Das Klirren von Schwertern ertönte von anderen Stellen der Stadt. Doch ein seltsames Sirren erfüllte an diesem Abschnitt die Luft. „Schilde HOCH!“ rief Bigfoot und alle folgten seinem Befehl. Wie ein Schwarm Heuschrecken erschienen Pfeile über ihnen und hagelten auf sie hinab. „Oben halten!“ befahl Bigfoot. Gavin blickte geduckt um sich. Nur wenige hatte es erwischt. Aber auf Dauer würden solche Peilhagel ein Problem werden. Doch ein neues Geräusch war in der Luft zu hören. Ein Pfeifen oder Rauschen. Gavin blickte nach oben und sah einen großen Stein auf sich zukommen. Hastig sprang er zur Seite und entkam dem einschlagenden Stein nur knapp. Wie ein kleines Erdbeben kam es ihm vor, als der Stein neben ihm die weiche Erde aufriss. Mit dumpfen Einschlägen hagelte es weitere Steine. Die meisten trafen die Barrikade. Holz splitterte, Balken flogen umher. Ein heraneilender Bote der Death&Honor wurde von einem der Steine erschlagen. Sein Schild hatte nicht viel ausrichten können. Völlig zerschmettert lag es neben ihm. Nun war es soweit dachte Gavin. Und er hatte Recht. Nachdem sich wieder Stille über ihren Abschnitt gelegt hatte hörte man nur wieder Kriegstrommeln. Sie rückten an. Noch bevor überhaupt die Kämpfe an den zertrümmerten Barrikaden begannen, sah Gavin die erste Welle des Feindes. Mindestens zwanzig riesige Minotauren stampften mit schweren Äxten und Hämmern auf sie zu, so schnell sie konnten. Vereinzelt trafen sie Pfeile, von den eiligst herbeorderten Bogenschützen. Doch es waren zu wenige. Sie brachen sie einfach ab ohne auch nur zu grunzen. Wie eine schwarze Wand von Riesen stürmten sie auf die die Barrikaden. Die Hälfte blieb zurück und schob die Überreste beiseite, die andere Hälfte überwand das Hindernis mühelos. Nun begann die Schlacht wirklich.

Es war wie ein Summen von tausend Bienen als Molly Witchblade ihren Zauber beendete. Mehrere Kugelblitze formten sich um ihre Hände und umkreisten sie. Sie blickte grimmig darauf und schleuderte sie auf die Minotauren. Jaulend ging einer von ihnen in die Knie, das Fell verschmort und rauchend. Auf so eine Chance hatten die Verteidiger gewartet und stürzten sich auf ihn. Mehrere Speere und Schwerter durchbohrten den Körper des Minotauren. Die Zauberweber brachten die Wende. Die Minotauren wurden von Feuerbällen, Blitzen und anderen magischen Attacken in die Defensive gedrängt. Die verbliebenen Verteidiger der ersten Linie, geschützt durch die heilenden Kräfte der Heiler, setzten ihnen nach. Gavin blickte erleichtert auf die sich zurückziehenden Minotauren. Diese Kolosse waren ein erschreckender Feind und perfekt für einen Sturmangriff. Nun ihr Hauptziel hatten sie auf jeden Fall erreicht. Die Barrikaden waren zerstört oder zur Seite geschoben. Eine große Lücke klaffte nun darin. Eine regelrechte Einladung für den Feind. Doch momentan machten die Verteidiger die hinter den Mauern verbliebenen Angreifer nieder. Dank den Heilern waren die Verteidiger klar im Vorteil. Aus den Augenwinkeln sah Gavin eine Bewegung als er den Kampf beobachtete. Als er sich dahin umwand, war nichts zu sehen. Stirnrunzelnd wand er sich wieder dem Kampf an der Mauer zu. Einerseits war es ihm recht hier hinten zu stehen, aber er kam sich dabei nicht wirklich gut vor. Seine Kameraden kämpften dort vorn und er stand hier und schaute zu. Plötzlich aufwallendes Geschrei hinter ihm, lenkte ihn ab. Ein Heiler lag verletzt am Boden, zwei weitere hatten schreiend ihren Posten verlassen. Ein Assasin schoss es Gavin durch den Kopf. Er packte seinen Hammer und lief zu den Heilern. Zusammen mit einem Centauren suchte er die Gegend ab. Konnte aber niemanden entdecken. Sie hatten den Assasin wieder in die Schatten vertrieben. Die Heiler kehrten auf ihre Plätze zurück und der Verletzte war durch Magie wieder genesen. Es hätte schlimmer ausgehen können. Unsicher blickte Gavin sich um, doch der Assasin schien sein Glück an einer anderen Ecke der Stadt zu versuchen.

Keiler lachte kehlig und hieb dem letzten Minotauren mit seiner Doppelaxt in die Flanke. Grunzend ging er zu Boden. Keiler setzte mit einem weiteren Hieb nach und beendete den Kampf endgültig. Um ihn herum war es schon länger still geworden. Der Kampflärm war verstummt. Nur dieser eine sture Minotaure hatte seine Position nicht aufgeben wollen. Der Feind hatte sich zurückgezogen, doch die Barrikaden waren nicht mehr zu reparieren. Duncan Idaho blickte prüfend um sich. Die Verluste hielten sich trotz allem in Grenzen. Mit ein paar knappen Befehlen ordnete er die erste Verteidigungslinie neu. Der nächste Angriff würde hart werden. Hoffentlich konnten sie sich halten. Er wand sich zu den Zauberwebern um. Molly nickte ihm aufmunternd zu, doch auch in ihren Augen konnte er lesen, dass sie zu wenige waren. Für neue Barrikaden war es zu spät. Nun würden die Parteien direkt aufeinander prallen.

Die Kampfpause zog sich hin und lähmendes Schweigen legte sich über die Stadt. Auch die anderen Kampfabschnitte hatten sich letztlich halten können, aber es sah wenig besser aus als hier. Einige Soldaten teilten Wasser und ein wenig Brot aus. Heiler kümmerten sich um die schwerer Verletzten und brachten sie in eines der kleinen Gebäude. Einige Krieger standen in Grüppchen zusammen, doch niemand sprach ein Wort. Gavin lehnte an einer der Schmieden und blickte in den Himmel. Das Warten war schlimmer als eine Horde Minotauren. So hatte er sich eine Belagerung weniger vorgestellt. Die Langeweile würde auf Dauer wohl ein weiterer Feind werden, sollten sie heute nicht wieder angreifen. Doch auf diesen Verbündeten verzichteten die Frösche. Ihre Zahl war groß und so rauschten schon bald wieder die Geschosse der Trebuchets durch die Luft. Einige schlugen auch bei den Herren der Ordnung ein, doch hier waren die Barrikaden schon zerstört und man bereitete sich auf die zweite Angriffswelle vor. „Auf die Positionen!,“ rief Bigfoot. „Bildetet eine Reihe. Schilde nach vorn. Der zweiten Reihe nützen sie nichts. Los, los, los!“ Die zweite Welle war wie eine gewaltige Flut die über die Verteidiger hinweg brandete. Kaum das der Feind hinter den Mauern der Stadt war, drängte er die erste Linie zurück bis sie mit der Zweiten verschmolz. Ihre schiere Masse drückte die Linie immer weiter ein. Die Meisten die ein Schild trugen, benutzten es kurze Zeit später als Ramme um den Feind zurück zu drängen. Mit einem lauten Schrei stürmte eine Gruppe unter dem Kommando von Taker vor und versuchte in die Flanke des Feindes zu drängen. Doch sie kamen nicht weit, denn immer neue Krieger des Feindes stürmten durch die Lücke und keine zwei Minuten später stand Taker mit seiner Gruppe wieder dort, wo sie begonnen hatten. Bigfoot blickte sich um und sah die Aussichtlosigkeit der Lage. Zwei andere Lücken in der Mauer, weiter im Norden waren schon in der Hand des Feindes. Erste Krieger der Frösche tauchten in ihrem Rücken auf. Es nutzte nichts mehr wenn sie weiter standhielten. „Rückzug! Zum Baum! Geschlossene Formation!“ rief Bigfoot über den Kampflärm hinweg und seine Hauptleute wiederholten seinen Befehl. Gavin hätte den Befehl beinahe nicht gehört. Zu beschäftigt war er mit einem Elf der immer wieder seinem schweren Kriegshammer auswich. Erst der Energieblitz aus den Händen von Molly beendete das irrwitzige Spiel sehr effektvoll. Gavin griff nach einem Schild auf dem Boden. Sein eigenes hatte er wütend beiseite geworfen, als er den Elf beim fünften Hammerschwung nicht getroffen hatte. Nun rannte zu der sich bildenden Formation. Die Truppen bildeten eine provisorische Schildkrötenformation um sich zurück zu ziehen. Der feindliche Kommandant witterte eine Falle und hielt seine Krieger zurück. Ein großes Glück für die Ordnungsstreiter, denn sich in Formation durch solch eine Horde zu kämpfen wäre selbst Veteranen schwer gefallen. Erst spät realisierte der Kommandant, dass die Verteidiger lediglich abzogen um sich neu zu Gruppieren. Seine hastig gegebenen Befehle störten die Herren der Ordnung wenig, da sie bereits zur Hälfte am Baum des Lebens angelangt waren. Es herrschte Chaos. Überall hasteten Heiler umher. Kaum jemand wusste noch wo der eigene Hauptmann stand und ob er überhaupt noch am Leben war. Die Herren der Ordnung hatten sich noch am besten zurückziehen können. Die Inkompetenz des feindlichen Kommandanten hatte viele Leben gerettet. Einige Death&Honor Hauptleute versuchten das Chaos zu ordnen, hatten dabei aber wenig Erfolg. Viele Gruppen kämpften noch immer verstreut in der Stadt, anstatt sich zu sammeln. Bigfoot befahl seinen Kriegern sich erst einmal zu erholen und hier zu warten.

Bigfoot ging zu seinen Kommandanten. Duncan versuchte gerade halbgeronnenes Blut aus seinem Gesicht zu wischen, das aber offensichtlich nicht sein eigenes war. Molly und Taker diskutierten, was als nächstes zu tun war. „Wir müssen aus der Stadt,“ stellte Bigfoot fest, als sich die Augen seiner Untergebenen auf ihn richteten. Duncan nickte zustimmend. „Ja, wenn wir hier bleiben, werden wir eingekesselt. Auch wenn es für den Feind sehr blutig wird jedes Haus, jede Baracke einzeln zu erobern ist es mir hier zu eng.“ „Du hast Recht Duncan. Die Gassen sind eng und es bieten sich viele Möglichkeiten für Hinterhalte. Aber auf Dauer können wir die Stadt so chaotisch nicht halten. Macht alle zum Abmarsch bereit. Wenn die Stadt der Ambos ist, auf den die Frösche gerade anrennen, sollten wir der Hammer sein, der sie trifft und zerquetscht.“

Krono schrie wütend einen seiner Kommandanten an, als Bigfoot zu ihm trat. Er schickte ihn kurzer Hand weg und wand sich zu Bigfoot. „Die Verluste sind grässlich. Aber wir halten die Gassen und die Hauptstraße zur Stadtmitte. Was gibt es?“ „Die Herren der Ordnung werden sich aus der Stadt zurückziehen und von außen einen Gegenangriff starten,“ erklärte Bigfoot seinen Plan. Krono nickte. „Ich gebe Euch einige meiner Männer mit. Lange können wir hier nicht mehr aushalten, wenn nichts geschieht. Das Manöver könnte uns nutzen.“ „So sei es denn. Haltet aus.“ Beide Anführer schüttelten sich die Hände und trennten sich daraufhin. Als Bigfoot zu seinen Hauptleuten zurückkehrte, erwarteten diese ihn bereits. „Alles ist bereit,“ meldete Taker. „Wir können jederzeit abrücken.“ Bigfoot nickte. „Wie ist die Lage? Krono meinte die Gassen würden gehalten.“ Mit ausgestecktem Arm wies Duncan auf die Hauptstraße. „Das ist das Hauptproblem. Immer mehr Feinde drängen dort aus den Außenbezirken zu uns. Ansonsten scheinen die Gassen des Innenbezirks in unserer Hand zu sein.“ „Der Rückzug über die Hauptstraße scheidet natürlich aus,“ mischte sich Molly ein. „Wir müssen uns aufteilen und uns den Weg über die Gassen freikämpfen.“ Bigfoot nickte zustimmend. „Gut, wir teilen uns in drei Gruppen auf. Wir nehmen die drei südlichen Gassen die direkt zum Südtor führen. Das Tor ist angeblich noch nicht vom Feind besetzt. Dort können wir aus der Stadt weichen.“

„Warum ziehen wir ab,“ fragte Gavin seinen Nebenmann als sie sich langsam durch die Gasse bewegten. Dicker Qualm zog durch sie hindurch und erschwerte die Sicht. Das einzige Licht das bis auf das Kopfsteinpflaster gelangte, war der Schein von brennenden Gebäuden. „Keine Ahnung was sie vor haben,“ grummelte es neben Gavin. Erst auf den zweiten Blick erkannte er Kickerson. Seine zerbeulte Rüstung zeugte von einem harten Kampf. Inzwischen trug er einen Dreschflegel als Waffe. Gavin war es ein Rätsel wo er diesen aufgetrieben hatte. Kickerson bemerkte den Blick und grinste. „Sie kamen in solchen Massen, da brauchte ich etwas für eine größere Anzahl.“ Gavin schüttelte den Kopf und lachte. Immer noch war es ruhig vor ihnen. Von den Nachbargassen erklang lauter Kampflärm. Ungefähr auf der Höhe auf der sich auch Duncan Idaho mit seiner Gruppe befand. Er blieb stehen und versuchte den dicken Qualm mit seinem Blick zu durchdringen. Aber er sah nur wenige Meter weit. Wenn sie Pech hatten rannten sie geradewegs in eine Armee des Feindes. Wie aus dem Nichts tauchte neben Duncan eine Gestalt aus den Rauchschwaden auf. Schwarz gekleidet, das Gesicht unter einem Cape verdeckt, war es perfekt getarnt in all dem Qualm und Rauch. Duncan zuckte zusammen und hob sein Schwert. Doch dann erkannte er Constabler. „Mensch, mein Herz. Wo kommst du her?“ Der Assasin lächelte verschlagen und hob seine beiden, blutverschmierten Dolche. „Ich habe einige unerwünschte Besucher getroffen, als ich versuchte zur Stadtmitte zu kommen.“ „Ist die Gasse frei?“ Der schwarz gekleidete Mann nickte und blickte auf seine Dolche. „Jetzt schon.“ „Na da haben wir aber Glück gehabt,“ kommentierte Kickerson trocken, als die Gruppe über eine weitere Leiche stieg, die quer auf der Gasse lag. Anscheinend hatte der Assasine die komplette Gasse im Alleingang aufgerollt. Der Weg zum Südtor war frei.

Die drei Gruppen sammelten sich vor dem Südtor, doch leider war es nicht wie erwartet frei. Die Verteidiger schienen noch die oberste Ebene zu halten, aber der Feind besetze die Tore. Kurzerhand stürmten die Herren der Ordnung den Torturm und nahmen so die Angreifer in die Zange. Es dauerte nicht lange, da waren die Verteidiger des Turmes befreit. Sie schlossen sich dem Ausbruch an, froh erst einmal aus der Stadt zu kommen. Wenige Minuten später sammelte man sich in einer kleinen Senke etwa fünf Fußminuten von der Stadt entfernt. Neben den Herren der Ordnung fanden sich noch zwei weitere Gruppen ein. Bunt zusammengewürfelt aus Verteidigern und deren Alliierten hatten diese sich ebenfalls aus der Stadt zurückgezogen und waren dann auf Boten gestoßen, die sie zum Sammelpunkt lotsten. In der Stadt tobte weiterhin ein Kampf um jede Gasse und jedes Haus. An vielen Stellen fraßen sich Feuersbrünste durch die Viertel. Dicke Rauchschwaden stiegen aus der Stadt auf. Die Hauptstraße war laut letzten Berichten aber inzwischen gefallen und die Frösche drängten auf das Zentrum zu. Krono hatte sich angeblich mit einigen Kämpfern in der Kathedrale verschanzt. Taker und Duncan organisierten die Gruppen neu. Als dies erledigt war, erörterten die Hauptleute mit Bigfoot den Plan für den Gegenschlag. Bigfoot zeichnete den ungefähren Umriss von Defiance in die lockere Erde. „Wir sind hier im Süden. Der Feind ist zwar in der Übermacht, aber er hat sich in den Gassen der Stadt verloren. Seine Kraft ist nur an der Hauptstraße konzentriert. Das werden wir nun für uns nutzen. Niemand rechnet mehr mit einem Gegenangriff. Schon gar nicht von Außen.“ Der Imperator zeichnete mit einem Stock einen Pfeil durch das Südtor. „Die zwei Kampfgruppen der Herren der Ordnung kehren durch das Südtor zurück und drängen so schnell als möglich zum Zentrum. Krono wird Hilfe brauchen wenn er sich in der Kathedrale verschanzt hat.“ Mit zwei Pfeilen markierte er die anderen Gruppen. „Die beiden anderen Kampfgruppen werden jeweils von Südwesten und Südosten in die Stadt eindringen. Die Lücken in den Mauern dürften kaum bewacht sein. Sicherlich haben die Frösche alle ihre Truppen im Zentrum massiert.“ Bigfoot zeichnete die Pfeile weiter bis sie sich im Zentrum trafen. „Wir werden sie aus der Stadt verjagen. Ihnen wird nicht klar sein was geschieht wenn wir von drei Seiten auf sie stürmen.“ Die Hauptleute der alliierten Kampfgruppen nickten ebenso wie Duncan, Taker und Molly. Der Plan war gut. Doch Bigfoot war bewusst, dass sie nicht genügend Truppen hatten, um einen dauerhafte Rückeroberung der Stadt zu erreichen. Er schwieg einen Augenblick, als ein Bote zu ihnen gerannt kam. „Mein Imperator! Ich bin auf drei Kampfgruppen von Eight Direction gestoßen, als ich nach versprengten Truppen gesucht habe. Sie haben soeben das Schlachtfeld erreicht.“ Bigfoot lächelte. „Ich glaube das Glück hat sich zu unseren Gunsten gewendet.“

„Raus, dann wieder rein. Ja was denn nun?,“ maulte Kickerson und blickte sich um. Das Südtor war noch immer verlassen. Vermutlich hatte der Kommandant der Angreifer auch andere Sorgen als ein unwichtiges Tor zu sichern. Der Feind wollte das Stadtzentrum erobern und möglichst den Führer der Nation, Krono, gefangen nehmen. Sie wussten genau, dass er sich nicht zurückziehen würde. Die Rauchschwaden hatten sich etwas verzogen und man konnte die Gassen vor ihnen sehen. Immer noch brannten viele Häuser, aber immerhin konnte sich dort kein Feind verstecken, überlegte Gavin. Er wog seinen Kriegshammer in der Hand. Sie würden sich wieder aufteilen müssen um die Gassen zu sichern. Schließlich wollten sie dem Feind in den Rücken fallen, einige Frösche plötzlich selbst im Rücken zu haben, konnte da sehr ungemütlich werden. Langsam tasteten sie sich vor. Doch die Gassen lagen still da. Nur aus der Ferne hörte man das Klirren von Stahl und die Schreie von Verwundeten. Hier war nur das laute Knistern der brennenden Gebäude zu hören. Sie stiegen über die Leichen, die sie schon auf ihrem Rückzug passiert hatten. Die Spitze hatte Duncan Idaho übernommen. Leicht geduckt und scheinbar jederzeit zum Kampf bereit ging er langsam die Gasse entlang. Der Effekt wurde allerdings etwas durch Malebolgia geschmälert. Der riesige Minotaure verzichtete darauf sich in irgendeiner Form zu ducken. Er stampfte einfach hinter seinem Kommandanten her und schnaubte ab und zu laut auf. Gavin musste unwillkürlich schmunzeln bei diesem Anblick. Nun im Grunde hätte es sicherlich auch wenig Sinn gehabt, wenn sich so ein Riese versuchte zu ducken.

Wieder donnerte die Ramme gegen das Tor. Feiner Staub rieselte aus den Wänden um das Tor. Die Balken, die man zur Verstärkung hinter das Tor geklemmt hatte, ächzend bedrohlich. Krono blickte sich um. Nur etwa zwei Dutzend seiner Männer hatten es geschafft. Mehr waren nicht geblieben. Sicher, dort draußen in der Stadt gab es weiterhin überall Scharmützel. Aber das änderte nichts daran, dass die Schlacht fast verloren war. Er hatte einen Mann aufs Dach geschickt. Was er berichtete war nicht gerade positiv. Die Stadt war nun fast völlig in der Hand der Frösche. Das es noch Kämpfe gab, konnte man eigentlich nur vermuten, aber immer wieder herumeilende Kampfgruppen schienen das zu bestätigen. Immerhin beschäftigten sie sich nicht alleine mit dieser letzten Zuflucht. Ein erneutes Donnern und ein noch lauteres Knirschen der Balken lies Krono aus seinen Gedanken zurückkehren. „Nicht mehr lange,“ sagte er. „Macht Euch bereit!“ Seine Gefährten sammelten sich vor und seitlich des Tores. In ihren Augen war die Verzweiflung zu lesen. Sie hatten alles versucht, doch der Feind war mächtiger gewesen. Noch immer saß Kinmaul auf dem Dach der Kirche und blickte über die Stadt. Von unten hörte er das Dröhnen der Ramme. Bald würden sie durchbrechen. Er schaute zum Baum des Lebens. Die ersten Feinde hatten sich daran gemacht ihn zu fällen. Die magische Kraft des Baumes verlieh ihm Stärke, doch gegen die Hämmer und Äxte konnte er natürlich auf Dauer nicht bestehen. Dann würde das Ende der Stadt besiegelt sein. Ohne den Schutz eines Baumes war diese Stadt nur noch ein weiteres Ruinenfeld. Plötzlich lächelte Kinmaul. Ihm war ein Gedanke gekommen. Von hier aus konnte er mit seiner Magie die Runen des Baums erreichen. Er entspannte sich und streckte seine astralen Fühler aus. Unbemerkt von den Feinden glommen zwischen den Wurzeln des Baumes einige Runen auf. Kinmaul lächelte. Mit einem besonderen Zauber spendete er dem Baum neue Kraft. Wie durch ein Wunder heilte der halb gefällte Baum wieder, seine Rinde schloss sich noch ehe die Axt aus dem Holz gezogen war. Flüche und Verwünschungen bestätigten Kinmauls Erfolg. Er hielt den Kontakt weiter aufrecht und wiederholte die Prozedur. Das würde ihnen vielleicht etwas Zeit geben.

Gavin lugte aus einem verlassenen Haus. Kein Feind in den Gassen. Nun wusste er warum. Der zentrale Marktplatz schien ein Wespennest geworden zu sein. Unzählige Krieger versuchten den Baum des Lebens zu fällen, schienen dabei aber einige Probleme zu haben. Eine weitere größere Gruppe versuchte mit einem Rammbock in die Kathedrale zu gelangen. Also hielt sich Krono immer noch. Er zog sich vom Fenster zurück und ging einen Raum weiter. „Duncan, wenn wir angreifen, dann jetzt. Sie sind voll auf beschäftigt,“ riet er dem Kommandanten. Duncan nickte. „Noch einen Augenblick. Wir müssen uns abstimmen. Die Gruppen von Westen und Osten sind noch nicht da.“ Duncan wand sich zu einem der Zauberweber um. „Nun?“ Der Magier schloss die Augen einen Moment, dann nickte er ebenfalls. „Sie sind angekommen.“ Duncan packte sein Schwert und ging voran. „Dann los.“

Kinmaul schnaufte erschöpft. Lange würde er das nicht mehr durchhalten. Seine Reserven schwanden dahin. Er warf einen Blick auf den Marktplatz unter sich. Sie hatten etwas Zeit gewonnen und sogar das Tor unter ihm hielt noch. Geschrei und lautes Geklirr lenkte seinen Blick zum Rand es Platzes. Eine Kampfgruppe drängt von Süden her auf den Platz. Sie warfen sich mit einem lauten Kriegsschrei in die unvorbereiteten Reihen der Frösche. Völlig aufgelöst und überrascht wichen diese zurück. Gegenwehr gab es kaum, die Truppen hatten sich auf den Baum des Lebens konzentriert. Weiterer Kampflärm ließ Kinmaul seinen Blick nach Osten und Westen wenden. Dort geschah das Selbe. Fast zeitgleich waren die Kämpfer auf den Platz gedrängt und umschlossen nun den Feind. Kinmaul kappte seine Verbindung zum Baum des Lebens und lief die Wendeltreppe nach unten um Krono davon zu berichten. „Räumt die Balken weg. Ich will dort draußen sein!“ rief Krono und schwang sein Schwert. Ein lautes Lachen entwich ihm. Mit einem Poltern rissen seine Männer das Tor auf und stürmten nach draußen. Das Blatt hatte sich gewendet. Der überraschende Angriff hatte den Feind hart getroffen. Unter schweren Verlusten zog er sich nach Norden zurück. Es dauerte nicht lange da war das Zentrum wieder befreit. Die Frösche zogen sich hastig über die Hauptstraße zurück. Auf ihrem Weg aus der Stadt würden sie immer wieder aus den Seitengassen von kleinen Gruppen der Death&Honor attackiert, die sich dort versteckt hatten. Mit jeder Attacke wuchs die Panik und endete schließlich in Chaos. Wie ein reißender Strom flohen die Frösche aus der Stadt, verflogt von den Death&Honor Kriegern und ihren Verbündeten.

Spät am Abend hielten die Führer der Nation ein kleines Treffen ab. Es wurde edler Wein gereicht um den Sieg zu begießen. Zur Erheiterung aller berichtete einer der Hauptleute seine Beobachtung gegen Ende der Schlacht. Verzweifelt hatte Rickard, Anführer der Frösche, versucht seine Truppen zum Bleiben zu bewegen. Doch jegliche Ordnung war aus ihnen gewichen und kaum einer folgte seinen Weisungen. Eine anrückende Gruppe der Herren der Ordnung hatte ihn schließlich dann ebenfalls zur Flucht gezwungen. Was nach der Beschreibung des Hauptmannes sehr unwürdig von statten gegangen war. Lautes Gelächter hallte durch den kleinen Saal, der wie durch ein Wunder unversehrt geblieben war. Bigfoot und Krono stießen derweil auf den Sieg an. Die Zinnbecher klapperten und beide nahmen einen großen Schluck. „Ein guter Tropfen,“ meinte Bigfoot und blickte in seinen Becher. „Ich habe ihn für einen besonderen Zeitpunkt aufbewahrt. Dieser Tag schien passend zu sein“ Bigfoot lächelte. „Allerdings. Ein großer Sieg für uns.“ Krono blickte etwas wehmütig. „Nur zu welchem Preis. Die Stadt liegt praktisch in Schutt und Asche.“ „Afens Heaven auch. Vergesst das nicht. Das Haus der Frösche hat sich mehr als eine blutige Nase geholt. Ihre Hauptstadt ist eine Ruine. Außerdem werden in den nächsten Tagen weitere Truppen von Aftermath zu uns stoßen.“ Krono lachte. „Unverbesserlicher Optimist. Die Herren der Ordnung verdienen einen Ehrenplatz in unserer Nation. Heute habt ihr das unmögliche vollbracht.“ Bigfoot schüttelte den Kopf und lächelte. „Das waren wir alle. Jeder Einzelne hat zum Sieg beigetragen. Nicht nur eine Gilde.“ Sie stießen erneut an und tranken. „Hoffen wir, dass dies der Wendepunkt in diesem sinnlosen Krieg war,“ meinte Krono als Duncan den Saal betrat und direkt auf Bigfoot zukam. „Verzeiht, dass ich störe. Aber es gibt Neuigkeiten aus Tanelorn.“ „Während wir hier in Defiance beschäftigt waren hat ein kleines Überfallkommando Tanelorn einen Besuch abgestattet. Sie konnten vertrieben werden, aber sie haben einen Zauber gewirkt. Ein Bann Zirkel wurde auf unseren Baum des Lebens gelegt. Übermorgen wird er seine übernatürliche Stärke verlieren und angreifbar sein. Jeglicher Schutz für unsere Gebäude ist dann ebenfalls dahin,“ berichtete Duncan. „Sie wollen sich für ihre Hauptstadt revanchieren,“ vermutete Bigfoot. Einen Augenblick war es still zwischen den Beiden. Dann blickte der Imperator auf. „Gut, lasst die Truppen in zwei Stunden aufbrechen. Versucht so viele wie möglich nach Tanelorn beschwören zu lassen. Ich kümmere mich um Verstärkung.“ Duncan nickte und verließ den Saal wieder. Bigfoot wand sich wieder an Krono und blickte ihn an. „Ich fürchte nun werden wir Eure Hilfe benötigen.“


Die Verteidiger von Tanelorn

Die kleine Stadt der Ordnung war mit hektischem Treiben erfüllt. Überall eilten Arbeiter umher. Trotz aller Bemühungen war es nicht gelungen einen ausreichenden Palisadenwall zu errichten. Die Zeit war einfach zu knapp. Der Generalprotektor Taker koordinierte trotzdem unermüdlich die Bemühungen. Inzwischen waren alle Truppen von Defiance zurückgekehrt. Verbündete hatten ebenfalls schon zwei Kampfgruppen entsandt. Schließlich konnte es sein, dass die Frösche versuchten, lange vor der Aktivierung des Zaubers auf den Baum des Lebens die Stadt zu stürmen. Das war schon oft bewährte Taktik in verschiedenen Konflikten gewesen.

Langsam schlenderte Gavin Darklighter über den Platz um den Baum des Lebens. Er blieb vor dem Baum stehen und betrachtete ihn. Seltsame Irrlichter kreisten um ihn. Ein unumkehrbarer Zauber, der den Baum schwächen würde. Der ganze Platz war selbst am Tag in ein seltsames Licht getaucht. Er verzog missmutig das Gesicht. Hatte dem Feind Defiance nicht gereicht, fragte er sich. Es war eine schreckliche Schlacht gewesen. Das Ausmaß der Verluste und der Zerstörung hatte er erst am nächsten Tag, kurz nach seiner Abreise gesehen. Wenn das Haus der Frösche hier ähnlich stark antrat, würde von der kleinen Stadt Tanelorn nichts übrig bleiben. Das Stampfen von Hufen auf dem Kopfsteinpflaster lies ihn sich umwenden. Der Centaure Schlagfest Donnerhuf war von einer Erkundung zurückgekehrt. Sie schüttelten sich die Hände und Gavin begleitete ihn ein Stück auf dem Weg zum Hauptquartier. „Wie sieht es aus?“ fragte Gavin. Der Centaure zuckte die Achseln. „Keine Feinde weit und breit. Die Jagdgebiete sind verlassen, die Grenzen sicher. Unsere Waldläufer sind schon ganz enttäusch,“ berichtete Schlagfest. „Das ist aber komisch,“ stellte Gavin fest. „Ich hab damit gerechnet, dass sie uns auf keinen grünen Zweig kommen lassen, vor der Belagerung.“ Der Centaure zuckte erneut die Achseln. „Oder es ist die Ruhe vor dem Sturm.“ Gavin verzog das Gesicht. „Das wiederum beruhigt mich nicht mehr so.“

Der Abend brach herein ohne dass es irgendwelche Feindkontakte gab. Gavin beschloss in die kleine Taverne von Tanelorn zu gehen. Ein Ableger der berühmten Taverne in der ewigen Stadt, „Zum gebratenen Bambi“. Laut dem Besitzer Makabre die moralische Unterstützung der Ordnungsstreiter aus der imperialen Hauptstadt. Das konnte man angesichts des kleinen, muffigen Gebäudes allerdings nur mit einem Augenzwinkern so betrachten. Gavin betrat den Gastraum und fühlte sich erst einmal fast erschlagen von all dem Qualm und unterschiedlichsten Gerüchen die ihn begrüßten. Als er sich einige Sekunden später gefasst hatte blickte er in die Runde. Heute war es voller als sonst. An der Theke saßen Caldher Drake, Nylen und Sephion Lyvarius. Sie schienen erregt über irgendetwas zu diskutieren. Gavin ließ seinen Blick weiter schweifen. In einer dunklen Ecke entdecke er Szador Witchblade. Wie immer war sein Gesicht halb von einem Cape verdeckt. Lediglich das Glimmen seiner Kräuterpfeife erhellte regelmäßig sein Gesicht. Molly Witchblade saß nicht weit entfernt mit Dragooner, Gwyn und Kickerson beisammen. An einem weiteren Tisch saß Celtic Swing und gestikulierte wild vor sich hin. Ihm Gegenüber saßen zwei der Schmiede von Tanelorn. Es ging offensichtlich um neue Aufträge. Die Gesichter der Schmiede spiegelten wieder, dass es wohl keine einfachen Dinge waren, die Celtic benötigte. Das laute Klappern von Bechern lenke Gavins Blick auf einen Tisch an dem Conda, Turbo und Foschbor anstießen. Hier schienen ausnahmsweise keine gehaltvollen Gespräche geführt zu werden. Genau das was Gavin suchte und so gesellte er sich zu ihnen.

Der Morgen begrüßte Tanelorn mit einem wunderschönen Sonnenaufgang. Die Vögel störten sich schon nicht mehr an den seltsamen Lichtern unter ihnen am Baum des Lebens und begrüßten den Morgen mit ihrem Gesang. Kein Wölkchen war am Himmel zu sehen. Und während Gavin noch einen leichten Rausch ausschlief, streckte sich Bigfoot vor dem Fenster und blickte nach draußen. Heute Nachmittag war es soweit. Der Feind würde versuchen Tanelorn zu zerstören. Der Imperator rieb sich die Augen und ging ins Nebenzimmer. Dort lagen auf einem Tisch die neusten Berichte. Seine Stellvertreter waren offensichtlich die Nacht über wach geblieben und hatten die Neuigkeiten gesichtet und ausgewertet. Ganz oben auf dem Stapel Papier lag ein Bericht über die angekündigte Verstärkung der Alliierten. Bigfoot überflog ihn. Die versprochenen Beschwörer waren gestern Nacht eingetroffen. Sie würden gegen Mittag beginnen die Kampfgruppen von Eight Direction, Death&Honor und anderen Verbündeten herbei zu beschwören. Es würde sicherlich nicht leicht werden für den Feind, Tanelorn zu nehmen. Nach den aktuellen Zahlen würden mehr Krieger bereit stehen um die Stadt zu verteidigen als vor einigen Tagen in Defiance. Der Sieg gegen den übermächtigen Feind hatte einige neue Verbündete gebracht. Welch Ironie. Bigfoot legte den Bericht beiseite und las den nächsten Bericht. Es gab unbestätigte Berichte eines Death&Honor Spions in den Reihen der Frösche, der von Auflösungserscheinungen der Macht Rickards sprach. Angeblich, leider waren diese Berichte nicht bestätigt, waren viele der geflohenen Krieger von Defiance nicht mehr heimgekehrt. Viele von ihnen waren augenscheinlich anderen Gilden beigetreten um dem Krieg zu entgehen. Außerdem gab es Gerüchte, dass verschiedene Gilden erstmals Kritik an Rickards Politik übten. Erosion der Macht, überlegte Bigfoot. Die Niederlage hatte Spuren im Machtgefüge der Frösche hinterlassen. Vielleicht würde ihnen das nutzen. Der Imperator beschloss die anderen Berichte nach dem Frühstück zu lesen. Mit leerem Magen waren die vermutlich eher schlechten Nachrichten noch schlechter zu ertragen. Er legte auch den zweiten Bericht beiseite und verließ das Arbeitszimmer.

Verwundert blickte Kaira di’Shan auf Tanelorn. Nach der Schlacht von Defiance hatte Kaira länger benötigt um nach Hause zu kommen. Die Heiler hatten Kaira einfach nicht gehen lassen bevor die Verletzungen nicht verheilt waren. Dank der Zauber der Heiler war dies aber recht rasch von statten gegangen. Tanelorn schien völlig verändert. Die Sonne stand hoch am Himmel und beschien einen Ort, der einem Ameisenhaufen glich. Ein regelrechtes Heerlager, besser ein Lager mehrerer Armeen war um den Ort entstanden. Zahllose Zeltreihen standen um die Stadt verteilt. Ein halb fertiger Palisadenwall umgab Tanelorn. Überall wehten die Banner der Ordnung. Aber auch Standarten von EightDirection, Death&Honor und anderen Gilden waren zu sehen. „Da hätte ich mir wohl doch etwas Zeit lassen können,“ murmelte Kaira und marschierte den Hügel hinab auf Tanelorn zu.

„In einer Stunde ist es soweit,“ berichtete Duncan und blickte auf den Imperator neben ihm. Sie hatten sich mit anderen Kommandeuren auf einem Hügel westlich Tanelorns versammelt. Alle Möglichkeiten woher der Angriff erfolgen würde, waren besprochen. Alle Taktiken und Abwehrmaßnahmen geplant. Bigfoot runzelte die Stirn. „Wenn ich Rickard wäre hätte ich spätestens jetzt angegriffen.“ Taker stieß zu der Gruppe. „Die Späher haben keinerlei Anzeichen gefunden, dass sich auch nur ein Frosch in der Nähe befindet.“ „Vielleicht kommen sie einfach nicht,“ murmelte Kinmaul und lies sein Blick über das mächtige Heer schweifen, welches sich in Aufstellung um Tanelorn versammelt hatte. „Das wäre aber ein teurer Scherz gewesen,“ kommentierte Duncan und dachte daran, wie viel Gold es kostet so einen magischen Bannzirkel vorzubereiten. „Bedenkt die Umstände,“ gab Bigfoot zu bedenken. „Der Bannzirkel wurde kurz nach der Schlacht von Defiance gelegt. Das Kommando wusste sicherlich nichts von der Niederlage Rickards.“ Krono nickte zustimmend. „Es ist gut möglich, dass die politischen Veränderungen, von denen wir gehört haben, ihn zwangen diese Belagerung abzublasen.“ Duncan lächelte und zuckte die Achseln. „Ich würde mich nicht beschweren.“

Tatsächlich erschien kein einziger Feind. Den restlichen Tag wartete man, ob der Feind doch noch auftauchte. Am Abend verlor der Bannzirkel seine Wirkung und der magische Stein, über den der Zauber auf den Baum wirkte war zertrümmert worden. Zufrieden zogen die Verbündeten wieder ab. „Stell dir vor der Herr ruft zur Belagerung und keiner kommt,“ dachte Duncan laut. Bigfoot trat zu ihm und lachte: „Nun sie kamen schon, als ihr Herr rief. Aber an dem Sammelpunkt der Frösche warteten zwei ungeduldige Kampfgruppen von Eight Direction, die nach der blutigen Schlacht in Defiance auf dem Weg in die Heimat waren, aber einen Umweg über Afens Haven in Kauf genommen haben. Der stellvertretende Kommandeur der Eight Direction Truppen in Tanelorn hatte uns darüber vorab nicht unterrichtet. Eight Direction wollte das Problem wohl im Keim ersticken. Das gesamte Heer von Rickard wurde buchstäblich vor den Toren der eigenen Hauptstadt hinweg gefegt.“ „Das ist eine gute Nachricht. Besser als alles was ich die letzte Zeit gehört habe.“ Duncan lächelte und verließ den Imperator um die Bewohner Tanelorns zu informieren.


Zurück in Afens Heaven

Zwei Tage waren vergangen. Beide Kriegsparteien hatten die Zeit genutzt und sich neu aufgestellt. Allen war bewusst, dass sich der Krieg gegen das Haus der Frösche gewendet hatte. Rickard hatte alle seine Truppen um die Hauptstadt Afens Heaven zusammen gezogen und bereitete sich auf eine Belagerung vor. Er sollte Recht behalten. Death&Honor war entschlossen nun in die Offensive zu gehen und diesen Krieg zu beenden. Zwei Tage lang hatte man in Tanelorn weitere Truppen gesammelt. Nur ein Ziel vor Augen – die völlige Vernichtung der Hauptstadt der Frosch-Nation.

Die Banner der Ordnung wehten im Wind, die Sonne lies die vergoldeten Standarten der Carnage Expedition hell leuchten. Der Imperator ging die Schlachtlinien seiner Kampfgruppen ab. Drei volle Kampfgruppen und zwei Hilfstruppen hatten die Herren der Ordnung für diese Schlacht gestellt. Sie standen in den Hügel südlich von Afens Heaven. Im Südwesten standen drei Kampfgruppen von Death&Honor. Im Nordwesten weitere zwei Gruppen ihrer Verbündeten plus einiger Hilfstruppen. Um den Kreis um die Stadt zu schließen waren weitere Hilfstruppen im Osten aufgestellt, die aber nur einen Ausbruch verhindern sollten. Die Hauptangriffe würden von Süden, Westen und Nordwesten aus geführt werden. Bigfoot musterte seine Truppe. Inzwischen waren es alle Veteranen. Selbst er hatte gedacht, schnelleren Erfolg in diesem Land zu haben. Das Chaos hatte sich tief in Carnage festgesetzt. Doch wenn die Ordnung ihnen heute hold war, würden sie einen großen Sieg erringen. Der Krieg würde enden und die Ordnung hätte gesiegt. Bigfoot stieg auf einen kleinen Hügel und blickte zur Stadt hinüber. Ein magisches Leuchten kündete von der baldigen Aktivierung des Bannzirkels. Die vergiftende Magie würde dem Baum des Lebens die Kraft rauben. Der Stein, welcher den Zauber beherbergte stand im Westen. Die Truppen von Death&Honor beschützen ihn und hatten bereits zwei kleine Ausfälle abgewehrt. Der Imperator wand sich um und lies seinen Blick über seine Hilfstruppen schweifen. Fast alle waren mit schweren Hämmern ausgerüstet. So genannte kleine Belagerungswaffen. Sie waren ausschließlich dazu geeignet Mauern und Gebäude einzureißen. Und genau das hatten sie auch vor. Die vier Trebuchets, mächtige Belagerungsmaschinen würden ihnen dabei behilflich sein. Doch zuerst mussten sie die Stadt erobern. Bigfoot wand sich wieder nach Westen und beobachtete den großen Stein. Das magische Flackern darum wurde immer heller. Bald würde es soweit sein. Er gab Duncan und Taker einen Wink, damit sich alle bereit machten. Kurz vor der Aktivierung des Zaubers würden sie die Stadt stürmen. So war es geplant.

Duncan Idaho ging durch die Reihen seiner Kampfgruppe. Hier und da klopfte er einem Mann auf die Schultern und wechselte ein paar Worte. Noch wenige Minuten, überlegte er. Sie würden die Ersten an der Mauer sein. Die Wette stand. Takers Kampfgruppe würde gegen sie wie ein Priesterausflug auf Krücken aussehen. Er lächelte und nahm seine Position neben dem Standartenträger ein. Ein letztes Mal zurrte er seine Rüstung fest und überprüfte seine Klinge. Endlich, nach quälenden Minuten des Wartens, ertönte das Horn aus dem Westen. Aus allen Himmelsrichtungen, auch aus den Reihen der Ordnung, antworteten Hörner mit ihren dumpfen Tönen. Es war soweit. Als wären die Kampfgruppen aus einem langen Schlaf erwacht, setzten sie sich gleichzeitig in Bewegung. „Für die Ordnung,“ rief Bigfoot und übernahm mit seiner Kampfgruppe die Spitze. Aus hunderten Kehlen ertönten nun die Rufe ebenfalls. „Für die Ordnung, für das Imperium!“ Rauschen erfüllte die Luft. Die Trebuchets hatten zu feuern begonnen. Unzählige Steinbrocken schlugen wenige Sekunden später in die Mauern der Stadt ein. Einige unglückliche Verteidiger wurden von den Brocken erschlagen oder stürzten schreiend von den Mauern. Unter dem Schutz des ersten Angriffes näherten sie die Herren der Ordnung den Mauern. Erst als die Kampfgruppen fast vor den Mauern angekommen waren, begannen die wenigen Bogenschützen auf den Mauern zu schießen. Ein Hagel aus Pfeilen prasselte auf die Krieger hinab und lies ihren Ansturm zum Erliegen kommen. Mit gehobenen Schildern versuchten sie weiter heran zu kommen. Eine weitere Salve der Trebuchets brachte die Bogenschützen kurzzeitig zum Schweigen. Bigfoot nutze die Zeit und brachte seine Kampfgruppe an die Mauern heran. „Die Sturmleitern!“ brüllte er. Mehrere Leitern wurden heran gebracht und an den Wall gelehnt. Sofort sprangen seine Krieger auf sie und begannen sie zu erklimmen.

Duncan verzog das Gesicht. Nun die Wette war wohl unentschieden ausgegangen. Ihr Imperator hatte als erster den Wall erreicht. Duncan gab den Befehl den Mannschaften der Trebuchets Zeichen zu geben. Sie sollten nun das Feuer hinter die Wälle verlegen. Auf den Mauern von den eigenen Steinen erschlagen zu werden wollte Duncan vermeiden. „Wo bleiben die Sturmleitern?! Los, los, los!“ brüllte Duncan. Seine Männer beeilten sich die Leitern anzulegen und dem Beispiel der anderen Kampfgruppen zu folgen. Duncan sprang als erster auf die Leiter und erklomm sie. Tatsächlich schaffte es Duncan Idaho noch vor allen Anderen auf dem Wall zu sein. Die Verteidiger hatten sich auf die anderen Leitern konzentriert und von dieser nichts bemerkt. Dies sollte sich nun rächen. Duncan folgte ein Standartenträger. Dieser pflanzte jubelnd den Banner der Ordnung auf die Mauer. Duncan und zwei seiner Männer kämpften bereits auf den Wehrgängen, als es Takers Männern ebenfalls gelang über die Zinnen zu kommen. Bigfoots Gruppe erklommen den Wehrgang im selben Augenblick. Der Widerstand brach nach kurzer Zeit zusammen. Nur vereinzelt kam es zu Duellen auf den schmalen Gängen.

Ein mächtiger Hieb lies Kinmaul zurück weichen. Er riss sein Schild nach oben und wehrte den Angriff ab. Das Schild gab ein seltsames Krachen von sich und es bildete sich ein kleiner Spalt in ihm. Wütend warf er es zur Seite und ging wieder zum Angriff über. Mit zwei Hieben auf die Beine seines Gegenübers erzielte er den gewünschten Erfolg. Der Minotaure hatte den Angriff nicht kommen sehen und sank nun brüllend zu Boden. Einen weiteren Hieb später schoss heißes Blut aus dessen Kehle. Mit voller Wucht trat Kinmaul gegen dessen Brust, so dass der Minotaure nach hinten wegkippte. Schnaufend blickte er sich um. Der Wall war gesichert. Im Süden sah er das Banner der Ordnung auf den Zinnen wehen. Er strahlte. Auf die Ordnungsstreiter war Verlass. Von drei Seiten waren die Angreifer zur gleichen Zeit auf die Mauern eingedrungen. Fast überall waren sie durch die Verteidigung gebrochen und kämpften nun auf den Mauern und in den Türmen. Der Abschnitt der Mauer im Süden war bereits von den Herren der Ordnung völlig unter Kontrolle gebracht worden. Bigfoot blickte von den Mauern hinab in die Stadt. Im Westen am großen Torhaus gab es noch Gefechte. Wenn dieses Tor sich öffnete würde es vorbei sein. Die Hilfstruppen würden in die Stadt drängen und den Feind endgültig schlagen. Aber Rickard erkannte diese Gefahr und schickte Verstärkung in das Torhaus. Verbissen kämpften sie um jeden Meter. Die Stufen des Turmes waren mit Blut getränkt. Bigfoot schickte Duncan Idaho mit seiner Kampfgruppe, um die Krieger von D&H zu entlasten. Es war eine verworrene Situation. Im obersten Stockwerk des Torhauses hatten sich einige wenige Frösche verschanzt. Direkt darunter versuchten D&H Krieger zu ihnen vorzudringen und hielten auch die Mauern. Im Erdgeschoß saßen wiederum Frösche und versuchten ihre Kameraden zu befreien. Duncan Idaho setzte nun seine Männer ein um dem ein Ende zu machen. Er stieg von der Mauer hinab und stürmte das Erdgeschoß des Torhauses. Malebolgia warf sich als erster durch den Eingang. Seine große Masse gab den Männern in seinem Rücken genügend Deckung und seine Axt hielt den Feind auf gebührenden Abstand. Es dauerte vielleicht fünf Minuten bis sie das Erdgeschoss erobert hatten. Die beiden anderen Gruppen waren inzwischen in die Stadt vorgedrungen. Ihr Ziel war der Baum des Lebens. Er musste heute fallen. Die Verbündeten versuchten von Westen und Norden ähnliches. Die von allen Seiten einstürmenden Angreifer ließen die Verteidiger der Frösche in heilloses Chaos verfallen. Mit einem Satz rettete sich Taker vor dem schweren Hieb einer Zweihandaxt. Sie teilte nur wenige Zentimeter hinter ihm die Luft. Schlagfest Donnerhuf beschwor einen Zauber und schickte dem axtschwingenden Barbaren einen blauen Feuerball entgegen. Die Wirkung war beeindruckend. In einer blauen Explosion des magischen Feuers sank er schreiend zu Boden, noch bevor Taker wieder auf den Füßen war. Taker nickte dem Centauren dankend zu und packte wieder sein Schwert. Keine Zeit sich lange aufzuhalten, inzwischen war der feindliche Baum des Lebens in greifbarer Nähe.

Malebolgias Muskeln spannten sich. Ein Grunzen entfuhr ihm und seine Arme schwollen an. Die Frösche hatten ein schweres Eisengitter in das Tor herunter gelassen und dann die Ketten zerstört. Nun war es an zehn Minotauren, dieses Gitter zu heben. Je fünf dieser großen Gestalten zogen nun stöhnend an den Ketten. Zentimeter um Zentimeter hob es sich aus dem schlammigen Boden, bis eine Lücke entstand. Kaum war diese groß genug, drängten sich die Hilfstruppen geduckt hindurch. Duncan Idaho schaute zufrieden. Etwa eine halbe Stunde später krachten die Überreste des Baums des Lebens in ein nahes Gebäude. Holzsplitter flogen durch die Gegend. Die Balken des kleinen Gebäudes gaben krachend nach und ließen eine große Staubwolke in den Himmel steigen. Jubel erhob sich über dem Zentrum der Stadt. Die Verteidiger waren geflohen, die Hauptstadt in den Händen von Death&Honor. Mit dem Fall des Baumes war das Schicksal der Stadt endgültig besiegelt. Systematisch begannen nun Abrisskommandos, Trebuchets und andere Truppenteile die Stadt zu brandschatzen und zu schleifen. Kein Stein sollte auf dem Anderen bleiben.


Frieden mit den Fröschen

Die Sonne strahlte hell an diesem feierlichen Tag. Als ob der Allvater sich dieses schöne Wetter für diesen Tag aufgehoben hätte. Defiance erstrahlte in neuem Glanz. An vielen Stellen waren die durch die Belagerung entstanden Schäden bereits wieder ausgebessert, worden. Die Banner aller Gilden der Nation wehten auf den Wehrtürmen. Flaggen des Nationenwappens waren überall in der Stadt gegenwärtig. Eine Delegation nach der Anderen erreichte die Hauptstadt von Death & Honor. Auch die Herren der Ordnung waren mit einer kleinen Abordnung anwesend. Bigfoot war mit Taker und Molly Witchblade sowie einigen Leibwachen nach Defiance gekommen um an der feierlichen Unterzeichnung des Friedensvertrages teilzunehmen. Rickard hatte sich zu seinem Glück noch einmal aus der Schlinge ziehen können. Der Führung von Death & Honor lag nichts an einem weiteren Krieg, auch wenn sie ihn sicherlich gewonnen hätten. Die Lage der Frösche hatte sich nach dem Fall der Hauptstadt rapide verschlechtert. Ganze Dörfer wurden aufgegeben und verlassen. Nicht wenige Krieger der Frösche hatten ihr Heil in der Flucht gesucht und waren in alle Himmelsrichtungen aufgebrochen. Rickard hatte keine Wahl gehabt als um Frieden zu bitten.

In seiner Prunkrüstung begrüßte Krono die Abordnungen der anderen Nationen. Schließlich richtete er sich an alle Anwesenden. „Liebe Gäste, Freunde und Verbündetet. Dies ist ein großer Tag für dieses Land. Endlich wird wieder Frieden einkehren. Der Angriffskrieg des Hauses der Frösche wurde zurückgeschlagen.“ Er machte eine Pause. „Doch die Opfer waren schrecklich. Nie wieder sollte es solch einen Krieg geben. Wir waren und sind stets um die Stabilität dieser Region bemüht. Mit unseren Gilden versuchen wir Ordnung in dieses Land zu bringen. Dies wird auch weiterhin unser Ziel sein. Deshalb haben wir darauf verzichtet die Nation der Frösche zu vernichten. Es ist nicht unsere Art. Wir haben kein Bedürfnis dies zu tun.“ Dabei blickte er auf die Delegation der Frösche, die etwas betreten zusammen stand und versuchte seinen Blicken auszuweichen. Doch Krono setzte dem noch eines hinzu. „Wir werden als besondere Geste unseres Friedenswillens die ehemaligen Gebiete von Afens Heaven an die Frösche zurückgeben Aus unserer Hand wurde bereits ein Baum des Lebens gepflanzt, als Kern einer neuer Stadt der Froschnation. Ich hoffe alle Parteien werden daran erkennen, wie ernst es uns mit dem Frieden ist.“ Er machte eine kurze Pause, dann hob er das Banner der D&H Nation, welches zu seiner rechten stand in die Höhe. „Für die Ordnung. Für die Ehre!“


Kapitel 5  

Amazonenjagd

Mit der Unterzeichnung des Friedensvertrages in Defiance schien der gesamte Süden des Kontinents zur Ruhe zu kommen. Weiterhin gab es kleinere Konflikte, Kriege und sogar Belagerungen. Aber alle fanden weit entfernt und ohne Beteiligung der Herren der Ordnung statt. Nicht selten erfuhr man erst Wochen später von diesen Schlachten und jedes Mal waren die Bewohner von Tanelorn froh, nicht in diesem Konflikt beteiligt gewesen zu sein. Oft hörte man von der Einmischung der Übernation und quasi Schutzmacht Aftermath. Ihre Truppen schienen von einem Sieg zum Anderen zu ziehen. Wo sie auftauchten entschieden sie die Schlacht für sich. In Tanelorn blühte der Handel weiter auf. Die Juweliere wurden weiterhin ihrem Ruf gerecht und zogen genauso wie die Schmieden wahre Kundenströme an. Im Zuge dieses florierenden Handels wuchs die kleine Stadt weiter. Mit jedem Tag der ins Land ging, sorgten die Herren der Ordnung dafür, dass die Region sicherer wurde. Brutstätten des Chaos wurden ausgeräuchert und die meisten bösartigen Kreaturen wurden verjagt. Zumindest in diesem Teil des Kontinents hatten die Herren der Ordnung ihr Ziel bereits erreicht. Der Generalprotektor Taker kehrte wieder zu seiner Lieblingsaufgabe zurück und begann den Ausbau der Stadt voran zu treiben. Neue Gebäude entstanden nun in sehr kurzem Abstand. Außerdem wurde eine Straße nach Defiance erbaut. Sie führte über die kleine Ansiedlung Wyldfire durch die Wälder zur Hauptstadt der Nation.

Ein Sirren erfüllte die Luft und Gavin hechtete zur Seite. Er fiel vornüber in eine matschige Pfütze und schnaubte wütend. Immerhin war er dem Pfeil ausgewichen, dachte er und spuckte Matsch. Duncan packte ihn an der Schulter und zog ihn wieder nach oben. „Schöne Schauspieleinlage.“ Gavin rollte mit den Augen und griff nach seinem Kriegshammer. Von dem Bogenschützen war keine Spur mehr zu sehen. Lediglich der Pfeil steckte in einem Baum etwa drei Schritte von ihnen entfernt. Der kleine Expeditionstrupp hatte sich vor zwei Tagen in die Sümpfe gewagt um die Gegend zu erkunden. Immer wieder hatte es kleinere Überfälle auf Karawanen und Einsiedlerhöfe in der Umgebung gegeben. Als sich die Vorfälle gehäuft hatten, war Duncan Idaho damit beauftragt worden die Situation zu klären. Bei ihrer Suche nach einem Ausgangspunkt für die Überfälle waren sie schließlich auf diesen Sumpf gestoßen. Nirgends sonst gab es einen guten Unterschlupf für eine Bande von Banditen. Offensichtlich hatten sie mit ihrer Vermutung recht gehabt. Seit sie sich vor zwei Tagen in die Sümpfe begeben hatten, waren sie bereits mehrmals angegriffen worden. Immer waren sie beschossen worden, doch bevor sie auch nur einen der Angreifer zu Gesicht bekommen hatten, waren diese bereits wieder verschwunden. Langsam aber sicher sank die Moral der Truppe. Lediglich Duncan schien der ganze Nebel, die vielen Insekten und die feuchte Luft nicht zu stören. Er verbreitete unentwegt Optimismus. Gavin klopfte sich den Schlamm ab. Zumindest versuchte er es. Aber eigentlich war es eher eine symbolische Geste um seinen Geist zu besänftigen. Er wollte einfach nicht realisieren wie er wohl für die Menschen in Tanelorn aussehen mochte. Eine bärtiger, von oben bis unten mit Schlamm besudelter Krieger. Nicht gerade die Art von Ordnungshüter, die man ansonsten gewöhnt war. Duncan Idaho zog den Pfeil aus dem Stamm und begutachtete ihn. Er roch an der Pfeilspitze und verzog dann den Mund. „Gift. Wie nett.“ Gedankenverloren drehte er den Pfeil in der Hand und blickte sich um. „Wir kehren um. Mit zehn Mann können wir nie diesen Sumpf durchkämmen. Wir werden außerhalb des Sumpfes ein Lager aufschlagen und Verstärkung anfordern.“ „Ich muss zugeben, dass sich mein Bedauern in Grenzen hält,“ antwortete Gavin. Ein zustimmendes „MooooO“ gab Malebolgia von sich, dessen schwarzes Fell ein einziger Schlammklumpen zu sein schien.

Vor dem Haus holperte ein Karren vorbei und lies den Becher auf Bigfoots Tisch leicht erzittern. Reflexartig hielt er den Becher fest und runzelte die Stirn. Es war unglaublich. Die Stadt schien wie ein Bienenstock. So etwas hatte er zuletzt in der Ewigen Stadt erlebt. Aber dort hatte er wenigstens ein abgeschiedenes Domizil gehabt. Er schüttelte den Kopf und las den Bericht von Duncan zu Ende. Nach Tagen der Suche in den Sümpfen hatte sich das kleine Kommando aus dem Sumpf zurückgezogen und ein Lager an dessen Rand aufgeschlagen. Duncan forderte mehr Krieger für seine Aufgabe. Mit zehn Mann waren diese Banditen offensichtlich nicht zu fassen. Nun Bigfoot sah darin kein Problem. Es gab keinerlei Konflikte oder drohende Gefahren. Sogar die sonst so intrigante Politik schien derzeit ruhig. Es war eine gute Gelegenheit die Krieger nicht aus der Übung kommen zu lassen. Und selbst wenn sie nur eine kleine Räuberbande jagen würden. Er schrieb einen kurzen Befehl und entsandte damit mehr als genug Truppen nach Süden zu den Sümpfen.

„Verdammt, ich glaube der Imperator hat Langeweile,“ meinte Gavin staunend als sie die ankommenden Krieger beobachteten. Ein regelrechter Tross zog zu ihrem kleinen Lager. „Hm,“ machte Duncan. „Nun er ist nicht bei ihnen. Also nehme ich an, ihm ist nicht langweilig, aber vermutlich den Truppen.“ „Beschäftigungstherapie?“ fragte Gavin unverblümt. Duncan lächelte. „Sieht ganz so aus. Aber es ist ja nicht so als ob wir die Leute nicht brauchen könnten. Allerdings werden wir jetzt erst einmal zwei Tage brauchen um ein anständiges Lager herzurichten.“ „Wohl eher ein Kastell,“ sagte Gavin und blickte weiter kopfschüttelnd auf weiter ankommende Krieger.

"Ein leises Wispern rauschte durch die Dunkelheit. Nirgends war etwas zu sehen. Er konnte auch sich nicht sehen. Wie im Nichts schwebte er mehr als er ging. Das Wispern schwoll an wie der Wind, doch es schien von nirgends zu kommen. Er hielt seine Hand vor Augen und sah sie matt vor seinem Gesicht. Bleiche Haut leuchtete ihm entgegen. Eigentlich war seine Haut braungebrannt, überlegte er. Das Wispern wurde bei diesen Gedanken lauter, doch er verstand nichts. Um ihn herum blieb es schwarz, doch er fühlte, dass sich etwas näherte. Nervös blickte er sich um. Schweiß brach ihm aus und sein Atem ging schneller. Er begann zu laufen. Wohin wusste er nicht. Es schien auch keine Rolle zu spielen. Etwas war schneller. Näherte sich weiter. Er schrie." Und erwachte schweißgebadet.

Das Kastell war bereits zwei Tage später fast vollendet. So schnell hatte Gavin noch nie ein befestigtes Heerlager entstehen sehen. Den Männern war tatsächlich etwas langweilig gewesen. Das alles für eine kleine Bande von Räubern. Vermutlich machten sie sich bereits in die Hosen vor Angst. Angesichts dieser Streitmacht auch kein Wunder. Nun die Herren der Ordnung machten eben keine halben Sachen. Immerhin hatten die Banditen es gewagt im Territorium der Ordnung ihre Überfälle durchzuführen. Einer der Arbeiter rief ihn zu sich. Sein schwerer Hammer wurde benötigt. Es waren noch einige Pflöcke einzuschlagen. Eigentlich eine Schande diesen Runenverzierten Kriegshammer dafür zu verwenden, aber Gavin war sich sicher, dass der Schmied es ihm verzeihen würde. Mit ein paar kräftigen Schlägen saß auch dieser Pfosten tief im Boden. Gavin klopfte sich die Hände ab und ging zur inoffiziellen Taverne. Eine flache Baracke die eigentlich als Lager dienen sollte. Aber mangels einzulagernder Waren hatte die Männer erst einmal entschieden, dort ihre abendlichen Würfelrunden abzuhalten. Duncan duldete diese Entscheidung der Truppe und hatte die Essensausgabe dorthin verlegt. Gavin knurrte der Magen und hatte vor sich dort eine Scheibe Schwarzbrot zu besorgen. Insgeheim hoffe er auch ein wenig Käse auftreiben zu können. Aber man sollte ja zu optimistisch sein.

Ein weiterer Tag verging und erste Erkundungstrupps wurden in den Sumpf geschickt. Gavin war froh dieses Mal nicht dabei zu sein. So erpicht war er wirklich nicht darauf in diese Sümpfe zurück zu kehren. Zusammen mit Duncan und Malebolgia aß er gemütlich zu Mittag und lauschte den Berichten von Duncans Adjutant. Das Lager war fertig gestellt. Eine Quelle in der Nähe hatte man mit einem schmalen Graben in das Kastell umgeleitet. Der Adjutant schlug sogar den Bau einer kleinen Zisterne vor. Nach der kurzen Besprechung fragte Gavin. „Wollen wir länger bleiben oder wofür der ganze Aufwand?“ Duncan biss in sein Butterbrot und zuckte die Achseln. „Wenn dann gründlich. Wir machen doch keine halben Sachen. Außerdem wird es sicherlich noch eine Weile dauern, bis unsere Freunde aufgespürt sind. Ansonsten, hm, eine Garnison hier im Süden würde sicherlich nicht schaden. Ich denke mal der Imperator wird in Zukunft verhindern wollen, dass sich weitere Banditen im Sumpf einnisten.“ Kaum hatte Duncan geendet, da eilte der Adjutant wieder in die Kantine. Duncan blickte ihn fragend an. „Kommandant, wir haben hier eine Anfrage.“ „Welcher Art,“ wollte Duncan wissen. „Nun, unser Erscheinen ist hier nicht unbemerkt geblieben. Einige Bewohner der Einsiedlerhöfe möchten um Asyl bitten. Offensichtlich ist der Terror dieser Räuber doch größer als gedacht. Sie möchten sich um das Kastell herum ansiedeln. Sie wollen nicht wieder in die Sümpfe.“

Erfreut las Bigfoot die Neuigkeiten aus dem Süden. Es war ein ganzes Kastell errichtet worden. Duncan schlug vor es als Dauerhafte Garnison einzurichten. Bigfoot konnte dem nur zustimmen. Auch weil sich einige Bewohner von geplünderten Einsiedlerhöfen dort ansiedelten. Sie hatten sich die vergangenen Wochen anscheinend im Sumpf versteckt um den Räubern zu entgehen. Nun fanden sie Unterschlupf bei dem neuen Kastell der Ordnung. Der Imperator überflog die Zahlen und war erstaunt. Er hatte gar nicht gewusst, wie viele Menschen im Süden lebten, ohne dass jemand groß Notiz von ihnen genommen hatte. Selbst seine Waldläufer hatten selten etwas von ihnen berichtet. Nun sammelten sie sich um das Kastell und bildeten wohl schon bald ein kleines Dorf. Eine interessante Wendung, wenn man bedachte, dass er die Krieger eigentlich wegen der Bedrohung für die Karawanen ausgeschickt hatte.

"Wieder dieser Traum. Es war doch ein Traum. Er sagte sich, dass es so sein musste. Diese Dunkelheit war schwärzer als die Nacht. Wo sonst gab es das außer in einem Traum? Wieder das Wispern. Lauter, leiser, doch er verstand nichts. Angst erfüllte ihn, denn er ahnte was als nächstes geschehen würde. Noch bevor er wusste dass es wieder hinter ihm war. Begann er zu laufen. Zu laufen und zu schreien. Er wollte nicht wieder dieses Grauen verspüren. Er hatte Angst vor diesem Gefühl. Mit anscheinend großen Schritten lief er davon, ohne zu sehen wohin. Doch er spürte es bereits wieder. Als ob es sich in seinen Rücken brennen würde. Diese Präsenz von etwas. Das Wispern wurde lauter. Lauter als bisher. Seine Ohren umspielten Wortfetzen. „Blut …. Rache …“ Er blickte sich während des Laufens um. Doch es war weiterhin Dunkel. Aber wusste, dass es da war. Er schrie wieder. Die Angst übermannte ihn als ein Rütteln in durchfuhr." „Herr, Herr wacht auf …!!!“


Eternal

Bigfoot ritt auf seinem Ross gemütlich durch das Tor. Er war mit einer kleinen Garde gekommen. Sie war so klein, dass er in dem Treiben zuerst gar nicht auffiel. Im gemütlichen Schritt lenkte er das Pferd in das Zentrum des Lagers. Dort erhob sich ein halbfertiges Gebäude. Die Steinfundamente waren bereits gelegt, doch der Rest war noch ein nacktes Gerüst. Erst jetzt erkannten einige Krieger ihren Herrn und verneigten sich. Mehr und mehr unterbrachen die Arbeit und grüßten den Imperator. Einer der Krieger lief in die Baustelle und kehrte mit Duncan zurück. „Oh, ein unerwarteter Besuch. Willkommen mein Imperator.“ Er verneigte sich. Bigfoot saß ab und gab sein Pferd an eine Wache. „Ach, ich hatte die frische Luft einfach nötig. Außerdem wollte ich sehen wie es hier voran geht.“ Sie schüttelten sich die Hände und gingen in das halbfertige Gebäude. „Ihr habt die Gehöfte vor dem Wall gesehen?“ fragte Duncan. Bigfoot lächelte. „Natürlich. Viele sind noch nicht fertig, aber es sind eine Menge Leute. Ich habe noch nie so schnell ein Dorf entstehen sehen.“ „Ein Dorf?“ fragte Duncan. „Bei solch einer Anzahl von Bewohnern, ist dies nach imperialem Recht längst ein Dorf. Ich glaube wir sollten das heute Abend verkünden.“ „Sehr gern. Das wird die Leute bestimmt freuen. Sie fürchten, wir könnten schon bald wieder abziehen. Dann hätten sie zwar einen sicheren Ort vor Räubern, aber niemanden der sie verteidigt.“ Bigfoot blickte nach oben durch das Gerüst auf den blauen Himmel. „Das ist das Stichwort. Wie steht es um diese Banditen,“ fragte er. „Amazonen,“ antwortete Duncan. „Wie bitte? Das ist ein Scherz oder?“ „Nein, es sind abtrünnige Amazonen. Wir haben ihr Lager gestern Abend entdeckt. Morgen werden wir eine Truppe entsenden um das Lager auszuräuchern.“ „Gut. Dann wird hier bald wieder Ruhe einkehren,“ sagte Bigfoot. Duncan zuckte die Achseln. „Vielleicht. Vielleicht auch nicht. Unsere Späher haben noch andere Lager gefunden. Sie waren verlassen, aber anscheinend ziehen noch andere Banden durch das Land. Sie könnten wiederkommen.“ „Ein Grund mehr diese Garnison zu erhalten. Ach übrigens Duncan, hast du dir schon einen Namen überlegt,“ fragte Bigfoot lächelnd.

Mit einem warnenden „MoooO“ machte Malebolgia auf die aus dem Nebel auftauchende Amazone aufmerksam. Neben ihr lief ein Panther. Beide schienen zum Angriff bereit. Gavin packte seinen Kriegshammer fester und fixierte die Amazone. Um das Kätzchen würde sich Malebolgia kümmern. „Ist die allein,“ fragte er leise seinen Nebenmann. „Glaube kaum,“ war die Antwort. Wie zur Bestätigung zischte ein Lichtblitz an ihnen vorbei. „Toll,“ fluchte Gavin und stürmte vor. Matsch spritze auf, als er mit seinem Hammer die aufgetauchte Hexe verfehlte. Sie lachte schrill und versuchte einen weiteren Blitz zu beschwören. Doch der zweite Hieb traf besser. Ein schmatzendes Geräusch erklang als er die Hexe von den Füßen schlug. Blut spritze über Gavins Rüstung. Er setzte nach und versicherte sich, dass die Amazonenhexe nicht wieder aufstehen würde. Das Fauchen des Panthers lies ihn herumfahren. Malebolgia hatte doch mehr Probleme mit dem wendigen Tier als erwartet. Die Amazone die das Tier gezähmt hatte, wehrte sich mit einem langen Speer gegen zwei Krieger der Ordnung. Gavin entschied sich Malebolgia zu unterstützen. Mit großen Schritten ging er auf das sich umkreisende Paar zu. Der Panther wollte gerade zum Sprung ansetzten, als der Minotaure mit seiner Zweihandaxt ausholte. Wie mit einer Sense fuhr er durch das Tier. Wie erstarrt blieb es einen Augenblick stehen. Dann fiel der Kopf des Panthers nach vorn, ohne dass ihm der Hals folgte. Der Rest des Tieres kippte zur Seite in eine Pfütze. Zufrieden grunzend wand sich Malebolgia zu Gavin um. Dieser zuckte die Achseln. „Schon gut, ich dachte ja nur.“ Dann eilten sie zu den Anderen, die noch immer mit der Amazone kämpften.

„Höret Bürger! Die Expedition war ein voller Erfolg. Die Banditen wurden gestellt und getötet!,“ rief Bigfoot den versammelten Bewohnern zu. „Lasst diese Expedition eine Warnung für alles weitere Gesindel sein. Die Ordnung duldet sie nicht!“ Die Bewohner des Kastells jubelten dem Imperator zu. Man merkte ihnen an, dass sie erleichtert waren von dieser Gefahr befreit zu sein. „Aber es gibt noch weitere gute Neuigkeiten,“ rief Bigfoot der Menge zu. „Es haben sich so viele Menschen hier angesiedelt, dass wir dies hier nun ein Dorf nennen müssen. Daher werde ich, Kraft des imperialen Amtes das ich innehabe, dieses Kastell und die umliegenden Gehöfte zur neuen Ansiedlung, zum Dorf erheben. Das Dorf wird Eternal heißen. Sollte sich dieses Dorf weiterhin so gut entwickeln, werden wir bald einen Baum des Lebens pflanzen!“ Dies löste großen Jubel aus. Das waren Nachrichten die nun wirklich niemand erwartet hatte.


Die Ferengi Allianz

Vor einer Woche war Bigfoot nach Tanelorn zurückgekehrt. Ebenso ein Teil der Truppen, die sie zur Jagd auf diese Banditen abgestellt hatten. Seither war wenig geschehen. Bigfoot war wieder an seinem Schreibtisch und arbeitete die unzähligen Berichte durch. Es gab Dinge die mochte er an seinem Amt überhaupt nicht. Dieses stundenlange Sichten von Papieren gehörte auf jeden Fall dazu. Aber es war nötig, schließlich musste er auf dem Laufenden bleiben. Einen Teil der Zeit beanspruchten die Berichte aus der Heimat. Aber dort war es ruhig. Das Imperium entwickelte sich gut und es gab keinen Grund zu klagen. Ein Bericht aus der Death & Honor Nation allerdings machte ihm Sorgen. In letzter Zeit hatte es häufiger Meinungsverschiedenheiten gegeben. Einige Gilden hatten bereits kurz vor der Schließung des Friedensvertrages versucht den Krieg gegen die Frösche weiter zu führen. Damals hatte Bigfoot erwartet, dass sich dies bald legen würde. Immerhin waren viele von Rachegelüsten getrieben gewesen. Doch die Stimmen waren anscheinend nicht verstummt. Vor allem aus der Stadt Aertemus unter der Führung der Gilde Legio Morituri wurde standhaft die Position vertreten, dass es besser gewesen wäre, das Haus der Frösche zu vernichten und selbst den Platz als Herren über den Süden einzunehmen. Bigfoot hoffte, dass dies nur politisches Gezänk war. Aber vorerst würden sie ihre Position nicht verändern. Ein neuer Krieg kam für den Imperator nicht in Frage. Auch wenn das Haus der Frösche immer noch sehr geschwächt war und viele Städte sich von der Nation losgesagt hatten. Er griff nach einem weiteren Bericht und stutzte. Das war ebenfalls etwas Besonderes. Südlich von Tanelorn, etwa auf halber Strecke nach Eternal hatten sich Händler niedergelassen und einen kleinen Handelsposten gegründet. Die Gilde, sie nannten sich Ferengi Allianz, hatte weder die Death & Honor Nation noch die Herren der Ordnung um Erlaubnis gefragt. Bigfoot runzelte die Stirn und überlegte einen Augenblick. Es gab natürlich mehrere Möglichkeiten. Man konnte diese kleine, schwache Ansiedlung schnell von der Landkarte fegen. Dazu würde es gerade einmal der Garnisonstruppen von Eternal benötigen. Aber dies schien ihm nicht der richtige Weg. Schließlich war eine weitere Ansiedlung mit Händlern nicht schlecht für Tanelorn. Sollten diese Leute freundlich sein, mochte es andere Wege geben.

"Wieder dieser Traum. Er schnaufte, konnte sich aber selbst nicht hören. Wie um zu prüfen ob er noch da war, griff er sich an die Stirn. Wo war er nur? Jede Nacht zog es ihn an diesen Ort. Jedes Mal dieses Wispern und Raunen. Auch jetzt wieder. „Lass es los….. es ist Zeit …. Blut…Komm….“ Wieder begann er zu laufen ohne zu wissen wohin. Warum tat er das? Die Angst? Das Grauen das ihn verfolgte. Nie hatte er es gesehen, immer hatte ihn das Erwachen gerettet. Doch war dies die Lösung? Er verlangsamte seinen Schritt und blieb schließlich stehen. Er wand sich um und starrte in die Dunkelheit. Er würde sich dem stellen, was da kommen mochte. Nie war er aus Angst davon gelaufen. Was konnte ein Traum schon für ihn beherbergen? Wie oft hatte er Schlachten geschlagen und seine Truppen ins Feld geführt? Die vielen Siege. Ja er wollte sich dem stellen. Das Wispern schwoll an und er wartete. Plötzlich spürte er es kommen. Er begann zu zittern und suchte nach seinem Schwert. Doch er spürte keines an seinem Gürtel. Hilflos. Wehrlos. Eisige Kälte schien sich über sein Herz zu legen. Angst quoll in ihm auf. Doch er blieb stehen. Immer noch spürte er, dass sich etwas näherte. Was konnte das sein? Seine Augen weiteten sich und er wand sich um. Nur noch laufen. Weg, weg von hier. Es schrie in ihm auf, doch dieses Mal vernahm er nichts. Er wachte nicht auf. Es war nun nahe und er spürte wie etwas ihn berührte. Ein brennender Schmerz erfasste ihn und er schrie auf." Nun laut. Schweißnass und mit einem glühenden Rücken erwachte er abrupt. Sein Bettlaken war schweißnass, er zitterte am ganzen Körper. Was für ein Traum, dachte er.

Lächelnd strich er seine Robe glatt. Nylen war stolz auf sein neues Amt. Der Imperator hatte ihn zum Diplomaten für Carnage ernannt. Nun war es soweit. Ein echter Auftrag war ihm übergeben worden. Vor ihnen lag die kleine Ansiedlung Ferenginar. Zwei kleine Schmieden, einige Häuser und Gehöfte. Außerdem ein kleiner Handelshof. „Nun denn, sehen wir, ob jemand zu Hause ist,“ sagte Nylen und stieg den Hügel hinab. Stampfend folgte ihm sein Begleiter. Malebolgia war möglicherweise nicht der geborene Diplomat, aber für das was sie nun vorhatten, genau der Richtige. Als sie im Dorf ankamen, wurden sie misstrauisch beäugt. Dieses Gespann schien doch viele etwas zu verwirren. Ein kleiner Junge brachte sie für ein Goldstück zum Anführer der Gilde. Als sie sich vorgestellt hatten, wurde der Gildenführer weitaus freundlicher und lud sie in den Handelshof. „Ich freue mich, dass unsere Nachbarn uns einen Besuch abstatten. Setzt Euch doch. Ich lasse etwas Wein kommen,“ begann der Gildenführer freundlich. Ein unfreundliches Grunzen war die Antwort von Malebolgia. Verwirrt blieb der Gastgeber hinter seinem Schreibtisch stehen. Nylen lächelte verlegen und zupfte an seinem Spitzbart. „Ich fürchte er ist etwas ungehalten. Verzeiht sein Verhalten.“ „Oh wieso. War die Reise sehr unangenehm?“, fragte der Gildenführer. „Nun das nicht. Es dürfte eher an Eurer Anwesenheit liegen,“ antwortete Nylen. Empört blickte der Gildenführer auf den Minotauren, entschied sich aber dann doch, nichts Unfreundliches zu sagen. „Wie meint ihr das?“ „Nun, es ist so. Dies ist das Land der Herren der Ordnung. Niemand hat Euch erlaubt hier zu siedeln. Wir dulden keine unabhängigen Gilden in unserem Territorium.“ Führte Nylen aus und nahm sich einen Becher mit Wein, der von einer Magd gebracht worden war. Er nippte daran und zog die Augenbrauen in die Höhe. „Ah ein guter Tropfen. Lobte er.“ Der Gildenführer schaute etwas verwirrt. „Aber nun sind wir hier. Wir haben schwer geschuftet um unser neues Heim zu errichten.“ Ein Knurren kam von Malebolgia als Antwort. Nylen lächelte verlegen. „Nun das stört meinen Freund hier eher wenig. Er würde sicher nicht lange brauchen um alles abzureißen.“ „Das könnt ihr nicht tun!“ rief der Gildenführer. Das Entsetzen schien ihm ins Gesicht geschrieben. Ein kehliges Lachen von Malebolgia trug nicht zu dessen Beruhigung bei. „Aber, aber,“ beschwichtigte Nylen. „Es gibt immer Optionen.“ „Und die wären?“ hakte der sichtlich nervöse Führer nach. „Nun, wenn ihr Euch der Death & Honor Nation anschließen würdet, welches das Land hier beherrscht, würde Euch nichts geschehen. Ganz im Gegenteil. Man würde sich freuen ein weiteres Mitglied in unserem Bund zu begrüßen.“ „Und die andere Option?“ Malebolgia stampfte auf den Boden und grunzte. Nylen deutete auf den Minotauren. „Ich lasse ihn bei Euch und wir sehen wie lange ihr in der Gegend bleibt.“

Er klopfte dreimal bevor er eintrat. Es hatte keine Antwort gegeben, aber Kinmaul nahm sich heraus einfach einzutreten. Die Nachrichten waren gut und Krono würde sich sicher nicht gestört fühlen. Als er durch die kleine Eingangshalle schritt vernahm er eine Stimme. „…. das ist sicher nicht das was richtig ist.“ hörte er, als er das Arbeitszimmer von Krono betrat. Doch nur Krono war im Raum und blickte scheinbar auf einen Punkt in der Ecke. „Entschuldigt Herr,“ sagte Kinmaul. Sein Anführer zuckte zusammen und wand sich zu ihm. „Was .. oh ich habe dich gar nicht kommen gehört.“ „Mit wem habt Ihr gesprochen?“ fragte Kinmaul. Krono lächelte und winkte ab. „Ach mit niemand. Ich habe laut gedacht. Was gibt es?“ „Nur gute Neuigkeiten. Wir haben ein neues Mitglied in unserer Nation. Die Herren der Ordnung haben eine kleine Gilde die nahe Tanelorn siedelt, dazu gebracht sich uns anzuschließen.“ Krono lächelte zufrieden. „Das ist wirklich erfreulich. Wie haben sie das angestellt?“ „Ihr Diplomat sagte etwas davon, sie hätten böser Diplomat, guter Diplomat gespielt. Wie sie das genau gemeint haben weiß ich nicht.“ Krono winkte ab. „Auch nicht so wichtig. Ich hoffe nur sie sind etwas loyaler als dieses Pack aus Aertemus.“ Grimmig ballte er die Hand zur Faust. „Sie lehnen sich immer offener gegen mich auf.“ Kinmaul runzelte die Stirn. „Hat denn kein Gespräch etwas erbracht.“ „Pah! Nichts. Diese Hunde wollen immer noch, dass wir gegen die Frösche ins Feld ziehen und ihre Lage ausnutzen. Sie sehen es Schwäche an, dass wir so schnell Frieden geschlossen haben. Aber viel schlimmer ist, dass ich von Bestrebungen weiß, eine Rebellion anzuzetteln.“ „Eine Rebellion?“ fragte Kinmaul überrascht. „Wenn sie aus der Nation ausscheiden wollen, können sie dies doch gern tun. Sie werden sehen was sie davon haben.“ Krono winkte missmutig ab. „Ach das ist ja Teil ihres Planes. Sie versuchen weitere Gilden zur Abspaltung zu bewegen. Dann werden sie mich versuchen zu stürzen.“ „Wenn ihr meint…“, sagte Kinmaul langsam. Von dieser Rebellion hatte er noch gar nichts gehört. Von der Bestrebung der Gilde Legio Morituri sich vielleicht abzuspalten, weil ihre Forderungen nicht erfüllt wurden, sicherlich. Aber einen Komplott gegen Krono? Noch bevor Kinmaul etwas sagen konnte wand Krono sich um und blickte auf eine Karte an der Wand. „Wir müssen Vorkehrungen treffen mein alter Freund. Aber ich habe da schon einige Ideen.“

Beunruhigt berief Bigfoot eine Woche später eine Sitzung ein. Seine Berater hatten sich in seinem kleinen Arbeitszimmer versammelt und diskutieren die neuen Entwicklungen. Der Konflikt zwischen Krono und Legio Morituri hatte sich zugespitzt. Am Ende hatte man nur noch wüsste Beschimpfungen ausgetauscht. Letztendlich hatte die Stadt Aertemus sich aus der Nation gelöst und wollte nun als freie Stadt anerkannt werden. Die Berichte über die Abspaltung hatten Tanelorn früher erreicht als Defiance. Schließlich lag man auf halben Weg zwischen den beiden Orten. Aertemus lag an der südöstlichen Küste, Defiance dagegen weit im Westen. „Was wird Krono nun tun?“ fragte Molly. „Was sollte er tun? Man kann niemand verbieten die Nation zu verlassen. Das gehört zu den grundlegenden Auffassungen von Death & Honor. Gerade darauf baute sich ja die Gemeinschaft auf,“ meinte Taker. „Ich habe Krono selten so aggressiv erlebt wie in diesem eigentlich politischen Streit,“ sagte Bigfoot nachdenklich. „Eigentlich sollte er es besser wissen, nach all der Zeit als Anführer der Nation.“


Schlachtfest bei Aertemus

Wütend warf Krono seinen Becher gegen die Wand. Roter Wein spritze umher. „Sie wagen es also wirklich! Diese Bastarde!“ Wütend warf er ein Tintenfass von seinem Schreibtisch. Seine Hand zerknüllte die Nachricht. Er atmete tief ein, der Kopf rot vor Zorn. Zum Glück ist niemand im Raum, dachte er. „Was tun wir jetzt? Du hattest recht mit dem was du sagtest,“ sagte Krono in den leeren Raum hinein. In einer Ecke schien ein Schatten dunkler zu werden und seine Form zu ändern. Ein dunkles Lachen hallte durch den Raum. „Natürlich hatte ich Recht. Sie werden dich angreifen. Sie wollen dich stürzen.“ Krono rieb sich die Stirn und blickte auf die Karte. „Ich habe mit unseren neuen Verbündeten gesprochen. Es wird Zeit diesem Pack von der Ostküste eine Lektion zu erteilen.“ „So ist es recht,“ antwortete es und ein Lachen ertönte.

Wenige Tage später marschierten fünf Legionen an Tanelorn vorbei. Niemand hatte die Herren der Ordnung benachrichtigt. Niemand hatte sie um Hilfe gebeten. Neugierig sammelten sich die Bewohner Tanelorns am Wegesrand und bestaunten die Truppen. Selten waren so viele Soldaten in einem Heer marschiert. Zusammengewürfelt aus vielen Nationen schienen hier ganz neue Bündnisse geschlossen worden zu sein. Die Führung der Herren der Ordnung hatte man davon nicht in Kenntnis gesetzt. Nun marschierten da Krieger der Frosch-Nation Seite an Seite mit ihren Feinden des letzten Krieges. Außerdem erkannten Zuschauer die Wappen der Nationen Shadow Legion und Out of Ashes. Auch Gavin bestaunte das Aufgebot. Neben ihm stand Duncan Idaho und trug ein missmutiges Gesicht zur Schau. „Unglaublich. Wenn wir doch all diese Männer in Defiance gehabt hätten,“ meinte Gavin. Duncan Idaho schnaubte verächtlich. „Damals schien auch alles verloren. Hier ist der Sieg sicher. Da gibt es immer viele, die auf sichere Beute aus sind.“ „Ich erkenne einige Gesichter.“ Gavin deutete auf einen Krieger. „Der da war neulich in Defiance. Was hat das zu bedeuten? Ich sehe keine Death & Honor Banner.“ Duncan runzelte die Stirn. „Ich erkenne auch einige. Aber dies sind keine Death & Honor Truppen. Wir wussten auch nichts von diesem Heerzug. Sicher ist nur, dass sie nach Aertemus marschieren.“ „Das ist irgendwie seltsam. Kaum sind sie von Death & Honor gelöst werden sie angegriffen,“ dachte Gavin laut nach. Duncan nickte. „Das ist mehr als nur seltsam.“

Zwei Tage später nahmen die Legionen vor der abtrünnigen Stadt Aufstellung. Die Bewohner waren völlig überrascht und völlig unvorbereitet. Eilig bereitet man sich auf den Angriff vor. Doch es war bereits zu spät. Noch bevor sie die Tore schließen konnten, war ein Vorauskommando in die Stadt eingedrungen und hielt das Tor offen. Dann stürmten die Angreifer ohne nennenswerten Widerstand in die Stadt. Kurze Zeit später stand Aertemus in Flammen. Plündernd zogen die Krieger durch die Stadt und erschlugen jeden dem sie habhaft wurden. Vor der Stadt erfreute sich Krono an dem Spektakel. Er hatte sich auf einem Thron niedergelassen und sah zu wie die Stadt nieder gebrannt wurde. Seine Diener hatte er weggeschickt um sich dies alleine anzusehen. Aber alleine war er schon lange nicht mehr. „Ach, sehr gut. Da vergehen deine Feinde.“ Krono lächelte. „Ja, die Nation ist gerettet. Wir sind ihnen zuvor gekommen. Und ich habe nicht einmal nennenswerte Death & Honor Legionen eingesetzt. Nun wird mich niemand mehr stürzen!“ „Ja. Du wirst herrschen. Bald schon wird deine Macht noch wachsen. Dies war nur der Anfang….“ Das Schlachten dauerte fast zwei Tage ehe die Stadt nur noch ein Leichenfeld war. Krähen umkreisten die zerstörten Ruinen in großen Schwärmen. Es gab reichlich Futter. Das hatte es schon lange nicht mehr in dieser Gegend gegeben. Dicker Rauch stieg auch lange nach dem Überfall noch auf und verdunkelte den Himmel. Nur wenige Überlebende schlichen durch das Trümmerfeld als die Krieger schließlich abzogen und suchten nach Verwandten oder Freunden. Es hatten nicht viele geschafft, dem Morden zu entkommen.


Die dunklen Tage

Dieses Mal war es Bigfoot, der wütend einen Becher gegen die Wand warf. „Was? Bist du sicher?“ fragte er Ljandon noch einmal. „Ja, absolut sicher Herr.“ „Sie haben die Stadt völlig zerstört? Nicht nur die Gilde vertrieben und die Stadt eingenommen?“ „Die Stadt ist nur noch ein großer Haufen Steine. Eine Ruine voller Leichen. Es muss ein Gemetzel gewesen sein. Ich habe kaum Bewaffnete gesehen. Sie müssen über die Stadt hergefallen sein, wie ein Rudel Grobolde.“ Bigfoot schüttelte den Kopf. „Wie kann er das tun? Das kann nicht Krono gewesen sein.“ Der Waldläufer konnte Bigfoot nicht zustimmen. „Flüchtlinge aus der Stadt haben den Heerführer gesehen. Alle meinen es war Krono. Er war selbst dort und hat die Legionen befehligt.“ Bigfoot hob den Becher vom Boden auf und begutachtete den Sprung darin. „Es gab keine D&H Banner in den Legionen. Trotzdem zogen sie durch unser Gebiet. Nun verstehe ich zumindest dies. Aber was mit ihm geschehen ist, bleibt mit ein Rätsel.“ Er stellte den Becher auf seinen Tisch und wandte sich an den Waldläufer. „Hol mir meine Berater, sag ihnen es gibt eine Menge zutun.“ Ljandon neigte den Kopf und verließ den Imperator. Bigfoot nahm den gesprungenen Becher wieder in die Hand und betrachtete ihn abermals. Nicht nur dieser Becher hatte Risse bekommen. Ebenso war es mit dem Bündnis der Death & Honor Gilden. Etwas musste geschehen sein und Bigfoot konnte dies nicht akzeptieren. Zwischen solchen Handlungen und den Prinzipien der Ordnung taten sich Welten auf.

Das Zimmer war fast völlig in Dunkelheit getaucht. Nur eine Kerze auf dem Schreibtisch erhellte den Raum etwas. Krono brütete über einer großen Landkarte. So lange hatten sie versucht den Süden zu stabilisieren. Sein neuer Ratgeber hatte ihm die Augen geöffnet, ihm gezeigt wie sinnlos dieses Unterfangen gewesen war. Ihre Möglichkeiten waren begrenzt gewesen solange sie sich an diese belanglosen Regeln gehalten hatten. Prinzipien der Ordnung. Er zuckte die Achseln. Die Herren der Ordnung würden diesen neuen Weg sicher nicht akzeptieren. Doch sie waren zu jeder Zeit loyal gewesen. Solange sie sich ihm nicht in den Weg stellten wollte er sie ziehen lassen. Es war kein Platz mehr in der Nation für solch eine Gilde. Aber ihre Aufopferung mochte er trotz allem zureden seines Beraters nicht vergessen. Es gab Dinge die wollte Krono respektieren. „Du machst einen Fehler!“ kamen eindringliche Worte aus der Dunkelheit. „Vielleicht mein Freund, aber wir sind stark. Wir brauchen sie nicht für unseren Plan.“ Die Dunkelheit schien kurz anzuschwellen und die Flamme der Kerze zuckte hin und her. Widerspruch war die Stimme nicht gewöhnt. „Schicke sie nicht fort. Sie werden lange Zeit loyal zu dir stehen. Sie werden für dich kämpfen. Diese Krieger sind zu wertvoll um sie sich eventuell zu Feinden zu machen.“ Krono nickte langsam. „Nun… gut wir behalten sie bei uns.“ Er blickte auf seine Karte und stellte eine weitere Holzfigur auf die Karte. „Du bist ein guter Ratgeber.“ Ein Lachen hallte durch den Raum. „Ja. So ist es mein Herr.“

Die Herolde ritten wie von Dämonen verfolgt durch das Land von Death & Honor. Überall verkündeten sie die neuen Nachrichten. Die Proklamation ihres Führers Krono. „Höret mein Volk! Dem Stab von Death & Honor liegen Beweise vor, dass eine Verschwörung gegen mich, Euren Anführer, geplant war. Verschiedene Gruppen in unserer Nation waren nicht mehr loyal für unsere Sache. Für den Sieg der Ordnung, zum Schutz unserer Nation und um ein Exempel zu statuieren, habe ich beschlossen den Hintermännern, dieses Komplottes den Krieg zu erklären. Hiermit erkläre ich der Nation „The Chosen“ den Krieg! Wir werden sie im Namen der Ordnung niederwerfen und vernichten. Ihre Lügen, der Ordnung zu dienen und insgeheim das Chaos zu schüren, werden von diesem Land getilgt werden! Für die Ordnung! Für Death & Honor!“

Als Krono die Botschaft Chosen's einige Tage später erreichte, lachte er. Die Drohungen nahm er nicht im Geringsten ernst. Er hatte seinen Weg gewählt. Sein Berater hatte ihm neue Informationen geliefert und er wusste wer die Verbündeten der bereits vernichteten Rebellen gewesen waren. Die Nation Chosen würde für ihren Versuch ihn zu stürzen mit Blut bezahlen. Zudem enthielten die Informationen viele wertvolle Angaben über die feindlichen Truppen. Krono war klar, dass er einem sehr mächtigen Gegner den Krieg erklärte. Aber es waren Anhänger des Chaos, da war er sich sicher. Schnell würden sich ihm neue Verbündete anschließen. Mehr noch als es jetzt schon waren. Es war nur eine Frage der Zeit. Und wenn schließlich die bösartige Nation Chosen vernichtet war, würde er über den ganzen Kontinent herrschen. Die dunklen Nationen unter der Führung von Aftermath mit ihrem Lord Veil würden vor ihm zittern. Ein ebenbürtiger Gegner, ein Fürst der Ordnung welcher auch sie schließlich niederwerfen würde. „Jaaa, ein guter Gedanke, mein Freund. Du planst schon für die Zeit nach dem Sieg über Chosen.“ Das Lachen dröhnte in Kronos Kopf und er musste vor Schmerz die Augen schließen. Sein Helfer war manchmal etwas aufdringlich. Aber dieser Vorteil war die Sache wert.

„Angriff!“ brüllte Duncan und deutete mit seinem Schwert auf den Feind. Mit lautem Gebrüll prallten die zwei Legionen aufeinander. Eine offene Feldschlacht hatte es selten gegeben. Meist waren Belagerungen von Städten an der Tagesordnung. Doch hier hatte eine Legion von Chosen sich den anrückenden Truppen von Death & Honor in den Weg gestellt. Es war die einzige Legion, die Chosen auf die Schnelle hatte mobilisieren können. Die große Nation war von dem Angriff der kleinen Nation Death & Honor überrumpelt worden. Malebolgia knurrte laut und fegte zwei Feinde wie Grashalme davon. Seine Axt riss eine Lücke in die Linie des Feindes. Molly und Dragooner schickten dem Feind Feuerbälle entgegen. Schreie der Verwundeten erfüllten das Feld ebenso wie das Klirren der Waffen. Die Truppen von Death & Honor waren dem Feind weit überlegen. Disziplinierter und kampferfahrener machten sie kurzen Prozess mit dem Feind. Schritt um Schritt drängten sie Chosen zurück. Dann ertönte das Trommeln von Hufen an den Flanken. In einem schnellen Ausfall preschten zwei Abteilungen von Death & Honor Prelaten Centauren links und rechts an den Linien von Chosen vorbei. Die Gegner waren gefangen. Nur wenige Minuten später ergaben sich die Reste der feindlichen Truppen. Der erste große Sieg des Krieges ging auf das Konto von Death & Honor.

Die Vögel zwitscherten hell und laut. Die Morgensonne warf rötliches Licht auf Tanelorn, während sie sich weiter empor kämpfte. Der Imperator gähnte einmal herzhaft und blickte dann wieder auf die neuen Berichte des Krieges. Auf dem Weg zu einer kleinen Stadt von Chosen hatte sich den Death & Honor Truppen eine Legion in den Weg gestellt. Die Feldschlacht konnte ohne nennenswerte Verluste für Death & Honor entschieden werden. Das war eine gute Nachricht. Nur zehn Verwundete aus Tanelorn, keine Gefallenen. Das war das wichtigste befand Bigfoot. Dieser Krieg war ihm immer noch suspekt und allein ihr Vertrauen in Death & Honor, sowie die Loyalität gegenüber der Nation lies sie gegen Chosen in die Schlacht ziehen. Dennoch beschäftigte Bigfoot der Kriegsgrund weiter. Diese Verschwörung war kein gerechter Grund. Außerdem besaß er selbst keinerlei Informationen darüber. Bigfoot blickte unzufrieden auf seine Pergamente. Sollten sie den Krieg gewinnen, wäre das ein schaler Sieg. Zumindest aus der Sicht der Ordnung, befand Bigfoot.

Mit gerunzelter Stirn beobachtete Nylen den neuen General ihrer Legionen. Woher dieser General kam wusste niemand so genau. Nun aber führte er auf Befehl Kronos die Truppen von Death & Honor. Eine große Belagerung stand bevor und ein Sieg war unabdingbar für den weiteren Verlauf des Krieges. Krono setzte alles daran, dass diese Stadt fiel. Große Belagerungsgeräte waren errichtet worden. Die Feldlager waren mit Palisaden befestigt um einem Ausfall entgegen zu wirken. Zudem hatte Krono eine große Anzahl neuer Verbündeter und Söldner aufgeboten. Bei den Meisten dieser Krieger wusste niemand woher sie kamen. Nylen blickte zu Duncan Idaho und sah denselben nachdenklichen Gesichtsausdruck. Der General gefiel ihm ebenso wenig. Dennoch musste er seinen Befehlen folgen. Ganz in schwarz gekleidet, zwei Säbel, rechts und links am Gürtel sowie ein Helm, verziert mit einem Schädel machten den General zu einer düsteren Erscheinung. Sein narbiges Gesicht vervollständigte das Aussehen. Wie Duncan bald feststellen musste, entsprachen seine Taktiken seinem Auftreten. Er wollte die Stadt mit einer Kombination aus Aushungern und Dauerbeschuss der Belagerungsgeräte zu Fall bringen. Niemand sollte aus der Stadt entkommen. Dafür sorgten die neuen Söldner, welche jeden Fluchtversuch, auch von unbewaffneten Bürgern abfingen. Bereits drei Tage darauf beendete der General seine Taktik des Aushungerns. Er war ungeduldig geworden. Sein Versprechen Krono gegenüber, einen vollkommenen Sieg zu erringen, lies in zum Sturmangriff übergehen. Nach zwei Tagen ununterbrochenen Angriffen und unzähligen Angriffswellen, brach der Widerstand und die Stadt ging in Flammen auf. Der so sehr erwartete Sieg für Krono war da.

Nacheinander blickte Bigfoot seine Berater an. Nach den letzten Schlachten war eine Kampfpause eingetreten und die Herren der Ordnung hatten ihre Truppen zurück nach Tanelorn verlegt. Nun tagte der imperiale Beraterstab. Nach einem Augenblick ergriff Duncan das Wort. „Mein Imperator, das Vorgehen bei der letzten Belagerung glich einem Ausrottungsversuch des Feindes. Es war ein Abschlachten. Auch auf unsere Kosten. Dieser neue General schont seine eigenen Männer keinen deut.“ Bigfoot nickte. „Ich habe die Berichte gelesen und mit den Männern gesprochen. Diese Vorgehensweise ist nicht gut.“ Nylen ging um den Tisch herum zu Bigfoot und übergab ihm ein Pergament. „Es gibt Gerüchte, dass dieser General Nescra bis vor kurzem eine große Gruppe Söldner und Plünderer geleitet hat. Wir hatten mit einigen dieser Wegelagerer schon Kontakt vor einigen Wochen.“ „Krono hat also Chaosdiener in seine Reihen aufgenommen?“ fragte Molly. Nylen nickte. „Nach diesen Informationen. Aber es könnten sich auch um Fälschungen des Feindes handeln.“ „Zudem,“ ergriff Duncan abermals das Wort, “ist die Stimmung in der Truppe sehr schlecht. Ich weiß nicht wie lange sie noch den Befehlen von solchen Generälen folgen werden.“ Bigfoot stützte sich auf den Tisch und blickte in die Runde. „Ja, nicht nur wir spüren, dass etwas nicht stimmt in der Nation. Dennoch werden wir uns nicht ehrlos aus diesem Kampf davon schleichen.“ Die Berater nickten. Sie würden den Kampf weiter führen.

Verbittert blickte Krono auf eine Liste. Die Namen darauf weckten in ihm viele Erinnerungen. Alles Freunde, Verbündete und Kampfgefährten. Über die Hälfte seines Stabes hatte sich anscheinend gegen ihn aufgelehnt. Er hatte reagiert und einige Helfer hatten das Problem für ihn beseitigt. Es schmerzte ihn. Langsam schüttelte er den Kopf und legte die Liste beiseite. Der Krieg lief doch wie erwartet und dank der Hilfe ihrer neuen Verbündeten hatte sich Chosen bisher immer geschlagen geben müssen. Wozu also dieser Verrat? Krono konnte sich darauf keinen Reim machen, doch die Informationen stammten von seinem engsten Berater. Selbst Kinmaul, sein alter Freund war verschwunden. Ihn hatten seine Häscher nicht aufspüren können. Nun daran konnte man nichts ändern. Es war Zeit die finale Schlacht zu schlagen. Krono plante die Hauptstadt des Feindes niederzubrennen. Er würde tief in das feindliche Land vordringen und den Feind ins Herz treffen.

Vier Legionen marschierten auf das Herz der Chosen Nation zu. Drei weitere Legionen standen an den Frontlinien um ihnen den Rücken frei zu halten. Die Herren der Ordnung waren in die vorderste Front befohlen worden und sollten den ersten Angriff führen. Duncan Idaho ging missmutig vor seinen Männern her. Dieser Angriff würde nicht gut enden. Das hatte er im Gefühl. Sie waren viel zu tief im Feindesland und hatte zu wenig Belagerungsgerät dabei. Ihr neuer General wollte auf Geschwindigkeit setzten. Daher marschierten sie nun in einem Kräftezehrenden Gewaltmarsch auf die Hauptstadt des Feindes zu. Die ganze Taktik war falsch angelegt, hatte Duncan dem General ins Gesicht gesagt. Doch dieser hatte nur gelacht und den Kommandanten der Stahlwölfe einen Feigling geschimpft. Drei Tage später erreichten die erschöpften D&H Truppen die feindliche Hauptstadt. Erschöpft und durch Überraschungsangriffe des Feindes geschwächt, umschlossen sie die Stadt und bereiteten die Belagerung vor. Taker blickte um sich. Die Geräte waren unzureichend und seine Männer erschöpft. Wie sollten sie ohne ausreichenden Nachschub die am Besten befestigte Stadt Chosens erstürmen. Das war Irrsinn. Duncan hatte seinen Protest schon mehrmals entgegen genommen. Doch er konnte nichts tun. Sie waren dem General Nescra unterstellt und dieser hielt seinen Plan für durchführbar. Immerhin sollten nun die Herren der Ordnung nicht mehr die erste Sturmeinheit sein. Dies würden andere Kerntruppen von Death & Honor übernehmen. Die Herren der Ordnung waren zum Schutz und der Bedienung des Belagerungsgeräts abgestellt worden. Die neue Verbündeten und Söldner wollte Nescra erst später einsetzen. Eine verwunderliche Taktik, wenn man sich diesen Haufen anschaute. Eigentlich hätten sie den ersten Angriff führen müssen. Für mehr als um den Feind zu zermürben war dieses Pack eh nicht zu gebrauchen, befand Taker. Er schüttelte den Kopf und wand sich wieder den Schanzarbeiten zu. Sie hoben kleine Wälle aus, um sich vor Angriffen aus dem Umland zu schützen. Taker hoffte damit seine Leute besser zu schützen.

Am nächsten Morgen ertönten die Angriffshörner von Death & Honor. Eine Legion begann mit dem Sturm der Südmauer. Unter großen Verlusten brachten sie Sturmleitern in Stellung und versuchten die Mauern einzureißen. Vergebens. Zur Mittagszeit zogen sich die Reste, etwa ein Viertel der ursprünglichen Legion, zurück. Zum absoluten Missfallen des Generals, der sie weiterkämpfen sehen wollte. Doch die Truppen gehorchten nicht. Erst nach zwei Stunden hatten sie sich wieder gesammelt. Am Nachmittag begann die zweite Angriffswelle ihren Sturm auf die Stadt. Nun ließ der General auch die wenigen Trebuchets der Herren der Ordnung eingreifen. Die Südtürme der Stadtmauer fanden dadurch ein unrühmliches Ende. Aber die Herren der Ordnung konnten nicht ihre ganze Kraft auf den Angriff verwenden. Die Stahlwölfe und eine weitere Kampfgruppe mussten immer wieder Überfälle auf ihre Linien abwehren. Inzwischen hatte sich in ihrem Rücken anscheinend eine beachtliche Zahl an Hilfstruppen von Chosen gesammelt. Dies erkannten auch die Söldner unter dem Death & Honor Banner. Mehr und mehr von ihnen verschwanden. Sie waren die Ratten, die als erstes das sinkende Schiff zu verlassen begannen. Den Herren der Ordnung blieb das nicht verborgen. Doch der General Nescra weigerte sich den Rückzug zu befehlen. Der zweite Angriff hatte die Stadt fast sturmreif werden lassen. Mit den verbliebenen Truppen befahl er einen erneuten Angriff in den Abendstunden. Wie eine Woge brachen sich die Truppen an den Mauern der Stadt. In zweiten Anlauf taten sich erste Lücken in der Verteidigung der Mauern auf und Death & Honor Krieger sickerten in die Stadt ein. Heftige Kämpfe entbrannten an den zertrümmerten Türmen und Treppen in der Stadt. Nachdem eine Bresche geschlagen war, drängten nun immer mehr Krieger über die Leitern auf die Mauer. Nur das so wichtige Torhaus blieb fest in der Hand von Chosen. Die Herren der Ordnung hatten derweil wieder Gesellschaft bekommen. Die Verstärkung hatte abgewartet bis die Stadt dem Fall nahe war und erst dann hatten sie angegriffen. Nun stürmte sie aus ihrer Deckung und versuchte die Herren der Ordnung zu überwältigen, welche der Angriffsstreitmacht von Death & Honor den Rücken deckte. General Nescra blickte missmutig auf das Geschehen. Die Stadt war fast in seiner Hand. Reichtum für alle. Ein Fest für jeden Plünderer. Und doch hatte dies seine Männer nicht genug motiviert. Der Angriff kam ins Stocken, obwohl inzwischen große Teile der Mauer in ihren Händen waren. Aber das wichtige Torhaus konnten sie nicht erobern. Zu allem Unglück schossen die Trebuchets der Herren der Ordnung nicht mehr. So hätte man das Torhaus mürbe schießen können. Doch inzwischen war man selbst eingekesselt und die Herren der Ordnung kämpften verbissen mit immer neuen Angriffswellen der Verstärkung von Chosen. In diesem Augenblick traf offensichtlich Verstärkung für die Stadt ein. Neue Truppen drängten auf die Mauer und viele Death & Honor Krieger zogen sich zurück. Nescra runzelte die Stirn. Es war wohl Zeit zu gehen, überlegte er. Er nickte seinem Adjutanten zu und verließ seinen Platz.

Der Imperator schlug mit der Faust donnernd auf den Tisch. Wütend horchte er den Bericht von Duncan Idaho, Taker und Molly Witchblade. Der Angriff auf die Hauptstadt des Feindes war ein völliges Desaster. Zu allem Überfluss hatte sich der anfangs von Krono so gelobte General dezent abgesetzt, als die Schlacht verloren ging. Einzig der Zähigkeit einiger Veteranen von Death & Honor und der Herren der Ordnung war es zu verdanken gewesen, dass ein Teil der Truppen zurückgekehrt war. Sie hatten sich mehrere Tage durch das Feindesland gekämpft und dabei schwere Verluste erlitten. Fast alle Ausrüstung hatten sie zurück lassen müssen. Das war nun fünf Tage her und erst jetzt erfuhr Bigfoot davon. Die Kuriere von Krono hatten diese Niederlage mit keinem Wort erwähnt. Erst als die völlig erschöpften Truppen der Herren der Ordnung sich nach Tanelorn geschleppt hatten, wurde ihm die ganze Wahrheit offenbart. Den ganzen Tag besprach sich der imperiale Stab mit Bigfoot. Die Lage hatte sich geändert. In den Augen der Herren der Ordnung waren sie verraten worden. Man hatte sie in diesen Krieg gestürzt und doch war man loyal an der Seite der Nation gestanden. Viele kleine Kämpfe, aber auch große Schlachten hatte man für Krono in diesem Krieg geschlagen. Doch dieser hatte sich nicht um sie gekümmert. Hatte sie vielleicht einfach verheizen wollen. Der Tag verging und in der Nacht erreichten neue Nachrichten Tanelorn. Kleiner Gruppen der Death & Honor Nation hatten sich abgespaltet und einen separaten Frieden mit Chosen geschlossen. Dies Bestärkte den Eindruck, dass ein Wendepunkt im Krieg erreicht worden war. Ein Wendepunkt zu ungunsten Death & Honors.

Der nächste Morgen brachte Regen wie Bindfäden. Ein grauer Vorhang lag über Tanelorn und verwandelte die Gassen in Rutschbahnen. Nur die Wachen waren in nassen Umhängen auf den Straßen unterwegs um nach dem Rechten zu sehen. Wer nicht musste, blieb zuhause. In dem kleinen Raum, der dem imperialen Stab als Beratungszimmer diente, gingen derweil die Diskussionen weiter, die gestern Nacht wegen der späten Stunde beendet worden waren. Niemand konnte so recht glauben, wie Krono sich so verändert hatte. Die Reaktion darauf schien eigentlich klar. Doch das Loyalitätsgefühl gegenüber Krono war durch lange Verbindung gewachsen. Niemand mochte es so einfach zerschneiden. Natürlich hatte es auch etwas damit zutun, dass viele glaubten, jetzt aus der Nation auszuscheiden, würde die Herren der Ordnung als Feiglinge brandmarken. Wird es zu heiß, ziehen sie sich zurück. Doch Angesichts des Verhaltens von Krono diente er wohl nicht mehr der Ordnung und ein Austritt schien unumgänglich. Wie um diese Entscheidung zu bekräftigen, erschien ein alter Bekannter in Tanelorn. Zuerst erkannte ihn niemand in seiner zerschlissenen Kleidung und dem heruntergekommenen Aussehen. Erst als er wehement um eine Audienz bei Bigfoot bat, führte man ihm dem Imperator vor. „Kinmaul!“ rief Bigfoot überrascht. Er stand auf und ging auf den alten Kampfgefährten aus den Reihen von Death & Honor zu um ihn die Hand zu schütteln. „Wie seht Ihr denn aus? Was ist geschehen?“ Kinmaul lächelte gequält und zupfte an seinem zerissenen Umhang. „Verzeiht mein Auftreten. Aber ich flüchte nun schon eine lange Zeit vor den Meuchelmördern Kronos.“ Der Imperator versteifte sich. „Was!? Wie meinst du das?“ „Nun, Krono schien der festen Überzeugung zu sein, ein paar seiner Berater, darunter auch ich, hätten sich gegen ihn verschworen. Seine Antwort war, alle zu beseitigen. Nur dank eines guten Freundes, gelang es mir rechtzeitig Defiance zu verlassen.“ Bigfoot blickte erschrocken drein. „Krono muss wahnsinnig sein.“ Kinmaul nickte müde. „So ist es wohl. Auf meinem Weg habe ich immer öfter ehemalige Mitglieder der Nation getroffen, die ebenfalls auf der Flucht sind oder die Nation verlassen haben. Krono zerstört unser Lebenswerk. Alles was wir erreicht haben. Viele Dörfer und Ortschaften liegen bereits in Trümmern. Nur hier scheint noch relative Ruhe zu herrschen.“ „Ja, bisher war Chosen so gnädig und hat sich auf die ihnen näher liegenden Städte konzentiert. Aber lange wird das nicht mehr so bleiben.“ „Darum bitte ich Euch Bigfoot. Verlasst Death & Honor. Es ist nicht mehr die Nation, die sie noch vor einigen Monaten war. Für meinen Teil ist die Nation bereits tot. Krono hat die Nation in seinen Wahn in den Untergang geführt. Ich möchte mich dafür entschuldigen. Ich … ich hätte es ahnen sollen.“ „Wie hättet ihr es ahnen sollen mein Freund? Wir erkennen auch erst seit kurzem die ganzen Ausmaße des Verrats, des Wahnsinns. Dennoch danke ich euch für diese Worte. Das zeigt, dass es Krono ist, der uns verraten hat, nicht die Nation.“ Noch am selben Tag verbreiteten Herolde der Ordnung die Loslösung der Herren der Ordnung von Death & Honor und den Austritt aus dem Krieg.

Gemütlich schlenderte Gavin wieder einmal durch Tanelorn. Trotz ihrer Loslösung von Death & Honor war es ruhig geblieben. Einige hatten zuerst befürchtet, sie würden angegriffen werden. Aber die Trennung hatte anscheinend in beiderseitigem Einvernehmen stattgefunden. Oder zumindest hatte Death & Honor andere Sorgen. Nun waren die Herren der Ordnung wieder allein. Das bedeutete natürlich auch eine Menge mehr Arbeit für die Führung. Bisher hatte man den Anschluss an Death & Honor vor allem als eine Entlastung des kleinen Expeditionsheeres gesehen. Da Death & Honor und die Herren der Ordnung ähnliche Ansichten verinnerlicht hatten, war es nur logisch gewesen sich den Aufwand der Außenpolitik zu teilen. Nun musste die Führung das alleine bewältigen. Gavin beneidete sie nicht gerade darum. Jeden Abend sah er noch bis tief in die Nacht Licht in den Hallen der Führung brennen. Zwar mochte es ruhig sein in den Gebieten der Ordnung, aber angeblich geriet der Krieg von Death & Honor zu einem absoluten Desaster. Das konnte sich schnell auch auf Tanelorn auswirken, selbst wenn man nun neutral war. Gavin blieb vor dem Baum des Lebens stehen und blickte nach oben. Eine Amsel hüpfte über einen Ast und flog dann davon. Solche Gedanken waren wirklich nur dazu da, einem die Laune zu verderben. Er schüttelte den Kopf und beschloss die Taverne zu besuchen. So ruhige Zeiten konnte man eigentlich nur mit einem guten Bier begießen. Gavin war sich sicher, dass es nicht lange so bleiben würde.

Es war das Ende der vierten Woche des Krieges, den D&H angezettelt hatte. Wieder standen Feinde vor den Toren von Defiance. Krono blickte mit bitteren Gesichtszügen auf das Häufchen Verteidiger, dass ihm noch blieb. Nur eine Gilde war seiner Nation noch treu. Und dies nicht, weil sie seine Vorstellungen teilten, sondern weil ihnen ihr Treueschwur heilig war. Trotzdem waren sie auch mit der Hilfe der Zen Knights zu wenige. Vor den Toren lagen sechs oder sieben Legionen. In den Mauern befanden sich nicht einmal genügend Männer um eine halbe Legion zu bilden. Die Bewohner der Stadt waren schon vor Tagen Richtung Osten geflohen. Viele hofften auf Zuflucht in Tanelorn. Krono gefiel dieser Gedanke gar nicht. Aber er konnte es nicht ändern. Statt sich bei der Serie seiner Erfolge anzuschließen, hatten all die Nationen auf die er als Verbündete gehofft hatte, einfach nur zugesehen. Die Herren der Ordnung hatten sich wie angekündigt nicht mehr eingemischt. Insgeheim hatte er gehofft den Imperator wieder für sich gewinnen zu können. Doch angeblich hatte der Verräter Kinmaul die Meinung Bigfoots über Krono verdorben. Doch dies war nun alles unwichtig. Es war vorbei. Die Serie von Erfolgen hatte sich in eine totale Niederlage gewand. Das Gemetzel auf dem Rückzug von der Haupstadt des Feindes war der Wendepunkt gewesen. Müde blickte er zu seinen Männern. Ohne etwas zu sagen wand er sich um und ging wieder in seinen Palast. Nicht einmal ein paar Worte für seine Männer konnte er sich abringen. Die Belagerung begann und bereits die erste Welle bezwang die Mauern. Für die Angreifer war es ein leichtes in die Stadt zu gelangen. Die meisten Verteidiger warfen entmutigt ihre Waffen weg und ergaben sich. Krono saß derweil in seinem Zimmer und wartete darauf, dass ihn der Feind fand. Es gab kein Entkommen mehr. „Warum,“ fragte er. „Habe ich nicht genau das getan, was du mir empfohlen hast?“ Ein Lachen war die Antwort. Wie ein Schmerz fuhr es Krono in die Stirn. „Hör auf damit. Was soll das? Siehst du nicht die Niederlage? Die Ordnung wird untergehen. Ich habe versagt.“ „Ja die Ordnung wird untergehen. Aber du mein Freund hast wahrlich nicht versagt,“ antwortete ihm die Stimme. „Was? Das verstehe ich nicht. Gleich werden sie hier sein und dann ist es vorbei. Ich habe versagt. Trotz der Hilfe des Allvaters und der Stimme die er mir schickte.“ Ein grausames Lachen hallte durch den Raum. Krono verkrampfte es dabei alle Muskeln. „Dem Allvater? Das ist witzig. Dem Allvater? Nein dem hast du nicht gedient.“ „Was? Aber.. Wem habe ich dann?“ Eine dunkle Gestalt schälte sich aus dem Schatten. Rote Augen glühten auf und es formten sich die Umrisse einer gehörnten Gestalt. „Dem obersten Lord der Leere natürlich. Nur für ihn hast du viel Blut vergossen und ihn für seine neuerliche Ankunft gestärkt.“ Krono raufte sich die Haare und schüttelte den Kopf. „Nein, nein, dass kann nicht sein.“ Die Gestalt breite die Arme aus. Breite Pranken mit langen Krallen daran. „Oooohh doch Krono. Du hast die mächtige Ordnungsnation Death & Honor ins Verderben geführt. Das Chaos und seine Diener werden daraus gestärkt hervorgehen.“ Er streckte sich. „Ahhh, all dieses Leid und die vielen Leben. Spürst du es? Wunderbar!“ Krono sprang auf uns warf sich mit einem wütenden Schrei auf die Gestalt. In seiner Hand blitze ein langer Dolch auf. Mit einem tiefen Lachen umfasste der Dämon Krono und schien ihn zu verschlucken. „Ach du armer Narr. Nun wirst du meinem Lord dienen. Aber keine Sorge wir werden schon bald wieder auf diese Welt zurückkehren.“ Lachend verschwand die Gestalt wieder im Schatten.


Ehre und Stärke

Die ehemals so prächtige Hauptstadt Defiance wurde im Zuge des Krieges völlig geschleift. Kein Stein blieb auf dem anderen. Die Nation Death & Honor war Geschichte und würde nie wieder auferstehen. Krono wurde nie gefunden, obwohl einige Plünderer von Defiance behaupteten, ihn in seinem Palast gehört zu haben. Doch als sie sein Arbeitszimmer stürmten, fanden sie nur einen in Trümmern liegenden Raum und einen Dolch, der seltsamerweise in der Wand steckte. Niemand wusste was nach dem schrecklichen Schrei, den sie vernommen hatten, mit dem Anführer ihrer Feinde geschehen war. Die Herren der Ordnung dagegen gingen aus dem Sturm des Krieges, der über den Süden gefegt war, fast unbeschadet heraus. Tanelorn erblühte weiter als ruhender Pol im Süden und war schon bald ein wichtiges Zentrum für diese Region. Ebenso entwickelte sich Eternal zu einer Stadt und ein Baum des Lebens wurde gepflanzt. Die neuen Diplomaten der Ordnung erreichten viel in der nächsten Zeit. Zu allen wichtige Nationen der Region wurden Kontakte geknüpft. Doch alle Angebote sich doch einer anderen Nation anzuschließen, lehnten die Herren der Ordnung ab. Sie wollten von nun an ihren eigenen Weg auf Carnage gehen. Ihre Stärke war gewachsen und es schien sinnvoll dies zutun. Ihr Ruf als Kämpfer eilte ihnen zudem voraus. So war anderen Nationen bewusst, dass die kleine Nation der Ordnung mehr vollbringen konnte, als es auf den ersten Blick den Anschein haben mochte.


Kapitel 6  

Neue Banner über Ferenginar

Mit einem Ächzen stemmte Gavin den nächsten Stein nach oben. Schnaufend hielt er einen Augenblick inne und wischte sich den Schweiß von der Stirn. Es war natürlich schön, dass Tanelorn nun endlich begann eine echte, wehrhafte Steinmauer zu errichten. Aber eigentlich hatte er gehofft, sich vor diesen Arbeiten drücken zu können. Er verzog das Gesicht, als ein weiterer Karren mit Steinen aus dem Steinbruch im Norden durch das bereits fertig gestellte Tor rollte. Neidisch blickte er auf Malebolgia. Der kräftige Minotaure hob einen Stein nach dem anderen nach oben. Es hätten auch Federkissen sein können, hatte es den Anschein. Gavin schüttelte den Kopf und entschloss sich eine Pause zu machen. Da waren ja die großen Treibjagden erholsam dagegen, und das war schon immer eine Strapaze gewesen. Nachdem sie durch andauernde Treibjagden nicht nur die Umgebung weiträumig vom Chaos gesäubert hatten, sondern auch große Summen an Beute gemacht hatten, folgte der nächste Schritt. Ohne das Gold, welches durch die Jagd beschafft worden war, hätten sie diese Mauern nicht finanzieren können. Gavin fragte sich plötzlich, warum er sich so bei der Jagd ins Zeug gelegt hatte. Das hatte er nun davon. Kopfschüttelnd ging er zurück zu der langsam wachsenden Mauer. Der Karren musste entladen werden. Einzig die Steinmetze schienen sich darüber zu freuen, eine neue Ladung entgegen zu nehmen.

Ein Storch segelte langsam vom Himmel und landete schließlich gemütlich bei seinem Nest, auf dem Dach der Kirche. Der blaue Himmel war durchzogen von kleinen Wölkchen, durch welche die Sonne fast hindurch schien. Einige Tauben gurrten im Baum des Lebens, im Zentrum der Stadt. Sie schienen sich um die kleine Gruppe zu ihren Füßen keine Gedanken zu machen. Ein Funkeln, welches nach oben geworfen wurde, lenkte dann doch ihre Blicke auf den Boden. Doch keine Taube machte sich die Arbeit hinab zu segeln um nach zu schauen, ob vielleicht etwas Futter abfiel, bei dem was die Personen da taten. Die Prunkrüstung des Imperators war an diesem warmen Tag eine doppelte Last, fand Bigfoot und ziepte sich versteckt am eisernen Kragen. Zu schwer, zu unhandlich und nun auch noch zu warm. Leise seufzend blickte er sich um. Sein Lächeln hielt er trotz allem aufrecht. Er wollte auf keinen Fall unfreundlich sein. Außerdem, was wollte er eigentlich. Dies war ein Tag der Freude. Nach dem Niedergang der großen Death & Honor Nation waren die Herren der Ordnung zum echten Faktor für Ruhe und Frieden in der Region geworden. Dies wurde nun belohnt. Ihre Nachbarn, die Gilde Ferengi Allianz und ihre kleine Stadt Ferenginar schloss sich Tanelorn an. Bigfoot schüttelte die Hände der einzelnen Vertreter. Nach einigen Wechseln in der Führung der Ferengis, hatten die verbliebenen Führer Kontakt zu den Herren der Ordnung gesucht. Schließlich hatte sogar einer der Diplomaten der Ordnung, zusammen mit einem Stab aus einigen Ferengis, die Gildenleitung übernommen. Der Anschluss an Tanelorn war also nur noch reine Formsache. Trotzdem war es ein Ereignis. Molly Witchblade war in einem smaragdgrünen Seidenkleid erschienen, es war eine spezielle, sehr aufwendige Anfertigung des Meisterschneiders von Tanelorn. Der Schneider hatte seine ganze Fingerfertigkeit eingesetzt und ein Kleid geschaffen, welches an der richtigen Stelle betonte und an anderen genügend Fragen offen lies. Eine elegantes, aber sicherlich magisches Amulett und zwei ebenfalls silberne Armreife komplettierten ihren Auftritt. Dies und die langen, wallenden Haare, die sie offen trug, machten sie zum Mittelpunkt der kleinen Feier. Eigentlich hätte sich Bigfoot die Prunkrüstung sparen können, überlegte er und stieß mit Nylen erneut an. Der Diplomat hatte angesichts seines Erfolges schon mit vielen angestoßen und stand entsprechend unsicher. Nach einem weiteren Schluck entschloss er sich kurzerhand den Baum des Lebens als Rückendeckung zu verwenden und lehnte sich lächelnd an. Duncan Idaho stand etwas abseits und unterhielt sich mit seiner Begleiterin Engel. Taker unterhielt mit einigen Geschichten aus der Heimat die umstehenden Zuhörer. Die Feier würde noch eine Weile so weiter gehen, überlegte Bigfoot. Er kniff die Augen zusammen und blickte nach oben. Auf dem Dach der Kirche, gleich neben dem Storchennest, flatterte seit diesem Morgen das Banner der Ordnung. Es war eine gute Entscheidung gewesen, das Imperium und seine Prinzipien auch nach Carnage zu tragen. Jetzt schien sich alles zu bestätigen was Bigfoot sich von dieser Expedition erhofft hatte. Allerdings holten ihn auch hier die Pflichten seines Amtes ein. In diesem Fall eine Pflicht, die er wohl noch öfter an diesem Tag ausüben würde. Die Gäste forderten ein neues Fass Bier und dies musste wohl oder übel der Imperator anstechen. Heute Abend werde ich ebenfalls wie ein Bierfass riechen, überlegte Bigfoot und ging lachend zum kleinen Ausschank im Schatten des Baumes. „Höret Volk der Ordnung! Mit der mir verliehen Macht, mit dem imperialen Segen und meiner Kraft sage ich Euch: Möge das Bier fließen!“ *Plok*


Der Turm der Zauberweber

Nach der großen Feier in Ferenginar, von der noch immer ganz Tanelorn sprach, war es erst einmal relativ ruhig zugegangen. Sowohl im Markttreiben der Stadt als auch was die anderen Aktivitäten betraf. Die ersten Tage stand die Ruhe vermutlich unter dem Motto, den Kater bekämpfen und sonst wenig tun. Gavin schmunzelte immer noch beim Gedanken an die vielen Gäste, die er und einige andere Wachen abtransportiert hatten. Er selbst hatte sich, aufgrund seiner Pflicht zurückhalten müssen. Das bedauerte er zu Weilen. Aber immerhin blieben ihm nach solchen Feiern Kopfschmerzen erspart. Eine Tatsache die Elenora immer etwas beunruhigte. Auch nach einigen Tagen blieb es relativ ruhig in der Stadt. Gavin und Duncan Idaho hatten ihre Fechtübungen wieder aufgenommen. Hin und wieder zogen Jagdgruppen aus um verstreute Monster zu hetzen. Es schien als ob sich das Land eine Ruhepause von alle den Kriegen gönne. Gavin gefiel diese Ruhepause sehr. Selten hatte er soviel Zeit gehabt seine Kampffertigkeiten zu verbessern und seine Reisekasse etwas aufzubessern. Aber nach der Ruhe folgt der Sturm, dass war eine alte Weisheit. Inständig hoffte Gavin, dass der Sturm an ihnen vorbei gehen würde. Oder noch besser, sie der Sturm sein würden. Immerhin war man trotz allem nicht untätig. Immer wieder beobachtete Gavin, wie Boten und Diplomaten in Tanelorn eintrafen. Man baute die Beziehungen zu den Nachbarn konsequent aus. Selbst zu der Nation der Frösche gab es inzwischen halbwegs gute Beziehungen. Weitere geschickte Schmiede und Juweliere waren in die Stadt gezogen und bereicherten das Marktleben nun mit Spezialanfertigungen für die Kunden. Auch Gavin war schon bei einem der Rüstungsschmiede gewesen und hatte besondere Rüstungsteile geordert. Ein wenig Magie und sei es in seinen Brustharnisch eingearbeitet, nahm auch ein Krieger gerne an.

Gemütlich, wie so oft, schlenderte Gavin über den Platz im Schatten des Baumes von Tanelorn. Die Markstände waren noch offen, obwohl der Abend hereinbrach. Eine köstliches Aroma nach gerösteten Nüssen und Honig wehte über den Platz. Erst als er den Rand des Marktes erreichte, verflog der Geruch und wurde durch den Geruch von heißem Eisen abgelöst. Hier befanden sich die Schmieden, dicht an dicht. Das Singen der Ambosse lies ihn wissen, dass auch jetzt noch in allen Schmieden gearbeitet wurde. Die Auftragslage musste sehr gut sein. Nicht nur aus Tanelorn kamen die Kunden, sondern selbst aus dem hohen Norden oder über die See aus dem Wüstenreich der Irekei’s. Während er durch das Viertel der Schmieden schlenderte lugte Gavin ab und an durch ein Fenster. Die düsteren Schmieden, mit dem tiefroten Glimmen der Esse faszinierten ihn. Wie die Schmiede den Amboss regelrecht zum Singen brachten, war ihm ein Rätsel. Für diesen Beruf war man entweder geboren oder man sollte ihn schlicht nicht ausüben. An das Viertel schloss sich ohne große Unterbrechung ein kleinerer Stadtteil an, der die Goldschmiede und Zauberer beherbergte. Auch hier vernahm Gavin Hämmern, allerdings wesentlich leiser. Hier wurden wohl einige der schönsten Geschmeide und magischen Gegenstände des Kontinents gefertigt, die man derzeit erwerben konnte. Egal ob Gold, Silber oder Bronze. Egal welcher Edelstein oder welches magische Artefakt gefasst werden sollte. Hier gab es die richtigen Handwerker und Zauberer dafür. Auch Elenora hatte von hier einige besondere Geschmeide geschenkt bekommen. Gavin lächelte als er an ihr Gesicht dachte. Nun bei Schmuck konnte man zumindest wenig falsch machen. Doch heute war sein Ziel, ein kleiner Platz hinter den Gebäuden der Manufakturen. Er steuerte den gerade erst fertig gestellten Turm der Zauberweber an. Fast unnatürlich schien sich der Turm in den Himmel zu schrauben. Völlig aus schwarzem Granit erbaut, schien ein schwarzer Dorn aus der Stadt zu ragen. Die Verzierung war nicht minder imposant. Gavin legte den Kopf nach hinten und pfiff anerkennend. Das Muster war zu einer Schlange gearbeitet, welche sich den Turm hinauf bis unter das Dach wand. Aus welchem Material die Verzierung bestand wusste er nicht, aber es mochte Elfenbein sein oder die Schuppen eines Drachen. Eine kleine Mauer umrahmte das Areal und endete in einer Lücke in direkter Linie zum Turmtor. In zwei kleinen schwarzen Obelisken links und rechts des Einganges flackerte blaues, kaltes Feuer. Gavin trat an eine der Flammen. Er hielt die Hand hinein. Sie waren nicht nur von ihrer Ausstrahlung her kalt. Magisches Feuer, eine Lampe ohne Öl. Irgendwie unheimlich, überlegte Gavin und ging zum Tor des Turmes. Elenora würde schon im Saal im Inneren sein. Trotzdem hielt er einen Augenblick inne. Dieser ganze Zaubererverein und ihr Hokuspokus. Ihm war oft ein wenig flau im Magen wenn er zusah wie jemand zauberte. Ausgenommen in einer Schlacht. Da hatte er als Krieger andere Sorge. Nun er war zu dieser besonderen Feier eingeladen worden, da sollte man die Gastgeber nicht warten lassen. Er atmete tief ein und öffnete die Tür.

Zum dritten Mal strich sie über ihre Robe. Ein oder zwei gestickte Runen glommen auf, verschwanden aber sofort wieder. Molly war nervös. Viele Gäste waren gekommen. Endlich eröffneten die Zauberweber eine echte Vertretung in Tanelorn. Ähnlich dem Turm in der ewigen Stadt oder in der Akademie der Zauberweber in Coven, hatten sie nun einen Turm errichtet. Weithin war er zu sehen und kennzeichnete Tanelorn als große Stadt mit viel magischer Macht. Bald würden sie sogar zwei Lehrmeister einstellen um willigen Schülern die Wege der Magie zu öffnen. Es war ein großer Tag. Lächelnd trat Molly Witchblade vor die versammelten Gäste. Sie neigte leicht den Kopf. Ihre Robe folgte der Bewegung und einen Augenblick glommen wieder die Runen auf. In Wellenförmigen Bewegungen wanderte das Glimmen über ihre Robe. Sie lächelte. „Ich begrüße Euch. Es ist mir eine Freude, so viele Freunde der Zauberweber in diesem Saal versammelt zu sehen.“ Sie blickte in die Runde und nickte einigen besonderen Gästen zu. Mit einer Bewegung begann etwas im Saal zu Murmeln. Zuerst hätte man denken können, einige Gäste wäre unhöflich und unterhielten sich gedämpft. Doch schnell wurde klar, dass dies wohl Stimmen aus einer anderen Ebene waren. Molly vollführte eine weitere Geste ohne zu erklären was geschah. Die Zauberweberin stand im Zentrum des Saals. Um sie herum glomm ein ritueller Kreis auf. Einige Gäste traten zurück und beäugten diesen. Molly Witchblade wand sich wieder an die Gäste. „Dieser Kreis wird das Zentrum der Zauberweber auf Carnage sein. Von hier aus können wir selbst in die ferne Heimat Nachrichten schicken oder sogar Verbindung aufnehmen. Solch einen ritueller Kreis findet sich in jedem Domizil der Zauberweber.“ Sie lächelte und öffnete einen kleinen Beutel, der wie aus dem Nichts in ihrer Hand erschienen zu sein schien. Sie streute einen Teil des Inhalts aus und der Kreis flackerte in blau und grün auf. Kleine Flammen schossen nach oben. Ein Raunen ging durch den Saal. Mit so einer Darbietung hatte niemand gerechnet. Selbst die Magier von Carnage sahen selten solche Dinge. Doch es war nichts gegen das was nun folgen sollte. Das kalte, magische Feuer steigerte sich, als Molly Worte der Macht sprach und andere Zauberweber darin einstimmten. Ein Flimmern sammelte sich im Zentrum des Kreises und Molly trat zurück. „Dies ist etwas besonderes. Wir haben lange an diesem Zauber gearbeitet. Nur für die Einweihung dieses Turmes wurde er geschaffen. Er wurde vor allem für unsere Gäste von Carnage erstellt. Für die Gäste aus unserer Heimat wird es aber sicher ebenfalls eine Freude sein einen Blick darauf zu werfen.“ Ein vielstimmiges Raunen ging durch den Saal. Das Flimmern im Kreis wandelte sich zu einem fast vollständigen Bild. Einzig die Ränder schienen ausgefranst, aber ansonsten blickten die Gäste auf ein Gemälde. Eine mächtige Stadt war zu sehen. Mächtiger als dass sie hätte auf Carnage stehen können. Selbst die Hauptstadt der mächtigsten Nationen auf Carnage konnten sich mit dieser strahlenden Stadt nicht messen. Molly vollführte weitere Gesten. Das Bild begann sich zu bewegen. Die weißen Vögel, eben noch starr in der Luft, segelten nun über die Türme der Stadt. Die Banner wehten im Wind. Ein goldener Sonnenstrahl brach durch die weißen Wolken und erhellte die Stadt. „Die ewige Stadt,“ hauchte es irgendwo aus dem Saal. Molly lächelte. „Ja, das ist die Ewige Stadt. Das Herz der Imperiums der Ordnung. Der Diamant unserer Heimat.“ Das Bild bewegte sich weiter und schien über die Stadt zu schweben. Erst nach einiger Zeit begriff man, dass man dies alles aus den Augen eines Vogels zu sehen schien. Die Zuchauer wurden Zeuge wie der Vogel über die Ewige Stadt segelte, dann abdrehte und in das offene Land flog. Über kleine Dörfer. Friedliche Landschaften und üppige Felder. Dann wechselte die Perspektive. Ein anderer Blick, aber immer noch aus der Höhe. Wieder schien es ein Vogel zu sein, mit dem man den Blick teilte. Sie schwebten hoch über der Akademie der Zauberweber. In Coven schien ihre Anwesenheit bemerkt. Ein alte Magier stand auf dem Balkon des größten Turmes und blickte lächelnd zu ihnen nach oben. Der Blick schweifte ab. Graue, schneebedeckte Gebirge kamen in Sicht und man näherte sich ihnen. Ein kleines Dorf lag unter ihnen. In der Menge hörte man Elenora murmeln. „Schau Gavin, Aras’ unsere Heimat.“

Wieder wechselte die Perspektive. Sie flogen mit drei Möwen. Vermutlich waren sie die Vierte im Bunde. Unter ihnen erstreckte sich eine mächtige Hafenstadt. Ortu war seit ihrer Abfahrt enorm gewachsen. Duzende Schiffe lagen hinter den Kaimauern. Überall wehten die Banner der Ordnung. Die Möwen drehte ab und flogen auf das Meer hinaus. Vor ihnen lag nur das Meer und das orange der untergehenden Sonne. Hier erstarrte das Bild wieder und wurde durchsichtiger. Es blieb still im Saal. Erst nach und nach kam Bewegung in die versammelte Gesellschaft. Applaus wurde laut. Molly neigte leicht den Kopf. „Ich hoffe dies war eine würdige Einweihung unseres Turmes,“ sagte sie schlicht. Die kleine Einweihungsfeier dauerte noch die halbe Nacht. Bis auch der letzte Gast gegangen war, stand der Mond hoch am Himmel und tauchte Tanelorn in sein silbernes Licht.


Die Vogelfreien

Seit der besonderen Einweihungsfeier der Zauberweber waren vier Tage vergangen. Die Zauberkünste und Bilder von der Heimat hatten das Gelage von Ferenginar als Gesprächsthema Nummer eins verdrängt. Selbst eine Woche später brodelte die Gerüchteküche um die Obst- und Gemüsestände des Marktes herum. Mit solchen Dingen konnte sich Duncan Idaho momentan nicht auseinander setzten. Der Imperator hatte ihn erneut auf Banditenjagd geschickt. Zu seinem Bedauern durfte er dieses Mal nicht gleich wieder eine Garnison gründen. Eigentlich Schade. Dieses Mal wäre ihm auch ein passender Name einfallen. Langsam ging er durch das Feldlager, begrüßte einige Krieger, klopfte hier und da ein paar Schultern um dann wieder weiter zu ziehen. Eine wichtige Aufgabe für einen Kommandanten. Immer sollte man bei der Truppe selbst sein, sonst verlor man den Blick für die Lage. Der Regen hatte das Lager in eine kleine Schlammwüste verwandelt. Nicht sehr angenehm, aber dies war der einzige Platz, den sie gut für ein Lager verwenden konnten. Sie lagerten drei Tagesmärsche von Tanelorn, nahe einem kleinen Wäldchen. In der letzten Woche hatte es hier immer wieder Überfälle und Plünderungen gegeben. Bigfoot hatte die Banditen kurzerhand für vogelfrei erklärt und ein Duncan ausgeschickt, das Problem zu lösen. Nun waren sie hier, aber niemand hatte sich blicken lassen.

Gavin blieb stehen und horchte. Nichts. Oder? Dieser verdammte Wald machte ihn wahnsinnig. Die Sicht betrug zwei Wurzeln nach vorn und zwei zur Seite. Jeder Baum ein möglicher Hinterhalt. Das kann nicht gesund sein, überlegte er und wischte sich den Schweiß von der Stirn. Ein Sirren in der Luft lies Gavin zusammen fahren. Hinter ihm schrie einer der Kameraden auf. Fluchend blickte sich Gavin um und versuchte die Richtung festzustellen, aus der geschossen worden war. Sie suchten Deckung, aber nicht geschah. Die fünf Männer, inklusive der ins Bein Getroffene verkrochen sich hinter hoch aufragenden Wurzeln und dicken Stämmen. Zweimal erwiderte der Magier das Feuer mit einem Blitz. Nichts rührte sich. Schließlich wagten sie sich weiter vor. Sie schlichen von Baum zu Baum, bis sie die vermeintliche Stelle eingekreist hatten, von wo der Pfeil kam. Der Schütze war natürlich längst verschwunden. Hinter einem Baum fanden sie einige Fußabdrücke im weichen Erdboden. Entnervt trat Gavin gegen einen Baum. Solche Taktiken hasste er wie die Pest. Was würde er jetzt für eine offene Feldschlacht geben.

Müde trat Gwyn Silberhaar vor die Türe. Sie war es gewohnt früh aufzustehen. Aber heute wollte ihr Körper das wohl nicht so wirklich verstehen und wehrte sich noch. Langsam rieb sie sich die Augen und machte einen Schritt nach vorn. Ein schmatzendes Geräusch ließ sie verdutzt inne halten und nach unten blicken. Sie war geradewegs in einen Pferdeapfel getreten. Fluchend versuchte sie den Unrat von ihrem Stiefel zu bekommen. Ein Lachen lenkte sie von ihren wütenden Reinigungsversuchen ab. Molly Witchblade war ebenfalls schon auf den Beinen und kam zu ihr. „Ah einen guten Morgen meine Gute. Wie ich sehe hast du schon einen echten Treffer gelandet.“ Gwyn verzog das Gesicht. „Ja ein wunderbarer Morgen. Das ist nicht mein Tag heute.“ Gerade als die beiden Frauen sich in Richtung des Ostviertels von Tanelorns aufmachen wollten, hörten sie Hufgeklapper auf den Pflasterstein erklingen. „Da haben wir ihn ja,“ murmelte Gwyn und zog Molly mit sich in eine Seitengasse. „Den erwischen wir. Ich werde den Kutscher oder Boten windelweich prügeln.“ Molly rollte mit den Augen und lächelte. Als das Hufgeklapper ganz nahe war, sprang Gwyn aus ihrem Versteck. „Ha! Da haben wir ihn! Du Stadtverschmutzer!“ rief sie. Schlagfest Donnerhuf, der Centaurenprelat blickte Gwyn verdutzt an. „Was?“ Gwyn deute auf die Pferdeäpfel auf der Straße. „Wer sonst. Du warst das. Und ich trete hinein. Na warte…“ Sie ging mit geballter Faust auf den Centauren zu. Schlagfest tänzelte einen Augenblick nervös auf der Stelle, dann wich er zurück. „Also ich hab keine Ahnung wovon du sprichst.“ Er blickte zu den Pferdeäpfeln. „Du glaubst doch nicht ernsthaft, dass ich nicht bei mir halten kann wenn ich in Tanelorn bin?“ Molly konnte Gwyn gerade noch aufhalten. Sie lächelte. „Sicher ein Missverständnis. Komm Gwyn also wirklich. Wie kannst du nur.“ Schlagfest schüttelte den Kopf und tippte sich mit einem Finger an die Stirn. Gwyn schimpfte noch eine Weile, ließ den Centauren aber ziehen. Sie drohte sogar den Imperator einzuschalten. Molly Witchblade lachte nur. „Du hast recht. Das ist nicht dein Tag.“

„Vorwärts! Los, los, los!“ brüllte Duncan Idaho. Eine Kampfgruppe prallte krachend in die losen Reihen der Banditen. Speere splitterten, Schwerter klirrten laut. Ein lauter Kampfruf von Malebolgia hallte über das Schlachtfeld. Es wurde von den Schreien mehrerer Verwundeter abgelöst. Endlich haben wir sie gestellt, dachte Gavin Darklighter und schwang seinen Kriegshammer. Wie wild drosch er auf einen Barbaren ein, der bisher allen Angriffen und Finten widerstanden hatten. So musste es eben auf die direkte Weise gehen. Er holte aus und schleuderte seinen Hammer erneut auf das Turmschild des Barbaren. Krachend splitterte das Holz unter dem Eisenbeschlag und ein tiefer Riss entstand. Der Barbar taumelte betäubt zurück. Schnell setzte Gavin nach und schwang erneut seinen Hammer nach oben. Krachend zerbrach er das Schild, dass der Barbar verzweifelt gegen den Hammer hielt. Der Barbar taumelte zwei Schritte nach Rechts, doch Gavin folgte ihm und trat ihm gegen das Knie. Knirschend gab es nach und lies den Feind zu Boden sinken. Doch Gavin hatte keine Zeit sich über den Sieg in diesem Zweikampf zu freuen. Eine zweite Gruppe Räuber stürmte aus dem kleinen Wäldchen links von ihnen. Mit viel Geschrei stürzten sie sich auf die aufgelösten, in Kämpfen verstrickten Reihen der Krieger der Ordnung. Eilig lief Gavin zu Duncan. „Das sind aber ein paar zu viele,“ murmelte Duncan gerade, als er versuchte das Schlachtgeschehen zu überblicken. Dabei hatte es so glänzend begonnen. Nach einer Woche der Suche und einiger Scheingefechte hatten ihre Waldläufer schließlich das Versteck der Feinde ausgemacht. Eine kleine Stadt, halb verfallen und keiner Nation angehörend. Als die Räuber, die auch oft in die Ländereien der Ordnung eindrangen, wieder auf Beutezug gingen, lauerten die Herren der Ordnung ihnen nahe einem kleinen Dorf auf. Das Dorf hatte wohl ihr Opfer sein sollen, doch mit Widerstand hatten die Räuber nicht gerechnet. Nun aber hatten sie es irgendwie geschafft, Verstärkung heran zu schaffen. Duncan war erstaunt. So unorganisiert konnte diese Meute wohl doch nicht sein. Mit einigen Befehlen dirigierte er einen Teil seiner Krieger zu linken Flanke, nahe dem Dorf. Zum Glück waren sie mit den Meisten der ersten Räubergruppe bereits fertig geworden. Dennoch würde es ein harter Kampf werden.

In dem so knapp einer Plünderung entkommenen Dorf standen einige Reisende zusammen. Die Gruppe war spät in der Nacht angekommen und hatte erst jetzt von den Kämpfen vor dem Dorf erfahren. Einer der Reisenden stieg auf das Dach der Taverne und schaute hinüber auf die Felder, auf denen der Kampf tobte. Sie nannten sich die Blutroten Adler und waren eine kleine Gruppe Abenteurer. Eine Gilde die sich der Jagd von bösen Kreaturen und Vogelfreien verschrieben hatte. Erik Finstermoor war ihr Anführer. Breitbeinig stand er vor der Taverne und blickte zu seinem Späher auf dem Dach. „Und? Was ist da los?“ Der Späher zuckte die Achseln. „Der Wirt hatte wohl recht. Ich sehe die Standarte der Herren der Ordnung. Aber ihre Gegner tragen keine Wappen.“ Der Wirt trat aus der Taverne, die Hände in den Hosentaschen. „Ich hab’s ja gesagt. Die sind gestern Abend gekommen und ham’ gesagt, dass Räuber auf dem Weg sind. Sie woll’n uns helfen.“ Erik zog eine Augenbraue in die Höhe. „Na da haben wir aber Glück gehabt.“ Der Wirt nickte. „Kann ma’ wohl sagen. Die ham’ uns schon öfters aus der Patsche geholfen. Aber bisher ham’ sie nie die Räuber erwischt. Bis heute.“ „Oh verdammt,“ hörte man vom Dach. „Was?“ fragte Erik schroff. „Das Pack hat Verstärkung bekommen. Aus dem Wäldchen östlich von uns, zwischen der Schlacht und dem Dorf hier, ist eine weitere Meute von ihnen erschienen.“ Erik kratzte sich am bärtigen Kinn und zuckte dann mit den Achseln. „Und ich hatte mich auf einen ruhigen Vormittag gefreut“ Langsam, aber doch sichtbar wurden sie von den Räubern zurück gedrängt. Ihre schiere Anzahl machte es den Herren der Ordnung wirklich schwer. Schon wenige Minuten später hatte sich die beiden Kampfgruppen, oder zumindest das was von der ersten Gruppe übrig war, vereinigt. Der Kampf nahm noch an Härte zu.

Malebolgia lies seine Axt sirren und trennte den Arm eines Angreifers ab. Blut spritzte und der Räuber sank schreien zu Boden. Der Minotaure verlor keine Zeit und holte erneut aus und setzte dem Schreien ein Ende. Zufrieden knurrend wand er sich einem neuen Gegner zu. „Zu mir! Sammeln!“ rief Duncan und versuchte etwas Ordnung in das Getümmel zu bekommen. Nur wenige konnten seinen Befehlen folge leisten. Doch es genügte ihre Position etwas zu festigen. Neue Schreie ertönten über dem Feld und ließen Duncan inne halten. „Nicht noch mehr,“ stöhnte er und blickte suchend umher. Aus dem kleinen Dorf nahe dem Wäldchen war eine weitere Kampfgruppe gekommen. Aber sie trugen ein Banner, waren also keine Vogelfreien. Ein blutroter Adler auf goldenem Grund war zu sehen.

Die Trebuchets schickten brennende oder steinerne Geschosse über die Mauern. Inzwischen stand der kleine, befestigte Ort völlig in Flammen. Dennoch setzten die Belagerungsmaschinen ihre Angriffe fort. „Uuund Feuer!“ rief Taker und blickte dem brennenden Geschoss nach, wie es im hohen Bogen in die Stadt zischte. Zwei Männer bewegten die Kurbeln und spannten die Belagerungsmaschinen wieder, damit genug Kraft in ihnen vorhanden war, um die schweren Geschosse in die Luft zu heben. Szador Witchblade stand um einiges weiter vorn. Immer wieder zischten die Geschosse über seinen Kopf. Er war gerade noch außer Reichweite der Bogenschützen auf den Mauern des Ortes. Schon fünf Stunden hielt er sich mit seiner Gruppe bereit. Langsam fragte er sich, wie lange das noch so gehen sollte. Die Belagerten sollten zermürbt werden, aber ob es noch viel hinter diesen Mauern zu zermürben gab, wagte Szador sich nicht zu fragen. Wieder krachte eine Steinkugel gegen die Mauer vor ihnen. Mit einem Poltern gab sie nach und hinterließ eine schmale Lücke. Dahinter sah man die brennenden Gebäude dieser kleinen Räuberhöhle. Hier hatten die Raubzüge ihren Ausgang genommen und nun waren die Herren der Ordnung gekommen, um diese Ort auszuräuchern. Nach dem Sieg weiter im Süden gegen zwei Räuberbanden hatte Duncan Idaho sofort diesen Ort angesteuert und Verstärkung angefordert. Die Bewohner hatten sich verschanzt und weigerten sich aufzugeben. Nun waren sie schon drei Tage unter Dauerfeuer. Den Herren der Ordnung standen inzwischen mehrere Verbündete zur Seite. Da auch das Haus der Frösche Probleme mit diesen Räubern bekommen hatte, waren diese mit einer Abteilung zu gegen. Ein etwas seltsames Gefühl für viele Ordnungskrieger. Immerhin war man vor kurzem noch Todfeind gewesen. Aber die Diplomatie hatte in letzter Zeit vieles aus der Welt geschafft und so gab es inzwischen relativ gute Beziehungen zwischen den zwei Nationen. Die kleine Gilde, welche den Herren der Ordnung vor einigen Tagen im Kampf zur Hilfe geeilt war, hatte sich ebenfalls angeschlossen. Ihnen sagten die Prinzipien der Ordnung sehr zu und wollten sich ein weiteres Bild von den Ordnungsstreitern machen. Eine Stunde später kam endlich der Befehl. Der Imperator stand auf einer kleinen Anhöhe nahe der Stadt und blickte über die brennende Stadt. Es war Zeit. Er wand sich zu Duncan um. „Lass angreifen. Die Stadt ist sturmreif.“ Duncan Idaho neigte den Kopf und verließ seinen Imperator. Bigfoot lehnte sich auf sein Schwert und sah zu wie sich die Gruppen sammelten. Szador Witchblade, Taker und Duncan führten je eine Gruppe an. Außerdem waren Unterstützungstruppen der Frösche anwesend. Die Gruppe der Blutroten Adler schloss sich gerade Duncan an und folgte ihm in die Stadt. Nachdenklich blickte Bigfoot auf die Schlacht. Mühelos drangen die Kampfgruppen in die Stadt. Er hatten lange gewartet mit dem Angriff. Die Stadt sollte nicht mehr in der Lage sein sich ernsthaft zu wehren. Aber es war doch eine neue Situation überlegte er. Wann zuvor hatten sie so massiv gegen Räuberbanden vorgehen müssen? Wann hatten diese gar eine befestigte Stadt besessen? Die Veränderungen waren überall spürbar. Viele große Nationen waren zerbrochen und ermöglichten es den Banditen sich noch leichter auszubreiten. Sie waren schwer in den Griff zu bekommen und würden es auch in Zukunft sein. Bigfoot vermutete, dass die Probleme eher noch zunehmen würden.

Taker stieg über die Reste der Mauer und schlitterte den Steinhaufen hinab in die Stadt. Vorsichtig folgte ihm seine Gruppe. Murmelnd beschwor Dragooner hinter ihm ein magisches Tier und schickte es in die brennende Stadt zur Erkundung. Nach einer Weile deutete er in die linke Gasse. „Irgendwer greift das Tier an.“ Taker nickte und ging mit gezogenem Schwert voran. Er war kaum zwei Schritt weit gekommen, als sich schreiend ein Schatten von rechts näherte. Wild mit einem Schwert fuchtelnd stürmte die Person aus einem halb zerstörten Haus. Taker sprang zur Seite und parierte den ersten Hieb. Das brachte den forschen Angreifer ins Wanken. Sofort setzte Taker nach und drosch ihm sein Schild in die Seite. Der Angreifer taumelte und nur eine Hauswand hinderte ihn daran zu stürzen. Mit geweiteten Augen versuchte er schnell sein Schwert zu heben, doch Taker war schnell. Mit einem schnellen Hieb, durchtrennte er dessen Kehle. Immer noch mit aufgerissenen Augen sank der tote Angreifer langsam an der Wand zu Boden. „Weiter,“ befahl Taker und drang tiefer in die verrauchte Gasse ein. Polternd stürzte links von ihnen ein brennendes Gebäude zusammen. Funken stoben auf und einige Balken fielen halb auf den Weg. Vorsichtig bahnten sie sich ihren Weg weiter und stießen auf das erschlagene magische Wesen, dass Dragooner ausgesandt hatte. Es war bereits dabei sich aufzulösen und schien sich in blauen Rauch zu verwandeln. Doch der Feind war noch in der Nähe. Drei Räuber sprangen aus einer schmalen Seitengasse und attackierten die Ordnungsstreiter. Bemüht die wilden Attacken abzuwehren, wurden sie zurückgedrängt. Doch hinter ihnen bildeten die brennenden Balken fast eine Barriere. Dragooner setzt seine magischen Fähigkeiten ein und schoss mehrere Blitze auf die Angreifer. Sie mussten verhindern in die brennenden Balken gedrängt zu werden. Die Blitze trafen ihr Ziel und rissen einem der Räuber eine tief klaffende Wunde in die Brust. An den Rändern der Wunde loderten kleine Flammen und fraßen sich durch die Kleidung des Räubers als dieser tot zu Boden sank. Taker und zwei weitere Ordnungstreiter nutzen die und stürmten vor. Nun waren die Angreifer eingeschlossen. Unter den wilden Hieben der zuvor Bedrängten gingen sie nacheinander zu Boden. Langsam bahnten sie sich anschließend weiter ihren Weg durch die verwüstete Stadt. Doch nur noch einmal stießen sie auf einen Räuber, der angesichts der Übermacht aber sofort floh. Die Stadt schien eingenommen. Im Zentrum der Stadt bestätigte sich diese Vermutung schließlich. Duncan Idaho wartete dort bereits mit anderen Kriegern der Ordnung. Die Räuberfeste war gefallen. Tanelorn war wieder ein Stück sicherer.


Die Blutroten Adler

Es war ein sonniger Tag. Fast schien es als ob der Allvater ihren Sieg über die Räuberfeste belohnen wollte, denn schon die vergangen Tage war das Wetter außergewöhnlich gut gewesen. Bigfoot wischte noch einmal über seine Prunkrüstung und betrachtete sich in einem der Bronzespiegel. Passabel, dachte er. So sehr er diese Zeremonien ablehnte. Sie waren wichtig. Sie waren sogar ein essentieller Bestandteil des Lebens im Imperium. Hier in Tanelorn konnte er zwar meist darauf verzichten. Dennoch kam man nicht immer um sie herum. Heute war wieder solch ein Tag. Aber immerhin war es ein freudiges Ereignis. Fast so wichtig, wie vor kurzem die Aufnahme der Ferengis in die Nation. Er lächelte. Es war schon seltsam. Da eilen einige Krieger seinen Ordnungsstreitern zur Hilfe, als die Lage fast aussichtslos zu werden scheint und schon wenige Tage später bitten sie um Aufnahme in die Nation der Ordnung. Es freute Bigfoot, dass die Lehren der Ordnung sich so gut verbreiteten. Dies zeigte, dass ihr Kampf nicht umsonst war. Er zurrte seinen Schwertgurt fest und verließ das Haus. Hoffentlich gefiel den Gästen seine kleine Rede, überlegte er noch, als die Haustüre zufiel.

„Ich begrüße Euch liebe Gäste. Möge die Ordnung mit Euch sein und der Allvater seine Hand über Euch halten. Heute ist ein freudiger Tag für Tanelorn, für die Herren der Ordnung. Ich glaube, heute scheint die Sonne für uns! Als Lohn für das was wir erreicht haben. Denn schon lange sind wir nun in Carnage und kämpfen für das Recht und die Ordnung. Die Erfolge dieser Expedition des Imperiums der Ordnung sind zahlreich und vielfältig. Heute können wir einen weiteren Meilenstein auf dem Weg der Ordnung hinzufügen. Wieder einmal ist es uns gelungen, Verbündete, mehr noch, echte Freunde in diesem Land zu finden. Die Gilde der Blutroten Adler hat uns in einer schweren Stunde im Kampf beigestanden. Zusammen haben wir das Chaos zerschlagen und schließlich sogar die Wurzel dieses Übels, die Räuberfeste ausgelöscht. Es war ein großer Sieg, den wir gemeinsam errungen haben. Nicht einer dieser Räuber ist der gerechten Klinge der Ordnung entkommen. Nicht ein Stein dieser Feste blieb auf dem Anderen. Angesichts dieses Sieges erfreut es uns umso mehr, dass die Gilde welche uns so heldenhaft unterstützte mit der Bitte an uns heran getreten ist, unserer Nation beizutreten.“ Der Imperator machte eine Pause und winkte den Anführer der Blutroten Adler zu sich. Erik Finstermoor trat vor den Imperator und kniete nieder. Bigfoot blickte auf den Mann. „Wollt ihr der Ordnung, dem Imperium und dem Imperator stets und uneingeschränkt folgen?“ „Ja das wollen wir.“ „Wollt ihr die Prinzipien der Ordnung zu Eurem höchsten Gut erklären. Dem Imperium zu seinem Wohl dienen und dem Imperator der Ordnung loyal bis in den Tod folgen?“ „Ja das wollen wir.“ Erik küsste würdevoll den Siegelring des Imperators. Zwei Bannerträger brachten das Gildenwappen der Blutroten Adler und es wurde in die Heraldik des Imperiums eingefügt. Dem Banner wurde das imperiale Wappen und Symbole der Ordnung angefügt. „Dann erhebt Euch als Diener der Ordnung, Streiter wider dem Chaos und Verkünder der Prinzipien der Ordnung!“ rief der Imperator.


Kapitel 7  

Schon wieder Afens Heaven

Shon’jir trabte zusammen mit Oedipus, einem weiteren Centauren, durch das Haupttor von Afens Heaven. Hinter ihnen folgte eine ganze Kampfgruppe unter der Führung von Molly Witchblade. „Hätte nicht geglaubt diese Stadt so schnell wieder von innen zu sehen“, meinte Szador und blickte sich um. Neben ihm marschierte Gib, der Axt schwingende Zwerg. Einer der neuen Bewohner von Tanelorn. „Die Herren der Ordnung sind wohl noch in guter Erinnerung“ feixte Gib, als er in das eine oder andere Gesicht am Straßenrand blickte. Auf dem zentralen Marktplatz von Afens Heaven, der Hauptstadt der Frosch Nation angekommen, wurde die Kampfgruppe von einem Adjutanten Rickards begrüßt. Er leitete die angeschlossene Gilde Renshai und hatte anscheinend momentan das Kommando in der Stadt. „Ah, vielen Dank, dass ihr unserem Ruf gefolgt seit. Rickard lässt sich entschuldigen, er ist im Norden. Wir haben leider seit einigen Tagen zunehmend Probleme hier.“ Molly blickte sich um. Erst jetzt wurde ihr bewusst, dass der Marktplatz wie leergefegt war. Nur eine weitere Kampfgruppe der Frösche war zu sehen. „In wie fern Probleme?“ fragte sie. „Nun äh ja, vor drei Tagen ist einer Gruppe von Wegelagerern der Einbruch in die Stadt gelungen. Seit…, nun seit unserem tragischen Konflikt haben wir keine größeren Truppenverbände mehr. Das haben diese Banditen ausgenutzt, “ erklärte der Adjutant und es war ihm anzusehen, dass es ich peinlich war. „Ihr meint die Stadt wurde geplündert?“ hakte Molly nach. Der Adjutant schwieg einen Augenblick. „Eigentlich sind sie noch hier“, meinte er dann. Molly stockte einen Augenblick der Atem. „Das ist dreist. Nun unsere Hilfe ist Euch sicher. Wir kämpfen schon lange gegen diese Räuber. Wir dachten sie vertrieben zu haben. Nun wissen wir ja wo sie sind.“ „Sie haben sich in der Kathedrale verschanzt“, sagte der Adjutant und ging mit den Kriegern über den Marktplatz. Auf der anderen Seite, bei der kleinen Kampfgruppe der Frösche, erhob sich die Kathedrale von Afens Heaven. „Bisher ist jeder Versuch sie heraus zu locken oder hinein zu gelangen gescheitert. Wir haben einfach zu wenige Männer und die Verstärkung wird im Norden gebraucht. Daher unser Hilfegesuch.“ Gib spuckte einmal aus und marschierte dann schnurgerade auf die großen Tore der Kathedrale zu. „Da sind’ die drin?“ fragte er. „Äh ja, nun bitte geht zurück. Es ist gefährlich.“ „Pah!“ Gib spuckte wieder aus und zog seine Axt. „Mit denen werd’ ich ja alleine fertig. So viele können da gar nich’ drin sein.“ Mit einem wilden Schrei stürzte er auf das Tor zu und spaltete es mit einem Hieb. Wie erstarrt blickten - drinnen wie draußen - einen Augenblick alle auf den Zwerg. Molly regte sich als erste. Sie rollte die Augen. „Zwerge“, stöhnte sie. Mit einem knappen Befehl schickte sie ihre Krieger dem Zwerg hinter her. Die Frösche schlossen sich ebenfalls an. Die Banditen, von diesem wahrlich ‚zwergischen’ Angriff völlig überrumpelt, wurden innerhalb kürzester Zeit geschlagen. Einige entkamen noch mit Hilfe eines Zaubers, den sie auf ein Pergament gebannt hatten. Damit konnte man, wenn man genügend Zeit hatte, zurück zu seinem Heimatort gelangen. Ähnlich der Beschwörung durch einen Zauberer. Erschrocken wie die Banditen waren, hatten einige diesen Rückrufzauber aktiviert und waren schnell verschwunden. Der Rest konnte sich dem plötzlichen Angriff nicht erwehren.

Eine Stunde später standen Molly und der Adjutant in der Kathedrale. Er kratze sich am Kopf und blickte um sich. „Das ging wirklich schnell.“ Molly grinste. „Nun es war zwar nicht so geplant, aber es hat funktioniert. Allerdings habe ich nun noch ein Hühnchen mit dem Zwerg zu rupfen. Nein, besser den Bart, “ knurrte sie. Der Adjutant grinste ebenfalls und verneigte sich. „Wir sind den Herren der Ordnung zu Dank verpflichtet. Möge dies der Beginn einer neuen Zeit zwischen unseren Nationen sein.“ Molly verneigte sich ebenfalls. „Ihr könnt auf uns zählen. Wer gegen das Chaos kämpft, wird immer mit uns rechnen können.“

Im Schein der Kerzen sprangen seltsame Schatten über die mit Teppichen und Wappen behängten Wände. Bigfoot goss sich ein weiteres Mal Wein in seinen Becher. Er stellte den Krug zurück und ging mit dem Becher in den Hand auf und ab. Die Entscheidung, den Fröschen bei ihrem Errant Problem zu helfen, war recht spontan zustande gekommen. Nun musste sich die Führung der Ordnungsnation über die Konsequenzen klar werden. Errant, dachte Bigfoot. Dieser Begriff hatte sich seit einiger Zeit eingebürgert, um die Wegelagerer, Banditen, Plünderer und Vogelfreien zu bezeichnen. Sie alle hatten keine Heimat und zogen dem Chaos dienend umher. Manchmal ließen sie sich kurze Zeit nieder, errichteten sogar kleine Städte. Aber sie legten ihre Angewohnheiten nie ab und wurden so schnell wieder vertrieben. Allein die Ruinen verfallener Städte boten ihnen Schutz. Zumindest gingen die Gerüchte um, sie würden sich in solchen Ruinen, abgelegen von den Bevölkerungszentren sammeln. Nun, ob sie sich wirklich sammelten war nicht heraus zu finden. Aber dass einige dieser Errants eine besondere Abneigung gegenüber den Fröschen zeigten, hatte man erkannt. Anscheinend war einer der alten Führer der restlos zerstörten Stadt Aertemus auf Rache aus. Damals hatten die Frösche, aus welchen Gründen auch immer, Krono geholfen die Stadt zu vernichten. Nun organisierten die Errants, geführt von Click, wie sich der Führer nun nannte, einen Raubzug nach dem Anderen auf Frosch-Städte. Bigfoot blickte zu seinen Beratern. „Indem wir uns auf die Seite der Frösche gestellt haben, machen wir uns zu einem weiteren Ziel dieser Banditen. Aber wir würden sie sowieso bekämpfen. Auch wenn alte Freunde aus Aertemus unter den Errants sein mögen, ihre Morde und Plünderungen können wir nie und nimmer gut heißen. Wir werden weiterhin den Fröschen helfen, ihre Städte zu verteidigen. Es wird nicht zu unserem Schaden sein, wenn wir diese Räuberbande erst gar nicht bis zu uns kommen lassen.“ Die Berater nickten. Damit war dieser Punkt beschlossen. Man bezog noch klarer als bisher Position für die Ordnung. Trotz alter Feindschaft half man den Fröschen bei ihren Problemen. „Was gibt es noch?“, fragte Bigfoot in die Runde. Nylen zog sogleich ein Pergament hervor. „Nun mein Imperator, wir haben engere Beziehungen zu Undying geknüpft. Sie haben inzwischen so ziemlich alle Reste von Death & Honor, die noch lebensfähig sind, unter sich vereint. Ihre Hauptstadt liegt auf halben Weg zwischen Tanelorn und den Ruinen von Defiance. Eine kleine, aber schöne Stadt.“ Der Imperator nickte. „Sind sie an einer Zusammenarbeit hier im Süden interessiert?“ „Ja Imperator. Wir haben vorgeschlagen uns regelmäßig auszutauschen. Immerhin sind die Ordnungsgilden sehr dünn gesät nach dem Fall von D&H. Zudem wurde ein Manöver unserer Truppen vorgeschlagen.“ „Eine gute Idee“, meinte Duncan. „Sicherlich werden wir bald wieder in eine Schlacht ziehen. Ich befürchte die Errants werden uns mehr und mehr Probleme machen. Hilfe von Undying könnte da nicht Schaden.“ „Ja“, stimmte Bigfoot zu. „Wir müssen mit allen noch vorhandenen Ordnungsmächten zusammen arbeiten. Das Machtvakuum, das Krono geschaffen hat, wird bereits von neuen, chaotischen Gilden gefüllt. Nur wenn wir unsere Kräfte bündeln, können wir bestehen.“

Knurrend wich Malebolgia einem weiteren Hieb aus. Der kleine Elf war schnell. Immer wieder schossen seine zwei kleine Zahnstocher vor und pieksten den Minotauren. Bisher war es Malebolgia nicht wirklich gelungen, den umher springenden Elf zu treffen. Die Dolche des Elfen glänzten rot im Schein der Sonne. Ein freches Grinsen auf den Lippen versuchte er, den langsamen Minotauren zu umrunden. „Elfen, immer mit kleinen Dolchen rumfuchteln.“ hörte er plötzlich hinter sich und wand sich überrascht um. Eine Axt sauste auf ihn nieder und spaltete ihn in der Mitte. Gib tippte mit dem Fuß eine Hälfte des Elfen an und kicherte. „Getroffen.“ Ein dankendes Grunzen kam von Malebolgia. Der Zwerg nickte nur, dann wanden sich beide wieder dem Kampfgeschehen zu. Malebolgia stürmte auf eine Gruppe Errants zu, die sich ein wenig abgesetzt hatten. Gib folgte ihm und schwang lachend seine Axt. Gavin Darklighter beobachtete diese Szene und kratzte sich am Kopf. „Was für ein Paar“, murmelte er. Der Kampf verlief gut. Man war gerade auf der Jagd nach Trollen gewesen, die immer noch nahe Tanelorn einige Verstecke besaßen, da hatte ein Fährtenleser auffliegende Vögel bemerkt. Schnell hatten die Ordnungsstreiter eine Gruppe Errants ausgemacht und sie gestellt. Die etwas überraschten Errants lieferten einen guten Kampf. Aber Verteidigen war ihre Sache nicht, schließlich waren sie es gewohnt, Überfall auf überraschte Gegner zu starten. So war es schon öfters die letzten Tage geschehen. In den Grenzgebieten zu den Fröschen war man kaum sicher. Trotz der Bemühungen der Herren der Ordnung schien das Errant-Problem zuzunehmen. Mit einem Murmeln beschwor Gavin einen magischen Mana-Ball und lenkte ihn auf einen der verbliebenen Errants. Klirrend schlug der gleißende Mana-Ball in dessen Rüstung ein. Kleine Blitze zuckten über das Metall und wanderten in den Körper des Trägers. Zwei Sekunden später knickte ein Bein des Errants ein. Er versuchte sich noch abzustützen, doch dann spuckte er Blut und fiel zur Seite. Zufrieden blickte Gavin Darklighter um sich. Geschafft. Lediglich zwei der Errants war die Flucht geglückt.


Tagebucheintrag von Gavin Darklighter

Wahrlich, lange habe ich geschwiegen. Doch die momentane Ruhe erlaubt es mir wieder einmal ein paar Zeilen meinen Aufzeichnungen hinzu zu fügen. Die politischen Entwicklungen seit unserer Trennung von Death & Honor kann ich selbst nicht so richtig beurteilen, doch scheint es Tanelorn und der Nation der Ordnung in diesem Land nicht zum Nachteil zu gereichen. Tanelorn ist eine stolze und wohlhabende Stadt. Die Ordnung hat mit dieser Stadt wirklich einen Sieg errungen. Die immer vermehrter auftauchenden Errants machen zwar auch unsere Gebiete unsicher, doch bisher haben wir sie immer sehr erfolgreich vertreiben können. Das gilt auch für die Städte der Frösche. Dorthin eilen wir inzwischen recht oft, wenn wieder ein paar Banditen versuchen eine Stadt zu überfallen. Elenora und die Kinder habe ich nach Hause geschickt. Ich bin froh, dass meine Frau auf meine Bitte eingegangen ist. Dies ist wirklich keine Umgebung für die Kinder. Sie ist bereits vor acht Tagen mit dem Schiff in Richtung Heimat aufgebrochen. Zuhause wird sie wieder die Geschäfte über Aras’ übernehmen. Nun, ich bin gespannt was die Zukunft bringt. Eigentlich war es schon zu lange ruhig in diesem Land. Bisher hat der nächste Konflikt gegen das Chaos nie lange auf sich warten lassen. Was hat dieses Land wohl getan, um solch eine Strafe zu verdienen? Ich hoffe die Herren der Ordnung werden diesem Land Frieden bringen. Tanelorn ist der Beweis, dass es möglich ist.


Die Nordallianz

Es war wieder spät geworden. Die Sterne strahlten hell über Tanelorn, als Bigfoot aus dem Gebäude trat. Er blickte nach oben und sog die kalte Nachtluft ein. Wie eine starke Brise schien die frische Luft seinen Geist von einem Schleier zu befreien. Die ganzen Besprechungen, die Organisation und Planung beanspruchten den Imperator sehr. Er und sein Stab hatten alle Hände voll zu tun, dass Tanelorn und das umliegende Hand gedieh. Die Übergriffe der Errants machten dies nicht unbedingt leichter. Bisher hatte man sie aber immer in Schach halten können, meist waren sie sogar von den Truppen aus Tanelorn geschlagen worden. Doch der Blick des Imperators richtete sich in diesen Tagen in den hohen Norden des Kontinents. Dort hatte sich vor einer Woche ein neues Reich, eher schon ein Großreich gegründet. Die allein schon mächtigen Gilden ‚Chosen’, ‚Forsaken’ und ‚Renessaince’, sowie einige kleinere Städte hatten sich zur so genannten ‚Nordallianz’ zusammen geschlossen. Die politische Karte im Norden hatte sich daraufhin auf beeindruckende Weise verändert. Bis auf wenige Ausnahmen kontrollierte die Nordallianz den nördlichen Teil des Kontinents. Ihr eiserner Griff hatte sich um kostbare Jagdgebiete geschlossen, in denen sich Rohstoffe und Beute befand, die fast alle Gilden des Landes begehrten. Natürlich beanspruchten sie diese Regionen für sich allein. Bigfoot blickte in das Funkeln eines Sterns, der über dem Baum des Lebens von Tanelorn stand. Würde sich dieses Großreich mit dem Erreichten zufrieden geben, fragte er sich. Vermutlich nicht. Schon wieder kündigten sich stürmische Zeiten an. Bigfoot machte auf dem Absatz kehrt und betrat wieder das Gebäude in dem sein Stab tagte.

Die Gischt spritzte hoch auf und landete platschend auf den Planken. Dann knirschte der Sand unter dem flachen Bug des Schiffes. „Endlich“, murmelte Solidar Darklighter. Die Überfahrt war für seinen Geschmack etwas zu rau gewesen. Als Krieger war er unbequeme Situationen gewöhnt, aber mit diesem ganzen Wasser um sich herum konnte er wenig anfangen. Er blickte auf den Strand vor ihnen. Sie hatten einen Umweg genommen, um direkt an die südlichen Stränden zu gelangen, die im Einflussbereich von Tanelorn lagen. Doch eine Begrüßung sah anders aus, überlegte Solidar. Keine Menschenseele war am Strand zu sehen. Nach der langen Zeit als Vogt des kleinen Ortes Aras’ hatte er sich gefreut, wieder in den Kampf ziehen zu können. Als die Herrin des Hauses Darklighter ihre Zustimmung gegeben hatte, dass er Gavin Darklighter nachreisen durfte, war er sofort aufgebrochen. Zwei Schiffe waren von Ortu aus in See gestochen und nun lagen sie am Strand von Carnages Hauptkontinent. Solidar sprang über die Reling in das seichte Wasser. Langsam ging er auf den Strand zu und blickte sich um. Nur zwei Möwen begrüßten die Ankömmlinge. Einen Augenblick hatte Solidar mit dem Gedanken gespielt den Boden zu küssen. Kein Seegang mehr. Keine Wellen so hoch wie Berge. Doch da die anderen Männer ebenfalls ausgestiegen waren verzichtete er doch besser auf diese Geste. Er dankte dem Allvater lediglich im Stillen für die sichere Überfahrt. Nach einigen Stunden machten sich die zwei Schiffe wieder zum Auslaufen bereit. Sie würden einen kleinen Hafen auf der Eisinsel anlaufen und dort Handel treiben. Außerdem wurde dort der Proviant aufgefrischt. Schließlich sollte es wieder zurück nach Ortu gehen. Solidar blickte den zwei Schiffen nach. Dann wand er sich zu dem kleinen Tross um. Ein wenig Verstärkung für Tanelorn, Waren und wichtige Nachrichten. Man hatte nur wenig schweres Gepäck dabei und Solidar erwartete bald in Tanelorn einzutreffen. Es würde vielleicht zwei oder drei Tage bis Eternal dauern. Dann würden die guten Straßen eine raschere Reise ermöglichen.

Besorgt überflog der Imperator die Nachricht aus dem Norden. Er hatte leider Recht behalten mit seiner Vermutung. Die Nordallianz verhielt sich so, wie man es von so einem großen Reich erwarteten konnte: Aggressiv. Schon drei Mal hatte die Nordallianz unabhängigen Städten im Norden gedroht sie zu vernichten, sollten sie sich nicht der Allianz anschließen und den Treue-Eid schwören. Sie festigten ihre Position und die letzten Gegner im Norden waren somit ausgeschaltet worden. Auf lange Sicht war klar was nun folgen würde. Schon gingen erste Berichte über angebliche Spione der Nordallianz im Süden ein. Überall vermutete man Agenten der Nordallianz, was viel Unruhe mit sich brachte. Vor allem die kleinen Königreiche und Städte, die an das Gebiet der Nordallianz grenzten, schienen in einem Ausnahmezustand zu sein. Interessant war zudem das Verhalten von Aftermath. Schon lange verhielten sich die angeblichen Herren von Carnage erstaunlich still. Es gingen sogar Gerüchte um, Kämpfer von Aftermath würden unter dem Banner der Nordallianz stehen. Eine Verbindung schien auf jeden Fall zu bestehen. Denn Aftermath würde keine Konkurrenz zu ihrer dominanten Stellung dulden. Bigfoot legte das Pergament zur Seite und rieb sich das Kinn. Es schien wirklich ein neuer Krieg bevor zu stehen.

Solidar warf sein geborstenes Schild zur Seite und nahm sein Schwert in beide Hände. „Bastard!“, knurrte er und machte einen Schritt nach vorn. Der Shade der ihm gegenüber stand, setzte ebenfalls zur Attacke an. Mit einer gekonnten Serie von hieben, brachte er Solidar in Bedrängnis. Doch gerade als der Shade glaubte Solidar dort zu haben wo er ihn haben wollte, ging dieser wieder in die Offensive. Blitzschnell sprang er nach vor, die Klinge des Shades schleuderte Solidar mit seiner gepanzerten Hand beiseite. Sein Schwert fuhr in die Brust des Shades und trat knackend wieder aus dem Rückrad aus. Solidar zog seine Klinge zurück und der Räuber brach zusammen. Der ganze Tross war noch in heller Aufregung. Aus zwei Richtungen waren die Angreifer aus dem Dickicht gekommen. Doch die erfahrenen Kämpfer des Trosses hatten sie zurück geschlagen. Dennoch, einige Männer lagen tot auf dem Boden. Die überlebenden Banditen waren geflohen und würden unter Umständen zurückkehren. Eilig machte sich der Tross wieder bereit, um die nächste Ortschaft zügig zu erreichen.

Molly Witchblade rieb sich die Augen und studierte weiter ihre Berichte. Die Aufgaben eines Diplomaten bestanden aus mehr Schreibarbeit als ihr lieb war. Der interessante Teil bestand darin, mit anderen Nationen im Gespräch zu bleiben, fremde Gilden kennen zu lernen und weit zu reisen. Diese Berichte dagegen waren oft weniger unterhaltsam. Wieder gab es Konflikte an der Grenze zur Nordallianz. Kleine Gilden und Städte fürchteten geschluckt oder vernichtet zu werden. Zudem stieß die strikte Kontrolle der Nordallianz über die Jagdgründe im Norden auf großen Widerstand. Jeder der dort unberichtigt angetroffen wurde, wurde ein Opfer der Nordallianz Waldläufer, erzählte man sich. Langsam schien sich eine Opposition gegen dieses Vorgehen zu bilden. Eine Nation schien sich zum Sammelbecken für Feinde der Nordallianz zu entwickeln. Die Nation und Hauptgilde nannte sich ‚Soldiers of Aerynth’. Molly strich sich eine Strähne ihres Haares aus dem Gesicht und legte das Pergament zur Seite. Es war Zeit in den Turm der Zauberweber zu gehen, beschloss sie. Der Ausblick von den oberen Stockwerken würde sie für diese Anstrengungen sicher belohnen, dachte sie und erhob sich.

Müde blickte Solidar in sein Spiegelbild, welches er in dem kleinen Bach erblickte. Den Weg nach Tanelorn hatte er sich doch einfacher vorgestellt. Er wusch sich den Schmutz der Straße aus dem Gesicht und prustete, als die Kälte des Baches ihn durchfuhr. Sie hatten Eternal hinter sich gelassen und Meldung über den Überfall gemacht. Überrascht schien dort niemand. Diese Errants schienen schon länger ihr Unwesen zu treiben. Wie eine Plage des Chaos schienen sie immer wieder zurück zu kehren, obwohl sie schon unzählige Male von den Streitern der Ordnung vertrieben worden waren. Nun war es noch eine Tagesreise nach Tanelorn. Tatsächlich schien die Welt hinter Eternal friedlicher geworden zu sein. Wie ein Bannkreis, in dem Ruhe und Frieden herrschte, den Tanelorn um sich gelegt zu haben schien. Solidar ging zurück zum Lager und röstete sich ein Stück Brot über dem Feuer. Ein gutes Frühstück machte ihn sicherlich wesentlich munterer.

Ein Centaure galoppierte wie von Dämonen verfolgt durch die Tore von Tanelorn. Es war ein Herold der Soldiers of Aerynth. Er machte auf dem Marktplatz halt und verkündete seine Nachricht. „Höret Bürger von Tanelorn! Die Nation SoA befindet sich von nun an im Krieg mit der bösartigen Nordallianz. Nach wochenlangen Provokationen ist es nun soweit. Der Süden wird sich gegen die Macht im Norden erheben. Viele Gilden haben sich bereits der Nation des Widerstands angeschlossen. Gemeinsam werden wir die Aggressoren bezwingen!“ Duncan Idaho lauschte den Worten und runzelte die Stirn. Die kommenden Wochen würden sicherlich stürmisch werden. Er wand sich ab um dem Imperator Bericht zu erstatten.

Lächelnd schüttelten sich Gavin und Solidar die Hände. „So, bekommen wir also Verstärkung aus dem Hause Darklighter.“ Solidar nickte. „Nun Elenora hat sich zwar etwas geziert und sich sogar mit meiner Frau zusammengetan, aber letztendlich sah sie ein, dass ich hier bessere Dienste leisten kann, als in Aras’.“ Gavin schmunzelte. „Ja die Frauen. Aber wie ich hörte hast du gute Arbeit in Aras’ geleistet. Die zweite Scheune steht bereits?“ Solidar nickte. „Ja kurz vor meiner Abreise haben wir sie in Betrieb genommen. Die Nachfrage aus Coven nach unserem Mehl ist nach wie vor ungebrochen. Wir haben fast schon ein Monopol. Die Bäcker sagen unser Mehl wäre das Beste.“ Gavin klopfte Solidar auf die Schulter. „Das sind Nachrichten die ich gerne höre. Leider gibt es hier ganz andere Probleme.“„Das kann ich bestätigen. Wir wurden auf dem Weg nach Tanelorn überfallen.“ „Ah, sicherlich die Errants. Sie sind wie eine Plage. Immer wieder ziehen sie durch das Land und plündernd was sie in die Finger bekommen. Es ist schrecklich. Wir sind täglich auf der Jagd nach ihnen. Mindestens eine Kohorte befindet sich immer im Feld. Aber alle werden wir wohl nie erwischen.“ Gavin zuckte die Achseln. „Aber das sollte uns nun erst einmal nicht kümmern. Komm ich zeige dir dein Quartier.“Die beiden gingen in Richtung der Baracken davon. Molly Witchblade hatte die Szene aus der Ferne beobachtet. Es war gut weitere Krieger in Tanelorn zu haben. Man wusste ja nie was dieser neue Krieg bringen würde. Sie strich ihre Robe glatt und machte sich dann auf den Weg zur Versammlung des Beraterstabes. Als sie den Versammlungsraum betrat waren die Anderen bereits anwesend. Der Imperator beugte sich über eine Karte des zentralen Kontinents von Carnage. Kleine Holzfiguren kennzeichneten Armeen, Stützpunkte und Städte. Zwei mächtige Fraktionen standen sich auf der Karte gegenüber. „Dies wird ein Krieg, der den ganzen Kontinent überziehen wird“, murmelte Bigfoot. Er blickte auf eine Liste und ergänzte eine Stelle mit einer weiteren Figur aus schwarzem Holz. Schließlich blickte er auf und musterte die Gesichter seiner Berater. „Nun, was wird uns wohl erwarten?“


Der Weg der Ordnung

Solidar blickte sich auf dem Marktplatz um. Eine wirklich hübsche Stadt. Für die Verhältnisse von Carnage soll Tanelorn sogar beeindruckend sein, hatte er sich sagen lassen. Nun hoffentlich blieb dies auch so. Er hatte beobachtet wie Vertreter beider Kriegsparteien vom Imperator empfangen worden waren. Was dies nun bedeutete wusste er nicht. Mit Politik kannte er sich eigentlich wenig aus. Seine Aufgabe war das Kämpfen. Abgesehen von der kleinen Episode als Verwalter von Aras’ war er immer in den Kampf gezogen. Fragen hatte er seinen Befehlshabern deswegen eigentlich nie gestellt. Seine Loyalität galt ganz dem Imperium der Ordnung. Langsam schlenderte er über den Markplatz in Richtung Taverne. Heute war nichts zu tun, da würde er ein paar Runden mit Constabler und Leander würfeln, dachte er. Vielleicht konnte er ein paar Goldstücke gewinnen. Vermutlich würde das Ganze aber eher in einem wüsten Gelage enden. Nun sei es drum, dachte er und ging entspannt weiter zur Taverne.

Boten brachten ständig Neuigkeiten aus dem Norden. Bisher hatten die Legionen der Nordallianz die meisten Schlachten für sich entscheiden können. Jedoch war nur eine Stadt in ihre Hand gefallen. Das verwunderte etwas. Die Nordallianz schien unsicher über ihr vorgehen zu sein. Sie hatten bereits nach den ersten Schlachten erkannt, dass jeder Sieg dem Feind weiter Verbündete zutrieb. Eine wahrlich paradoxe Situation. Die Angst vor der Stärke der Nordallianz hatte viele kleine Gilden vereinigt. Inzwischen sammelte sich eine beachtliche Streitmacht hinter den Frontlinien. Der Ausgang dieses Krieges schien für alle Beteiligten mehr als ungewiss.

„Wir haben zwei Botschaften. Eine von der Nordallianz, eine von SoA. Beide loben unsere frühere Loyalität zu Verbündeten im Kampf und unsere Kampfkraft.“ Bigfoot lächelte. „Und beide wünschen unsere Unterstützung in diesem Krieg.“ Der Imperator legte die beiden Schreiben auf den Eichentisch vor ihm und lehnte sich in seinem Sessel zurück. Molly Witchblade zwirbelte eine Haarsträhne um ihren Finger und schien konzentriert nachzudenken. Duncan Idaho, Taker und Nylen blickten stumm auf die Lagekarte. Ein ausgeglichenes Bild stellte sich dort dar. Fast schon ein Patt. Die letzten Wochen hatten die Kämpfe an Heftigkeit zugenommen. Doch keine Seite hatte einen entscheidenden Sieg erringen können. Eher war der Krieg in eine neue Phase eingegangen. Verschleiß schien über Sieg oder Niederlage zu entscheiden. Die Partei mit dem längeren Atem würde den Sieg erringen, nicht die Mächtigere. „Das ist nun wahrlich nicht unser Krieg“, meinte Molly schließlich. „Unser Ziel ist die Ordnung, nicht einer Kriegspartei im Kampf beizustehen.“ Duncan Idaho rieb sich das Kinn. „Gut, aber die SoA hat aus Selbstschutz gehandelt. Das macht mir ihre Ziele, nun, sagen wir sympathischer. Hier würde ich zumindest erkennen wofür man kämpft.“ Nylen schüttelte langsam den Kopf. „Aber ihnen ist jedes Mittel recht. In ihren Reihen kämpfen ganze Kohorten von Errants. Wir wissen alle, dass niemand von uns an der Seite von Errants kämpfen wird.“ „Das ist wahr. Damit haben sie es mit uns verspielt, “ meinte Taker. „Das Selbe gilt aber auch für die Nordallianz. Ihre Freundschaft mit Aftermath und ihr Vorgehen macht sie zu noch unmöglicheren Alliierten.“ Bigfoot faltete die Hände und blickte in die Runde. „Nun ich denke, dann sollten wir den Weg der Ordnung wählen.“ Er schwieg einen Augenblick. „Wir werden in diesem Krieg neutral bleiben. Wir vergießen nicht das Blut des Imperiums für eine dieser Parteien.“ Er zog ein anderes Papier hervor. „Die Berichte von Errant-Überfällen nehme von Tag zu Tag zu. Dieser Krieg scheint sie zu beflügeln. Niemand hat wirklich die Mittel ihnen Einhalt zu gebieten.“ Duncan’s Gesicht hellte sich auf. „Wir schon.“ Der Imperator nickte. „So ist es. Wir werden unseren eigenen Krieg führen. Den Krieg gegen die Errants!“ Nicht nur die Herren der Ordnung waren neutral in diesem Konflikt. Einige ihrer Nachbarn, darunter das Haus der Frösche, hielten sich ebenfalls zurück. Doch gerade deshalb schienen sie besonders von den Überfällen der Errants betroffen. Nach der Entscheidung des Imperators, den Errants den Krieg zu erklären, wurde diese Nachricht an die Nachbarn von Tanelorn weiter geleitet. Man schloss ein loses Bündnis zum Kampf gegen die Errants. Überall im Land verkündeten Herolde diese Neuigkeit. An jeder Weggabelung wurden Stechbriefe ausgehängt. Man ließ die Errants wissen, dass die fetten Jahre vorbei waren. Einige Nationen des Südens erklärten unter der Führung der Herren der Ordnung den Räuberbanden den Krieg.

Der große Krieg dauerte weitere Wochen an. Ganze Regionen an den Frontlinien zwischen den beiden Kriegsparteien wurden verwüstet. Immer wieder gelang es einer Seite durch die Linien zu brechen um im Hinterland des Feindes eine Stadt niederzubrennen oder zu überfallen. Beide Seiten verausgabten sich weiter in tagelangen Schlachten und Belagerungen. Der Blutzoll auf beiden Seiten war enorm, doch der Kampfeswille schien ungebrochen. Längst war zu erkennen, dass es um alles oder nichts gehen würde. Die unterlegene Partei würde ihrer sicheren Vernichtung entgegen sehen. Die Nationen um die Herren der Ordnung verhielten sich aber weiterhin neutral. Der Kampf gegen die Errants beanspruchte sie inzwischen auch voll und ganz. Zwar waren viele Errants auf der Seite von SoA in den Krieg gezogen, aber anscheinend blieben immer wieder noch genügend für einen kleinen Raubzug durch den Süden übrig.


Die Zen Knights

Wieder hagelte es Pfeile von dem kleinen Hügel. Gavin Darklighter duckte sich hinter sein Schild. Mit einem dumpfen Ton schlugen zwei der Pfeile in sein Schild ein. Solidar kniete neben Gavin und fluchte vor sich hin. „Alles in Ordnung?“ fragte Gavin. Solidar nickte ihm zu. „Sicher. Ich habe es nur satt diesen Hügel zu belagern. Wir sollten ihn stürmen.“ Gavin lachte. „Ich lasse dir den Vortritt. Warte bis wir Verstärkung erhalten. Die Boten müssten inzwischen in Tanelorn eingetroffen sein.“ „Das will ich aber auch hoffen. Ich glaube die Errants da oben haben einen Zauberer, der ihnen Pfeile zaubert, “ grummelte Solidar. Duncan Idaho ging langsam durch die provisorischen Befestigungen um den Hügel. Sie hatten ein kleines Lager der Wegelagerer ausfindig gemacht und umstellt. Doch die Errants leisteten erbitterten Widerstand. Duncan hatte befohlen sie zu belagern. Sie hatten so gut es ging Stellung bezogen und kleine Unterstände gebaut, die vor den Pfeilen schützten. Fliehen würden die Errants nicht mehr. Es war nur eine Frage der Zeit, bis der Hügel fiel. Unklar war, mit wie viel Verlusten die Herren der Ordnung zu rechnen hatten. Duncan hatte keine Lust das Leben seiner Männer zu riskieren. Besser sie warteten auf Verstärkung. Er klopfte im Vorübergehen einem seiner Männer auf die Schulter, dann wand er sich zu dem Hügel um. Ab und zu huschte eine Gestalt über die Barrikaden. Die Herren der Ordnung antworteten dann ebenfalls mit einem Pfeilhagel. „Gleichstand“, dachte Duncan. Wie er so etwas hasste.

Malebolgia stellte sich Mitten auf den Weg. „Muh!“ grollte der Minotaure den Reisenden entgegen. Nylen seufzte und schob ihn ein wenig zur Seite. „Entschuldigt meinen Freund hier. Ich grüße Euch. Was führt Euch in diese Gegend?“ „Mein Name ist Reluctant. Wir sind die Zen Knights und wünschen nur etwas Abstand von den Wirren im Norden. Daher sind wir auf dem Weg zur Küste, “ antwortete einer der Reisenden. Nylen neigte den Kopf. „Dann muss ich Euch warnen. Diese Gegend ist sehr gefährlich. Nicht besser als der Norden. Hier wimmelt es von Errants. Wir selbst belagern gerade eines ihrer Räubernester.“ „Dann seit ihr vermutlich die Herren der Ordnung. Eurer Wappen kommt mir bekannt vor,“ meinte ein weiterer Reisender. „Moh!“ machte Maleblogia und stampfte mit den Hufen auf. Nylen wand sich zu ihm. „Ja tatsächlich, wir sind die Herren der Ordnung.“ „Mein Name ist Cryogentic“, stellte der zweite Reisende sich vor. „Wir haben leider bereits Bekanntschaft mit diesen Errants gemacht. Einige unserer Freunde mussten diese Begegnung mit dem Leben bezahlen.“ „Das tut mir leid. Wir versuchen unser Bestes, um die Errants aus dieser Region zu vertreiben, aber sie kehren immer wieder zurück. Der Allvater allein, weiß warum, “ führte Nylen aus. „Nun, “ meinte Relucant, „ wir haben noch eine Rechnung mit diesen Errants zu begleichen. Können wir Euch zur Seite stehen?“ Nylen verneigte sich und Malebolgia verzog sein Gesicht, was offensichtlich das Lächeln eines Minotauren war. „Wir sind momentan für jede Hilfe dankbar. Die Verstärkung aus Tanelorn ist noch nicht eingetroffen.“

Gavin blickte sich um. „Wer ist denn das?“ Solidar zuckte die Achseln. „Die Verstärkung ist es nicht.“ Ein Zischen fuhr durch die Luft. „Schilde hoch!“ hörten sie Duncan brüllen. Wieder wurden sie mit einem Regen auf Pfeilen überschüttet. „Sie sind jedenfalls keine Freunde der Errants“, meinte Solidar. „Ja netter Empfang“, stimmte Gavin zu. Innerhalb kürzester Zeit hatte sich herum gesprochen, dass es sich bei den neuen Kriegern um eine Gilde namens Zen Knights handelte. Sie hatten sich entschlossen den Herren der Ordnung bei diesem Problem zu helfen. In kürzester Zeit hatten sie sich unter die Krieger der Ordnung gemischt und verstärkten deren Linien. Gavin schüttelte Cryogentic die Hand. „Schön dass wir ein wenig Hilfe bekommen.“ Cryogentic grinste. „Wir haben da noch eine Rechnung mit diesem Gesindel offen. Es ist Zeit diese zu begleichen.“ „Das klingt gut“, meinte Solidar.

Der stämmige Zwerg in seiner schweren Rüstung trippele auf und ab. „Ich will diesen Abschaum die Köpfe spalten.“ Er spuckte aus und blickte wieder zu dem Hügel hinauf. „Die lachen ja noch über uns.“ Verspielt lies er seine Axt durch die Luft sausen. Aber nicht mit Gib dem Zwerg. Nein! Meine Axt wird ihnen zeigen, was es bedeutet, wenn wir die Ordnung bringen.“ Fangorn klopfte dem Zwerg auf die gepanzerte Schulter. „Ruhig mein Kleiner. Die Verstärkung ist da. Bald geht es doch los.“ „Klein! Wen nennst du hier klein du schwachbrüstiger Zauberlehrling?“, erboste sich der Zwerg. Fangorn stöhne auf und blickte flehend in den Himmel. „Zwerge“, murmelte er noch und begab sich auf seinen Posten. Duncan hob sein Schwert. „Es ist Zeit“, rief er laut. „Für die Ordnung!“ Er ließ das Schwert hinab sausen und ein lautes Brüllen hallte über den Hügel. Von allen Seiten drangen nun die Herren der Ordnung auf den Hügel vor. Die Zen Knights kämpfte Seite an Seite mit ihnen. In kürzester Zeit war der Pfeilhagel verstummt und der provisorische Wall des Räubernestes überwunden. Gib sprang als erster über den Wall. „Zu mir!! Meine Axt wartet auf Euch!“ brüllte er und rannte auf den ersten Errant zu, der ihm in den Weg lief. Gavin konnte sich selbst in dieser bedrohlichen Lage ein kurzes Lachen nicht verkneifen, als er zusammen mit Solidar ebenfalls den Wall überwunden hatte. Gib stand inmitten eines Kreises von Errants und wirbelte mit seiner Axt umher. Ihn schien es gar nicht zu stören, dass er umzingelt war. Laut lachend streckte er einen weiteren Errant nieder. Relucant blickte ebenfalls auf diese Szene. „Ist das normal bei Euch?“ Duncan Idaho zuckte die Achseln. „Ich würde sagen, es kommt öfters vor.“ Relucant’s Augen leuchteten. Er schoss einen magischen Ball auf einen der Errants, welche um Gib herum kämpften. „Das gefällt mir“, meinte er.

Am Ende einer erfolgreichen Schlacht kehrten die Herren der Ordnung nach Tanelorn zurück. Dort wurden sie vom Imperator begrüßt. Die Taverne spendierte eine Runde Met für die tapferen Krieger. Das hob die Stimmung enorm. Duncan Idaho hatte die Zen Knights für diesen Abend nach Tanelorn eingeladen. Dankend waren sie dieser Einladung gefolgt. Nun bewunderten sie die kleine Stadt und ihre Befestigungsanlagen. Die Feiern zogen sich noch die ganze Nacht hin. Das laute Grölen eines Minotauren und eines Zwerges erfüllten den Markplatz als es schon zu Dämmern begann. Die Wachen hatten am nächsten Morgen eine Menge zu schleppen, als sie versuchten den schlafenden Minotauren vom Baum des Lebens wegzuschaffen, wo er sich für ein Nickerchen hingelegt hatte. Zwei Tage später hatte Bigfoot eine besondere Nachricht zu verkünden. Er versammelte die Truppen unter dem Baum des Lebens. Die Banner der Ordnung wehten auf den Mauern von Tanelorn. Die ganze Stadt hatte man für dieses Ereignis herausgeputzt. In sauberen Reihen standen die Krieger der Ordnung vor ihrem Imperator. Duncan Idaho stand als Kommandant vor ihnen und musterte die Männer. In einer eigenen Gruppe standen die Zen Knights ebenfalls vor dem Imperator. „Ordnungsstreiter! Heute ist ein besonders guter Tag für die Ordnung. Das Imperium wächst. Unser Kampf gegen das Chaos macht sich bezahlt. Nicht nur in den zahllosen Siegen die wir inzwischen in diesem zerrütteten Land errungen haben, nein auch andere Belohnungen wurden uns zuteil.“ Er deutete auf die Zen Knights, die nun noch ein wenig strammer zu stehen schienen. „Eine größere Belöhnung gibt es wohl kaum. Wir haben neue Freunde gewonnen. Die Zen Knights standen uns im Kampf mutig zur Seite. Und dies obwohl sie uns kaum kannten, höchstens vom hören sagen.“ Er neigte den Kopf in die Richtung der Zen Knights. „Dafür meinen Dank. Doch dem nicht genug! Sie haben sich entschlossen sich unserer Nation anzuschließen. Sie und ihre kleine Stadt werden von nun an unter dem Banner der Ordnung kämpfen. Zusammen werden wir das Chaos aus diesem Land treiben. Es wird keine Atempause geben im Kampf gegen das Chaos! Für die Ordnung!“ „Für die Ordnung!“ erklang es aus vielen Kehlen. Jubel brach in Tanelorn aus.


Alles hat ein Ende

„Nun jeder Krieg endet einmal“, sinnierte Nylen und blickte auf die Karte. „Ja, aber wer hätte zu Beginn geglaubt, dass es so ausgehen würde“, fragte Taker und nahm drei weitere Holzfiguren von der Karte. Allesamt Markierungen für Städte der Nordallianz. Es waren zwei weitere Wochen vergangen und das Blatt im Krieg zwischen der Nordallianz und den Soldiers of Aerynth hatte sich zu Gunsten von SoA gewandt. Es gingen Gerüchte um, dass Aftermath der Nordallianz seine Unterstützung entzogen hatte. Zwar hatte es nie eine echte Beteiligung von Aftermath gegeben, doch immer wurde vermutet, dass Krieger von Aftermath auf Seiten der Nordallianz kämpften. Ob nun etwas dran war an diesen Gerüchten oder nicht. Die Nordallianz unterlag in diesem Zermürbungskrieg immer mehr. Inzwischen fehlte es ihnen an Truppen und Material. Das Ende war abzusehen. So zerfiel das Bündnis in den kommenden Tagen sehr schnell. Einzelne Gilden lösten sich aus der Allianz um ihr Überleben zu sichern. Das war der Anfang vom Ende. Am Ende der Woche hatte SoA den Krieg gewonnen. Doch der Preis dafür war hoch gewesen. Wieder einmal lag fast der gesamte Kontinent in Trümmern. Nach dem Ende des Krieges löste sich die Allianz von SoA ebenfalls auf. Der ganze Kontinent zersplitterte wieder in Kleinstaaten, die alle ihr eigenes Süppchen kochen wollten. In gewisser Weise schien es sogar noch schlimmer als zuvor. Ein perfekter Nährboden für die Errants und ihre Raubzüge. Es gab nun wirklich nicht mehr viele Nationen die ihnen echten Widerstand leisten konnten.


Kapitel 8  

Der Fall des dunklen Goliath naht

Duncan Idaho blickte in den Himmel. Die Sonne verschwand langsam hinter den bewaldeten Wäldern und die Dämmerung senkte sich über die kleine Ortschaft. Er rammte die Standarte der Ordnung unter dem Baum des Lebens in den Boden. „Sie kommen wieder!“ rief eine Stimme aus der Dämmerung. Schilde und Schwerter klirrten als sich die Herren der Ordnung in Schlachtaufstellung begaben. Duncan Idaho setze seinen Helm auf und griff nach seinem Schwert. Langsam ging er zu den in Stellung stehenden Männern. Er trat durch die Reihen und wand sich zu ihnen. „Herren der Ordnung! Vernichter des Chaos!“ rief er den Kriegern zu. „Dort steht die Standarte der Ordnung. Kein verseuchter Finger des Chaos wird sie je erreichen! So wahr ich Idaho heiße, diese Ortschaft wird kein Opfer der Errants!“ Er reckte das Schwert in die Höhe. Die Krieger aus Tanelorn taten es ihm gleich. „Für die Ordnung!!!“

Hektisch blickte sich Gavin um. Im Getümmel war ihm seine Waffe abhanden gekommen. Nun hatte er nur noch den reinigenden Zauberspruch, der ihm als Kreuzritter durch die Gnade des Allvaters zuteil wurde. Ein schartiges Schwertes sauste an seiner Schläfe vorbei. Gavin warf sich zur Seite und entkam nur knapp einem zweiten Hieb. Etwas Warmes rann von seiner Schläfe, doch er bemerkte es kaum. Mit beiden Händen formte er eine Figur und murmelte ein Gebet an den Allvater. Innerhalb von Sekunden bildete sich ein weißes Licht um Gavins Hände. Der Errant, welcher eben noch siegessicher auf ihn zugegangen war, machte verdutzt halt. Offensichtlich hatte er mit einem leichten Opfer gerechnet. Das Gewissheit über den nahen Sieg verschwand langsam aus seinem vernarbten und schmutzigen Gesicht. Die gelben Zähne verschwanden wieder, dafür weiteten sich seine Auge beträchtlich. „Für die Ordnung;“ presste Gavin hervor und ein gleißender Lichtball löste sich von seinen Händen. Er steuerte ohne Umwege auf den Errant zu und entfachte auf dessen Lederrüstung ein seltsames Schauspiel. Wie ein lebendiges Wesen fraß sich das Licht durch dessen Rüstung. Die geweiteten Augen des Errant wurden noch ein Stück größer, dann starrten sie einen Augenblick ins Leere. Kurz darauf spuckte er dunkles Blut und fiel nach vorn um. Solidar trat neben Gavin und reichte ihm seinen Kriegshammer. „Gehört das dir?“ Gavin nahm ihn und nickte. „Ich dachte schon ich müsste mir einen Neuen besorgen. Danke.“ „Du bist ja auch ganz gut ohne zurecht gekommen“, meinte Solidar und tippte den toten Errant mit der Stiefelspitze an. Gavin wischte sich das Blut von der Schläfe und zuckte die Achseln. „Keine Zeit darüber nachzudenken. Der Rückzug war eine Finte, da kommen sie wieder.“ Solidar spuckte aus. „Es könnte so ein schöner Abend sein.“

Mit Mühe wehrten die Herren der Ordnung auch diesen Angriff auf die kleine Ortschaft im Südosten von Tanelorn ab. Man war neuen Nachbarn zur Hilfe geeilt. Die Gilde Vampyre hatte zwei kleine Ortschaften in der Nähe von Tanelorn gegründet und es herrschte reger Handel zwischen den Städten. Doch nun schienen diese friedlichen Ortschaften das Ziel von Errants geworden zu sein. Die Herren der Ordnung waren einem Hilfegesuch der Gildenführung der Vampyre gefolgt und hatten eine Kohorte zu deren Hauptstadt beordert. Nun war der zweite Tag schwerer Kämpfe vergangen und der Feind war noch nicht geschlagen. Die Errants schienen wirklich im Bunde mit den Chaosgöttern zu sein. Doch Verstärkung aus Tanelorn war unterwegs. Die Sonne warf ihre ersten Strahlen auf das Heerlager in der kleinen Ortschaft. Man hörte das Stöhnen der Verwundete in den Gassen widerhallen. Längst waren die Meisten auf den Beinen und eilten umher. Das Banner der Ordnung flatterte an seiner Standarte im Zentrum des Heerlagers. Duncan Idaho fuhr mit seinen Fingern über eine tiefe Beule in seinem Panzer. „Hm. Nicht gut.“ Malebolgia grunzte zustimmend. „Sie werden angreifen bevor die Verstärkung aus Tanelorn eintrifft. Sie lagern an drei Stellen vor der Stadt. Wir müssen uns gut aufeilen, wenn diese Stadt nicht das Opfer der Flammen werden soll. Malebolgia, du übernimmst zusammen mit Keiler und Kickersen den Osten. Nehmt noch zwei Magier oder Heiler mit. Ihr seit mächtige Krieger, aber manch Magier kennt Eure Schwächen.“ Ein launiges Grunzen war die Antwort. „Ja bisher hast du jeden dieser Magier in zwei Hälften geteilt, ich weiß. Aber wir wollen doch sicher gehen, nicht wahr.“ Ein Grunzen war die Antwort, dann wand sich Malebolgia um und stampfte nach Osten. Duncan Idaho wusste, dass Malebolgia, Keiler und Kickersen eine schlagkräftige Barbarentruppe war. Über den Osten brauchte er sich wenig Gedanken machen. Eine weitere Errantgruppe stand vermutlich im Norden und eine im Süden. Gavin und Solidar Darklighter im Norden und er selbst mit ein paar Mann im Süden. Das würde hoffentlich reichen.

„Wir sind aber nicht wirklich viele“, murmelte Solidar und blickte sich um. Gavin klopfte ihn auf die gepanzerte Schulter. „Man gewöhnt sich dran. Bereit?“ Solidar nickte. „Gut, wir beide übernehmen zusammen mit zwei Barbaren die erste Linie. Dahinter stehen zwei Zauberweber und ein Heiler, “ erklärte Gavin die Aufstellung. Kaum waren sie in Stellung, schien auch der Feind anzurücken. Eine ganze Horde von grotesk aussehenden Gestalten kam in Sicht. Sie trugen ein schwarzes Banner vor sich her. Daran baumelten rechts und links abgeschnittene Hände als Trophäen. „Die sind mehr“, stellte Solidar trocken fest. Gavin zuckte die Achseln. „Die Ordnung meint es gut mit uns.“ „Censure“, befahl er und Solidar und Gavin beschwören ihre Kreuzritter-Magie. Zwei Lichtbälle flogen auf den ersten Errant der in Reichweite kam. In einer Explosion aus Licht brach er zusammen. Nun schossen auch die Feuerbälle der Zauberweber aus der zweiten Reihe hervor. Der Bannerträger der Errants brach brennend zusammen, doch sofort griff ein Anderer danach und richtete das Banner wieder auf. Die Verluste schienen sie nicht zu beeindrucken. Schreiend und Grölend näherten sie sich weiter der kleinen Gruppe von Verteidigern. Gavin blickte sich um. Sie erhielten Verstärkung von einer kleinen Abordnung der Vampyre. „Freut mich, dass ihr kommen konntet“, rief er und winkte sie zu sich. Wenige Sekunden später waren die Errants in Reichweiter für den Nahkampf. Einer der Vampyre machte den Fehler und sprang ihnen entgegen. Noch bevor er sein Schwert erhoben hatte, brachen zwei Langschwerte durch seinen Rücken. Lautes Gejohle begleitete den weiteren Ansturm. „Stellung halten!“ rief Gavin unnötiger Weise und versuchte einen weiteren Zauber zu wirken. Doch zu spät, der Feind war zu nah. Er brach die Beschwörung ab und schwang seinen Hammer. Klirrend wehrte er ein rostiges Schwert ab, das auf ihn zu sauste. Mit einem Schwung wand Gavin dem Schwertführenden die Waffe aus der Hand. Verdutzt blickte der Errant ihn einen Augenblick an, bis er in einem Feuerball der Zauberweber zu explodieren schien. Die Zauberweber gaben weiterhin aus der zweiten Reihe ihr Bestes. Solidar rammte sein Schwert brüllend einem schwarz gekleideten Zwerg in den Helm. Mit einem seltsamen Geräusch gab sowohl der Helm als auch der Schädel nach. Solidar stützte sich mit dem Stiefel auf dem Zwerg ab um sein Schwert wieder frei zu bekommen. Gerade noch rechtzeitig konnte er sich befreien um sein Schild gegen eine neue Attacke zu heben. Krachend schmetterte ein Barbar seine Axt in sein Schild, welches Solidar vor sein Gesicht hielt. Das Glitzern der Axtspitze vor Solidars Nase sprach Bände über die Wucht des Schlages. Erst jetzt bemerkte Soldiar, dass er sein Schildarm eigentlich gar nicht mehr spürte. Er wankte zurück, doch er wurde von den sanften Händen des Heilers in der zweiten Reihe berührt. Mit einem Ruck stieß dieser ihn wieder zurück in den Kampf. Wie durch ein Wunder spürte Solidar seinen Arm nach der Berührung wieder. So ein Heiler war wirklich mehr als Gold wert. Der Barbar schwang unzufrieden fluchend seine Axt. Grobschlächtig wie er war, gelang es Solidar seinen zweiten und dritten Hieb auszuweichen. Nun war es an der Zeit in die Offensive zu gehen. Er wich einem vierten Hieb aus. Die Axt ging knapp an ihm vorbei und senkte sich dank der Wucht des Schlages tief in die Erde. Diesen Moment nutzte Solidar aus. Er sprang nach vorn, das Schwert voraus. Blut spritzte auf, als das Schwert durch den Harnisch in den Bauch des Barbaren eintrat. Solidar stemmte sich mit dem ganzen Körpergewicht gegen das Schwert. Knackend trat das Schwert aus dem Rücken des Barbaren. Röchelnd sank er zu Boden, Solidar halb unter sich begrabend. Keuchend blickte Gavin sich um. Solidar war nicht zu sehen und auch sonst sah es schlecht aus. Ein Feuerball des Feindes hatte ihren Heiler schwer verwundet. Er hatte genug zutun sich selbst zu retten. Es war Zeit den Rückzug anzutreten. Aber zuerst musste er Solidar finden. Gavin stieß seinen Hammer nach vorn und traf sein Gegenüber am Kehlkopf. Hustend und röchelnd ging dieser zu Boden. Gavin sprang über ihn hinweg und lief nach links, dort wo Solidar sein musste. Noch wehrten die Vampyre und ein weiterer Krieger der Ordnung die Errants ab. Aber das würde nicht mehr lange so bleiben. Die erschöpften Gesichter der Zauberweber sprachen eine ähnliche Sprache. Gerade als Gavin an Solidars Posten angekommen war, bewegte sich zu dessen Füßen etwas. Ein Barbar bewegte sich. Gavin hob den Hammer und holte aus. Kurz bevor Gavin zuschlagen wollte, rollte Solidar blutverschmiert unter dem Barbaren hervor. Er blickte nach oben und sah zuerst den Hammer von Gavin. „Na danke! Dafür hab ich ihn dir aber nicht zurückgebracht.“ Erleichtert senkte Gavin den Hammer. Er griff Solidars Hand und zog ihn nach oben. „Wir müssen zurück. Sie sind zu viele.“ Solidar blickte sich um und schüttelte den Kopf. „Wir bleiben.“ „Bist du verrückt?“ Solidar deutete über die Köpfe zweier Errants hinweg, die sich gerade anschicken, die Darklighter anzugreifen. „Die Rettung ist da“, sagte Solidar nur. Verdutzt blickten sich die Errants ebenfalls um und schienen zu Eis zu gefrieren. Zwei Kohorten aus Tanelorn marschierten im Eiltempo auf das Schlachtfeld zu. Die Schlacht war entschieden.

Zufrieden studierte der Imperator die Siegesmeldung. Er blickte einen Augenblick in die Flamme einer flackernden Kerze auf dem Tisch. Ein hart erkämpfter Sieg. Die Errants organisierten sich immer besser. Ein Angriff von mehreren Seiten? Taktik? Vor einigen Wochen noch undenkbar. Nun gehörte es zu den Errants dazu. Vieles sprach dafür, dass die kleinen Grüppchen von Plünderern, Banditen, Chaosdienern und was sich sonst noch im Umfeld der Errants herum trieb, inzwischen von jemandem kommandiert wurden. Wer dies genau war, wusste Bigfoot nicht. Doch er hatte eine Ahnung. Schon in früheren Tagen war ein alter Bekannter namens Klick besonders in Erscheinung getreten, wenn es darum ging aus einem mordlustigen Haufen eine disziplinierte Truppe zu formen. Dies schien nun in weit aus größerem Ausmaß der Fall zu sein. Das Chaos selbst schien die Reihen der Errants zu stärken. Als Vorboten für größere Dinge. Bigfoot runzelte müde die Stirn und rieb sich die Augen. Für heute war es genug. Morgen früh würde er die bis dahin frisch eingetroffenen Nachrichten studieren und das restliche dieser Nacht aufarbeiten. Langsam stand er auf und streckte sich. Es war ein langer Abend gewesen.

Dreckig, geschwunden und die Kleidung zerschlissen. Das war der erste Eindruck den der Diplomat Nylen machte, als er nach Tanelorn zurückgekehrt war. Kaum das er die Stadt der Ordnung betreten hatte, wurde er auch schon von seinem Imperator empfangen. Nylen hatte eine weitere Reise unternommen und nun brachte er wichtige Neuigkeiten mit. Seine Reise als Diplomat hatte ihn auf die dunkle Insel geführt. Seit ihrem verzweifelten Angriff auf die Aftermath Feste in diesem staubigen und schwarzen Land, im ersten großen Krieg von Carnage, war er nicht mehr hier gewesen. Entsprechend schnell hatte er sich auf den fast nicht existenten Straßen verlaufen. Nach vielen Tagen endlich erreichte er die Hauptstadt Bastion. Das Bild das sich ihm dort auftat war alles andere als beruhigend. In vielen Vierteln der Stadt herrschte Aufruhr. Kein Anführer Aftermaths empfing ihn. Schnell stellte sich heraus, dass ein Machtkampf ausgebrochen war, denn der alte Anführer Veil galt als verschollen. In den folgenden Tagen hielt sich Nylen bedeckt und wartete in einer Taverne ab. Gegend Ende der Woche hatten die neuen Machthaber von Aftermath die Lage wieder unter Kontrolle. Bastion war wieder ruhig. Nun schien es günstig für Nylen, als einer der ersten Diplomaten überhaupt, beim neuen Anführer Aftermaths vorstellig zu werden. Tatsächlich erhielt er eine Audienz. Der Verlauf dieser überraschte Nylen zutiefst. Der neue Anführer, ein recht junger Irekei, gab sich offen, fast schon ehrlich für ein Gespräch unter Diplomaten sehr ungewöhnlich. Er erklärte, dass nach dem Verschwinden von Veil die Nation Aftermath einen regelrechten Schock erlitten hatte. Dies und die Niederlage der Verbündeten um die Nordallianz im letzten Krieg hätten die Position von Aftermath sehr geschwächt. Doch damit sollte nun Schluss sein. Aftermath sollte nicht länger über dem Geschehen thronen und nichts tun. Von nun an würde Aftermath wieder in das Geschehen von Carnage eingreifen. Vorrangiges Ziel von Aftermath würde es vorerst sein alle Errants zur Strecke zu bringen. Jede Gilde, welche den Errants Schutz bot, würde ebenfalls vernichtet. Das waren tatsächlich große Neuigkeiten und der weite Weg hatte sich für Nylen, trotz aller Strapazen gelohnt. Der Imperator sah dies genauso und lobte Nylen sehr für diese Informationen. Was sich aus diesen Neuigkeiten entwickeln würde, war allerdings nicht klar. Niemand kannte die wirkliche Stärke die Aftermath noch besaß. Und niemand kannte die der Errants.

Mit zusammengekniffenen Augen starrte Gavin Darklighter in die Dunkelheit. In der Ferne hörte er das Knurren eines Wyrms, was sofort einige Vögel dazu bracht ihren Schlafplatz zu verlassen und nervös aufzufliegen. Die Nacht war stockdunkel, kein Stern war zu sehen. Gavin hasste solche Nächte und ausgerechnet er musste nun zu diesem Treffen. Neben ihm hörte er ein leises Rascheln. Leander tauchte neben ihm auf und lächelte. Leander kam weitaus besser in der Nacht zurecht und hatte die Umgebung erkundet. Noch war ihre Kontaktperson offensichtlich nicht erschienen. Ein Knirschen im Unterholz machte sie aufmerksam. Langsam schien sich eine Silhouette aus dem Schatten zu schälen. Da war er. Gavin erhob sich langsam, Leander wand sich geduckt nach links um im Notfall Deckung zu geben. Langsam ging Gavin auf die Gestalt zu. Sie schüttelten sich die Hände. „Grüße Ruffles. Ist dir niemand gefolgt.“ Ruffles schüttelte den Kopf. „Es müsste schon ein sehr geschickter Waldläufer sein. Aber lass uns schnell machen. Hier sind die Berichte.“ Er reichte Gavin ein kleines Päckchen eng geschnürte Pergamente. „Für die Ordnung“, flüsterte Ruffles und verschwand so gleich wieder. Gavin blieb noch einen Augenblick stehen und wog das Päckchen in seiner Hand. „Für die Ordnung“, murmelte er ihrem Spion in den Reihen der Errants hinterher.


Der Errant-Krieg

Als Bigfoot die Zeilen las stellte er verwundert seinen Krug auf den Tisch ab und stand auf. Er kratzte sich das Kinn und las die Zeilen noch einmal. Die Berichte ihres Spions waren wirklich Gold wert. Ruffles berichtete von erschreckenden Entwicklungen in den Reihen ihrer Feinde. Wie schon befürchtet sammelte Click immer mehr der Banditen um sich und formte daraus eine Einheit. Einen Namen hatten sie sich bereits gegeben. Sie nannten sich House of Errants. Eine organisierte Gilde von mordlustigen Plünderern. In diesem Ausmaß hatte es so etwas noch nie gegeben. Ruffles sprach davon, dass Click die Parole ausgegeben hatte, alle erklärten Feinde der Errants besonders anzugreifen. Zudem wollte man sich einen festen Siedlungspunkt beschaffen. Das Wort beschaffen lies Bigfoot stutzen. Ihre Feinde würden also nicht irgendwo am Ende der Welt eine kleine Ortschaft gründen, wie es bisher öfters der Fall war. Die reine Größe, jedenfalls nach den Zahlen von Ruffles, ließ zudem den Schluss zu, dass es eine beachtliche Stadt sein würde. Kein Räubernest, wie die Herren der Ordnung in der Vergangenheit oft ausgeräuchert hatten. Bigfoot verließ sein Arbeitszimmer und schickte einen Botenjungen um seinen Beraterstab herbei zu rufen. Die neue Lage musste erörtert werden. Der Imperator wusste, dass Tanelorn schwere Zeiten bevor standen.

Mit einem mächtigen Hieb setzte sich Krulls Axt gegen das Schild des Feindes durch. Krachend gab es nach und die Klinge schnitt in den Arm des Trägers. Zufrieden knurrend riss er seine Axt zurück und holte erneut aus. Endlich kämpften die legendären Legionen der Aftermath wieder. Lachend spaltete er seinem Feind den Schädel. Das umherspritzende Blut schien für den Hauptmann der Aftermath Gruppe eine Belohung. Dass sie gerade eine kleine unbedeutende Gilde zerschmetterten, störte ihn nicht. Auch der Führungswechsel an der Spitze ihrer Nation war ihm gleichgültig. Krull lebte für den Kampf. Zu lange hatte er nur heimlich an Kriegen als Hilfstruppe Verbündeter teilgenommen. Nun trug er auf seinem Rundschild wieder das Wappen von Aftermath. Ihr neuer Führer hatte allen Unterstützergilden der Errants den Krieg erklärt. Eigentlich war daraufhin eine regelrechte Hexenjagd entstanden. Jeder beschuldigte Jeden. Man versuchte alte Rechnungen zu begleichen und verfeindeten Gilden etwas in die Schuhe zu schieben. In diesem Fall mochte es so sein. Ob die kleine Gilde weit im Osten, an der Küste zur Eisinsel wirklich den Errants geholfen hatte, war nicht klar. Eher statuierte hier Aftermath ein Exempel. Es galt zu zeigen, dass die alte Macht wieder im Spiel war. Krull schleuderte seine Axt einem Templer entgegen und riss ein tiefes Loch in dessen Brust. Überrascht sank der Templer röchelnd zu Boden. Es war ein erfolgreicher Tag für Krull.

Taker klopfte zweimal an, dann trat er ein ohne auf eine Antwort zu warten. Er durchschritt den Raum und überreichte seinem Imperator die neuen Berichte. Bigfoot nickte dankend und wog das Bündel in der Hand. „Papier. Ich ertrinke bald in Papier, “ seufzte er leise. „Im Grunde sind es die Berichte über die Massaker, welche Aftermath an kleinen Gilden im Osten abgehalten hat. Es war mehr ein Schlachten, wenn man diesen Berichten glauben schenkt. Die angeblich Verbündeten Errants ließen sich natürlich nicht blicken.“ Bigfoot schnaufte. „Wieso auch. Es ist sehr unwahrscheinlich, dass die Krieger des House of Errants dort wirklich einen Stützpunkt hatten.“ „Selbst wenn, ich würde Aftermath aus dem Weg gehen“, meinte Taker. Bigfoot aber schüttelte den Kopf. „Nein, das haben sie nicht mehr nötig.“ Er zog ein anderes Pergament heraus. „Sieh her. Das sind die ungefähren Zahlen ihrer momentanen Kampfstärke.“ Taker keuchte als er die Zahlen überflog. „Erschreckend, nicht wahr? Sie sind fast jeder Nation ebenbürtig. Sie ziehen das Gesindel von ganz Carnage an wie ein Honigtopf die Bienen. Und Aftermath mag zwar so handeln wie früher, aber sie haben längst nicht mehr ihre alte Stärke.“

Verzweifelt wich Krull einem weiteren Hieb aus. Der Feind war ihm überlegen. Das war ihm noch nie geschehen. Gut, jedem Krieger war bewusst, dass seine Zeit eines Tages gekommen war. Jeder Krieger fand irgendwann seinen wahrhaftigen Gegner. Aber doch nicht dieser Wicht, dachte Krull. Wieder schwang er seine Axt, verfehlte aber seinen schmächtigen Gegner. Geschickt wich dieser aus und stieß sofort wieder mit seinen giftgrünen Dolchen nach vorn. Ein Dolch streifte den linken Arm des Aftermath Kriegers. Heiß wie Feuer fuhr es Krull den Arm bis in die Schulter. Seine Hand wurde sofort taub und lies das Schild fallen. Er wusste, es war zu Ende. Wer hatte gedacht, dass er einmal auf der dunklen Insel fallen würde. Wütend stürzte er sich nach vorn. Die Wucht des Angriffes riss den kleinen Dolchschwinger von den Füßen. Krull begrub seinen Feind unter sich. Seine Axt war tief in die Seite des Gegners eingedrungen. Zumindest ein Patt, dachte der Aftermath Krieger, als er spürte wie sich das Gift weiter ausbreitete und seine Lieder schwer wurden. Weitere Aftermath Krieger versuchten die angreifenden Errants abzuwehren. Es waren zu viele. Bisher hatten sie seit dem letzten Krieg kaum jemanden durch das magische Portal im Norden der Insel gelassen. Immer waren dort Wachen postiert gewesen. Nun wurde man von der Masse des Feindes zurückgedrängt. Aber noch gaben die Krieger Aftermaths nicht auf. Dies war ihre Insel. Heiligster Besitz ihrer Gilde. Entsprechend wehrten sie sich und schlugen den Feind mehrmals zurück zum Portal. Doch als der Abend einbrach, befahl ihr Kommandant sich zurückzuziehen und neu zu formieren. Ihre Verluste waren zu hoch gewesen.

Keuchend stürzte Molly durch die Tür. Alle Köpfe wanden sich zu ihr. Sie war die Letzte, welche noch zur Sitzung des Stabes fehlte. „Neuigkeiten!“ jauste sie. „Soeben hat ein Bote berichtet, dass auf der dunklen Insel schwere Kämpfe toben.“ „Was?“ Duncan blickte Molly verdutzt an. „Wer?“ hakte Taker nach. „Das House of Errants hat das Portal eingenommen und angeblich Aftermath in die Berge getrieben.“ Bigfoot blickte auf die große Karte von Carnage. „Es beginnt. Die Errants haben sich eine Heimat erwählt.“

Es war der zweite Tag in Folge an dem es regnete. Die dunkle Insel verwandelte sich in eine einzige Schlammwüste. Die Flüsse und Sümpfe schwollen an. Straßen wurden unpassierbar. Das geschah oft und die Bewohner der Aftermath Hauptstadt waren es gewöhnt. Doch nie war dies geschehen als ihre eigenen Truppen auf der Insel kämpften. Ihre alte Stärke hatte die Aftermath Nation tatsächlich verloren. Nach der Schlacht am Portal waren sie nur noch zu kleinen Scharmützeln fähig gewesen. Immer weiter hatten die Errants sie durch die Berge Richtung Bastion gedrängt. Inzwischen war allen klar, dass die Errants eben diese Stadt erobern wollten. Sie wollten die Insel für sich erobern und von hier aus ihre Raubzüge führen. Aftermath versuchte diese Pläne zu verhindern und ihr Überleben zu sichern. Wieder blickten die Bewohner von Bastion zwei Legionen zu, wie sie bei strömenden Regen die Stadt verließen. Alles junge Burschen mit mäßiger Ausrüstung. Viele fragten sich, ob dies das letzte Aufgebot der großen, so mächtigen Nation Aftermath war. Nichts schien mehr so zu sein wie zu Zeiten ihres Anführer Veil. Die Macht, die sie über ganz Carnage so lange ausgeübt und verteidigt hatten war dahin. Verzweiflung machte sich in den Gassen von Bastion breit.

Ernst blickte Click in das Tal in dem ihr Ziel lag. Vielleicht noch drei Legionen trennten sie von Bastion. Das würde kein Problem sein. Er hatte genügend Männer um sich gesammelt und nach diesen Erfolgen wurden es jeden Tag mehr. Die Verlockung von Gold und anderem Plündergut verleitete viele ehemals ehrenhafte Bürger Carnages sich dem House of Errants anzuschließen. Click musterte die Stellungen des Feindes im Tal. Heute würden sie nicht mehr angreifen. Seine Männer würden das Umland verwüsten und so die Versorgung der Stadt endgültig zum erliegen bringen. Zudem war der Regen für eine echte Schlacht sehr hinderlich. Er wollte schließlich nicht, dass der Regen zu einem Vorteil für Aftermath wurde. Lächelnd wand er sich um und stapfte durch den Morast zu seinem Heerlager zurück.

Der nächste Morgen brach über Bastion heran und es regnete weiter als ob der Allvater persönlich alle Himmelsschleusen geöffnet hätte. Dies verschaffte Aftermath eine kleine Verschnaufpause. Die verbliebenen Legionen gruben sich um Bastion ein und warteten auf den Feind. Auf die letzte Schlacht. Doch das House of Errants dachte gar nicht daran bei diesen ungünstigen Bedingungen anzugreifen. Ihre Legionen umstellten in einem weiten Kreis die Stadt und warteten ab, während kleinere Abteilungen durch das Umland von Bastion marodierten. Zwei Tage vergingen so und die Versorgung bracht langsam in Bastion zusammen. Die Bewohner von Bastion hatten nicht mehr genügend Nahrungsmittel, nur Wasser gab es in Hülle und Fülle. Doch auch der durch den Regen erzeugte Aufschub der letzten großen Schlacht, endete irgendwann. Am Abend klarte der Himmel auf und vereinzelte Sonnenstrahlen brachen durch die dünner werdende Wolkendecke. Ängstlich blickten die Bewohner von Bastion in den Himmel. Zum ersten Mal in ihrem Leben freuten sie sich nicht über das Ende eines großen Unwetters

Click blickte ebenfalls in den Himmel. Im Gegensatz zu den Bewohnern in der eingeschlossenen Stadt Bastion, erfreute ihn dieser Anblick. Ein Blick in das Tal genügte und er wusste, schon morgen würde ihm diese Stadt gehören. Im Morgengrauen des nächsten Tages würde er angreifen. Heute wollte er das Schlachtfeld vor der Stadt nicht mehr betreten. Zufrieden sah er wie die letzten Aftermath Legionen sich langsam in die Stadt zurückzogen. Nun konnten sie nur noch auf ihre starken Mauern vertrauen. Siegessicher dachte Click an die großen Belagerungsmaschinen, die er bereits im Hinterland hatte zimmern lassen.

Wie Donner, Vorbote eines Unwetters, hallten die Kriegshörner der Errants über die Ebene vor Bastion. Die dicken Stadtmauern selbst schienen zu erzittern als alle Errants zugleich mit ihren Waffen auf ihre Schilde hämmerten und langsam auf die Stadt zu marschierten. Mit ängstlichen Blicken beobachteten die Verteidiger die wie ein Ameisenheer ausschwärmenden Feinde. Hinter den Linen konnte man bereits erkennen, wie schwere Belagerungsgeräte herangebracht wurden. Viele Männer zogen die Trebuchets in Reichweite der Mauern. In den ersten Reihen marschierten die Errants mit Sturmleitern. Der Hauptmann auf dieser Seite der Stadtmauern rief wild Befehle um sich. Bogenschützen spannten ihre Bögen und warteten auf den Befehl zum Feuern. Man würde sie herankommen lassen. Möglichst viele sollten im ersten Pfeilhagel ihr Leben aushauchen. Manche Bogenschützen zündeten ihre Pfeile an um die Flugbahn beobachten zu können. Es war ihnen wichtig die Entfernung abschätzen zu können. Hinter den Schützen, die nun an den Zinnen standen, warteten in zwei Reihen die mit Schwertern ausgerüsteten Kriegern. Sie wussten, dass die Bogenschützen nicht alle Feinde erledigen würden.

Click hob sein schartiges Schwert. Mit einem grimmigen Gesichtsausdruck ließ er es wie ein Fallbeil nach unten sausen. Ein Leutnant neben ihm gab seine Befehle weiter. Donnernd ertönten wieder die Hörner der Errants und wildes Geschrei brach über den Schlachtfeld los. Wie ein Mann begannen die Reihen nun auf die Mauern zu rennen. „Feuer!“ rief der Hauptmann der Verteidiger und seine Bogenschützen sandten einen tödlichen Willkommensgruß. Viele Errants blieben wie vom Donner gerührt stehen und sanken zu Boden. Doch es waren nicht genug. Immer noch walzte sich eine dunkle Masse auf die Mauern von Bastion zu. „Feuer! Los, jeder Pfeil ein Errant!“ rief der Hauptmann. Wieder regnete es Tod vom Himmel, doch die Welle kam nur zum Teil zum Stehen. Erste Krieger des Feindes erreichten die Mauern und lehnten ihre Leitern an. Oben drängten sich die Nahkämpfer nach vorn und versuchten die Leitern wieder nach unten zu stoßen. In vielen Fällen gelang dies auch und es riss die Errants auf den Leitern wieder in die Tiefe. Nur wenige von ihnen erhoben sich wieder. Doch als eine zweite Welle die Mauern erreichte, gelang es ersten Errants diese zu erklimmen. Wilde Nahkämpfe auf engstem Raum entbrannten. Die Verteidiger wollten verhindern, dass die Errants einen Brückenkopf auf den Mauern errichteten, doch zu viele stießen über die sichere Leiter nach oben nach. Mit der Macht der Verzweifelten führte der Hauptmann der Mauer einen selbstmörderischen Angriff auf den Brückenkopf. Unter dem Pfeilhagel der eigenen Schützen, die diesen Teil der Mauer beschossen, drängte er mit einer kleinen Gruppe Kriegern vor und schlug eine Bresche in die Linien des Feindes. Unter schweren Verlusten gelang es ihnen die Feinde wieder über die Mauern zurück zu werfen. Doch dieser Sieg war nur von kurzer Dauer. Kaum hatten sie den letzten Errant über die Zinnen geworfen, ertönte ein seltsames Rauschen in der Luft, gefolgt von ohrenbetäubenden Krachen. Die Trebuchets hatten begonnen die Mauern zu beschießen.

Der Anführer der Errants blickte von einem Hügel über die Stadtmauern. Mit einem Wink befahl Click einem seiner Untergebenen, mit seinen Männern als Verstärkung zu einem bestimmten Mauerabschnitt abzurücken. Zufrieden beobachtete er den Verlauf der Schlacht. Bald schon würden seine Männer ein schönes Zuhause haben. Dieser Ort eignete sich wirklich perfekt für seine Pläne. Dies würde ihre neue Festung werden. Schon Aftermath hatte sich lange Zeit darauf verlassen können, dass diese Insel relativ sicher war. Nun jedenfalls bis zum heutigen Tag. Rauchwaden zogen über die Stadt und kündeten von den ersten Bränden in der Stadt. Nun dies lies sich nicht vermeiden, überlegte Click. Spätestens wenn seine Männer die Stadt plünderten; würde irgendwo ein Feuer ausbrechen. Zwar legte es niemand darauf an und Click hatte kein echtes Interesse an einer ausgebrannten Stadt, doch irgendwo stieß jemand immer eine Kerze um. In solch engen Städten hatte das fatale Auswirkungen. Click gab sich nicht der Illusion hin, die Stadt unbeschadet erobern zu können. Er hatte bereits Baupläne zeichnen lassen, wie ihr neues Domizil aussehen würde.

Mit einem lauten Ächzen gab das Haupttor nach. Holz splitterte nach innen, knirschend schoben sich die Eisenverstrebungen zur Seite. Ein weiterer dumpfer Schlag und der Weg in die Stadt war von den Rammen frei gemacht worden. Wildes Geschrei begleitete die Errants bei ihrem Einfall in die Stadt. Verzweifelt versuchten die verbliebenen Soldaten Aftermaths sie zurück zu schlagen. Doch die Wucht mit der die wilden Krieger durch das Tor fluteten hätte niemand stoppen können. Schnell war der ganze Mauerabschnitt in ihrer Hand. Nach und nach zogen sich die Verbliebenen Verteidiger zurück. Eine letzte Burg blieb ihnen als Schutz. Auch die Bürger strömten hinter die Mauern der kleinen Festung. Ihnen war klar, niemand würde außerhalb der Burg überleben. Die Errants begannen derweil ihre Plünderung. Niemand konnte sie davon abhalten. Nicht einmal Click, ihr Anführer. Natürlich hätte ein direkter Sturm auf die Burg mehr Sinn gemacht. Aber einem gierigem Mob sollte man nicht im falschen Augenblick im Wege stehen. Das war auch dem Führer der Errants klar. So lies er seinen Männern freien Lauf und beobachtete, wie erste Viertel der Stadt in Flammen aufgingen.

Dicke Rauchschwaden zogen durch die mit Leichen übersäten Gassen, als am nächsten Morgen die ersten Sonnenstrahlen hervor brachen. Es stank regelrecht nach vergossenem Blut in der Stadt. Viel zu wenige Bürger hatten es geschafft sich in die Burg zu flüchten. Grausame Szenen hatten sich die ganze Nacht abgespielt. Aufmerksam betrachtete Click die Verwüstungen. Es war eine blutige Nacht gewesen. Schreie hatten immer wieder über die Stadt gehallt. Niemand hatte sich dem entziehen können. Die letzten Verteidiger in der Burg am wenigsten. Nun war es Zeit für den letzten Akt. Click nickte einem seiner Untergebenen zu und die Hörner des Krieges hallten erneut über die Stadt.

Langsam senkte er den Kopf. Bastion war gefallen. Nun war die gesamte Insel in den Händen dieser Plünderer. Bigfoot rieb sich die müden Augen. Das würde große Auswirkungen haben. Ein neuer gefährlicher Machtblock war am Entstehen. Doch was konnte er tun? Bigfoot überflog noch einmal die Berichte die man ihm übergeben hatte. Nichts, er konnte im Grunde nichts tun, schloss er frustriert. Er konnte schlecht mit einer Streitmacht aufbrechen und die Errants angreifen. Effektiv hatten die Herren der Ordnung inzwischen zwei Legionen auf Carnage plus Hilfstruppen. Das war bei weitem nicht genug um wirklich Siegreich zu sein. Ein direkter Angriff würde sie eher schwächen und zum nächsten Ziel machen. Bigfoot konnte sich lediglich darauf beschränken die Grenzen die seine Truppen kontrollierten, noch besser zu sichern. Alles Weitere musste man zuerst mit den Verbündeten absprechen.

„Da ist noch einer!“ rief Duncan und deutete nach Osten. Gavin lächelte und wog seinen Hammer in der Hand. „Fein, noch mehr Steingolems.“ Seit zwei Tagen waren sie in einer Region namens Barrows auf der Jagd nach Chaosgeschöpfen. Von hier hatten sich bereits mehrmals kleine Banden dieser Kreaturen in die Richtung der Grenzen der Herren der Ordnung ergossen. Nun war man in die Offensive gegangen. Die Zauberweber hatten davon gesprochen, dass sich hier dunkle Energie konzentrierte. Dies war neben der Säuberungsaktion ein weiterer Grund für diese Expedition. Der Imperator wollte wissen, was sich dahinter verbarg. Gut, überlegte Gavin. Diese Steingolems waren sicherlich keine große Gefahr für sie. Langsame Steingebilde denen irgendein irrer Zauberer Leben eingehaucht hatte. Wie lange sie hier wohl schon ihr Unwesen trieben, fragte er sich. Stein hielt lange Zeit. Er balancierte seinen Hammer in der Hand. Egal wie viele Zeitalter sie hier schon umherirrten. Nun war es Zeit für diese unnatürlichen Geschöpfe ihrem Ende ins Auge zu sehen. Ihr Ende würde ein schwerer Kriegshammer mit magischen Runen sein. Als der Abend herein brach, kehrten die Jäger mit reicher Beute in ihr Feldlager zurück. Nicht wenige der Steingolems hatten kleine Schätze früherer Opfer angehäuft. Warum sie das getan hatten blieb allerdings im Dunkeln. Duncan warf zwei Beutel, gefüllt mir Münzen und Broschen auf den Sammelplatz. Dort hatte sich ein ansehnlicher Haufen gebildet. Er kratzte sich am Kopf. „Für einen Tag wirklich nicht schlecht.“ Malebolgia neben ihm gab ein zustimmendes Grunzen ab. Schlagfest Donnerhuf kam auf den Kommandant der Stahlwölfe zu. „Ich habe mich noch etwas umgesehen. Es gibt hier kaum noch Golems. Wir sollten morgen weiterziehen.“ Duncan Idaho nickte. „Ja, diese Golems sind sowieso nicht unser Ziel. Irgendwo in diesen Wäldern muss es Chaosgeschöpfe geben wie jene, die unsere Grenzen angegriffen haben.“ „Also tiefer in den Wald?“ fragte Gavin, der sich gerade hinzu gesellte. „Ich denke dort werden wir sicherlich fündig“, antwortete Duncan. „Morgen mit den ersten Sonnenstrahlen berechen wir auf.“

Es war wieder an der Zeit für den Imperator, die erste Besprechung des Tages durchzuführen. Die Sonne war kaum über Tanelorn aufgegangen, als Bigfoot bereits hinter seinem Tisch saß und seinen Beratern lauschte. Seit dem Fall von Aftermath waren zwei Wochen vergangen. In Windeseile hatten die Errants ihre Stadt auf der Insel errichtet. Sie nannten sie Outpost. Bisher verhielten sie sich erstaunlich ruhig. Das war auch der Grund, warum es den Herren der Ordnung nicht gelungen war andere Nationen zu einem Angriff auf die Insel überreden zu können. Viele hofften darauf, dass sich nun die Lage wieder beruhigen würde. Bigfoot war sich sicher, dies würde auf keinen Fall so sein. Aber auch andere Berichte bereiteten dem Imperator sorgen. Seit Wochen wurden immer öfter freie Dämonen gesichtet, die ihr Unwesen trieben. Es hatte bereits Angriffe auf ihre Grenzen gegeben. Deswegen hatte er eine Expedition zum vermuteten Ausgangspunkt gesandt. Doch noch war es zu früh, um von Duncan Idaho und seinen Männern Nachrichten zu erwarten. Fakt war jedoch, dass überall das Chaos vermehrt auftrat. Einmal manifestierte es sich inmitten eines Bankettsaales und ein Dämon zerfetzte den Gastgeber, einem mächtigen Fürsten und Anhänger der Ordnung, die Kehle. Ein anderes Mal verschwanden plötzlich mehrere Kinder im Wald und es wurden Hufspuren gefunden, die zu keinem Tier passten. Es war eindeutig etwas im Gange.

„Vorsicht! Hinter dir, “ brüllte Gavin über den Schlachtenlärm. Solidar hechtete zur Seite und entging dem vergifteten Speer eines Dämons. Giftig grün troff es von der Spitze des Speeres, als er an seinem Rückenpanzer entlang kratzte. „Verfluchtes Biest“ spie Solidar mit zusammen gebissenen Zähnen aus und rollte sich zur Seite. Der Dämon war direkt hinter ihm aufgetaucht. Es hatte kein Geräusch gegeben. Es war, als wäre er durch eine unsichtbare Tür in diese Welt getreten. Solidar Darklighter lies heiliges Licht durch seine ausgestreckte Hand auf den Dämon zuschießen. Fast sah es so aus, als ob das gleißende Licht mit der Dunkelheit um den Dämon rang, bevor es mit einem Grollen in die Brust des rothäutigen Wesens einschlug. Brüllend stieß der Dämon erneut seinen Speer nach Solidar. Doch mitten in der Bewegung traf ihn ein schwerer Hammer auf der Brust und schleuderte ihn krachend nach hinten. Gavin schwang den Hammer und holte erneut aus. Solidar war inzwischen wieder auf den Beinen und schleuderte erneut eine Salve heiliges Licht in den am Boden liegenden Dämonen. Im gleißenden Licht des Allvaters zuckte der Dämon unter großen Qualen. Es bildeten sich einige Blasen auf seiner roten, mit Dornen übersäten Haut. Dann traf der Hammer mitten in die Fratze des Dämons und zerschmetterte den deformierten Schädel. Blut spritze den Darklighters entgegen. „Für die Ordnung“, rief Solidar und stieß sicherheitshalber noch einmal mit seinem Schwert dort in die Brust des Dämon, wo er ein Herz vermutete. Um sie herum tobten die Kämpfe weiter. Sie waren urplötzlich von einer größeren Gruppe Tiermenschen angegriffen worden. Diese Chaosgeschöpfe hatten ihnen offensichtlich aufgelauert. Man erwartete sie also. Nach einer Stunde des Kampfes hatten sie langsam die Oberhand gewonnen. Die ganze Lichtung war übersät von den Kadavern der Tiermenschen. Die Verluste der Herren der Ordnung hielten sich zum Glück in Grenzen. Wild brüllend und mit blutunterlaufenen Augen packte Malebolgia mit bloßen Händen einen der Tiermenschen und hob ihn zu sich hinauf. Erschrocken lies das Wesen seinen Speer fallen und zappelte wild. Malebolgia hob ihn auf Augenhöhe und schnaubte laut. Mit voller Wucht warf der Minotaure den kleineren Tiermenschen gegen eine der riesigen Eichen am Waldrand. Die Eiche erzitterte leicht, als der Tiermensch an ihr zerschmetterte. Grunzend packte Malebolgia wieder seine Axt und stapfte auf den nächsten Gegner zu. Wie eine Sense schlug er eine Bresche in die Reihen der Feinde. Kurze Zeit später war der Kampf endgültig beendet. Zwei Waldläufer verfolgten noch einen geflohenen Tiermenschen im Wald, ansonsten hatte keines der Geschöpfe die Lichtung lebend verlassen. Duncan Idaho blickte über das Schlachtfeld. Ein Dämon, unzählige Tiermenschen. Was war dies bloß für ein Wald, fragte er sich. Mit versteinerter Mine schweifte sein Blick über Leichen seiner Männer, die bei diesem Angriff ihr Leben lassen mussten. Sie würden sie hier auf dieser Lichtung begraben und dann tiefer in den Wald vorstoßen. Es musste einen Grund für die starke Präsenz des Chaos geben.

Drei weitere Tage schlugen sie sich langsam durch den Wald. Immer wieder wurden sie von kleinen Gruppen der Tiermenschen überfallen. Doch diese Angriffe waren zu schwach um die Herren der Ordnung aufzuhalten. Erst am dritten Tag wurde der Widerstand heftiger. Stundenlang hagelte es Pfeile aus dem Dickicht und immer wieder stürmten Diener des Chaos auf die Herren der Ordnung ein. Man versuchte sie zu zermürben, wurde Duncan Idaho klar. Doch gegen diese Taktik gab es kein Mittel, außer durchzuhalten. Immer wieder befahl er den Angriff auf ein Versteck der Tiermenschen. Meist übernahm Malebolgia laut muhend die Führung und versetzte den Feind in Angst und Schrecken. Gegen den Minotauren nutzten die primitiven Barrikaden wenig. Wütend walzte Malebolgia das Holz nieder und machte den Weg frei für die ihm folgenden Krieger. So räucherten sie ein Nest nach dem Anderen aus. Doch die Nester, wie Duncan sie insgeheim nannte, häuften sich immer mehr. Es schienen sowohl Schlafstätte als auch Verteidigungspunkte der Tiermenschen zu sein. Bisher war er davon ausgegangen, dass die tiefschürfendste Taktik der Tiermenschen darin bestand, nicht blind in den Feind zu stürmen, sondern im Hinterhalt abzuwarten und dann anzugreifen. Anscheinend hatte er sich geirrt. Die Tiermenschen besaßen mehr Geschick als erwartet. Doch das würde ihnen auch nichts nutzen, entschied Duncan und deutete auf einen weiteren Verschlag zwischen zwei dicken Eichen. Grunzend machte sich Malebolgia auf den Weg.

Heiliges Licht schoss durch den Körper des Tiermenschen. Jaulend brach er zusammen und blieb leicht zuckend auf dem Boden liegen. „Das war der Letzte“, stellte Gavin zufrieden fest. Solidar trat neben ihn und tippte den Kadaver mit der Stiefelspitze an. „Scheint so. Ich hoffe es war auch der letzte Posten. Langsam gehen mir diese kleinen Verschläge auf die Nerven.“ Gavin lächelte. „Man soll sich ja nie beschweren, wenn man gesiegt hat. Aber du hast Recht. Etwas Abwechslung wäre ganz nett.“ Ob nun der Allvater oder die Dämonen dieses Gespräch gehört hatten, ist natürlich unklar. Doch just in diesem Augenblick brach eine Horde schwarz gewandeter Menschen aus dem Dickicht. Mit zackigen Waffen und Speeren stürmten sie auf die inzwischen rastenden Truppen der Ordnung zu. Gavin seufzte: „Ich sag ja, manchmal ist man besser still.“ Langsam hob er seinen Kriegshammer und lies ihn zur Probe durch die Luft sausen. Solidar zuckte lediglich die Achsel. „Abwechslung ist Abwechslung.“

Keine Stunde später lag der letzte der Angreifer mit dem Gesicht im Gras. Duncan Idaho sah sich stirnrunzelnd um. Offensichtlich waren sie der Sache näher gekommen. Die Gewänder der Angreifer waren mit rätselhaften Symbolen übersät. Die Aura, die sie ausstrahlten, verhieß nichts Gutes. Es mussten Kultisten sein. Menschen die sich den Dämonen versprochen hatten. Für Gold, Macht oder abartige Sinnesfreuden. Mit dem Fuß drehte er einen der Kultisten um und blickte ihn unter seiner Kutte an. Der Lohn für die Dienerschaft war nicht immer so wie erwartet, vermutete Duncan, als er das fahle, verunstaltete Gesicht betrachtete. Zuviel Nähe zum Chaos machte einen eben zum Spiegel dessen, was man verehrte. Duncan wand sich von dem Leichnam ab und gab Befehle weiter zu ziehen. Sie waren in der Nähe von irgendeinem Ort, der es dem Chaos wert war, viele seiner wertvolleren Diener zu opfern. Duncan brannte darauf diesen Ort zu zerstören.

Einen Tag später näherten sich die Herren der Ordnung einen kleinem Hügel. Die Nacht brach bereits herein, als sie in Sichtweite kamen. Auf dem Hügel wurden Feuer entzündet. Der Schein von Fackeln erhellte einen Monolithen auf der Spitze des Hügels. Er schien völlig schwarz, nur seine Kanten glänzten im Schein des Feuers. Schon bald ertönte das dumpfe Schlagen großer Trommeln. Die Herren der Ordnung hatten ihr Ziel erreicht. Duncan Idaho teilte seine Truppen auf und lies sie um den Hügel in Stellung gehen. Inzwischen war es Nacht. Wachen schienen die Kultisten keine aufgestellt zu haben. Vielleicht verließen sie sich immer noch auf den Sieg ihrer ausgeschickten Brüder. Ein folgenschwerer Irrtum. Duncan lies den Angriff mit einem Hagel brennender Pfeile beginnen. Wie der Zorn des Allvaters persönlich gingen die Pfeile auf die Kultisten nieder. Geschrei und ausbrechendes Chaos bestätigten die Wirkung. Die Trommeln der Kultisten verstummten nach und nach, als Duncan eine weitere Salve über den Berg schickte. Diese zweite Salve war das Zeichen für die Krieger anzugreifen. Lautes Gebrüll erhob sich um den Hügel. Im Schein der Feuer konnten die Herren der Ordnung erkennen, wie die Kultisten erstarrten. Sie ahnten bereits, dass es kein Entkommen gab. Mit einem kräftigen Schlag schickte Gavin einen weiteren Kultisten zu Boden. Er setzte nach und zertrümmerte dessen Brustkorb mit einem Schlag. Ein letztes Röcheln entwich dem Kultisten, dann folgte ein Schwall Blut aus dem Mund. Gavin hob seinen Hammer und blickte sich nach weiteren Feinden um. Duncan Idaho wich erneut dem Speer aus und parierte ihn mit seinem Schwert. Mit ganzer Kraft lehnte er sich nach vorn und schob den Speer zur Seite weg. Krachend schlug er mit seinem Schild in das Gesicht des Kultisten. Laut jaulend wich dieser zurück, erschrocken von der heftigen Attacke. Wütend setzte Duncan nach. „Stirb Diener des Chaos!“ rief er und stieß mit dem Schwert nach dem taumelnden Kultisten. Die Klinge drang in die Seite des Kultisten und er ging zu Boden. Blut glänzte auf Duncans Schwert im Schein der Feuer, als er an den Kultisten heran trat. „Was ist dies für ein Ort? Antworte du Ungeziefer!“ Der Kultist lachte und spuckte etwas Blut. „Wir dienen dem dunklen Herrn. Wir rufen seine Krieger in diese Welt. Wir werden diese Welt beherrschen.“ Duncan spuckte aus und hieb auf dem Kultisten den Kopf ab. Als der Kopf zu Boden rollte, schien es als lachte er weiter. Duncan runzelte die Stirn und blickte zu ihm hinab. Lebendige Augen blickten ihn an. Der Mund war zu einem grausigen Lachen verzogen. „Wir sind nicht allein. Dies wird der Untergang für die Ordnung.“ Wütend trat Duncan mit einem kräftigen Tritt den untoten Kopf in das nächste Feuer. Lachen erschallte als die Feuer den abgeschlagenen Kopf verzehrten. Duncan Idaho hatte ganz unvermittelt eine Gänsehaut.

Der Imperator las die in Eile überbrachte Nachricht seiner Expeditionstruppen. Duncan Idaho und seine Krieger hatten ganze Arbeit geleistet. Ein Versteck der Kultisten war ausgeräuchert worden und ihre Kultstätte war zerstört worden. Doch die Nachricht enthielt nicht nur gutes. Genau schilderte Duncan die Geschehnisse um den untoten Kopf der zu seinen Füßen zu sprechen begonnen hatte. Das war mehr als eine Warnung. Es gab noch mehr dieser Orte. Molly Witchblade war als Beraterin in diesen Dingen zu Bigfoot geeilt und hatte die Worte des Kultisten analysiert. „Mein Imperator. Ich glaube wir haben die Kultisten bei einem Ritual gestört. Wenn ich das richtig deute, versuchen sie eine Pforte für das Chaos zu öffnen. Sie wollen echte Dämonen in diese Welt rufen.“ Der Imperator blickte erschrocken drein. „Ist das denn möglich?“ „Ja mein Herr, mit dunkelsten Ritualen sollte es möglich sein, ein Tor zu den Zwischenwelten zu öffnen.“ „Ich danke dir Molly. Bitte lass mich nachdenken,“ bat Bigfoot und blickte in das Kaminfeuer.

In den nächsten zwei Wochen schien es ruhig zu sein. Schon fühlten sich viele bestätigt, die das Ende der Errant Raubzüge prophezeit hatten. Ihren Vorhersagen wurde jedoch ein jähes Ende bereitet, als innerhalb von zwei Tagen, mehrere Dörfer und Städte der Nation der Frösche geplündert wurden. Die Herren der Ordnung schickten Hilfstruppen in das Reich nördlich von ihnen. Der Imperator hatte sich schnell dazu entschieden, denn er mochte nicht mit ansehen, dass so nahe der Grenzen der Ordnung geplündert wurde. Die Anführer der Frösche nahmen die Hilfe dankend an und waren froh, dass die Herren der Ordnung nicht nachtragend waren. In solchen Zeiten hätte sich Bigfoot auch an vergangene Ereignisse erinnern und dem Haus der Frösche die Hilfe versagen können. Doch Bigfoots Gedanken schwebten über ganz anderen Dingen. Das Chaos erstarkte in Carnage. So sehr sich die Herren der Ordnung dagegen stemmten. Die Kultisten wirkten weiter im Verborgenen für ihren dunklen Herrn. Immer wieder gab es Morde, tauchten Dämonen auf. Nur die Übergriffe aus den Barrows waren abgeflacht. Die Expedition hatte Wirkung gezeigt. Dem Imperator war dies aber nicht genug. Er wollte jedes noch so kleine Nest der Kultisten ausgeräuchert wissen. Vorerst aber offenbarte sich ihm keines davon und so war er zum Warten verdammt.

„Von wegen der Krieg ist vorbei“, murrte Gavin und stampfte durch den Schlamm. Solidar lachte. „Na komm, wir haben doch beide nicht daran geglaubt oder?“ „Schon, aber es klang schon ganz nett, als diese Leute immer wieder sagten, nun ist es vorbei mit den wilden Errants. Sie haben nun eine eigene Insel.“ „Man sollte sie aufknüpfen diese Sprücheklopfer, es ist viel schlimmer geworden“, schimpfte Solidar und blickte sich um. Ein großes Heerlager erstreckte sich vor den Toren der Hauptstadt der Frösche. Die Herren der Ordnung hatten zahlreiche Truppen in das Reich der Frösche verlegt, um ihnen Beistand zu leisten. Innerhalb weniger Wochen war das halbe Reich der Frösche in Flamen aufgegangen. Plündernde Horden der Errants zogen umher. Nur gemeinsam waren die Krieger der Frösche und der Herren der Ordnung in der Lage, dem Feind Einhalt zu gebieten. So war der Krieg gegen die Errants nach einer kleinen Verschnaufpause zu einem neuen Höhepunkt gekommen.

Leise huschte Constabler von einem Schatten zum Nächsten. Um ihn herum tobte die Schlacht. Die Errants hatten eine der größeren, stark befestigten Orte der Frösche angegriffen. Doch dieses Mal waren die Herren der Ordnung zur Stelle gewesen und hatten Unterstützung geleistet. Trotzdem war der Ansturm der Horde gewaltig. Zum dritten Mal rannten die Errants nun gegen die Wälle an und dieses Mal gaben sie an einer Stelle nach. Eine kleine Gruppe Errants drang in das Innere der Stadt, bevor die Verteidiger die Lücke wieder schließen konnten. Constabler beobachtete die Errants, wie sie versuchten tiefer in die Stadt einzudringen, um dort für Ablenkung zu sorgen. Vermutlich würden sie versuchen, einige Viertel der Stadt in Brand zu setzen oder etwas ähnliches. Langsam folgte er den Errants. Nach und nach teilten sie sich auf. Constabler entschloss sich einem der Errants zu folgen. Nun, ohne Begleitung, machte der Errant sich daran, was er am Besten konnte. Plündern und Rauben. Ganz offensichtlich hielt er nach günstiger Beute Ausschau. Constabler lächelte als ihm eine Idee kam. Leise bog er in eine Seitegasse und überholte den Errant. Der Errant schlich weiter die Gasse entlang. Bisher hatte er noch nichts wirklich Interessantes gefunden. Seine Kameraden würden schon für ein wenig Ablenkung sorgen. Sie waren pflichtbewusste Idioten, die sich an den Eid den sie auf Click geschworen hatten, hielten. Solche Leute mochte er nicht. Hier ging es um ihn. Was interessierten ihn die Pläne von Click. Sicher er plante Großes. Aber davon hatte er ja nichts. Aus seinen Gedanken gerissen, blieb er stehen. Vor ihm glänzte eine Münze auf der Straße. „Nun, immerhin“, dachte der Errant lächelnd und hob sie auf. Er biss auf die Münze, sie war tatsächlich echt. Überrascht blinzelnd blickte er einige Meter weiter wieder zu Boden. Eine weitere Münze lag dort. Da hatte wohl jemand während der Belagerung vor gehabt sein Vermögen zu verstecken. Der Errant lächelte, aber einen dichten Goldbeutel hätte diese Person dennoch benutzen sollen. Sein Lächeln wurde immer breiter als er einige Schritte entfernt ein weiteres Goldstück fand. Immer schneller folgte er der Spur aus Münzen und sammelte sie gierig ein. Er bemerkte nicht, dass die Spur ihn in eine Seitengasse führte. Dort endete die Spur. Erstaunt blickte er sich um. Etwas hatte sich in seinem Augenwinkel bewegt, glaubte er und wand sich um. Erschrocken blickte er in die kalten Augen von Constabler. Erst jetzt spürte er die zwei Klingen die sich rechts und links in seinen Brustpanzer gebohrt hatten. Warmes Blut lief an ihm hinab und es wurde Dunkel um ihn.

Die kommenden Wochen waren geprägt von immer wieder aufflammenden Kämpfen um das Gebiet der Herren der Ordnung herum. Die Städte der Frösche wurden zu beliebten Zielen der Errants, ebenso einige Ortschaften der benachbarten Nation Shadow Legion. Überall wo es den Herren der Ordnung möglich war, standen sie ihren Nachbarn zur Seite. Es dauerte nicht lange, da wurde aus diesem eher spontanen Beistand eine informelle Allianz. Die Nationen des südlichen Kontinents halfen sich in allen Belangen und leisteten so starken Widerstand gegen die Errants und ihre übermächtigen Horden. Trotzdem oder gerade deshalb weiteten sich die Kämpfe immer weiter aus. Während die Errants im südlichen Teil des Kontinents keine Erfolge mehr verbuchen konnten, begannen sich zusätzlich auch weitere Regionen im Norden zu plündern. Der Blutzoll schwoll von Woche zu Woche an.


Kapitel 9

Die Diener des Chaos

Einem Raben gleich bewegte sie sich durch die Luft. Sie segelte über die Baumkronen und blickte auf den dunklen Wald unter sich. Etwas zog sie an und mit zwei Flügelschlägen bewegte sie sich noch schneller darauf zu. Molly wusste, dies konnte nur ein Traum sein, doch alles schien realer, wirklicher als in einem Traum. Nun erblickte sie, was sie angezogen hatte. Ein großes Feuer brannte auf einem Berg. War es ein Vulkan? Sie konnte die Frage nicht beantworten. Eine große, nicht enden wollende Schlange Menschen wand sich den Berg empor. Sie umkreiste den Berg und beobachtete die Szenerie. Dunkle Trommeln begannen zu schlagen und ein Priester oder etwas Ähnliches war zu erkennen. Eine Zeremonie wurde durchgeführt, wenn Molly auch nicht erkennen konnte, was für eine. Die Schlange von Menschen endete vor dem Krater in dem das Feuer brannte. Erschrocken beobachtete Molly wie der Priester nach jedem seiner Gebete einen der Menschen in das Feuer warf. Wie Schafe auf der Schlachtbank trotten sie in den Krater hinab und warfen sich ins Feuer. Molly flog näher heran und erkannte den starren Blick in den Gesichtern der Opfer. Sie taten dies nicht aus freiem Willen. Ruckartig wand sich der ganz in Schwarz und Rot gehüllte Priester zum Himmel. Er stieß einen zischenden Laut aus und streckte Molly die Hände entgegen. Ein starker Wind begann sie von dem Berg zu vertreiben. Nur mit Mühe konnte sie sich in den Böen halten ohne abzustürzen. Sie stieg höher und höher. Das Feuer mit den Opferungen wurde immer kleiner. Weiter und weiter trieb sie der Wind in den Himmel. Es war eine klare Nacht, die Sterne glitzerten am Firmament. Molly glaubte bald schon nach ihnen greifen zu können, so hoch wurde sie vom Wind gehoben. Dann blickte sie wieder nach unten. Sie blickte auf Carnage und seine Inseln hinab. Überall glühten rote Punkte, Feuer, im Land. Sie erkannte darin ähnliche Feuer, wie das Opferfeuer auf dem Berg. Nur in wenigen Regionen gab es keine Feuer. Im Gebiet der Herren der Ordnung und ihrer Alliierten war es dunkel. Ebenso in einigen wenigen anderen Regionen, in denen starke Nationen herrschten. Etwas würde geschehen... Ein Grollen lies sie auf das Meer blicken.... nach Luft japsend riss sie die Augen auf und saß wieder in ihrem Bett.

An diesem Tag wehten viele verschiedene Banner über Tanelorn. Wappen aus allen Regionen des Kontinents waren vertreten und zeigten, welche Bedeutung dieser Tag hatte. Delegation um Delegation war am vorigen Tag in der Stadt eingetroffen. Alle hatte der Imperator persönlich begrüßt. Die Bürger der Stadt staunten nicht schlecht über den wilden Mix der verschiedenen Nationen und Gilden. Barbaren aus dem hohen Norden, Händler aus dem Westen, mächtige Gildenführer von der Eisinsel. Aus Platzmangel versammelten sich all diese Delegationen zum Mittag hin auf dem Marktplatz von Tanelorn. Die Sonne strahlte hell und lies die vielfarbigen Banner noch heller leuchten. Der Imperator Bigfoot stieg auf ein kleines Podest und begann seine Ansprache. „Dies ist ein besonderer Tag in der Geschichte von Carnage! Schon oft hat es Allianzen und Bündnisse gegeben. Auch die Herren der Ordnung waren schon Teil solcher Allianzen. Wir alle erinnern uns noch an die Schlachten gegen Aftermath oder gegen das Haus der Frösche. Doch die Zeiten haben sich gewandelt. Kleinlicher Streit um Ländereien ist wahrlich nicht mehr der Grund, eine Allianz zu gründen. Es sind neue Zeiten angebrochen. Dunkle Zeiten. Das Chaos wird stärker in diesem Land. Hinterhältig wurden immer mehr Ordnungsgilden ausgeschaltet oder geschwächt. Damit ist es nun vorbei. Hiermit rufe ich die Allianz der Ordnung aus. Hiermit stellen wir uns gegen die Diener des Chaos, welche dieses Land verseuchen. Lasst sie uns mit Feuer und Schwert von der Erde Carnages treiben. Wir stellen uns zu jeder Schlacht! Von nun an kann es für die hier versammelten nur ein Ziel geben. Die Vernichtung des Chaos! Für die Ordnung!“ Jubelnd reckten alle Anwesenden ihre Schwerter in den Himmel. Eine neue Allianz war geboren. Die Allianz der Ordnung. Die letzten Wochen hatten zu dieser Entwicklung geführt. Auch andere Gilden hatten das sich ausbreitende Chaos wahrgenommen und es bekämpft. Doch nicht viele bestanden im Sturm der Errants und der Chaoskultisten. Bisher hatte das House of Errants natürlich nie bekannt, Anhänger des Chaos zu sein, doch eigentlich war jedem klar, dass dem so sein musste. All die Angriffe auf die Ordnungsgilden konnten wohl kein Zufall sein. Andere Nationen, welche eher chaotische Gesinnung besaßen, wurden bisher von den Überfällen systematisch ausgespart. So kam es, dass der Imperator ein neues Bündnis schmiedete. Alleinig zum Zweck, das Chaos von Carnage zu vertreiben. Seinem Ruf war eine stattliche Zahl an Gilden gefolgt. Sie unterstellten ihre Krieger dem Befehl des Imperators und den Herren der Ordnung. Ihnen allen war klar, die Ordnung konnte nur in Einigkeit bestehen. Die Erfolge der Herren der Ordnung machten ihnen dabei Mut. Sie wussten, der Widerstand konnte Erfolg haben.

Lächelnd schlenderte Click über die Mauern seiner Stadt. Outpost wuchs und wuchs. Auf den Grundmauern der einst so mächtigen Stadt Bastion hatte er etwas viel mächtigeres geschaffen. Seine Krieger überzogen das Land mit Angst und Schrecken. Viele potenzielle Feinde hatte er bereits ausschalten können. Zufrieden überblickte er das nächtliche Treiben. Überall brannten Fackeln und Feuerstellen. Alles seine Anhänger. Ein gutes Gefühl. „Denk an deine Aufgabe“, wisperte eine Stimme wie aus dem Wind. Click verzog das Gesicht zu einer Grimasse und ging ein paar Schritte weiter. Niemand war in der Nähe, so antwortete er. „Was willst du? Warum störst du mich, Dämon?“ Ein Zischen war die Antwort auf die Frage. „Nenn mich nicht so. Das klingt nicht sehr freundlich. Dabei sind wir schon so lange Verbündete. Eigentlich Freunde, nicht wahr?“ Click lachte leise. „Belassen wir es bei Verbündeten. Gut was willst du Halgannon?“ „Immer gleich zur Sache, dass mag ich. Es hat sich etwas ergeben, “ wisperte die Stimme. Click glaubte einen fauligen Atem in seinem Nacken zu spüren, aber er wusste, dort war nichts. Schon oft hatte er sich aus einem Impulse umgedreht, doch stets hatte er ins Leere geblickt. Bisher hatte sich der Dämon Halgannon nur einmal gezeigt und das war nach dem Fall von Bastion. Scheinbar hatten die vielen Opfer ihn stärker werden lassen. Ansonsten war er immer nur ein Schatten oder eine Stimme im Wind. Doch seine Macht war groß. Click hatte ihn lange für seine Pläne benutzt. Halgannon musste schließlich nicht wissen, dass er ihm sobald als möglich den Kopf vom Rumpf trennen würde, wenn er seinen Zweck erfüllt hatte. Doch noch war er eine nützliche Stimme und noch dazu körperlos. Also würde das Köpfen warten müssen. „Was ist geschehen?“ fragte Click. Die Stimme ließ eine Art Seufzer in den Wind entfahren. „Die Herren der Ordnung waren schon immer ein Problem. Oft genug habe ich dir gesagt, sie müssen ausgelöscht werden.“ Click schnaubte und dachte an die Verlustlisten des letzten Anlaufes, die Grenzen der Ordnung zu durchbrechen. „Das klingt so einfach bei dir.“ „Nun jedenfalls wird es noch ein ganzes Stück schwerer für deine Errantkrieger.“ Click blickte auf, auch wenn er wusste, dass er niemanden sehen würde. „Ach?“ „Ja nun“, hauchte die Stimme, „vor wenigen Stunden hat der Imperator die Allianz der Ordnung ausgerufen. Eine nicht kleine Zahl von Ordnungsgilden sind nun unter seinem Banner vereint.“ Click verzog das Gesicht. Das war tatsächlich eine schlechte Nachricht. Die Herren der Ordnung hatten sich als besonders wehrhaft gegen seine Männer erwiesen. Schon länger leisteten sie ihren Nachbarn Beistand und verhinderten so deren Niederlage. Sie hatte es damit geschafft den Süden des großen Kontinents zu stabilisieren. Die Kultisten dort waren allesamt getötet worden, seine Krieger bekamen ebenfalls keinen Fuß mehr auf die Erde und hatten sich mehr nach Norden gewand. Eine neue Allianz war eine echte Gefahr für seine Pläne. Noch herrschte er nicht über ganz Carnage. Er konnte zwar auf eine ganze Anzahl von Vasallen zählen, doch nun war ihm ein echter Widersacher entgegen getreten. Er würde den Imperator nicht unterschätzen.

Dicke Regenwolken hingen über dem schmalen Tal. Nieselregen tat sein übriges die Stimmung auf den Nullpunkt zu bringen. Missmutig blickte Gavin zum Himmel. Heute Nacht würde es richtig schön kalt werden, überlegte er. Natürlich würden sie bis dahin völlig durchnässt sein. Schlecht gelaunt lies er seinen Blick über die Banner schweifen, welche überall im Tal aufgepflanzt waren. Es war ein beeindruckendes Heerlager. Von überall strömten Freiwillige zu den Heerlagern. Die Herren der Ordnung hatten fünf solcher Lager eingerichtet um die Truppen zu sammeln. Es war klar, dass es bald eine Reaktion von Seiten der Errants geben würde. Eine so mächtige Allianz würden sie auf keinen Fall dulden. Daher bereitete man sich auf schwere Schlachten vor. Doch Gavin war zuversichtlich. Er hatte Vertrauen in das Geschick des Imperators. Er glaubte an die Ordnung. Und der Allvater schien mit ihnen zu sein. Jede Stunde erreichten mehr Männer das Heerlager. Viele hatten ihre neutralen Gilden und Nationen verlassen. Sie wollten gegen die Errants vorgehen. Einfache Männer ohne Ausbildung waren ebenso unter ihnen, wie erfahrene Krieger. Trotzdem wurden alle geschult. Duncan Idaho und Taker hatten begonnen in den Heerlagern Abteilungen zu formen. Wie viele Legionen inzwischen versammelt waren, wusste nur der Imperator allein. Aber während Gavin sich vom Regen durchnässen lies, durften die Neuen fleißig durch den Schlamm stapfen. Sie wurden in den Kodex des Imperiums der Ordnung eingeführt, für Taktiken geschult und im Umgang mit verschiedenen Formationen. Wenn alles glatt lief, würden sie bald ebenso eingespielt kämpfen wie die anderen Legionen des Imperiums. Sicherlich die Perfektion der Stahlwölfe würden nur wenige erreichen, aber dies waren schließlich zumeist Freiwillige, keine Berufssoldaten. Gavin war gespannt wie sie sich in der ersten echten Schlacht schlagen würden. Nachdenklich bohrte er mit der Stiefelspitze im Matsch. Lange würde es nicht mehr dauern. Soviel Zeit ließ ihnen Click sicherlich nicht. Das wäre töricht. Die Masse an Truppen war den Errants fast ebenbürtig, doch noch waren sie nicht im Kampf gestählt. Der große Vorteil der Errants. Vielleicht war der Feldzug nach der Vernichtung der Errants vorbei, überlegte Gavin. Er sehnte sich nach Elenora und seinen Kindern. Inzwischen war die Ernte sicherlich schon eingebracht. Wie mochte es wohl inzwischen in Aras' aussehen? In Briefen hatte Elenora geschildert, dass das kleine Dorf gewachsen war. Viele neue Häuser waren gebaut worden. Hoffentlich würde er das alles bald wieder selbst in Augenschein nehmen können. Laut fluchend über den andauernden Regen stand Gavin auf und machte sich auf den Weg, etwas zu Essen zu finden.

Lange hatte er mit dem Dämon gestritten, doch nun stand es fest. Sie würden das House of Errants und seine Vasallen unter einem Banner vereinen. Click schien es zwar etwas plump, aber diese Gegenallianz war letztendlich der nächste Schritt. Was blieb ihm auch anderes übrig. Er musste nun seine Vasallen rufen und ihren Schwur einfordern. Die Ordnungsallianz zog bereits große Truppenverbände zusammen. Bisher hatte selbst der Dämon keine Zahlen nennen können. Seine Macht war im Gebiet der Ordnungsallianz sehr beschränkt. Immerhin waren dort alle seine Kultisten ausgerottet worden. Dennoch war Click sich sicher, dass es sich um viele Legionen handeln würde. Langsam stand er von seinem Thron auf. Vor ihm standen seine Vasallen. Sie verneigten sich als er sie musterte. Es war eine bunte Mischung, doch alle waren sie ihm Untertan. Er hatte durchaus eine Menge erreicht. Nun würde er das letzte Kapitel dieses Kampfes um die Herrschaft auf Carnage aufschlagen. Mit fester Stimme wand sich Click an seine Vasallen. „Sicherlich habt ihr von den Ereignissen in Tanelorn erfahren. Eine Allianz ist dort entstanden. Ihr erklärtes Ziel ist die Vernichtung des Chaos auf Carnage. Doch ihr falscher Imperator mit seinen erbärmlichen Anhängern hat nicht wirklich dem Chaos den Kampf angesagt. Im Grunde will er nur unsere Vormachtstellung brechen. Nicht nur das House of Errants ist daher sein Ziel. NEIN! Er will uns alle vernichten. Jede Gilde, jede Nation, die sich auf die Seite der Errants gestellt hat, will er mit seinem ach so heiligen Feuer der Ordnung von Carnage tilgen.“ Click sah zufrieden wie die Worte ihre Wirkung taten. Ein Schwur allein genügte oftmals nicht um Vasallen wirklich dazu zu bringen ihr Wort zu halten. Eine Bedrohung war wesentlich wirkungsvoller. Und die Ordnungsallianz war mehr als eine Bedrohung, sie konnte ihre Vernichtung bedeuten. „Sie sehen sich als die Vertreter der Ordnung. Sie wollen die Ordnung verbreiten. Natürlich nur weil es ihnen nutzt. Das werden wir verhindern! Meine Brüder, wir werden unsere Kräfte vereinen und diese Allianz in den Staub werfen, aus dem sie hervor gekrochen ist. Ihr scheinheiliges Treiben mit ihren Prinzipien wird sie da nicht retten! Sollen sie so tun als ob die die Ordnung vertreten. Wir werden ihre Banner in den Staub treten. Wenn sie unbedingt die Ordnung sein wollen, lasst uns ihr Gegensatz sein. WIR sind das CHAOS! Unser Banner soll das Chaos sein. Ihr Blut wird die Erde tränken und unseren Sieg besiegeln!“


Feuer und Blut

„Vier Legionen? Das ist eine Menge, “ stellte Gavin fest. Solidar nickte. „Wir haben wohl alles mobilisiert was möglich war.“ Gavin überlegte. „Welche Legionen sind das? Außer unserer?“ „Die erste imperiale Legion, die Stahlwölfe. Unsere, die dritte imperiale Legion Arvum Arcus, die vierte imperiale Legion Magia und die achte imperiale Legion Carnage.“ „Die Legion Carnage? Die ist mir aber neu, “ stellte Gavin fest. Solidar nickte. „Mir auch.“ Duncan Idaho trat zu den Beiden. „Die achte imperiale Legion wurde auf Befehl des Imperators aus den Hilfstruppen von Tanelorn gebildet. Sie sind nach all den Kämpfen gestählt genug um den Titel einer Legion zu tragen. Da alles Bürger von Carnage sind lag der Name nahe, “ beantwortete Duncan ihre Frage. „Es ist sicherlich eine Ehre für sie,“ meinte Gavin trocken. Duncan winkte ab. „Deswegen bin ich aber nicht hier. Nun, da die Legion Arvum Arcus in voller Kampfstärke in die Schlacht ziehen wird und nicht mehr kleine Kampfverbände ausgesandt werden, werden sich einige Dinge verändern. Graf Sagra wurde gestern bei einem Scharmützel verwundet. Er wird einige Zeit ausfallen. Daher wird Solidar Darklighter die Kohorte aus Aras' übernehmen.“ Gavin zog die Augenbrauen in die Höhe. „Was bedeutet das?“ Duncan Idaho lächelte schief. „Herzlichen Glückwunsch, bis zur Genesung von Graf Sagra wirst du das Kommando der dritten Legion übernehmen.“ „Scheiße“, war alles was Gavin dazu sagen konnte.

Nachdem Duncan Idaho die mehr oder weniger frohe Botschaft überbracht hatte, kehrte er in das nahe Kommandozelt zurück. Der Imperator studierte gerade die Truppenstärken. „Vier imperiale Legionen. Sieben weitere Legionen unserer Alliierten. Zusätzlich eine noch unsichere Zahl an Hilfstruppen, “ überlegte Bigfoot laut. Taker stützte sich auf den Kartentisch. „Das klingt doch recht gut. Noch nie zuvor waren so viele Legionen für die Ordnung bereit.“ Bigfoot nickte. „Unter anderen Umständen könnten wir damit ganz Carnage die Ordnung bringen. Doch unser Gegner schläft nicht und viele dieser Legionen sind keinesfalls mit unseren Imperialen zu vergleichen. Sie sind noch lange nicht zu einer Einheit geschliffen.“ Duncan nickte zackig. „Wir arbeiten daran mein Imperator.“ Molly trat ebenfalls an den Kartentisch, gefolgt von Nylen. „Wie hat es der Herr Darklighter aufgefasst“, fragte Molly. „Nun sagen wir es so. Ich möchte seine Worte hier nicht wiederholen. Er kann sich offensichtlich besseres vorstellen, als den Grafen zu vertreten.“ Molly schmunzelte. „Nun es war unpassend, dass gleich beide Vertreter des Grafen in die Heimat gereist sind. Aber da die Legion aus Adeligen besteht haben sie eben noch viele andere Pflichten in ihren Ländereien, “ meinte Nylen. Bigfoot runzelte die Stirn. „Das werden wir in Zukunft abstelle, “ stellte er fest. „Wie dem auch sei, die Legionen sollen so viele Manöver wie möglich zusammen bestreiten. Nur wenn sie sich ohne viele Signale verstehen, können wir siegen. Das gilt vor allem für die dritte und achte Legion.“ „Mein Imperator, sollten wir nicht lieber zuerst angreifen, als auf die Errants zu warten“, wand Duncan Idaho ein. Bigfoot nickte. „Ich habe darüber nachgedacht. Aber was sollten wir angreifen? Eine der Vasallenstädte, die nun das Banner der Errants trägt? Oder gleich ihre Hauptstadt Outpost? Nein, unsere Verluste wären zu groß und nur die erste Schlacht geschlagen. Wir werden sie auf unserem Territorium schlagen. Zu viele unserer Männer sind noch zu unerfahren, aber nach all den Manövern kennen sie diese Region. Besser als der Feind zumindest. Das wird uns nutzen. Zudem benötigen wir die Zeit um die Legionen weiter zu festigen.“

Langsam stapfte Gavin durch den knöcheltiefen Schlamm. Das Wetter hatte sich nicht verbessert. Ganz im Gegenteil, der Regen wollte kein Ende nehmen. Das Ergebnis hing an seinen Schuhen. Schwere Klumpen aus Schlamm. Was für ein Wetter für eine Schlacht, dachte Gavin. Vor drei Tagen hatte der Imperator die dritte und achte imperiale Legion zu einer der Städte der Frösche verlegt. Gavin, dem aus ihm unerklärlichen Gründen bis auf weiteres das Kommando über die Dritte oblag, hatte sich mit dem Kommandanten der achten Legion, Ruffles war sein Name, auf einen vorläufigen Plan geeinigt. Ausgerechnet die zwei Kommandanten mit der geringsten Erfahrung, überlegte Gavin Darklighter. Ob die Manöver der letzten Tage ausreichten? Aber gut die erste Legion war ganz im Süden an der Küste in Kämpfe verwickelt worden. Andere Legionen standen an einem der Portale, mit denen man über ganz Carnage reisen konnte, um dort ein Eindringen des Feindes zu verhindern. Als die Nachricht eintraf, ein Angriff auf diese Stadt sei wahrscheinlich, waren die dritte und achte Legion als einzige bereit dorthin aufzubrechen. Nun warteten sie schon drei Tage. Die achte Legion lag in der Stadt selbst. Denn nicht nur ihr Kommandant war eher unerfahren sondern auch die Männer selbst waren recht frisch. Die dritte Legion hatte deshalb vor der Stadt Posten bezogen. Inzwischen bereute Gavin diese Entscheidung die er mit Ruffles getroffen hatte. Der Regen trieb ihn noch in den Wahnsinn.

Ähnliche Gedanken plagten Solidar Darklighter. Aus heiterem Himmel hatte er das Kommando über eine Kohorte der dritten Legion übertragen bekommen. Natürlich war es sein Recht. Da Gavin einen neuen Posten erhalten hatte und immer ein Darklighter an der Spitze der Aras' Kohorte stand, war dies die logische Folge. Außer ihm gab es sonst keinen Darklighter in Carnage. Das beruhigte ihn aber nicht wirklich. Bisher hatte er zumeist in den zusammen gestellten Expeditionsgruppen und anderen Abteilungen mitgekämpft. Seine Erfahrungen mit Kohortenführung lagen weit zurück, als sie noch in Aras' kleinere Manöver abgehalten hatten. Nun, es war Zeit, diese Fähigkeiten wieder aus den Erinnerungen hervor zu holen. Zumindest waren die meisten Krieger der Kohorte alte Hasen. Sie würden sich wacker schlagen. Dennoch hatte er nun die Verantwortung für diese Männer. Das beschäftigte ihn sehr. Gavin trat heran und klopfte Solidar auf die Schulter. „Es wird Zeit, dass der Feind kommt, “ schimpfte Solidar als er sich zu Gavin umdrehte. „Du willst dich wohl etwas aufwärmen, was?“ antwortete Gavin. Solidar zuckte mit den Achseln. „Die Achte wärmt sich ihre Hintern am Feuer und wir sitzen hier draußen. Das macht keinen Spaß.“ „Du hast natürlich Recht, wenn das Wetter nicht besser wird, müssen wir uns etwas Neues überlegen. Aber ich habe heute wieder Späher ausgeschickt. Vielleicht bringen sie ja in einigen Stunden neue Nachrichten.“

„Sie kommen, sie sind bald da...!“ Gavin schreckte auf. Er musste eingenickt sein. Ein Späher rannte auf ihn zu. Er war voller Blut, aber es schien nicht alles sein Eigenes zu sein. Gavin sprang auf und fing den Späher fast auf. „Was ist geschehen? Sag!“ drängte er den Mann. Japsend ging dieser in die Knie. Er blutete doch aus einigen Wunden. Ein Pfeil hatte seinen linken Oberarm durchschlagen. Leise platschend tropfte das Blut in die schlammige Erde. „Die Errants“, schnaufte der Späher. „Sie sind nur wenige Stunden entfernt. Sie haben alle unsere Späher abgefangen. Ich konnte nur mit Mühe entkommen.“ Gavin musste trotz des Zustandes des Mannes nachhaken. „Woher? Aus welcher Richtung kommen sie?“ Der Atem des Mannes pfiff und ein Rinnsal Blut lief ihm aus dem Mundwinkel. „Osten, sie kommen von Osten.“ Gavin nickte und winkte zwei seiner Männer heran. „Bringt ihm ins Lazarett. Schnell!“

Es war ihm inzwischen zu einer Gewohnheit geworden. Wieder blickte er auf seine Karte mit den Figuren für die einzelnen Legionen. Sie waren weit verteilt. Dennoch war es eine beeindruckende Ansammlung. Bigfoot überdachte ihre nächsten Schritte. Anscheinend gab es doch keinen Angriff bei der Froschstadt. Morgen würde er die zwei Legionen wieder nach Tanelorn verlegen lassen. Vielleicht versuchte Click auch einen direkten Angriff auf das Herz der neuen Allianz. Was würde wohl geschehen, überlegte Bigfoot. Tanelorn war schwer befestigt, nicht erst seit der Gründung der Allianz. Noch nie war es dem Feind gelungen, diese Mauern zu überwinden. Es war eher unwahrscheinlich, dachte der Imperator. Immerhin mussten die Errants zuerst zwei Legionen am Portal besiegen, oder einen gewaltigen und langen Fußmarsch in kauf nehmen. Die zweite Option würde sie lange vor ihrem Eintreffen enttarnen. Man konnte schlecht so viele Legionen verstecken, wenn man einen Großangriff plante. Nein, sagte er sich, es war wahrscheinlicher, dass die Errants versuchten einzelne Teilnehmer der Allianz zu zerstören. Mit den Schwachen würden sie beginnen. Das Haus der Frösche war so ein schwaches Glied in ihrer Allianz. Wenn diese Scharmützel im Süden beendet waren, würden die Stahlwölfe in der Hauptstadt der Frösche Stellung beziehen, beschloss der Imperator.

Etwas unruhig suchte Gavin Darklighter den östlichen Horizont ab. Die dritte Legion war in Alarmbereitschaft. Weitere Späher suchten die nähere Umgebung nach Spionen des Feindes ab. Bisher waren sie nicht fündig geworden. Die achte Legion unter dem Kommando von Ruffles machte sich innerhalb der Mauern bereit. Leider bot die kleine Stadt nicht genug Platz für die dritte Legion, aber Gavin sah das nicht als Nachteil. So hatten sie vielleicht die Möglichkeit mit ihrer Beweglichkeit und der zugleich festen Stellung in der Stadt den Feind in die Enge zu treiben. Endlich schien es soweit. In der Ferne ertönten die Kriegshörner des Feindes. Die Späher der dritten Legion kehrten zurück und schilderten die Lage. Den Errants war offensichtlich nicht zu Spielchen zumute und marschierten direkt aus dem Osten auf die Stadt zu. Sie führten ausreichend Belagerungsgerät mit sich um die Stadt zu nehmen. Die Zahl der anrückenden Feinde war wenig erfreulich, wie Gavin feststellte. Die Errants boten ebenfalls zwei Legionen auf um diese Stadt zu nehmen. Gavin eilte schnell an das Stadttor um sich mit Ruffles zu beraten. Nun gab es mehrere Möglichkeiten. Man konnte sich zum Beispiel belagern lassen und einen zweiten Ring um die Stadtmauer mit Hilfe der dritten Legion ziehen. Doch es war fraglich, welchen Erfolg dies haben würde. Andererseits konnte man auch beide Legionen nehmen und dem Feind entgegen marschieren. Eine Schlacht die völlig offen war und den Bonus der Stadtmauern vernachlässigte. Ruffles und Gavin einigten sich schließlich auf eine andere Strategie. Während die achte Legion die Stadt weiterhin besetzt hielt und zusammen mit den Bewohnern die Angreifer abwehrte, würde die dritte Legion einen Schwenk nach Süden vollführen und schließlich in die Flanke des Feindes fallen. Gavin konnte nur hoffen, dass ihre Idee Erfolg hatte. Sie waren beide keine erfahrenen Strategen, aber die Chancen auf einen Sieg waren immer noch besser, als sich in der kleinen Stadt mit den unzureichenden Mauern zu verschanzen. Eilig gab Gavin die Befehle zum Abmarsch.

Mit zusammen gekniffenen Augen beobachtete Ruffles den Aufmarsch der Errants. Mit etwas Glück hatten sie die abziehende dritte Legion nicht bemerkt, oder noch besser sie glaubten an die Flucht der Legion. Tatsächlich diskutierte auf der anderen Seite der Kriegsfürst der Errants mit einem seiner Adjutanten. Sie hatten die abrückende Legion durchaus beobachtet, doch waren sie sich nicht einig, was es zu bedeuten hatte. Der Kriegsfürst deutete es als Zeichen, dass die Herren der Ordnung sich zurückzogen und nicht weiter für das Haus der Frösche kämpften. Sein Adjutant fürchtete einen Schachzug des Gegners. Schließlich konnte diese Legion jederzeit kehrt machen und schlimmer noch, ihnen in den Rücken fallen. Zudem wusste niemand wie viele Truppen in der Stadt standen. Doch der Kriegsfürst, durch die letzten Siege über andere Gilden in Hochmut getränkt, überhörte die Warnungen seines Adjutanten. Er glaubte nur an eine schwache Stadtwache und an die Flucht der Herren der Ordnung. Gierig malte er sich bereits aus, wie er die Stadt plündern würde. Entschlossen trieb er seine Männer an, schneller auf die Stadt zu marschieren.

Bald würde der Feind in Reichweite ihrer Bogenschützen sein. Ruffles winkte einer Kohorte Bogenschützen zu. Es waren alles Elfen. In ihren schmalen Zügen spiegelte sich die Entschlossenheit, jeden Schuss ein Treffer sein zu lassen. Die Bogenschützen reihten sich auf der Ostmauer auf und griffen in ihre Köcher. Ruffles blickte auf den anrückenden Feind. Gleich war es soweit. Die Angreifer brachten ihre Leiterträger nach vorn. Sie glaubten also, die kleine Stadt mit Sturmleitern nehmen zu können. Lächelnd hob Ruffles die Hand. Die Kriegshörner der Errants ertönten und mit einem markerschütternden Schrei setzte sich der Feind in Bewegung.

Gavin lauschte den Kriegshörnern aus der Ferne. Die dritte Legion hatte ihren Schwenk begonnen. Sie waren zuerst nach Süden marschiert und wanden sich nun nach Osten. Es würde einige Zeit dauern, aber sie würden hoffentlich noch rechtzeitig wieder in die Schlacht eingreifen können. Noch waren die Errants zwei zu eins überlegen, doch Gavin hatte nicht vor, Ruffles lange in dieser Situation zu belassen.

Eine schwarze Wolke aus Pfeilen erhob sich in den Himmel um sogleich auf die Errants nieder zu gehen. Wie Puppen sackte eine große Zahl der anstürmenden Errants zusammen. Einige Sturmleitern gingen zu Boden, wurden aber sogleich von nachfolgenden Kriegern wieder aufgenommen. „Zielt auf die Träger der Leitern“, brüllte Ruffles. Immer wieder griffen die Bogenschützen in ihre Köcher und ließen die Pfeile zum Feind surren. Sie waren erfahrene Schützen und konnten so eine Menge Pfeile verschießen. Ihr Pfeilhagel bremste den Vormarsch auf die Mauern deutlich, doch stoppen konnten sie ihn nicht. Ruffles beobachtete wie die ersten Leitern an die Mauer gelehnt wurden. Er zog sein Schwert und winkte seinen Kriegern zu. Die Bogenschützen wichen dort zurück, wo der Feind Leitern an die Mauer brachte. Ihre Position nahmen Krieger ein, die Steine auf den Feind niedergehen ließen. Sie hoben schwere Brocken über die Brüstung und erschlugen viele Feinde noch ehe sie die Leiter zur Hälfte erklommen hatten. Mehrmals gelang es den Verteidigern ganze Leitern wieder nach unten zu stoßen. Dutzende Feinde zerschmetterte es auf dem harten Feld. Doch Welle um Welle stürzte sich der Feind auf die Mauern. Inzwischen hagelte es ebenso viele Pfeile der Angreifer wie der Verteidiger. Noch hielten die Männer auf den Zinnen stand, doch Ruffles sah, dass dies sich schon bald ändern konnte. Heißes Pech und Öl wurde aus dem Inneren der Stadt herbei geschafft. Die Schreie der Errants, welche davon getroffen wurden, hallten über das Schlachtfeld. Doch sie gingen im Klirren der Schwerter unter. Nach und nach hatten es die Angreifer geschafft, an zwei Stellen auf die Mauer zu kommen. Nun hielten sie diese Brückenköpfe und immer neue Krieger stiegen die Leitern empor. Ruffles führte eine Gruppe seiner besten Krieger direkt in das Herz einer dieser Brückenköpfe. Wild schreiend rannten sie den Wehrgang entlang und prallten auf die Errants. Schilder splitterten unter der Gewalt der Schwerthiebe. In der Enge der Wehrgänge begann ein zähes Hauen und Stechen. Ruffles Männer waren dabei im Vorteil. Geistesgegenwärtig hatten einige Krieger Hellebarden der Stadtwachen an sich gebracht und gaben nun den Ausschlag zu Gunsten der Verteidiger. Die tödlichen Hellebarden wurden nach vorn gegeben und stießen in die Reihen der Errants. Einer nach dem anderen ging zu Boden. Nach einiger Zeit erreichten die Verteidiger die drei Leitern, von denen der Brückenkopf ausging. Ruffles und seine Männer warfen sich mit ganzer Kraft gegen die Leitern und stürzten sie in die Tiefe.

Gavin hatte befohlen, das schwere Gepäck zurück zu lassen. Sie kamen zu langsam voran. Er wusste, die Verteidiger der Stadt brauchten schnell ihre Hilfe. Trotz der Erleichterung kam die dritte Legion nicht schnell genug zur Schlacht. Gavin entschloss sich einen früheren Schwenk zurück zur Stadt zu vollziehen. So würden sie allerdings nicht im Rücken des Feindes erscheinen. Eine Hammer und Ambos Taktik war damit gescheitert. Doch auch der Angriff auf die Flanken schien Erfolg versprechend. So schwenkte die dritte Legion um und marschierte im Eiltempo auf die Flanke des Feindes zu.

Mit einem Schlag seiner linken Faust zertrümmerte Ruffles einem großen schwarzhaarigen Hünen die Nase. Blut spritzte hervor und verteilte sich über Ruffles gepanzerten Handschuh. Taumelnd wich der Hüne zurück und hielt sich stöhnend die Nase. Zu mehr kam er nicht mehr. Ein anderer Verteidiger tauchte hinter ihm auf. Der Bogenschütze zog seinen Langdolch und sprang den Hünen an. Kurze Zeit später lag dieser am Boden. Ruffles nickte seinem Kameraden dankend zu. Eilig blickte er sich um und versuchte einen Überblick über das Geschehen zu bekommen. Doch in all dem wilden Getümmel schien das Unmöglich. An mehreren Stellen hatten es die Errants nun geschafft, die Mauer zu überwinden. Ein Rammbock hämmerte unablässig gegen das Osttor der Stadt. Trotz der Verstärkungen mit dicken Balken würde es wohl bald bersten. Wo blieb bloß die dritte Legion? Ruffles sah einige seiner Kameraden auf sich zukommen. Schnell scharte er sie zu einer Gruppe um sich und machte sich auf, einen der Brückenköpfe des Feindes auf der Mauer anzugreifen. Noch war es nicht zu spät.

Der Adjutant beobachtete die Schlacht aus sicherer Entfernung. Inzwischen war auch seinem arroganten Herrn und Kriegsfürsten bewusst geworden, dass sich nicht bloß eine schwache Stadtwache hinter diesen Mauern verbarg. Der Adjutant schätzte etwa eine Legion, vielleicht mehr, wenn alle Bürger zu den Waffen griffen. Die Verluste waren hoch, aber früher oder später würden sie die Stadt nehmen. Doch eine innere Stimme sagte ihm, dass noch etwas geschehen würde. Er hatte gelernt auf diese Stimme zu hören. Sehr oft hatte ihm das das Leben gerettet. Eine Legion war von dieser Stadt abgezogen. In dem Wissen eine weitere in der Stadt zu belassen und dem nahen zweier feindlicher Legionen. Eine direkte Schlacht wäre verlustreicher gewesen. Was für ein Schluss drängt sich da auf? Man unternimmt eine taktische Finte um den Feind möglichst zu überraschen. Missmutig verzog der Adjutant sein Gesicht. Ohne seinen Herrn zu konsultieren befahl er eine kleine Truppe Krieger zur Südflanke. Offiziell als Reserve falls die Verteidiger dort einen Ausfall versuchten. Insgeheim hoffte der Adjutant damit vielleicht einem Angriff auf die Flanke vorzubeugen. Schon kurze Zeit später musste sich der Adjutant mit seiner Vermutung bestätigt fühlen. Es mochte ihm nicht wirklich gefallen, aber er hatte Recht behalten. Die dritte Legion stürmte in drei Kampfgruppen auf die südliche Flanke der Belagerer zu.

„Für die Ordnung! Für das Imperium!“ hallte über das Schlachtfeld. Die Banner des Imperiums und der dritten Legion wehten im Wind als die Krieger auf den Feind zumarschierten. Kurz schien die Zeit auf dem Schlachtfeld still zu stehen. Alle Blicke richteten sich auf die dritte Legion. Dann erhob sich Jubel auf den Stadtmauern und die Schlacht setzte sich noch erbitterter fort. Gavin Darklighter und Solidar Darklighter führten ihre beiden Kohorten direkt in das Herz der Belagerer. Solidar schälte die Sturmleitern von den Mauern, während Gavins Kohorte eine Bresche in die Linien des Feindes schlug. Doch der Erfolg war nicht so groß wie erhofft. Eine Reservetruppe hatte sich ihnen kurz nach der Ankunft in den Weg gestellt. Die ausgeruhten Krieger hatten der dritten Legion einige Verluste zugefügt, bevor sie überwunden worden waren. Ein dumpfer Schlag mit Gavins Kriegshammer zerschmetterte den Brustkorb seines Feindes. Das leichte Kettenhemd schützte den Errant nicht. Grimmig trat Gavin nach. Der Errant blieb blutend am Boden liegen. Schreie ertönten überall. Die Linien waren zerbrochen. Nun war ein Kampf Mann gegen Mann entbrannt. Solidar hieb mit voller Wucht mehrmals auf ein Schild ein, mit jedem Hieb trieb er seinen Kontrahenten weiter zurück. Beim vierten Hieb zersplitterte das Schild. Wütend warf der Errant es zur Seite und ging wieder zum Angriff über. Solidar parierte den Schwerthieb und ließ das gegnerische Schwert zur Seite Weggleiten. Mit einem beherzten Sprung warf er sich nach vorn und überrumpelte den Errant. Dieser stolperte nach hinten und verlor den Halt unter den Füßen. Mit einem schnellen Schwertstreich traf Solidar den am Boden liegenden und setzte ihm ein Ende.

Der Adjutant blickte über das Schlachtfeld. Es war ein Patt. Ein blutiges Hauen und Stechen ohne Sieger. Das war Verschwendung von Männern. Er trat an seinen Kriegsfürsten heran. „Herr, wir sollten uns zurückziehen und neu formieren. Hier gibt es für uns nichts mehr zu gewinnen.“ Wütend blickte sich der Kriegsfürst um. „Waaas? Ich verliere keine Schlacht, ich ziehe mich nicht zurück! Wir kämpfen bis wir sie in den blutigen Schlamm getreten haben.“ „Herr, sie sind uns ebenbürtig. An Männern als auch an Erfahrung. Warum nicht einen schwächeren Gegner suchen?“ versuchte er es erneut. „Niemals! Nicht solange ich hier das Kommando habe!“ Auf dieses Stichwort schien der Adjutant gewartet zu haben. Er seufzte leise und zog seinen Langdolch. Mit einer schnellen Bewegung stieß er den Dolch in die Brust des Kriegsfürsten. Überrascht sahen ihn die umstehenden Offiziere an, jedoch ohne einzugreifen. Der Adjutant zuckte die Achseln. „Wir sollten seinen Worten folgen. Da er nun nicht mehr das Kommando hat, werden wir uns zurückziehen.“ Die Offiziere nickten und gaben die Befehle weiter.

Krächzend hallte der Ruf des Raben über die Berge. Die schwarzen Federn schienen im Wind ein Lied zu singen. Die schwarzen Augen des Raben richteten sich auf einen fernen Punkt. Unter ihm schien das Land in Flammen aufzugehen. Überall brannten Städte, zogen Heere umher und plünderten. Doch dies schien den Raben nicht zu stören, er fixierte etwas anderes. Nach und nach konnte man es erkennen. Es rückte näher. Ein See. Ein großer See im erloschenen Krater eines Vulkans. Der Rabe flog weiter. Ein weiterer Ruf des Raben erscholl, als ob er mit Nachdruck auf den See hinweisen wollte. Sie verstand nicht. Sie wusste nicht recht wo sie war. Sie flog mit dem Raben und blickte nach unten. Der See sah seltsam aus. Doch schon richtete sich ihre Aufmerksamkeit auf etwas anderes. Pechschwarze Wolken zogen über den Vulkankrater und schienen dort zu verharren. Der Rabe segelte unter ihnen hindurch. Ihr war es, als strecke sie die Hand aus. Aber sie konnte diese nicht sehen. Ein Rauschen ertönte. Sie blickte nach oben. Regen fiel in den See. Doch es war kein gewöhnlicher Regen. Ein Tropfen traf den Raben und färbte seine Federn rot. Rot wie Blut. Es regnete Blut herab. Sie blickte erschrocken hinab in den See. Er war ebenfalls aus Blut. Es war kein klares Wasser in ihm. Nur dunkles Rot war zu erkennen. Ein weiterer Schrei des Raben. Sie starrte in den Blutsee. Etwas regte sich dort. Ein Schatten, wie eine große Schlange schien sich dort zu regen. Etwas schlug kurz Wellen an der Oberfläche. Das Blut kräuselte sich. Ein weiterer Schrei des Raben riss Molly Witchblade aus ihrem Traum. „Ein Omen“, flüsterte sie leise.

Der Imperator studierte die Berichte auf seinem Tisch. Die dritte und achte Legion hatten einen Sieg errungen. Keinen vollständigen, der Feind hatte sich zurückgezogen, doch unter den gegeben Umständen war es ein Erfolg. Die Stahlwölfe hatten die marodierenden Banden um Süden gestellt und ausgelöscht. Sie waren kleiner als erwartet gewesen. Bigfoot hätte die Legionen lieber umgekehrt einsetzen sollen. Nun so etwas weiß man eben erst nach einer Schlacht überlegte er. Die Stahlwölfe und die dritte Legion wurden nach Norden an das Portal beordert. Sie waren bereits auf dem Weg. Die achte Legion unter Ruffles hatte schwere Verluste erlitten und würde erst einmal nach Tanelorn geschickt. Sie mussten sich erholen.

Den restlichen Truppenteilen war diese Ruhe nicht vergönnt. Die dritte Legion schien darunter besonders zu leiden. Während die erste Legion, die Stahlwölfe, solche Strapazen als alte Veteranen wegzustecken schienen, war es um die dritte Legion nicht so gut bestellt. Doch sie bissen die Zähne zusammen. Auf keinen Fall wollten sie hinter den Stahlwölfen zurückfallen. Erschöpft erreichten die beiden Legionen das Portal, welches mittels eines Runenmagiers einen direkten Zugang zur düsteren Insel schaffen konnte. Natürlich funktionierte dies ebenso umgekehrt. Die nächste Schlacht würde auf jeden Fall hier stattfinden. Die Kontrolle über das Portal war enorm wichtig für beide Konfliktparteien. Wer es auf beiden Seiten kontrollierte, würde den Sieg leichter erringen können. Die Errants benötigten es zudem, um ihre erschöpften Truppen nach Hause zu holen. Einen langen Fußmarsch würde man ihnen nicht mehr zumuten. Die Anführer der Errants waren nicht dumm. Die Loyalität ihrer Männer war meist erkauft und so musste man sie pflegen. Momentan lagerten die Herren der Ordnung auf der Festlandseite des Portals. Niemand konnte es ohne ihr Wissen passieren. Als die erste und dritte Legion das Portal erreichten, wurden sie von der vierten imperialen Legion und einer Legion der Alliierten erwartet. Beide hatten ein Lager mit Palisaden errichtet. Die Ankömmlinge entschieden sich es ihnen gleich zu tun. So wurde in alle Himmelsrichtungen um das Portal ein Lager errichtet.

Die Dämmerung war gerade hereingebrochen, da erhob sich großes Geschrei über den vier Lagern um das Portal. Vögel flogen von den Palisaden auf. Überall sprangen die Männer auf und griffen nach ihren Waffen. Duncan Idaho rannte aus seinem Zelt und erklomm einen der wackligen Aussichtstürmen. Das Portal lag ruhig da, doch im Westen schien sich etwas zu näheren. Schon erklangen die Rufe der Männer am Boden, es seien die Errants. Das westliche Lager ihrer Alliierten musste ein wenig unaufmerksam gewesen sein. Der Feind war schon nah. Vermutlich handelte es sich um die Legionen die auf die dritte und achte Imperiale bei der Frogstadt getroffen waren, mutmaßte Duncan. Doch ohne Hilfe konnten sie unmöglich glauben, die vier Legionen hinter ihren Palisaden überwinden zu können. Sein Blick wand sich wieder zum Portal. Es lag ruhig im Zentrum ihrer Lager. Doch Duncan ahnte, dass dies nicht lange so bleiben würde. Laut brüllte er Befehle nach unten, eher er selbst nach unten stieg. Die Stahlwölfe und die vierte Legion eilten zum Portal. Tatsächlich begann es sich bereits zu öffnen. „Lasst sie erst gar nicht alle hindurch!“ rief Duncan und lies die Bogenschützen Aufstellung beziehen. Wie man bereits festgestellt hatte, flogen Pfeile recht gut durch die magische Barriere auf die andere Seite des Portals. Es würde ein heißer Empfang für den Feind, sobald er es durchqueren wollte. Die dritte Imperiale Legionunter Gavin Darklighter eilte inzwischen mit zwei Kohorten ihren Alliierten zur Hilfe. Schon wieder ein Patt, dachte Gavin, als er die ausgeglichenen Kräfte sah. Doch die Krieger der Ordnung waren ausgeruht, der Feind nicht. Gavin blickte im Zweikampf in ausgezehrte Gesichter. Die Niederlagen des Feindes hatten sich offensichtlich gehäuft. Ihre Alliierten hatten ebenfalls gute Arbeit geleistet. Der Hochmut der Errants war vergangen. Nun versuchten die Überreste dieser zwei Legionen nach Hause zu gelangen. Oder eine Bresche für ihre Verstärkung zu schlagen, schoss es Gavin Darklighter durch den Kopf. Er wand sich kurz um. Tatsächlich entbrannte zwischen den Lagern ein heftiger Kampf. Den Errants war ein Vorstoß durch das Portal gelungen.

Ein weiterer Pfeil schlug in den Brustpanzer des Errant. Erschrocken fasste er sich an die Brust und spie Blut aus. Er torkelte noch zwei Schritte zurück, dann fiel er nach hinten um. Szador Witchblade nahm sich nicht die Zeit zu triumphieren, schon spannte er einen weiteren Pfeil auf seinen Bogen und suchte ein Ziel. Von seiner erhöhten Position auf einem der Türme des Lagers der vierten Legion überblickte er das Schlachtfeld. Immer wieder strömten neue Streitkräfte durch das Portal. Eine kleine Gruppe der ersten und vierten Imperialen stand wie der Fels in der Brandung direkt am Tor und warf den Feind immer wieder zurück. Trotzdem schafften es weitere Errants an ihrer Blockade vorbei. Szador schoss einen weiteren Pfeil ab und streckten einen Barbaren der Errants nieder. Ein eher undankbarer Ruf seines Kampfgefährten Kickersen McSteel war die Antwort. Offensichtlich hatte dieser sich gerade angeschickt den Barbaren zum Kampf aufzufordern. Mit einem wilden Hieb trennte Duncan Idaho den Kopf seines Feindes vom Rumpf. Blut spritzte Duncan ins Gesicht. Er verzog das Gesicht, hatte aber keine Zeit den warmen Schwall aus dem Gesicht zu wischen. Der nächste Gegner warf sich bereits auf ihn. Neben Duncan grunzte Malebolgia freudig und schwang eine mächtige Hellebarde. Er hielt damit gleich vier Errants in Schach. Doch Duncan teilte die Freude seines Kameraden nicht. Wenn sie noch länger aushalten mussten, würden sie überrannt werden. Da half auch das magische Feuer auf das Portal wenig. Die Hälfte der heran strömenden Errants ging, kaum das sie diese Seite des Portals erreicht hatten, in Flammen auf. Die zahlreichen Magier der vierten Legion Magia sorgten für diese arkane Machtdemonstration. Doch die restlichen Krieger warfen sich umso entschlossener gegen die Stahlwölfe. Noch hielten sie die Position direkt vor dem Portal und verhinderten einen geordneten Kampf der Errants. Sollten sich die Errants erst formieren können, wäre der strategische Vorteil der Herren der Ordnung dahin.

„In die linke Flanke! Los beeilt Euch!,“ schrie Gavin seinem Kameraden Solidar zu. Solidar antwortete nicht, beorderte jedoch die Aras' Kohorte in die befohlene Richtung. Gavin führte die andere Kohorte in das Herz der Schlacht. Dort schienen die Alliierten ernste Probleme zu haben. Schon gaben die Linien leicht nach. Bisher hatten die beiden Kohorten am Rand des Schlachtfeldes aufgeräumt. Nun begann die Schlacht erst wirklich für diese Streiter der Ordnung. Vielleicht hätte er doch mehr Kohorten mit sich nehmen sollen, überlegte Gavin. Doch es war gut zu wissen, dass die dritte Legion noch Reserven hinter den Palisaden hatte. Er wusste nicht wie der Kampf am Portal ausgehen würde. Somit konnte ein Teil der Dritten auch dort als Unterstützung dienen. Begleitet von diesen Gedanken stürmte die Kohorte in die zu brechen drohenden Linien hinein und schob den Feind wieder zurück. Gavin blieb an der Spitze und schwang seinen Kriegshammer. „Für die Ordnung!“ schrie er seinen Männern zu. Mit einem: „Für die Ordnung, für den Imperator!“ folgten sie ihm und trieben einen Keil in die Linien der Errants. Solidar Darklighter sah einen seiner Männer neben sich zusammen sinken. Ein Feuerball hatte ihn die Hälfte seines Kopfes verbrannt. Erst jetzt erblickte Solidar den Errantmagier. Ein schwarz gekleideter, fettig aussehender Magier mit seltsamen Symbolen auf seiner Robe. „Chaos!,“ spie Solidar aus und fixierte den Magier. „Im Namen des Allvaters,“ murmelte er und beschwor heiliges Feuer in seinen Händen. Ein Ball reiner Energie zischte aus seinen Fingerspitzen und schlug in den Chaosmagier ein. Doch das weiße Licht schien von der dunklen Aura verschluckt zu werden. Ein gackerndes Lachen war die Quittung für den Angriff. Grimmig dreinblickend hob Solidar das Schild. Er wusste was nun folgte. Flammen leckten über das Schild und versenkten ihm die Augenbrauen. Doch während er sich so schützte, war er auf den Chaosmagier zugegangen. Nun standen sie sich gegenüber. Er sah den Schrecken in den Augen des Magiers als er das Schild senkte. Es hatte sich ausgezahlt, es magisch verzaubern zu lassen. So hatte das Schild viel mehr der magischen Wucht der Angriffe abgefangen als ein normales Schild. Solidar schwang sein Schwert, doch der Magier parierte mit seinem Knochenstab. „Das Chaos wird dich vernichten,“ zischte er mit fauligen Atem. Solidar knallte sein Schild in das Gesicht des Magiers und drückte mit dem Schwert den Stab beiseite. Der Magier verlor das Gleichgewicht und stolperte zur Seite. Solidars Schwert folgte ihm und fuhr in seinen Hals. Dunkles Blut spritzte und lies den Magier röchelnd zu Boden sinken. „Die Ordnung siegt zuletzt immer,“ antwortete Solidar und stieß sein Schwert in die Brust des Chaosmagiers.

Der Ansturm ebbte ab. Einige Errants machten auf dem Fuße kehrt, als sie die vielen Gefallenen sahen. Duncan Idaho bemerkte dies und lächelte. Nun, da die Verstärkung, kaum dass sie das Portal durchschritten hatte schon wieder kehrt machte, bröckelte auch die Kampfmoral der Errants hier. Nach und nach versuchten sie sich wieder zum Portal abzusetzen. Duncan gab den Befehl nachzusetzen. „Schlagt sie zurück! Los! Aber folgt ihnen nicht durch das Portal.“ Er wollte ein ähnliches Gemetzel auf der anderen Seite vermeiden. Sicherlich hatten die Errants ihre Seite ebenfalls befestigt. Szador Witchblade gingen die Ziele aus. Zum Glück, denn auch seine zwei Köcher waren leer. Er spannte den letzten Pfeil und schickte ihn durch das Portal. Eine Warnung an die andere Seite. Langsam blickte Szador über das Schlachtfeld. Ein Ring von Leichen umgab das Portal, doch die Stahlwölfe hatten mit der Legion Magia standgehalten. Er blickte auf Duncan Idaho, der das Banner der Ordnung in die Höhe reckte. Jubel erhob sich über diesem Schlachtfeld. Gavin hatte es kaum gehört. Ihm dröhnte der Schädel. Eine Centaure hatte ihm mit dem Hammer einen schweren Schlag versetzte. Doch einer seiner Kameraden zog ihn aus der Gefahrenzone bevor die Centaure ihr Werk vollenden konnte. Ärgerlich versuchte Gavin wieder einen klaren Blick zu bekommen. Das Bild, das er nach und nach zu sehen bekam verwirrte ihn. Seine Männer standen nur noch herum und reckten die Schwerter in die Höhe. Solidar trat an ihn heran. „Na das war ja knapp. Du wolltest doch nicht in der letzten Minute der Schlacht das Kommando an mich abgeben oder?“ Etwas verwirrt blickte Gavin sich um. „Haben wir gesiegt?“ Solidar nickte. „Der Angriff durch das Portal wurde zurückgeschlagen. Als die Errants das hier mitbekommen haben, sind die geflohen wie die Hasen.“ Gavin Darklighter zog sich den verbeulten Helm vom Kopf und betastete seinen blutigen Hinterkopf. „Das hätte sich diese Centaurin doch überlegen können, bevor sie auf mich zukam.“ Solidar zuckte die Achseln. „Vielleicht fand sie dich anziehend.“ Gavin verzog den Mund. „Na aber sicher doch.“

Mit dieser Niederlage der Errant war es nicht vorbei. Doch sollte es für die nächsten Wochen die letzte große Schlacht gewesen sein. Die zurück geschlagenen Errants marodierten durch den Norden des Kontinents und löschten Dorf um Dorf aus. Kleinere Vorstöße von Errants konnten von der Herren der Ordnung und ihren Alliierten immer wieder vereitelt werden. Den Marodeuren im Norden stellte man die achte Legion entgegen, die inzwischen wieder verstärkt worden war. Unermüdlich trieb Ruffles seine Männer bei der Hatz der Errants an. Doch geschickt verbargen sie sich vor der achten Legion und so kam es oftmals nur zu kleinen Scharmützeln mit langsamen Teilgruppen. Der Imperator indes war mit den Entwicklungen in diesem Krieg halbwegs zufrieden. Sie hatten ihre Position behauptet und dem Feind eine ernste Niederlage beigebracht. Eines wusste er aber mit Sicherheit. Die größte Schlacht stand noch bevor. So leicht gab sich Click nicht geschlagen. Bigfoot war sich sicher, dass schon bald etwas geschehen würde. Die Visionen von Molly Witchblade trugen nicht gerade dazu bei, ihn zu beruhigen.


Die Ordnung und das Chaos

Die Luft war gefüllt von Pfeilen. Sirrend suchten sie ihr Ziel in den Reihen der Feinde. Ganze Wolken verdunkelten den Himmel. Die Bogenschützen der Herren der Ordnung gingen sehr erfolgreich ihrer Aufgabe nach. Pfeil um Pfeil verschossen sie in fast schon übermenschlicher Geschwindigkeit. Der Imperator beobachtete das Geschehen von einer kleinen Anhöhe aus. Die Banner der Ordnung bewegten sich träge im Wind. Unten im Tal tobte eine weitere Schlacht. Die wievielte war dies in den letzten Wochen, fragte sich der Imperator unwillkürlich. Trotz ihres Sieges am Portal war der Feind tatsächlich nicht geschlagen. Immer wieder schienen sich gedungene Magier zu finden, die einige Beschwörer der Errants auf das Festland holten. War erst eine gewisse Anzahl an Beschwörern angelangt, holten sie genügend Truppen für einen Angriff zu sich. Diese magischen Wege konnten jede Taktik schnell durchkreuzen. Die Herren der Ordnung hatten dies bereits bitterlich erkennen müssen. Mehr als einmal, waren nach einem kleinen Sieg an einem ganz anderem Ort Errants in großer Zahl aufgetaucht. Meist begnügten sie sich mit plündern und hinterließen verbrannte Erde. Die Taktik war so einfach wie logisch. Der Feind wollte den Herren der Ordnung den Nachschub entziehen. Sobald die Infrastruktur nach und nach zusammenbrach, war der Krieg eigentlich entschieden. Doch die Herren der Ordnung hatten sich schnell darauf eingestellt. Inzwischen nutzten sie ebenso effektiv die Verschiebung von Legionen mittels der Beschwörer. Das verlangte den Beschwörern eine Menge ab, war aber unumgänglich. Ein Erfolg dieser Anstrengungen der Beschwörer, der Zauberweber der vierten Legion, war diese Schlacht. Vor wenigen Stunden war in dieser Gegend lediglich ein Vorposten, besetzt mit wenigen Männern bereit gewesen. Doch nun standen zwei Legionen im Feld. Bigfoot blickte über das Tal. Die Bogenschützen stellten das Feuer ein. Die Linien der beiden Parteien würden gleich im Nahkampf aufeinander prallen. Die erste Legion, die Stahlwölfe führte wie so oft die Linien der Ordnung an. Das Geschrei und Klirren der Waffen war bis auf die Anhöhe zu hören. Bigfoot holte tief Luft und beobachtete den Schlachtverlauf. Bisher stand es gut für die Ordnung. Der Allvater war ihnen wohl gesonnen. Die Errants waren von dem schnellen Erscheinen der Legionen überrascht worden. Die Pfeile hatten ein Übriges getan. Es war ihnen sehr schwer gefallen, geordnete Schlachtlinien zu formen. Es war den Legionen der Ordnung nun nicht mehr möglich, gezielt in die unformierten Gegneransammlungen vor zu stoßen. Dies bedauerte Bigfoot. Es hätte viel Blutvergießen auf ihrer Seite verhindert. Taker trat an den Imperator heran. „Mein Imperator. Die ersten Truppenteile der dritten Legion treffen ein. Sie lassen fragen, ob sie eingreifen sollen.“ Bigfoot hob die Hand. „Nein. Haltet sie in Reserve und wartet bis die gesamte Legion angekommen ist.“ Taker nickte. „Jawohl mein Imperator. Die Beschwörer werden nicht mehr lange dafür brauchen.“

Langsam ging Gavin an den Kohorten vorbei. Noch wenige Männer, dann waren sie alle angekommen. Bis auf einen Kohortenführer hatten alle gemeldet, vollzählig zu sein. Gavin sah es ihnen an. Sie brannten darauf ihren Brüdern im Kampf beizustehen. Doch der Imperator wollte keine halbe Legion in die Schlacht werfen. Gavin schnaubte ungeduldig und blieb vor einem der Beschwörer stehen. Aschfahl und mit Schweißperlen bedeckt vollführte er ein weiteres Mal seinen Zauber. Es würde eine Weile dauern, bis die Person die er herbei rief hier eintraf. Gavin mochte diese Art des Transportes nicht. Aber sie war in diesem Krieg wichtig geworden. Wichtiger als jedes Schiff oder Portal. Gavin wandte sich ab und blickte hinab in die Ebene. Die Schlacht zog sich hin. Die Linien waren verschwunden. Es war ein Kampf Mann gegen Mann geworden. Die Bogenschützen standen untätig auf der Anhöhe. Auch sie konnten in die Schlacht geschickt werden. Aber ihre Nahkampfwaffen waren Langdolche, zudem trugen sie kaum Rüstungen. So wurden sie zurückgehalten für den Notfall. Solidar trat an den Gavin heran. „Wir sind breit.“ Gavin nickte und griff nach dem Banner ihrer Legion. Er hob es in die Höhe und blickte nach oben zur Spitze der Anhöhe. Taker erblickte das Signal und berichtete dem Imperator. Ein Nicken war alles was Gavin sehen konnte. Dann erhielt er von Taker das Zeichen. Er übergab das Wappen der dritten Legion dem Bannerträger. „Es ist Zeit! Unsere Brüder brauchen unsere Klingen!“ rief er seinen Männern zu. „Für die Ordnung! Für das Imperium! Für den Imperator!“ Mit diesem Schlachtruf setzten sich die Kohorten der dritten Legion in Bewegen und marschierten im Eilschritt den Hang hinab.

Bigfoot beobachtete die dritte Legion. Wie ein Pflug schob sie sich in die verworrenen Linien. Die Dritte hielt die Formation bei. Bigfoot nickte. Gut. Schon begannen sich andere Truppenteile mit den Formationen zu vereinen. Es hatte sich gelohnt zu warten, bis die gesamte Legion angekommen war. Dies brachte wieder etwas Ordnung in die Schlacht. Nun würde sich das Schlachtenglück endgültig zu ihren Gunsten wenden. Wenn Überraschung allein nicht genügt, siegt die Ordnung, rezitierte Bigfoot eine alte militärische Weisheit. Er erblickte das Banner der Stahlwölfe. Duncan Idaho hatte es im Zentrum der Schlacht in den Boden gerammt. Stahlwölfe zogen sich nicht zurück, sie hielten stand. Das war die Botschaft. Schemenhaft erkannte er die massige Gestalt des berüchtigtsten Minotauren der gesamten ersten Legion. Malebolgia beschäftigte wieder eine ganze Reihe von Errants mit seiner großen Doppelaxt. Wie Puppen flogen einige Opfer seiner Axt durch die Luft. Die dritte Legion schob sich weiter von der linken Flanke in das Zentrum. Bigfoot wies Taker an, eine der Reservekohorten der achten Legion an der rechten Flanke einzusetzen. Die gesamte Kohorte bestand aus Centauren. Sie würden schnell vor Ort sein. Bigfoot hoffte die Errants einkesseln zu können. Schon hörte man das Getrampel der Hufe in der Ferne. Staub stieg von dort auf. Bannerbesetzte Speere wehten im Wind, als sich die Centauren dem Feind näherten. Bigfoot verzog den Mund. Der Befehlshaber der Errants hatte das Manöver durchschaut und begann Teile der noch verbliebenen Errants zurück zu setzten. Im Grunde war es erstaunlich, dass er über diesen wilden Haufen noch Befehlsgewalt hatte. Doch es gelang ihm. Sie entzogen sich der völligen Umklammerung. Dennoch war die Niederlage der Errants unausweichlich. Der Unterschied war nur, dass einige von ihnen entkommen würden. Das hatte Bigfoot nicht erlauben wollen. Nun sollte es eben so sein.

In den nächsten Wochen reihte sich Schlacht an Schlacht. Keine Seite konnte einen endgültigen Sieg erringen, auch wenn sich das Kräfteverhältnis langsam zu Gunsten der Herren der Ordnung zu verschieben begann. Doch blieb es den Herren der Ordnung verwehrt, auch nur einen Fuß auf die dunkle Insel zu setzen. Inzwischen war klar, dass dieser Schritt der letzte und blutigste Akt sein würde, sollten die Herren der Ordnung den Sieg davon tragen wollen.

Wütend blickte Click aus seinem Fenster in der Zitadelle von Outpost. Seine Kriegspläne verliefen nicht so wie er sich das vorstellte. Der Widerstand auf dem Kontinent war gewachsen. Mehrmals waren seine Legionen auf ebenbürtige Gegner getroffen, man hatte sogar einige Verluste hinnehmen müssen. Erst die bittere Niederlage am Portal, nun war ein weiterer Versuch einen Brückenkopf zu bilden, gescheitert. Andererseits hatte er noch einen Plan. Diesen verfolgte er schon seit geraumer Zeit. Schon bald würden ihm Mächte zur Seite stehen, wie sie schon lange nicht mehr über dieses Land gewandelt waren. Click war ein Pragmatiker. Das Angebot der dunklen Fürsten des Chaos hatte er schon vor langer Zeit angenommen. Er verehrte sie nicht, wusste auch um die Gefahren, die allen drohten, die sich mit dem Chaos einließen. Doch wenn sie ihm den Sieg schenkten war das egal. Sie wollten wieder ein Tor in diese Welt und er wollte die Herren der Ordnung vernichten. Diesen Preis war er bereit zu zahlen. Der Kampf gegen die Herren der Ordnung war nach den letzten Niederlagen mehr als ein schlichter Krieg. Click hatte sich geschworen, sie auszulöschen. Doch noch war es wohl nicht so weit. Vermutlich musste er tatsächlich warten, bis die Fürsten der Dunkelheit ihm mehr Unterstützung schicken konnten. Die Hauptvoraussetzung dafür schaffte er ohne Unterlass täglich: Blutvergießen! Mit jedem Tropfen Blut das vergossen wurde, kam er seinem Ziel näher.

Als das House of Errants eine Woche später erneut einen Anlandungsversuch mit hohen Verlusten bezahlen musste, war Click entschlossen, den Prozess zu beschleunigen. Er ordnete große Opferungen in den Kultstätten der düsteren Insel an. Alle Gefangenen auf der ganzen Insel sollten ihr Blut für den Sieg geben. Drei Tage waren die Kultisten ohne unterlass dabei, Kehlen aufzuschlitzen und das Blut ihrer armen Opfer über die Opfersteine zu vergießen. Und doch geschah nichts. Click war sich inzwischen unsicher, ob seine Verbündeten ihn nicht betrogen hatten. Doch die dunklen Fürsten schlugen bisher nie eine Einladung aus, ihre Zwischenwelten zu verlassen und wieder in diesen Landen zu wandeln.

Die Dunkelheit lichtete sich um sie ein wenig. Sie schwamm. Sie schwamm durch einen zähen See. Mit Grauen erkannte sie den See wieder. Sie hob die Hand aus dem Wasser. Es war kein Wasser. Rot leuchtete das Blut, als es von ihrer Hand tropfte. Sie drehte sich im Kreis und blickte in alle Richtungen. Der See schien zu wachsen. Das Krähen eines Raben ließ sie nach oben blicken. Er zog seine Kreise über dem See. Sie blickte wieder auf die rot schimmernde Oberfläche des Sees. Erschrocken suchte sie nach dem Ufer. Sie konnte keines mehr erkennen. Sie schien in einem Meer aus Blut zu schwimmen. Der Rabe stieß krähend herab. Seine Krallen bohrten sich in ihre Schultern und sie wurden empor gerissen. Sie blickte nach unten. Ein Meer aus Blut. Wieder bewegte sich etwas unter der Oberfläche. Doch dieses Mal schien es näher zu kommen. Der Schatten wurde größer. Ein Donnern erfüllte die Luft. Die Luft schmeckte plötzlich bitter. Das Blut-Meer begann zu brodeln. Etwas erhob sich. Der Rabe trug sie fort von dem Ort, doch sie konnte den Blick nicht davon wenden. Was erschien da? Was kommt auf uns zu? Mit weit aufgerissenen Augen blickte sie schließlich auf das Schrecken, welches dort auftauchte. Es erhob sich eine Bergspitze, dann eine weitere. Eine Insel ward geboren und wuchs weiter aus dem Meer. Molly erkannte aus der Ferne schemenhaft ein großes Tor. Sie wusste sofort was es war. Mir einem Schrei schoss Molly aus ihrem Bett. Ein Tor des Chaos war geöffnet worden. Erst nach einigen Augenblicken stellte sie fest, dass auch in Tanelorn selbst die Erde bebte. „Der Allvater stehe uns bei,“ flüsterte Molly.

Die Nachricht schien vom Ende der Welt zu künden. Sie ging um wie ein Lauffeuer und hatte schlimmere Wirkung als jeder Feldzug oder Pestausbruch. Überall hörte man es. Das Chaos ist erschienen! Eine Insel ist aus dem Meer getreten und hat ein Tor geöffnet. Einige wollten bereits wissen, dass hunderte Legionen der dunklen Fürsten auf Carnage wandelten. Sie würden sich bereits anschicken überzusetzen und alles zu erobern. Auch Tanelorn blieb von dieser Panik nicht verschont. Nur wenige konnten sich dem Grauen dieser Nachricht entziehen. Von diesen wenigen, gab es eine kleine Gruppe von Unerschrockenen, welche sich aufmachten die Insel zu erkunden. Tempelritter des Allvaters, des Orden der reinigenden Flamme und des Ordens der Ordnung machten sich in seltener Eintracht auf den Weg. Es schien als ob sich ihr selbst gewählter Auftrag, das Chaos zu vernichten, in dieser Insel selbst manifestieren würde. Da die Chaosinsel ebenfalls über ein Portal verfügte, war es zudem ein leichtes dorthin zu gelangen. Duncan Idaho führte die Kohorte Templer der Herren der Ordnung. Selbst unter den mutigen Kriegern der Ordnung gab es nur wenige Freiwillige, die es wagen wollten, die Insel der Verderbtheit und des Chaos zu betreten. Duncan hatte es für seine Pflicht gehalten. Doch er wäre ein Narr, würde er nicht den Feind fürchten. Dies war sein Land. Er mochte sich nicht ausmalen, was sie erwartete, als er die Stufen zum Portal empor stieg. Er zog sein Schwert und rief mit seinen Brüdern die Mächte der Ordnung an. Die anderen Kohorten riefen den Allvater und andere Schutzpatrone ihrer Orden an. Das Tor öffnete sich zischend und die Männer traten durch das Portal. Zuerst war der Geruch von Wüste, Hitze und etwas, das Verwesung sein konnte. Duncan blickte sich um. Eine Wüste soweit das Auge reichte. Doch etwas war verändert. Er blickte zum Himmel. Er war blutrot. Der Himmel über der Chaosinsel wogte in der Farbe des Chaos. Es gab keine Wolken, selbst am Himmel herrschte Chaos und Unordnung. Der Mond schien kränklich durch das Wirrwarr des Himmels. Selbst er schien etwas von seiner Form verloren zu haben. Lange konnte Duncan sich nicht von diesen Eindrücken ablenken lassen. Seltsames Gejammer und Geschrei lenkte die Aufmerksamkeit der Templer auf eine sich nähernde Gruppe Wesen. Mit Entsetzen erkannten sie, dass es sich um deformierte Menschen handelte. Sie schienen untereinander verschmolzen oder hatten dort Extremitäten wo keine sein sollten. Schreie voller Wut und Schmerz erfüllten die trockene, brennende Luft. Duncan packte sein Schwert fester und näherte sich den Wesen.

Lange blickte Molly Witchblade in die Glut ihres Kohlebeckens bevor sie sich erhob. Sie hatte die Tempelritter gesehen. Ausführlich berichtete sie dem Imperator von dem Verlauf der Kämpfe. Die Templer hatten Verluste erlitten, doch ihre Position hielten sie unbeeindruckt. Etwas nördlich des Portals hatte man begonnen eine befestigte Stellung zu errichten. Der südliche Zipfel war gesichert worden und so konnte Nachschub geschickt werden. Es war selten, aber in diesem Fall arbeiteten viele kleine Königreiche zusammen. Auch die Herren der Ordnung trugen ihren Teil bei. Nach den ersten Erfolgsmeldungen, gab es mehr Freiwillige. Sie wurden zusammen mit viel Material durch das Portal geschickt.

Missmutig lauschte Click den Berichten seiner Boten. Es waren keine normalen Boten die ihm inzwischen dienten. Ein Vorgeschmack dessen, was die Hilfe der Chaosfürsten bedeutete. Nur Schatten waren sie und doch wisperten sie ihm alle Neuigkeiten zu. Nur wenige Orte waren ihnen verschlossen. Einige heilige Orte wie Kirchen des Allvaters oder zwei, drei Städte, die unter dem Schutz besonders mächtiger Magier standen. Zu seinem Verdruss gehörte Tanelorn dazu. Trotzdem war er nun viel besser im Bilde über alles was auf Carnage geschah. Doch die ganze Macht der Chaosfürsten war noch nicht entfesselt. Sie waren noch nicht selbst durch das Portal gekommen und eine Schar lebensmüder Tempelritter behinderte dies indem sie sich auf die Chaosinsel gewagt hatten. Nun sollten sie sich vorerst mit den Kriegern des Chaos beschäftigen, überlegte Click. Seine Truppen mussten sich etwas erholen. Er würde die Zeit zu nutzen wissen.

„Wie steht es um die Wälle?“ fragte Duncan Idaho einen seiner Untergebenen. „Bis auf den Südwall sind wir fertig mein Herr.“ Duncan nickte zufrieden. Bald würde hier eine Bastion gegen das Chaos stehen. Sie hatten alle Festungsbaukunst angewandt und an einer engen Stelle der Insel eine Stellung errichtet um das Chaos vom Portal abzuschneiden. Das hatten sie in nur fünf Tagen erreicht. Eine große Leistung unter den dauernden Angriffen. Bisher war es ihnen gelungen jeden Angriff abzuwehren. Immer wieder brandeten Wellen von schrecklichen Kreaturen gegen ihre Linien. Doch mit der Verstärkung und den nun fertig gestellten Wällen hielten sie stand. Am nächsten Morgen plante Duncan einen Vorstoß tiefer in das Herz der Insel. Wenn die Ordnung ihnen wohl gesonnen war, konnten sie vielleicht den Ursprung all diesen Übels finden.

Click blickte von einem Balkon auf seine Stadt. Unter ihm auf dem großen Paradeplatz vor seinem Palast standen die neuen Kohorten bereit. Weitere Truppen für seinen Kampf. Nicht alle waren freiwillig hier. Angesichts des Auftauchens des Chaos hatten einige seiner Vasallen versucht sich von ihm zu lösen, doch er hatte das zu verhindern gewusst. Lächelnd blickte er nach rechts, zu den am Palast, etwa in seiner Höhe aufgespießten Leiber der Verräter. Manche wimmerten noch, denn Click hatte es darauf angelegt, sie nicht gleich sterben zu lassen. Seine Schatten die ihm Bericht erstatteten hatten die Verräter leicht enttarnt. Die Furcht unter seinen Männern kannte nun keine Grenze mehr. Lächelnd lauschte er ihren Treueschwüren. Ein Schatten erschien plötzlich vor ihm in der Luft. Zufrieden hörte er, wie seinen Männern die Stimmen stockten. Doch nach einer kleinen Pause fuhren sie fort mit ihrem Schwur auf das House of Errant und Click. „Was hast du für mich, Schatten?“ Eine kalte Stimme, wie der Windhauch aus einer längst vergessenen Gruft antwortete ihm. „Zwei Tage noch, dann in der höchsten Glut wird der erste Fürst sich erheben,“ wisperte es. „Dann kann ich meine Truppen in die Schlacht führen?“ fragte Click. Es schien ein Kichern in der Luft zu liegen. „Ja, ja. Der Meister wird Euch zu Hilfe eilen, sobald er es vermag. Schickt sie aus, euren Krieger und bringt Verderben über die Diener der Ordnung.“


Die Belagerung von Tanelorn

Einen Tag später. Grimmig blickte Bigfoot auf die Felder vor der Stadt. Wie viele Legionen es wohl waren? Er war sich nicht sicher. So eine gewaltige Streitmacht war noch nie aufmarschiert um eine einzige Stadt zu erobern. Tanelorn hatte den Ruf einer uneinnehmbaren Festung. Die Errants waren angetreten um diesen Ruf Lügen zu strafen und die Stadt Tanelorn zu erobern. Die Architektur der Stadt und Ausrichtung der Festungsmauern war von den fähigsten Architekten des Imperiums geplant worden. Die Mauern waren vor allem im Süden um das Tor enorm befestigt. Wie ein gewaltiges Hufeisen umfassten sie das Tor und sicherten es ab. Bogenschützen konnten so die Flanken anrückender Rammböcke und Sturmtruppen leicht erreichen. Starke Türme sicherten die Mauern zusätzlich ab. Dies war kein Klacks, selbst mit dieser Armee würden die Errants mindestens schwere Verluste erleiden, bevor sie das Tor stürmen konnten. Die Zauberweber hatten dafür gesorgt, dass ein Bannspruch über der Stadt dafür sorgte, dass kein Magier über die Mauern schweben konnte. Den Errants blieb also lediglich der Weg des Kriegers. Doch der Imperator hatte nicht vor, es soweit kommen zu lassen. Er wand sich um und blickte die Innenmauer hinab. Eine Kohorte Centauren machte sich bereit. Sie würden den sich in Aufstellung befindlichen Errants eine erste Botschaft überbringen. Er nickte dem Anführer der Kohorte zu. Shon'jir hob seinen Speer und hämmerte damit auf sein Rundschild. Einige seiner Kameraden stiegen mit den Vorderhufen. „Für die Ordnung! Für das Imperium! Für den Imperator!“ Mit diesen Worten begannen die doppelten Tore Tanelorns zu knarren. Zehn Mann auf jeder Seite waren nötig um sie zu öffnen. An langen Ketten zogen die Männer und langsam öffnete sich das Tor. Centauren scharrten mit den Hufen. Dann erhoben sie einen donnernden Schlachtruf und ritten hinaus.

Wie ein Dolch fuhr der Ausfall in die Reihen der Belagerer. Shon'jir führte die Centauren in das Herz der Belagerer und stiftete große Verwirrung. Die Bogenschützen der Errants hatten keine Gelegenheit ihre Pfeile auf den Feind abzuschießen. Zu viele der eigenen Männer wären dabei getroffen worden. Die Centauren stießen zu den teilweise bereits aufgebauten Belagerungsgeräten vor und rissen sie ein. Erst als das letzte Katapult und Trebuchet in Trümmern lag, befahl Shon'jir den Rückzug. Wieder pflügten die Centauren durch das Heer der Errants, das sich noch immer nicht von diesem Angriff erholt hatte. So mancher Errant geriet unter die Hufe der Centauren und stand nie mehr auf. Zufrieden beobachtete der Imperator von einem der Türme das Geschehen. Sie hatten Zeit gewonnen. Die Belagerungsmannschaften würden einige Zeit benötigen, um ihre Geräte neu zu errichten. Zudem hatte der Ausfall eine demoralisierende Wirkung auf den Feind. Die Herren der Ordnung hatten gezeigt, dass sie nicht wehrlos hinter ihren Mauern saßen.

Duncan Idaho wischte sich den Schweiß von der Stirn. Die Hitze war erdrückend. Dennoch marschierten sie ohne Unterlass in das Herz der Chaosinsel. Viele umherirrende Kreaturen hatten sie bereits von ihrem Leiden erlöst. Mehrmals waren sie auf verfallene Ortschaften gestoßen. Alle waren verdorben und vom Chaos gezeichnet. Manche Ortschaften waren noch bewohnt, doch die Templer der Ordnung hatten auch diese Kreaturen erlöst. Duncan hatte feststellen müssen, dass auch das Chaos weitere Truppen ins Feld zu führen schien. Stärkere, besser ausgerüstete Chaoskrieger tauchten inzwischen öfter auf. Auch waren sie auf eine fast fertig gestellte Festung gestoßen. Das Chaos richtete sich ein. Das Schlagen von Hufen auf harten Wüstenboden ließ Duncan sich umschauen. Ein Centaure ritt auf sie zu. Offensichtlich ein Bote aus der Festung im Süden. Duncan ging auf den Boten zu. „Dem Allvater sei Dank. Ich hoffte Euch noch zu erreichen. Der Templer Baildor von Khal trug mir auf, euch über eine zweite Streitmacht von Templern zu berichten. Sie sind durch einen Sturm an die Nordspitze der Insel getrieben worden. Wir wissen nichts Genaues. Einige Magier behaupten, sie im Orakel gesehen zu haben, aber Baildor möchte Gewissheit. Versucht sie zu erreichen.“ Duncan dachte kurz nach. „Gut wir werden sehen ob wir sie erreichen können.“ Der Bote machte sofort wieder kehrt und galoppierte wie der Wind nach Süden. Man sah ihm an, dass er sich nicht wohl dabei fühlte, allein durch das Chaosland zu reiten. Duncan wand sich an seine Kohorte. „Lasst uns sehen, ob wir unsere Brüder im Norden erreichen können. Sollte dies nicht gelingen kehren wir wieder zur Festung zurück und versuchen es mit einem Schiff.“

Ein weiterer Pfeilhagel ging auf die Mauern von Tanelorn nieder. Ein, zwei Schreie zeugten von Treffern. Die Schildwachen des Imperators nahmen die großen Schilder zur Seite. Bigfoot stand weiterhin grimmig blickend auf dem Turm und beobachtete das Geschehen. Ein paar Pfeile würden ihn nicht von den Mauern treiben. Noch waren die Belagerungsgeräte nicht wieder hergestellt. Doch sobald dies geschehen war, würde die Hölle über Tanelorn losbrechen. Die Mauern würden dennoch standhalten. Dessen war sich der Imperator sicher. Er nickte Taker zu, der neben ihm stand. Taker trat zurück und wand sich zu den Innenmauern. „Antwortet diesen Bastarden,“ rief er laut hinab. Hinter den Mauern standen zwei Kohorten Bogenschützen bereit. Nun spannten sie ihre elfischen Bögen. „Feuer!“ rief der elfische Kommandant. Wie ein Schwarm Insekten surrten die Pfeile auf die Belagerer zu. Bigfoot sah zufrieden, dass ihre Wirkung nicht ausblieb. Unter dem anhaltenden Beschuss seiner Bogenschützen lichteten sich die vorderen Reihen der Errants merklich. Einer elfischen Bogenhand entgeht nichts, heißt es in einem alten Text. Bigfoot sah dies bestätigt. Zufrieden beobachtete wie die Errants zurückwichen um ihre ausgedünnten Reihen neu zu besetzten. Doch für einen Rückzug der Belagerer waren es bei weitem nicht genug gewesen. Johlend und Schreiend hoben die Überlebenden ihre Waffen und Schilde um den Herren der Ordnung zu zeigen, dass sie weiterhin vor ihren Toren bleiben würden. Es wurde Abend. Der erste Tag der Belagerung neigte sich dem Ende zu, doch diese Schlacht würde so schnell kein Ende finde. Ein weiterer Pfeilhagel der Errants läutete den Abend ein. Brennende Pfeile schlugen in Tanelorn ein und entfachten erste Brände. Nur das beherzte Eingreifen der kleinen, aber flinken Gruppe Stadtbediensteter, die einzig und alleine die Aufgabe hatte Brände zu löschen konnte schlimmeres verhindern.

Es war fast stockfinster, doch Duncan Idaho gönnte sich und seinen Männern kaum eine Pause. Sie rasteten nur kurz, um dann weiter zu marschieren. Sie waren nun ganz nah. Das spürten sie. In der ferne glommen unheilige Lichter und aus einem Vulkan spie blutrote Lava empor. Sie hielten auf diese Region zu, denn Duncan vermutete dort das Zentrum der Insel. Immer wieder versuchten Kreaturen des Chaos im Schutz der Dunkelheit sich an sie heran zu schleichen. Doch bisher hatten sie alle diese Versuche abgewehrt. Noch wenige Stunden bis zum Morgengrauen. Wenn es so etwas hier überhaupt gab. Vielleicht ging die Sonne sofort auf und übergoss sie wieder mit ihrer Gluthitze. Duncan blickte sich um. Auf dieser Anhöhe wurden sie bis zum Morgen rasten entschied er. Ein eingestürzter Turm gab ihnen Deckung. Er mochte sich lieber nicht ausmalen, woher all diese Ruinen stammten. Es schien fast als wäre eine Insel aus vergangener Zeit empor gestiegen. Oder eine Vorschau auf das kommende, sollten sie ihre Aufgabe nicht erfüllen. Sorgenvoll blickte Duncan Idaho zu den seltsamen Lichtern hinüber.

Der Morgen kam schnell. Der Imperator schien seinen Platz auf dem Turm auch in der Nacht nicht verlassen zu haben. Wie eine Statue blickte er auf die Belagerer hinab. Beide Seiten hatten sich für den Morgen viel vorgenommen. In Tanelorn machte sich die dritte Legion bereit einen massiven Ausbruch zu wagen. Vor den Mauern wurden die Belagerungsgeräte in Stellung gebracht. Dieses Mal waren sie besser geschützt. Ein schneller Schlag mit einer Reiterschar war demnach nicht mehr möglich. Es war nur die Frage, welche Partei als erste den nächsten Zug machen würde. Als sich das Banner der dritten Legion hob, war die Entscheidung gefallen. Der Imperator nickte Gavin Darklighter zu. Die Herren der Ordnung würden den ersten Zug des Tages machen. Knarrend öffneten sich die Tore. Dieses Mal hatte man auf jede Seite der Tore zwanzig Männer beordert. So öffneten sich die von Ketten gezogenen Tore viel schneller. Während die Errants sich noch vorbereiteten, brach die dritte Legion bereits aus ihrer Deckung hervor. Wieder erschallte der Schlachtruf über Tanelorn. „Für die Ordnung! Für das Imperium! Für den Imperator!“ Dieses Mal führen die Herren der Ordnung nicht durch die Reihen der Feinde. Sie brandeten wie auf einen Prellbock. Der Feind hatte massive Reihen gebildet und wollte ein Zurückweichen um jeden Preis verhindern. Ein blutiges Hauen und Stechen begann. Bigfoot blickte auf das Geschehen. Nach einer Weile gab er den Befehl die Bogenschützen einzusetzen. Sie sollten die hinteren Reihen der Errants unter Feuer nehmen. Nach der zweiten Welle von Pfeilen, gaben die hinteren Reihen nach. Gavin Darklighter und die dritte Legion brachen in die Linien des Feindes ein. Doch es gelang ihnen nicht zu den Belagerungsgeräten durchzubrechen. Nach zwei Stunden des Kampfes zog sich die dritte Legion hinter die Mauern der Stadt zurück. Mit ihrem Rückzug begannen die Trebuchets ihren Beschuss.

Wieder stach er in die Brust einer ihm unbekannten Kreatur. Schrill schreiend ging sie zu Boden. Duncan blickte kurz auf das eitrige Blut, dass die Klinge seines Schwertes verschmutzte. Doch damit konnte er sich nicht aufhalten. Die Chaosdiener hatten ihm Morgengrauen ihre Stellung angegriffen. Doch die Herren der Ordnung hatten damit gerechnet. Keiner von ihnen hatte geschlafen. Sie hatten den Feind erwartet. Nun drängten sie das Chaos die kleine Anhöhe hinab. Immer in Richtung des Vulkans. Es dauerte nicht lange, da trieben die Templer die Kreaturen vor sich her. Ihr Weg war gepflastert von den erlösten Kreaturen des Chaos.

Schwere Steine gingen auf die Mauern von Tanelorn nieder. Doch die Mauern waren stärker. Wie Kieselsteine prallten die Geschosse daran ab oder zerbrachen daran. Die imperiale Baukunst hat sich noch nie einem Haufen von Errants ergeben, dachte Bigfoot. Zufrieden nickte er dem Baumeister der Stadt Tanelorn zu. Taker lächelte ebenfall, sichtlich zufrieden mit seinem Werk. Vor dem Mittag würden sie keinen weiteren Ausfall mehr wagen. Sollte der Feind erst einmal all seine Geschosse aufbrauchen. So konnten sie schon nicht auf die Truppen feuern, die später einen weiteren Ausfall unternehmen würden. Die entsprechenden Truppen machten sich bereits fertig. Die achte Legion würde durch das Tor hinaus stoßen. Teile der dritten Legion würden über geheime Türen in den Mauern in die Flanke des Feindes stoßen. Die Zauberweber würden von den Mauern ein magisches Feuer entfachen wie es die Errants sicher noch nie gesehen hatten.

Die Mittagshitze steigerte sich ins unermessliche. Duncan schien der Schweiß wie Bäche am Körper hinab zu laufen. Sie waren nun fast an ihrem Ziel. Ein seltsames Tor war in Sichtweite. Sie hatten einige sehr starke Kreaturen erschlagen, doch nun drangen immer neue durch dieses Tor. Trotz der ständigen Angriffe hielten die Templer ihre Position. „Können wir dieses Tor irgendwie zerstören?“ fragte Duncan Idaho einen seiner Brüder, der die alten Chaossagen in der Bibliothek der Ewigen Stadt studiert hatte. „Es gibt immer eine Möglichkeit. Doch diese Insel gehört nicht wirklich zu Carnage. Sie ist beschworen. Sicher gelten hier eigene Gesetze,“ antwortete er. „Das klingt nicht ermutigend,“ befand Duncan und wies drei seiner Männer einen Dämon zu erschlagen, der ihnen zu nahe kam. „Der Allvater und die Ordnung werden uns den Weg weisen,“ antwortet der Bruder nur. Ein plötzliches Rumpeln erfüllte die Luft. Die Erde begann zu beben. Duncan ging in die Knie. „Man sollte nie von Zeichen sprechen. Sie geschehen all zu schnell,“ murmelte Duncan und blickte auf das Tor. Zu ihrem Unglück war dies kein Zeichen des Allvaters oder ein Wink der Ordnung. Hier war das Chaos am Zug. Das Chaostor schien sich zu weiten und zu strecken. Eine große, machtvolle Gestalt trat heraus. Man konnte sie nicht genau bestimmen, denn sie schien ihre Form zu wechseln. Doch die Macht die sie ausstrahlte, war unmissverständlich. „Die Ordnung steh uns bei,“ murmelte Duncan erschrocken.

Die Errants begannen einen großen Rammbock auf das Tor zu zuschieben. Bigfoot glaubte erst nicht was die Errants da vor hatten. Wie dumm konnte ihr General sein, fragte er sich. Die Umklammerung des Tores durch doppelte Mauern, machten einen Versuch das Tor einzureißen zu einer Todesfalle. Nun er würde den Feind nicht davon abhalten. Bigfoot befahl der achten Legion zu warten. Den Ausfall hob man sich für später auf. Der dritten Legion wurde befohlen erst anzugreifen wenn die Ramme vor dem Tor angekommen war. Mit vielen Trommeln versuchten sich die Errants Mut zu machen. Hörner wurden gestoßen und das Hämmern von Waffen auf die Schilder war zu hören. Geschlossen marschierten die Krieger auf die Mauern zu. Die Bogenschützen der Ordnung begannen mit ihrem tödlichen Werk. Doch es schienen nicht genügend Pfeile vorhanden um alle die anbrandenden Feinde zu fällen. Schon nach wenigen Minuten erreichten die ersten Errants die Mauern. Pfeile und Speere flogen nun auf und über die Mauer. Die Mauerwachen wehrten sich verzweifelt und versuchten die Leitern, die an die Mauer gelehnt wurden, wieder zurück zu stoßen. Mehr als einmal gelang ihnen dies und viele Errants auf den Leitern wurden in die Tiefe gerissen. Heißes Pech und Steine hagelten von den Mauern, doch der Feind schien nicht ablassen zu wollen. Unter dieser Deckung schob sich die große Ramme immer näher an das Tor. Bigfoot war überrascht über diese Taktik. Dass der Feind so viele Verluste auf sich nahm, hatte er wirklich nicht gedacht. Der General verhielt sich so, als hätte er unerschöpflichen Nachschub.

Die Templer waren wie starr vor Schrecken. Ein Chaoslord war nach Carnage gekommen. Sie wussten es alle, obwohl nie zuvor nur einer solch eine Kreatur erblickt hatte. Der Lord begann sofort die Linien der Chaoskrieger zu ordnen. So etwas hatten die Templer ebenfalls noch nicht gesehen. Schon brandete die erste Reihe der Chaosgeschöpfe. Seltsame hundeartige Geschöpfe mit scharfen Klauen gegen die Templer. „Zurück! Wir müssen uns zurückziehen meine Brüder,“ rief Duncan Idaho über den Schlachtenlärm. Wie ein Unwetter schlug der Angriff des Chaos über den Templern zusammen. Sie wurden mehr und mehr zurückgedrängt. Im letzten Augenblick erkannte Duncan, dass der Feind sie in eine Falle drängen wollte. Hinter ihnen erhoben sich unzählige Felsen. Aus den Augenwinkeln erblickte Duncan, dass sich dort unzählige Kreaturen verbargen und auf die Templer warteten. „Nach Osten! Nicht nach Süden! Sie versuchen uns einzukesseln,“ rief Duncan über den Lärm und hieb einen weiteren Krieger der Chaos entzwei. Der größte Teil seiner Männer gehorchte und sie wanden sich nach Osten und stießen durch die Reihen des Feindes. Der versprengte Rest, der versuchte sich in kopfloser Flucht nach Süden zu bewegen, geriet tatsächlich zwischen den Felsen in einen Hinterhalt. Überall schienen Kreaturen auf den Felsen aufzutauchen und stürzten sich auf die verbliebenen Templer. Niemand entkam. Die Reste der Templer bewegten sich bedrängt von Chaoskreaturen nach Osten zur Küste. Kurz vor der Küste machten sie einen Schwenk nach Norden. Der Weg nach Süden war ihnen abgeschnitten, so blieb nur der Norden und die Hoffnung dort auf die verschollenen Templer zu stoßen.

Es war soweit. Bigfoot schnallte seine Rüstung enger und prüfte seine Klinge. Der Rammbock war fast am Tor. Er verließ seinen Posten und begab sich nach unten zur achten Legion. Um ihn herum tobte die Schlacht. Immer noch hatte der Feind es nicht geschafft die Mauern zu erklimmen. Nur an zwei Stellen war er überhaupt über die Zinnen gekommen. Doch diese Brückenköpfe waren schnell wieder über die Mauern gedrängt worden. Die dritte Legion lag im Westen hinter der Mauer, bereit zum Ausfall. Im Osten war die erste Legion in Stellung gegangen. Malebolgia führte die Stahlwölfe anstelle von Duncan Idaho. Auch sie würden einen Ausfall durch die versteckten Türen machen. Bigfoot wusste, nun war die Entscheidung gekommen. Würde die Ramme das Tor erreichen, konnte es sein, dass die Tore barsten. Aber was viel schlimmer war, die Ramme konnte verhindern, dass sie das Tor öffneten. Ein Ausfall war so nicht mehr möglich. Er würde dem zuvor kommen. Wieder hagelte es Pfeile über die Mauer und diese streckten viele Errants nieder. Eine letzte Welle Pech ergoss sich über die anbrandenden Errants, dann öffneten sich plötzlich die Tore von Tanelorn. Kurz erstarrten die Errants bei diesem Anblick. Der Rammbock, der nun fast vor dem Tor angelangt war, kam zum Stehen. Doch als die Trompeter der Ordnung hell den Angriff in den Himmel bliesen, kam schnell wieder Bewegung in den Feind. Zwei Kohorten versuchten auf die geöffneten Tore zuzustürmen. Doch ihnen kam die gesamte achte Legion mit dem Imperator an der Spitze entgegen. Durch die geheimen Mauertüren stürmten die erste und dritte Legion in die Flanken des Feindes und stürzten die Belagerer ins vollkommene Chaos. Die Rechnung des Imperators ging auf.

Baildor von Khan blickte von den Mauern seiner Festung. Auch er hatte das Beben gespürt und das Unheil geahnt. Doch das Ausmaß war schlimmer als alles was er befürchtet hatte. Eine große Armee marschierte auf sie zu. Angeführt, unübersehbar an der Spitze, von einem Chaoslord. Baildor ballte seine gepanzerte Hand grimmig zur Faust. Sie wurden es ihnen jedenfalls nicht einfach machen, beschloss er. Eilig verließ er seinen Aussichtsposten und rief die Templer zusammen.

Duncan Idaho marschierte mit den Überlebenden weiter nach Norden. In Kürze mussten sie das Nordkap erreichen. Bergiges Land umgab sie. Es war nicht ganz so vom Chaos verwüstet. Hier und dort wagte sich ein Grashalm aus dem Boden, einmal hatten sie einen gesunden, kleinen Baum erblickt. Sie erklommen einen weiteren Berg und blickten plötzlich in ein kleines Tal, welches in einem Fjord endete. Ein Schiff lag dort, halb zerschmettert an einem Felsen. Am Strand hatten die Schiffsbrüchigen ein Lager aufgeschlagen. Duncan lies seinen Blick über den Fjord streichen. Es sah so ganz anders aus als der Rest der Insel. Grünes Gras wuchs an den Hängen des Tals. Kleine weiße Blumen blühten hier und dort. Selbst sie Sonne schien weniger heiß vom Himmel zu brennen. Erstaunt stiegen sie hinab zu dem Lager der Schiffsbrüchigen. Sie wurden von einem stämmigen Templer, eines verbündeten Königs empfangen. „Seid mir gegrüßt. Mein Name ist Ulthy. Ich bin der Anführer dieser Männer.“ Duncan schüttelte ihm die Hand. „Man sagte uns ihr seid irgendwo am Nordkap gestrandet. Wir sollten nach Euch sehen.“ „Ja, ein seltsamer Sturm trieb uns hierher. Zum Glück kostete der Sturm uns keine Männer. Die Chaoswinde dieser Insel haben uns eine Weile abgeschnitten, doch wir haben einen Magier hier. Ich denke schon bald werden wir von hier weg können.“ Duncan blickte sich um. „Ein seltsamer Ort.“ Ulthy nickte. „Ja er ist außergewöhnlich. Wir sind anfangs ein wenig nach Süden gewandert, doch weit sind wir nicht gekommen. Überall wimmelte es von diesen Kreaturen und wir sind nicht zahlreich genug. Doch mit Eurer Verstärkung...“ Duncan hob die Hand. „Der Weg nach Süden ist versperrt. Das ist der Rest einer ganzen Kohorte. Wir haben versucht in das Herz der Insel zu gelangen. Und bei der Ordnung wir haben es geschafft. Doch glaubt mir, dort möchte niemand sein.“ „Das Beben?“ fragte Ulthy unvermittelt. Duncan nickte. „Ein Chaoslord wandelt nun unter uns. Wir konnten uns nur mit Mühe retten. Ich denke nicht, dass wir das Chaosportal nun so einfach schließen können.“ Ulthy schien einen Augenblick nachzudenken. „Nun dann scheint dieser Sturm wirklich etwas besonderes gewesen zu sein,“ meinte er. Duncan wusste nicht was er damit meinte.

Baildor hatte die Mauern mit allen verfügbaren Männern besetzten lassen. Angesichts der Anwesenheit des Chaoslords war auch dem mutigsten Templer das Herz in die Hose gerutscht. Alle rechneten damit, niemals lebend von dieser Insel zu kommen. Doch der Chaosfürst schien andere Pläne zu haben. Zwar griffen die Chaoskreaturen sofort an, als sie sich den Mauern der Festung näherten, doch ein Großteil der Armee des Lords, zog mit ihm vorbei. Knapp außerhalb der Reichweite der Bögen, marschierten die Chaoskreaturen an der Festung vorbei zum Portal. Entsetzt beobachtete Baildor das Schauspiel. „Der Allvater möge uns beistehen.“

Der Imperator schlug mit seinem Schwert auf einen weiteren Errant und spaltete glatt dessen Schild in der Mitte. Neben ihm hatte sich Malebolgia aufgebaut und drosch mit einem eisenbeschlagenen Dreschflegel auf fünf Feinde gleichzeitig ein. Grunzend deckte er seinen Imperator vor jeglichen Angriffen. Die Umklammerung war nur zum Teil geglückt. Die dritte Legion hatte sich hinter die Belagerer gesetzt, doch die erste Legion hatte es nur geschafft die Mauern freizukämpfen. Einige Kohorten des Feindes waren zurückgewichen. So hatten sie sich mit der achten Legion zusammengeschlossen und drängten den Feind nun weiter zurück. Die Belagerung hatte sich in eine offene Feldschlacht gewandelt. Taker führte seine Kohorte nach Westen und drängte die dort verbliebenen Errants auf die dritte Legion zu. Hammer und Amboss. Die Errants wurden in diesem Manöver zerschmettert. Nun schalteten sich auch die Centauren Kohorte unter Shon'jir wieder in die Schlacht ein und preschte vor. Sie ritten viele Errants bei ihrem Vorstoß einfach nieder. Die Reihen der Errants begannen endgültig zusammen zu brechen. Teile der Belagerer begannen eine kopflose Flucht durch die Wälder im Osten von Tanelorn. Verfolgt durch die schnellen Centauren. Dem Rest der Errants gelang es einen einigermaßen geordneten Rückzug zu beginnen. Sie zogen sich zum Portal zurück. Das Schlachtfeld vor Tanelorn war gepflastert von den Toten der vergangenen zwei Tage.

„Was meintet ihr vorhin damit?“ hakte Duncan nach. „Kommt mit, ich zeige es Euch besser.“ Ulthy führte Duncan und zwei seiner Männer zu einer kleinen Höhle am Steilhang im Osten des Fjords. „Wir haben sie gestern entdeckt. Es ist eine Grabstätte.“ Duncan betrat die Höhle. „Nun Gräber gibt es auf dieser Insel wahrlich genug.“ „Das stimmt,“ sagte Ulthy, „aber sicherlich nur ein Grab in dem ein Paladin des Allvaters bestattet wurde.“ Duncan wand sich erstaunt zu Ulthy um. „Ein Paladin?“ Dieser nickte nur. „Sie erinnern sich an die Legenden? Eine Mischung aus Templer und Kreuzritter. Die höchste Form der Chaosbezwinger.“ „Ich dachte das wären alles Sagen und Legenden,“ meinte Duncan erstaunt. Ulthy wies in die Höhle. „Dort hinten ist sein Grab. Und nicht nur das.“ Er zündete eine Fackel an und führte sie tiefer in die Höhle. Der raue Stein der Höhle wurde von glattem Marmor abgelöst. Eine Gruft öffnete sich vor ihnen. In der Mitte eines runden Raumes stand ein Sarkophag aus Granit. Auf dem Quader lag eine aus Stein gehauene Figur die den hier Begrabenen darstellte. Aus einem Schacht in der Decke fiel ein Lichtstrahl auf den Kopf der Figur. Es schien tatsächlich ein Paladin zu sein. Seine schwere Rüstung war eine Mischung aus Templer und Kreuzritter Rüstungen. Ein seiner steinernen Hand hielt er einen Kriegshammer. Er glänzte stählern im Licht der Fackel. Goldene Runen auf dem Hammer schienen zu leuchten. Einer der Begleiter Duncans begann die Inschriften an den Wänden zu lesen. „Wisset, hier liegt der größte Paladin des Lichts. Noch im Tode wollte er dem großen Feind trotzen. Auf seiner ureigenen Insel wurde er bestattet und doch wird nie ein Hauch des Chaos ihn berühren.“ Der Templer ging etwas weiter. „Sein Hammer wurde ihm von den Dienern des Allvaters geschmiedet. Seine Kraft bezog er aus dem Licht und der Ordnung. Elfische Runen stärkten den Hammer gegen jegliches Übel. Auf das es zerschmettert würde und für immer in die Zwischenwelt fahren möge. In den richtigen Händen, wird er immer die stärkste Waffe gegen das Übel sein.“ Der Templer wand sich an die andere Seite des Raumes und las weiter laut vor. „Ein Tor im Herzen dieser Insel ist des Übels Hort. Doch einfach einreißen vermag es kein Sterblicher. Nur großes Wirken von machtvollen Zauberwebern kann die Steine sprengen, die das Tor in dieser Welt gefangen halten. Doch wehe, wenn es zu spät. Wandelt ein Fürst der Dunkelheit in diesen Landen, selbst die größten Zauberweber vermögen nichts zu erreichen. Erst die Vernichtung des Fürsten eröffnet wieder diesen Weg...“ Der Templer blickte sich wieder um und holte tief Luft.

Als sie zum Lager zurückkehrten, rannte ihnen bereits der Zauberweber der Schiffsbrüchigen entgegen. „Ich habe Verbindung!“ rief er aufgeregt. „Was meinst du damit,“ fragte Duncan. „Es ist als hätte sich ein Vorhang gehoben. Ich kann wieder mit anderen Zauberwebern Gedanken tauschen. Die Chaoswinde sind von diesem Ort verschwunden, doch ich weiß nicht wie lange dies anhalten wird.“ „Das ist eine gute Nachricht. Dieser Ort ist wirklich ein gutes Omen für uns.“ Der Zauberweber biss sich auf die Lippe. „Nun nicht überall scheint es so gut zu laufen.“ „Wie meinst du das? Sprich!“ befahl Duncan. „Ich habe Gedanken aufgeschnappt von der südlichen Feste. Ein Heer ist an ihnen vorbeigezogen. Sie haben es nur kurz aufhalten können. Der Chaosfürst ist durch das Portal gegangen. Zudem wird Tanelorn seit zwei Tagen belagert. Aber sie schlagen die Angreifer gerade zurück. Die Schlacht scheint so gut wie gewonnen.“ Ulthy runzelte die Stirn. „Warum lässt ein Chaoslord eine Festung des Allvaters, der Templer unversehrt?“ „Er muss es eilig haben,“ meinte Duncan. Beide Templer blickten sich einen Augenblick an. „Tanelorn,“ stieß Duncan dann hervor. „Er will das Blatt doch noch zu Gunsten der Errants wenden. Wir müssen sie warnen!“ „Es ist ziemlich viel los und die Winde des Chaos kehren zurück. Aber ich könnte eine einzelne Beschwörung nach Tanelorn bekommen, glaube ich,“ mischte sich der Zauberweber ein. Duncan nickte. „Versuch sie zu bekommen. Ich bin gleich soweit.“ Der Zauberweber nickte und schloss die Augen um einen Beschwörer in Tanelorn zu erreichen. Zusammen mit Ulthy rannte Duncan zurück in die Höhle. „Was habt ihr vor?“ Duncan deutete auf den Hammer. „Die stärkste Waffe gegen das Chaos, steht hier geschrieben. Dann wird sie gegen den Chaosfürsten sicher von Nutzen sein.“ Mit einem festen Ruck entriss Duncan den Hammer der steinernen Figur und wand sich um. „Ja mein Templerbruder, aber nur in den Händen des richtigen,“ ermahnte ihn Ulthy. Duncan blickte den großen Hammer in seinen Händen an. Er wog schwer in seinen Händen, doch seine Macht war förmlich zu spüren. „Ich glaube ich weiß den Richtigen,“ sagte Duncan schließlich und lief so schnell wie möglich zurück zu dem Zauberweber.

Die Herren der Ordnung hatten die Errants fast bis zum Portal zurück gedrängt. Auf ihrem Rückzug hatten die Errants kurzen Prozess mit den Befestigungen um das Portal gemacht. Nur wenige der kleinen Besatzung, die dort gerade lag, hatten überlebt. Nun schickten sie sich an das Portal zur düsteren Insel zu öffnen. Bigfoot lies seine Legionen Aufstellung nehmen. Er wollte kein wildes Anstürmen. Ordnung war ihr Prinzip. Ordnung würden sie nun dem Feind bringen. Dies war die entscheidende Schlacht. Das Blatt hatte sich gewendet. Nun galt es so viele Errants wie möglich zu besiegen, bevor man die düstere Insel erobern konnte. Gerade als der Imperator den Angriffsbefehl geben wollte, öffnete sich das Tor. Allerdings nicht nach der düsteren Insel. Grausige Kreaturen traten aus dem Portal. Selbst die Errants gerieten in Panik und wichen vom Portal zurück. Doch dann trat der Chaoslord durch das Portal. Die Errants begriffen, dass ein Verbündeter eingetroffen war. Bigfoot blickte erschrocken über die Szenerie. „Bei allen Mächten der Ordnung,“ murmelte er.

Duncan spürte den seltsamen Sog. Sein Magen schien sich in sich selbst zu stülpen, seinen Bauchnabel nach außen zu drehen. Plötzlich verschwand das Flirren um ihn und er stand auf einem Feld. Nach einigen Augenblicken erkannte er es als die weiten Felder um das Portal nahe Tanelorn. Molly Witchblade trat neben ihn und lächelte. „Wir haben es gerade noch geschafft dich zu beschwören, bevor die Winde wieder einen Riegel vor die Insel schoben. Was hat die Chaoswinde fort Geschoben. Weißt du darüber etwas?“ Duncan wehrte mit der Hand ab und holte tief Luft. Er war nicht der Einzige dem oft schlecht wurde nach so einer Beschwörung. „Der Chaosfürst ist gekommen. Ich muss zum Imperator.“ Molly nickte betrübt. „Ja sie sind beide hier.“ „Beide?“ „Sowohl der Imperator, als auch der Chaoslord.“ „Schnell bring mich zum Imperator,“ herrschte Duncan Molly regelrecht an. Diese Gelassenheit der Zauberweber konnte einem manchmal den letzten Nerv rauben, grummelte Duncan innerlich. Molly rannte mit Duncan Idaho über das Feld zu den vorderen Linien. Noch hatten die beiden Parteien nichts unternommen. Man stand sich nur gegenüber. Der Imperator ging persönlich die Linien ab und sprach zu seinen Männern. Als Duncan Idaho sich durch die Reihen drängte, blieb der Imperator mit seinen Leibwachen stehen. „Mein Imperator. Ich sehe ich komme zu spät um Euch zu warnen.“ Bigfoot blickte hinüber zu den Reihen der Errants, die nun durchsetzt waren mit fürchterlichen Kreaturen des Chaos. „Was ist geschehen Duncan?“ fragte Bigfoot dennoch. „Wir waren bis ins Herzen der Insel vorgestoßen, als sich der Lord erhob. Wir haben es beobachtet. Doch dann wurden wir schier überrannt von diesen Kreaturen. Der Ordnung sei dank, er hat nicht alle seine Kreaturen mit sich genommen,“ erzählte Duncan während er seinen Blick über die Reihen des Chaos schweifen ließ. „Wir wurden nach Norden gedrängt und dort erreichte uns ein Zeichen der Ordnung. Wir fanden dies in einer Gruft.“ Er zeigte dem Imperator den schweren Hammer des Paladins. „Es ist der Hammer des Paladins des Lichts. Dem Chaosbezwinger.“ Bigfoot ließ seine Finger über den Kopf des Hammers gleiten. „Tatsächlich? Wenn dies kein Zeichen ist.“ Während er so über den Hammer strich, begannen die Runen darauf zu glühen und wie Sonnenlicht zu strahlen. „Ich bedarf wohl nicht meiner Fähigkeit als Orakel um dies als zweites Zeichen zu enthüllen.“ Duncan nickte und übergab den Hammer dem Imperator. „Es stand dort geschrieben, nur in den Händen des richtigen Streiters, entfaltet der Hammer seine ganze Kraft.“ Der Imperator nahm den Hammer und hob ihn in die Höhe. Gleißendes Licht erstrahlte plötzlich von diesem und erfüllte die Ebene. „Bei der Ordnung,“ murmelte Bigfoot. Seine Legionen brachen in tosenden Jubel aus.

Die erste Legion des Imperiums bildete die Mitte der Schlachtreihe. Duncan Idaho hatte wieder den Befehl übernommen. Die dritte und achte Legion bildeten die Flanken. In letzter Minute war noch eine weitere Legion von Verbündeten auf der Ebene aufgetaucht. Sie stand im Westen, neben der dritten Legion um die Flanke zu decken. Einzelne Kohorten der Reserve aus Tanelorn hatten sich in den Wäldern um die Ebene postiert um Flüchtlinge abzufangen oder einen Ausbruch aufzuhalten. Der Imperator wollte hier nun die Entscheidung suchen. Schließlich ertönte der Befehl zum Angriff durch die Trompeten des Imperiums. Trommeln wurden geschlagen und die erste, dritte und achte Legion setzten sich in Bewegung. Ähnliches geschah auf der anderen Seite. Hörner wurden geblasen. Trommeln hämmerten den Errants Kampfgeist ein. Schließlich stürmten die Errants auf die Reihen der Ordnung zu. „In Reih und Glied!“ brüllte Duncan seinen Männern zu. „Bleibt in Formation!“ Geschlossen marschierten die Legionen auf den Feind zu. Hinter den Reihen begannen die Bogenschützen ihr Werk. Wolken von Pfeilen prasselten auf beide Seiten nieder. Krachend trafen die beiden Parteien aufeinander. Schilder schlugen auf Schilder. Klingen klirrten. Malebolgia verschaffte sich als erster etwas Platz. Er trug wieder seine große zweihändige Axt und begann damit sie wie eine Sense einzusetzen. Wie im Rausch sprangen die Errants und die Kreaturen des Chaos gegen die Linien der Ordnung. Aus dem Zentrum der ersten Legion trat in dem Schlachtgetümmel der Imperator nach vorn. Begleitet von seiner Leibgarde der Stahlwölfe stieß er vor. Der große Hammer schien zu glühen als Bigfoot zum ersten Schlag ausholte. Zischend und jaulend wichen einige Chaoskreaturen sogar zurück. Doch diese Unachtsamkeit sollten sie bitter bezahlen. Sofort stießen Klingen aus dem Phalanx der Legion hervor und machten sie nieder. Der Imperator bildete nun die Spitze. Langsam begannen sich die Linien aufzulösen und der Kampf Mann gegen Mann begann. Gavin Darklighter wich einem weiteren Schlag des Errants aus. Der Säbel zischte an ihm vorbei und kratzte über seine Rüstung. Ein tiefer Kratzer zeugte davon. „Das war ein Geschenk meiner Frau,“ stieß Gavin hervor und sprang nach vorn. Sein Schwert fuhr glatt in die ungeschützte Kehle des Errant und trat knackend am anderen Ende wieder heraus. Stumm brach der Errant zusammen. Ruffles kämpfte mit zwei Säbeln gegen eine seltsame Kreatur. Nie zuvor hatte er so etwas gesehen. Seine fünfte Legion war in Zweikämpfe mit Chaoskreaturen verwickelt worden. Das etwas, welches Ruffles gegenüber stand, besaß mehr Arme und Beine, als es nützlich erschien. Doch jede Hand der Kreatur führte irgendeine rostige Klinge. Wieder wich Ruffles zurück um dann zu parieren. Das war nun der dritte Arm den er diese Kreatur abhieb. Dennoch schien es ihm nicht viel auszumachen, es hatte schließlich noch genügend. Ruffles hoffte nur, dass die Arme nicht auch noch wieder nachwuchsen. Der Hammer des Lichts schnitt wie ein heißes Messer durch Butter. Feind um Feind wurde von Bigfoot gefällt. Sein Brustpanzer mit den imperialen Wappen war blutüberströmt. Doch er selbst hatte bisher nicht einmal einen Kratzer erhalten.

Wieder zerschmetterte der Hammer gleich zwei Chaoskrieger auf einmal. Bigfoot schien fast von dem Hammer geführt, nicht umgekehrt. Sein Gewicht war kaum zu spüren, obwohl er sicher viel wog. Ein weiterer, seltsam aussehender Chaoskrieger wurde vom Hammer getroffen. Sein von aufgequollenes, von Auswüchsen übersätes Gesicht wurde zerschmettert. Mehrere Gliedmaßen, es waren sicher mehr als vier, zuckten noch einen Augenblick, bevor sie erstarrten. Bigfoot hielt sich nicht länger mit ihm auf, auch wenn er aus den Augenwinkel sah, wie die Gestalt scheinbar schmolz und einen stinkenden Schleimsee hinterließ. Der Imperator schob sich weiter in die feindlichen Linien. Zusammen mit seinen Leibwächtern der Stahlwölfe waren ihm einige seiner treusten Berater gefolgt. Seinen Rücken deckte Taker mit einem breiten Schild, das Schwert bereit zum Schlag. Molly Witchblade war an seiner Rechten und verschoss unablässig Feuerbälle auf den Feind und brannte sich so ihren Weg durch das Übel. Etwas weiter hinten ragte Malebolgia über ihre Köpfe und hieb grunzend auf eine Schar Errants ein, die versuchten in den Rücken des Imperators zu gelangen. Schließlich war es soweit. Darauf hatte der Imperator hingearbeitet. Die Anführer beider Armeen standen sich gegenüber. Bigfoot blickte in die Augen des ihn um zwei Köpfe überragenden Chaoslords. Übelriechende Dämpfe schienen von dem Lord auszugehen. Dort wo er seinen Fuß auf die Erde setzte schien alles zu vergehen. „Du willst mich herausfordern, Mensch?“ sprach eine kalte, messerscharfe Stimme, die den Schlachtenlärm mühelos durchbrach. „Die Ordnung wird mit mir sein,“ antwortete Bigfoot lediglich.Sowohl die Begleiter des Imperators, als auch die großen Kreaturen die der Chaoslord mit sich führte, wichen zurück. Wie durch Magie bildete sich eine kreisrunde, freie Fläche um die Beiden. Der Chaoslord überragte den selbst hoch gewachsenen Imperator deutlich. Seiner gelben Haut entsprangen überall Dornen und Stachel. Er trug so etwas wie ein Lederharnisch, der seine Brust schützte. Auf seinem Rücken Rücken zerstachen lange Dornen den Harnisch. Sie waren nach vorn gebogen und bildeten regelrecht einen Kranz um den Lord. Zwei Arme an jeder Flanke führten schartige, gezackte Waffen. Der lang gezogene Kopf schien ansatzweise Menschlich zu sein, doch das Chaos hatte ihn zu etwas anderem gemacht. Hörner sprossen aus seinem länglichen Schädel. Lange Fangzähne ragten aus dem dreieckigen Mund. Eine lange, gespaltene Zunge schnellte immer wieder zwischen den Zähnen hervor. Die Katzenaugen des Lords taxierten den Imperator vor ihm. Nach einem Augenblick des Innehaltens sprang der Lord plötzlich vor. Doch Bigfoot wich nicht zurück. Er parierte den ersten Hieb der auf ihn einstürmenden Waffen mit dem Hammer. Funken schlugen hoch und ein seltsames Grollen lag in der Luft, als die Waffen sich zum ersten Mal berührten. Es war deutlich sichtbar, dass hier mächtige Waffen aufeinander trafen, die von ebenso starken Kriegern geführt wurden. Bigfoot wich nach rechts aus. Zwei Klingen sausten am ihm vorbei, zwei weitere trafen erneut auf den Kopf des Hammers. Mit ganzer Körperkraft schob der Imperator seinen Hammer gegen die Klingen. Einen Augenblick gelang es ihm den Lord aus dem Tritt zu bringen. Es war seine Chance um nachzusetzen. Mit einem kräftigen Hieb krachte sein Hammer auf die parierenden Klingen des Chaoslords. Funken sprühten, aufmerksame Beobachter konnten sehen, wie einige Zacken der Klingen abbrachen. Ein grausiges Knurren lag in der Luft. Offensichtlich war der Lord verärgert, ob der dreisten Gegenattacke. Wieder traf den Lord ein Hieb, dieses Mal konnte er nicht schnell genug parieren. Der Hammer glühte hell auf, als er den Bustharnisch des Lords traf. Ein von Schmerzen gezeichnetes Brüllen war die Antwort. Offensichtlich schien die Aura des Hammers dem Lord mehr Schmerzen zu bereiten, als der Schlag selbst. Sichtlich von Wut getrieben, griff der Chaoslord erneut an. Wie im Wahn fuhren seine Klingen auf den Imperator herab und mindestens zwei Hiebe brachen durch dessen Abwehr. Tiefe Scharten waren auf seinem Brustpanzer zu sehen. Sie schienen wie von brennendem Feuer geschlagen und glühten leicht nach. Ächzend wich Bigfoot zurück. Die Treffer und die Hitze die diese entwickelten, bereitete ihm sichtlich Schwierigkeiten. Nach zwei taumelnden Schritten hatte er sich wieder gefangen. Gerade noch rechtzeitig gelang es Bigfoot seinen linken, gepanzerten Arm zu heben. Eine der Rückendornen des Lords schnellte nach vorn und stieß gegen die dicken Armschützer. Knirschend gaben die von Zwergen geschmiedeten Panzerplatten nach. Als der Stachel zurück schnellte tropfte Blut von Bigfoots Arm. Doch Zeit, sich über die Verletzung Gedanken zu machen, blieb dem Imperator nicht. So schnell es ihm möglich war, erhob er sich vollständig. Er packte den Hammer fest mit der Rechten und holte zu einem Schlag aus. Der Hammer glühte auf als Bigfoot mit schmerzverzerrtem Blick einen schweren Hieb auf die Flanke des Lords landete. Wie vom Donner gerührt hob es den Chaoslord von den Füßen, als ihn die gleißende Wucht des Hammers traf. Ein wütendes Brüllen begleitete seinen Sturz. Bigfoot machte zwei unsichere Schritte nach vorn. Ein dünner Faden Blut rann von seinem linken Arm. Mit einem Heulen kam der Lord wieder auf die Beine. Seine linke Flanke schien wie von glühenden Kohlen berührt worden zu sein. Die Lederrüstung hing in Fetzen an ihm herab, schwarze Stellen zeugten von der Berührung des Hammers. Der Lord machte einen Satz nach vor und mit ihm schossen seine langen Dornen aus seinem Rücken hervor. Sie hatten eine größere Reichweite als man zuvor hätte annehmen können. Wie Peitschen schossen sie nach vorn und leckten nach dem Imperator. Schnell wich Bigfoot zurück, die rechte Hand schwang den Hammer des Lichts. Der Lord stieß nach, doch Bigfoot hatte mit diesem Manöver gerechnet und griff ebenfalls an. Mit einem Krachen prallten die Beiden aufeinander. Der Hammer des Lichts und die Klingen des Chaos glühten hell auf. Beiden Kontrahenten sah man den Schmerz an. Die Dornen des Lords versuchten nach vorn zu schnellen und den Imperator zu umschließen. Doch dieser schwang den Hammer nun um sich und drehte sich im Kreis. Mit einer halben Drehung trennte er zwei der Dornen ab, die zitternd zu Boden fielen. Dann stoppte ihn ein kräftiger Tritt des Lords. Bigfoot fiel seitlich zu Boden und rollte sich nach rechts. Keinen Zentimeter hinter ihm schnitten die Klingen des Lords in den Boden. Bigfoot kam wieder auf die Beine. Langsam umkreisten sich die Kontrahenten. Wieder zuckten die verbliebenen Dornen nach vorn. Bigfoot hatte sich zu weit nach vorn gewagt. Die messerscharfen Dornen fuhren ihm über die linke Wange. Blut trat hervor. Doch bevor sich die Dronen zurückziehen konnten, waren sie ein Opfer des Hammers. Obwohl der Hammer ein stumpfes Werkzeug war, schnitt er mit seiner Aura durch die unheiligen Körperteile wie durch weiche Butter. Bigfoot ignorierte seine Wunden und setzte nach. Der Lord hatte sich von seinem Verlust noch nicht ganz erholt und hatte die Deckung fallen gelassen. Der Hammer schob sich nach vorn und landete einen schweren Treffer auf der Brust. Grunzend sackte der Lord nach hinten. Bigfoot holte erneut aus und schleuderte den Hammer des Lichts, der hell aufleuchtete in das verzerrte Gesicht des Lords. Ein grausamer, langer Schrei fegte über das Schlachtfeld. Er schien alles für einen Augenblick zu lähmen. Alle erstarrten. Der körperlose Schrei verhallte und ein Wind begann über die Ebene zu fegen. Unversehens löste sich der Körper des Chaoslords vor Bigfoots Füßen auf. Erschöpft sank Bigfoot in die Knie. Keuchend wischte er sich das Blut von der Wange und blickte auf den Körper des Lords der langsam in Rauch und Schleim verging. „Im Namen der Ordnung,“ flüsterte Bigfoot erschöpft. Dann wurde es schwarz um ihn.


Tage der Entscheidung

Zwei Tage später. Gavin Darklighter stand auf den Mauern der südlichsten Hafenstadt ihrer Allianz und blickte über die stattliche Flotte, die sich in der Bucht versammelte. Er machte sich ein paar Notizen in sein Tagebuch. Eisenvater, einer der Zwerge in den Reihen der dritten Legion, kam zu ihm. „Was schreibt ihr da nur immer? Ist es denn schon Zeit für einen weiteren Heldenepos?“ fragte er lächelnd. Gavin blickte ihn mit gekünstelt strengem Blick an. „Es ist meine Aufgabe als Chronist die Heldentaten des Imperiums festzuhalten. Das sollten gerade die traditionsbewussten Zwerge zu schätzen wissen.“ Eisenvater schüttelte sich kurz. „Ich schätze einen guten Kampf und dann einen Humpen Bier. Nicht mehr und nicht weniger.“ Gavin lachte. „Ihr Zwerge seit mir ein Volk!“ Solidar Darklighter kam über eine Holzleiter zu ihnen empor. „Gavin. Die Schiffe sind in zwei Tagen bereit.“ Gavin nickte. „Gut. Es ist eine Schande, dass nach unserem großen Sieg am Portal so viele Errants auf die dunkle Insel entkommen konnten, “ bedauerte Gavin. „Da hast du Recht Gavin. Und immer noch werden sie von Click angeführt, auch wenn ihnen nun die Gunst des Chaos versagt bleibt.“ Gavin wand sich nach Osten und blickte zu den dunklen Wolken, die dort seit dem Erscheinen der Chaosinsel regelrecht wie eine Wand hingen. „Wie steht es überhaupt um unsere Truppen auf der Chaosinsel?“ fragte er. Solidar zuckte die Achseln. „Wir haben nicht viele Neuigkeiten erhalten. Duncan Idaho hat sich mit den Zauberwebern aufgemacht, das Portal des Chaos zu zerstören. Der Imperator konnte nicht daran teilnehmen. Die Heiler pflegen noch seine Wunden in Tanelorn. So trägt Duncan Idaho den Hammer um das Tor zu zerschmettern.“ Gavin wand seinen Blick wieder zur Flotte die vor ihnen in der Bucht lag. „Eine so große Armada haben wir noch nie eingesetzt. Mir wäre lieber, wir könnten durch das Portal gehen.“ Solidar trat neben Gavin. „Wir haben gesehen was geschieht, wenn sich eine Kohorte durch das Portal wagt. Der Seeweg und ein Landungsunternehmen ist die beste Möglichkeit. Die Errants können nicht die ganze Küste bewachen.“ Gavin nickte. „Ja, das ist natürlich wahr. Wenn die dritte und achte Legion erst auf dem Boden der düsteren Insel sind ist der Sieg nicht mehr fern.“

Dieselben Gedanken hegte auch Taker. Als Generalprotektor oblag es ihm in der Abwesenheit des Imperators die Truppen zu führen. Zwei Legionen lagen im Hafen und warteten darauf in See zu stechen. Viel länger als die noch benötigten zwei Tage wollte er nicht mehr warten. Jeder Tag der ungenutzt verstrich half dem Feind sich vorzubereiten. Etwa die halbe erste Legion und eben so viele Zauberweber hatten Duncan Idaho und Molly Witchblade mit sich genommen um die Bedrohung auf der Chaosinsel zu beseitigen. Die restlichen Truppen standen nun zusammen mit den alliierten Legionen am Portal, das zur düsteren Insel führte. Der Plan war einfach und Taker hoffte er würde dennoch aufgehen. Natürlich konnten die dritte und achte Legion anlanden wo sie wollten, doch dann würde ihnen der Nachschub fehlen. Daher würde er sie am nordöstlichen Kap landen lassen. In der Nähe des Portals. Sobald die Magier in den Reihen der Landungstruppen ihre arkanen Signale aussandten, würden die restlichen Truppen durch das Portal stürmen. An zwei Fronten würde der Feind nicht bestehen können. Vier alliierte Legionen standen ihm zur Verfügung. Sie würden bitter nötig werden, wollte man bis nach Outpost vorstoßen.

Eisenvater klammerte sich an ein Tau und fluchte unentwegt. Seine einzigen Pausen bestanden in eiligen Läufen zur Reling. Gavin Darklighter beobachte grinsend den Zwerg. „Wasser ist nicht wirklich ihr Lieblingselement.“ Solidar grinste ebenfalls. „Alles was über eine handbreit Wasser geht, ist ihnen nicht geheuer und nun schiffen wir uns bei diesem Unwetter auf die düstere Insel ein.“ Gavin spürte ebenfalls wie ihm flau im Magen wurde, als sie ein besonders tiefes Wellental durchquerten. „Uff“, machte er lediglich. „Ich hoffe das ist es wert.“ Solidar nickte, dann grinste er erneut. „Sollten die Errants uns am Strand erwarten, lassen wir einfach den Zwergen den Vortritt. Sie werden jeden noch so starken Gegner bezwingen, nur um wieder festen Boden unter den Füßen zu haben.“ Gavin lachte. „Vorschlag notiert.“

Sie wurden nicht am Ufer erwartet. Knirschend setzten sie bei strömenden Regen auf dem Sand auf. Eilig wurden die schmalen Landungsboote entladen und wieder zu den Koggen zurück geschickt, die in tieferen Gewässern lagen. Einige Zwerge warfen sich zuerst auf den Strand und küssten ihn, bevor sie sich wieder mit dem Ausladen beschäftigen. Kichernde Elfen schwärmten aus um die Gegend zu erkunden. Gavin überprüfte ihre Position anhand der Sterne. Sie waren recht exakt gelandet. In einiger Entfernung sah er weitere Boote ankommen. Die achte Legion hatte ebenfalls Kurs gehalten. Nun war es an der Zeit den Standort des Portals ausfindig zu machen. Gavin hoffte, dass die Waldläufer ihre Arbeit gründlich machten und keine Wache des Feindes sie erspähte.


Kapitel 10  

Outpost und die Chaosinsel

Prüfend blickte Molly Witchblade nach Norden. In ihrem Hinterkopf glaubte die das Krähen eines Raben zu hören. Ja dort in der Ferne lag es. Bald würden sie das Chaosportal erreichen und es hoffentlich vernichten können. Schon mehrmals waren sie auf wahre Horden von Chaoskriegern gestoßen. Doch gegen die geballte Kraft ihrer Truppen waren diese machtlos. Es schien auch so, als hätten die Gegner ihren wahren Kampfgeist verloren. Als fehle ihnen der Ansporn, den sie in Gegenwart ihres Lords gezeigt hatten. Gut so, dachte Molly. Das Tor muss sich bald schließen, sonst werden noch andere Lords durch es hindurch kommen. Keine schöne Vorstellung. Ihre Gedanken wanderten zu ihrem Imperator. Erst nach der Schlacht hatte man die ganze Tragweite der Verletzungen erkannt, die der Imperator sich im Zweikampf mit dem Chaoslord zugezogen hatte. Sowohl die verfluchten Waffen, als auch die Dornen des Lords hatten etwas Übles angerichtet. Den Heilern fiel es sehr schwer die Wunden zu schließen. Doch Molly Witchblade war sich sicher, dass der Imperator wieder zu Kräften kommen würde. Vielleicht half es sogar, wenn sie das Tor vernichteten. Man wusste bei den üblen Chaoszaubern nie, mit was sie wirklich zusammen hingen. Sie wand sich um und ging zu Duncan Idaho, der sich mit einigen seiner Männer besprach. „Wir sind nun nahe am Tor“, meinte sie nur. Duncan Idaho nickte. „Ja, nicht weit von hier wurden wir das erste Mal vom Chaos abgefangen. Wir werden hier rasten und morgen zum Tor vorstoßen.“ Molly neigte den Kopf. „Dann werde ich mich ausruhen. Morgen werden wir alle Kraft brauchen, die wir aufbringen können.“

„Los! Vorwärts Männer!“ Gavin sprang über die ersten Erdwälle der Befestigung. Es hagelte Pfeile, doch sie waren schlecht gezielt und niemand wurde getroffen. Die dritte und fünfte Legion stürmte den ersten Verteidigungsring um das Portal. Die Verteidigungsanlagen waren natürlich darauf ausgerichtet einen Angriff vom Portal abzuwehren nicht einen Angriff zum Portal. Die strategischen Fähigkeiten der Errants in Ehren, aber hier hatten sie einen folgenschweren Fehler begangen, stellte Gavin für sich fest. In einer Zangenbewegung griffen die beiden Legionen von Nordosten und Südosten die Anlage an. Sie hatten auf einen Pfeilhagel ihrer Bogenschützen verzichtet und waren so noch näher heran gekommen, bevor sie entdeckt worden waren. Nun brach die Hölle um sie los. Verschiedene Gruppen der Errants lösten sich aus der Verteidigung und versuchten den plötzlich Angriff in ihrem Rücken abzuwehren. Gavin hielt nach einem der Magier Ausschau. Es dauerte einen Augenblick bis er einen von ihnen sah. „Los, gib das Signal. Sofort!“ brüllte er ihm zu. Dieser nickte nur und schloss kurz die Augen.

Taker zog sein Schwert und packte das schwere Dreiecksschild fest in die Linke. „Für die Ordnung. Für das Imperium! Für den Imperator“ rief er und machte den Schritt durch das Portal. Die Truppen folgten ihm. Anstatt in einem Hagel von Pfeilen zu landen, fand sich Taker im Schlachtgetümmel wieder. Die dritte und achte Legion hatten es tatsächlich geschafft. Der Abwehrring war zerbrochen. Um ihn herum strömten seine Krieger aus dem Portal. Er wies drei Kohorten Stahlwölfe nach Westen, dort war der Widerstand noch am Größten. Taker versuchte sich einen Überblick zu verschaffen. Doch überall waren Kämpfe im Gange. Hier blieb die Taktik auf der Strecke und es zählte nur noch der Kampf Mann gegen Mann. Taker packte sein Schwert und stürmte mit seiner persönlichen Kohorte ebenfalls nach Westen. Dort würde es noch genügend zu tun geben.

Ächzend stemmte sich der Imperator von seinem Krankenlager und setzte sich auf. Einer der Heiler kam sofort herbei geeilt und wollte ihn wieder sanft auf das Lager drücken. Bigfoot hob abwehrend die Hand. „Schickt nach einem meiner Adjutanten. Ich möchte die neusten Nachrichten hören.“ Der Heiler nickte, doch seinem Gesicht war deutlich anzusehen wie es ihm missfiel, dass der Imperator sich anstrengte. Bigfoot blickte auf seinen linken Arm. Durch die dicken Verbände sickerte Blut. Platschend fiel ein Tropfen auf den steinernen Boden unter ihm. Er fühlte sich schwach. Der Blutverlust der eigentlich nicht so schweren Wunden machte ihm zu schaffen. Dabei hatte er den Chaoslord ziemlich gründlich erledigt. Aber irgendeine Boshaftigkeit ließ seine Wunden nicht richtig heilen. Zumindest seine Wunden im Gesicht hatten sich inzwischen geschlossen. Es ging voran. Aber es dauerte zu lange. Bigfoot blickte wütend auf seine Verbände. Er sollte bei seinen Männern sein. Doch er lag hier und musste nun auf Nachricht von den Schlachtfeldern warten. Er glaubte bald wahnsinnig zu werden, während er wartete. Schließlich erschien einer seiner Herolde. „Berichte mir was es Neues gibt“, befahl der Imperator. Der Herold räusperte sich. „Das Portal auf der düsteren Insel ist erobert, mein Imperator. Der kombinierte Angriff von zwei Seiten hat die Errants überrascht. Sie hatten keine Chance.“ Der Imperator nickte zufrieden. „Die letzten Nachrichten von der Chaosinsel sind schon älter. Seit gestern haben wir nichts mehr von den Legionen dort gehört. Sie befanden sich kurz davor, das Chaosportal anzugreifen. Wie sie es anschließend zerstören wollen, ist nicht bekannt.“ Bigfoot befahl dem Herold mit einem Wink sich zu entfernen. Erschöpft lehnte der Imperator sich zurück. Nun das waren halbwegs gute Nachrichten. Wenn die Ordnung ihnen weiterhin beistand würde die Terrorherrschaft der Errants bald enden. Outpost war die letzte Station dieses Kampfes. Wenn diese Stadt fiel, war der Krieg gewonnen. Was den Kampf gegen das Chaos anging. Dieser Kampf würde nie enden. Aber eine Schlacht hatten sie mit Sicherheit für sich entschieden. Nun stellte sich noch die Frage, ob in diesem Land weitere Schlachten gegen das Chaos folgen würden, oder ob man dem ein Ende bereiten konnte.

Solidar und Gavin blickten in das Tal. Es regnete unentwegt. Doch selbst der tiefe, schwarze Schlamm hatte sie diesmal nicht aufhalten können. „Outpost, Hauptstadt der Errants“, flüsterte Solidar fast schon ehrfurchtsvoll. „Es wird Zeit, dass wir dem ein Ende bereiten“, stellte Gavin fest und klopfte Solidar auf die gepanzerte Schulter. „So sei es“, erklang hinter ihnen eine Stimme. Als sie sich umschauten, stand Taker hinter ihnen. „Schon bald werden nur noch Ruinen von dieser Stadt übrig bleiben. Nie wieder soll diese Stadt als Hort für das Chaos dienen.“ Im Tal wurde bereits gekämpft. Die Errants versuchten verzweifelt den Belagerungsring zu brechen. Aber den knapp sechs Legionen hatten die geschwächten Errants nichts gleichwertiges entgegen zu setzten. Schweres Belagerungsgerät wurde herangeschafft und in Stellung gebracht. Es dauerte nicht lange, da waren die ersten Breschen in die Mauern der einst angeblichen, uneinnehmbaren Stadt Outpost geschlagen. Einer der Tortürme stürzte krachend in sich zusammen und riss viele Errants mit sich. An zwei weiteren Stellen hatten Belagerungstürme einen Brückenkopf auf den Mauern errichtet. Dort stürmten nun die ersten Truppen der Ordnung gegen die Errants an. Als es den Rammen schließlich gelang eines der Tore zu sprengen, befahl Taker den Sturm der Stadt.

Solidar duckte sich im letzten Augenblick. Zwei Pfeile pfiffen über ihn hinweg und zerbrachen an der Hauswand hinter ihm. „Verfluchte Bastarde“, knurrte Solidar und hechtete auf die andere Straßenseite. Inzwischen mussten sie sich Gasse um Gasse, Haus um Haus vorwärts kämpfen. Der verzweifelte Widerstand der Errants schien unerklärlich. Größer als die Angst vor dem Tod, schien ihre Angst vor ihrem Anführer zu sein. Solidar konnte nur mutmaßen, doch vielleicht wussten sie nichts von der Niederlage des Chaoslords. Somit war Click für sie immer noch der große Anführer mit unaussprechlicher Macht, der für das Chaos steht, welches alles verschlingt. Selbst Hartgesottene Errants konnten sich sicher etwas anderes vorstellen, als auf ewig in den Reihen des Chaos zu dienen. Offensichtlich glaubten sie allerdings daran, dass ihnen noch ein sehr viel schlimmeres Schicksal blühen würde, wenn sie sich unter den Augen ihres Anführers ergaben. Vier der sechs Legionen hatten die Stadt gestürmt. Aber immer noch gab es in der ganzen Stadt viele Widerstandsnester. Nur zwei Legionen waren bisher tiefer in die Stadt vorgedrungen. Doch langsam schoben sich die Truppen der Ordnung zum Stadtzentrum vor.

Solidar winkte seiner Kohorte zu. Die Männer kamen näher und er gab ihnen Befehle. Vor ihnen gabelte sich die Gasse. Wie ein kleines Schiff ragte zwischen den Gassen ein altes Gasthaus hervor. Dort warteten die Bogenschützen auf sie. Vier Armbrustschützen gingen in Stellung. Zur gleichen Zeit packten fünf Mann ihre breiten Schilder fester. Solidar holte tief Luft. „Los!“ befahl er. Die Schützen feuerten ihre Bolzen mehr blind auf die Fenster des Gasthauses. Klirrendes Glas zeugte davon, dass einige Fenster getroffen wurden. Zur selben Zeit sprang Solidar mit den fünf Männern aus der Deckung und lief über die Gasse. Sie waren fast am Gasthaus angekommen, als der oder die Bogenschützen wieder das Feuer eröffneten. Ein Pfeil traf den Krieger rechts von Solidar. Stöhnend knickte er ein. Doch die Wunde war nicht gefährlich. Zwei seiner Kameraden schleiften ihn weiter. Keine Sekunde zu spät erreichten sie die Pforte des Gasthauses. Solidar schickte zwei seiner Männer in den Gastraum. Er und ein weiterer Krieger erklommen die schmale Treppe in das Obergeschoss. Schon auf halber Strecke warf sich ihnen ein Errant entgegen. Ein schlichter Langdolch diente ihm als Waffe. Ehe sich der Errants versah, hatte der Krieger vor Solidar ihm sein Schild entgegen gerammt und der Langdolch des verdutzten Errant zerbrach. Erschrocken hob der Errant die Hände. Solidar war überrascht. Bisher hatte sie noch keine Gefangenen gemacht. Die Errants hatten sich schlicht nicht ergeben. „Bitte, lasst mich am Leben. Ich werde Euch auch helfen, “ winselte er leise. Dann deutete er auf das rechte Zimmer im ersten Stock. Solidar stieß den Errant die Treppe nach unten, wo er von seinen Männern in Empfang genommen wurde. Er und der andere Krieger schlichen weiter die Treppe empor. Sie wollten gerade die Tür des Zimmers eintreten, da öffnete sie sich von selbst. Der Tritt, der auf die Türe gezielt hatte, traf den Errant mit voller Wucht in den Unterleib. Er taumelte zurück, fing sich aber am Fensterrahmen wieder ab. Das satte Geräusch zweier einschlagender Bolzen ertönte. Wie vom Donner gerührt blieb der Errant einen Augenblick stehen, dann fiel er seitlich zu Boden. Die Armbrustschützen unten auf der Gasse hatten ein gutes Auge bewiesen.

Solidar ging wieder nach unten und packte den Errant. „Sind noch mehr hier? Sprich!“ Der Errant schüttelte ängstlich den Kopf. „Nein, nein. Wir waren allein. Es wurde kein Angriff über diese Gasse erwartet.“ Solidar runzelte die Stirn. „Wie weit kommen wir hier ohne gesehen zu werden?“ fragte er und rüttelte den Errant. „Ich, ich weiß es nicht genau. Vielleicht bis zum Hauptplatz.“

Der Schweiß rann Molly über das Gesicht. Wie lange kämpften sie nun schon? Einen Tag? Länger? Sie hatten nur wenige Stunden gehabt um sich auszuruhen. Sie kämpften inzwischen regelrecht in Schichten. Immer wieder rannten Horden von Chaosgeschöpfe auf ihre eilig errichteten Stellungen. Das Chaos wollte das Tor nicht so einfach aufgeben. Sie waren fast bis zum Tor vorgestoßen, doch dann waren immer neue Horden durch das Tor gekommen. Es waren keine starken Geschöpfe, aber auf Dauer reichte es aus. Zweimal waren sie fast überrollt worden. Die schiere Masse dieser Tiermenschen und verkommenen Hundewesen schien sie hinweg fegen zu wollen. Molly schoss einen weiteren Feuerball auf ein Rudel der Chaoshunde und ließ sie im Feuer vergehen. Ihre Stirn pochte von der Anstrengung. Der Schweiß lief ihr in Sturzbächen über den Körper. Es war Zeit sich einen Augenblick auszuruhen. Sie winkte einen ihrer Zauberweber herbei, damit dieser ihre Position übernehmen konnte. Wankend ging sie tiefer in die Ruinen, die sie nahe dem Tor entdeckt hatten. Sie lagen auf einer kleinen Anhöhe und mochten einmal ein Gutshof gewesen sein. Jetzt diente er ihnen als Schutz. Vom Fuß der Anhöhe erklang unentwegt das Klirren der Schwerter und die Schreie der Krieger. Sie setzte sich in einer Ecke nieder und schloss erschöpft die Augen. Auch der Lärm der Schlacht konnte sie nicht davon abzuhalten, einzuschlafen.

Tatsächlich gelangten über die Gasse mehrere Kohorten ohne aufgehalten zu werden, bis zum Hauptplatz. Anstatt dort aber auf heftigen Widerstand zu treffen schien alles verlassen. Die Truppen durchsuchten jedes Gebäude um den Hauptplatz. Ab und zu griffen sie einen Errant auf, aber niemand wusste wo Click geblieben war. Eigentlich gab es kein Entkommen aus der belagerten Stadt. Mehrmals hörte man jedoch Gerüchte. Eines besagte, dass der Errant Anführer unter den Gefangen sei, denn kaum hatten die Truppen der Ordnung den Palast gestürmt, war der restliche Widerstand zusammen gebrochen. Andere Gerüchte wussten von der Flucht Clicks durch geheime Tunnel zu berichten. Wieder andere glaubten, er sei schlicht vom Chaos verzehrt worden, für all seine Untaten. Was genau mit ihm geschehen war, konnte jedoch nie geklärt werden. Der Errant Krieg war jedoch ein für allemal vorbei.

Wieder ging ein Chaoshund zu Boden. Duncan Idaho hob den Hammer des Lichts und holte erneut aus. Er kämpfte nun seit Stunden ohne Pause. Der Hammer schien ihn mit seiner Kraft zu stärken. Doch wie lange konnten sie so noch standhalten, fragte er sich. Immer mehr seiner Männer waren verwundet. Die Zauberweber verausgabten sich und schienen schwächer zu werden. Sie mussten aus dieser Belagerung ausbrechen. Für sie konnte es nur noch ein Ziel geben. Duncan zog sich vom Schlachtfeld zurück und erklomm die Anhöhe. Hier ruhten sich seine Männer aus. Er suchte Molly Witchblade. Sie war damit beschäftigt einige Verwundete zu versorgen. „Du solltest die ausruhen Molly“, sprach er sie an. Molly wand sich um und lächelte. „Es gibt zuviel zutun.“ Duncan nickte. „Es wird bald noch mehr zutun geben. In einer Stunde brechen wir aus. Wir müssen das Tor erreichen. Koste es was es wolle. Hier bleiben können wir nicht.“ Molly Witchblade strich sich über ihre grüne Robe, die inzwischen einige Risse davon getragen hatte. Schließlich nickte sie. „So soll es denn sein. In einer Stunde.“

Duncan Idaho hatte das Banner der Stahlwölfe in der Hand. Er stand auf der Anhöhe und starrte das Chaostor an. Es hatte etwas Eigentümliches an sich. Eigentlich wollte man nicht lange in der Nähe eines solchen Dinges sein. Sie waren mit Sicherheit schon viel zu lange hier. Wer wusste schon, was für einen Einfluss es auf sie haben würde. Er blickte auf den Hammer in seiner Rechten. Würde er genügen, um das Tor in seinen Grundfesten zu erschüttern? Duncan hoffte es. Vielleicht half ihnen auch die Macht der Zauberweber. Doch zuvor mussten sie das Tor erreichen. Duncan blickte nach rechts. Molly Witchblade starrte ebenso ernst auf das Chaostor. „Bereit? “ fragte er. Molly nickte nur und begann die Lippen zu bewegen. Ein leises Murmeln erhob sich. Die anderen Zauberweber stimmten mit ein. Duncan packte den Hammer des Lichts und ging die Anhöhe hinab. Zwei Kohorten standen bereit ihm zu folgen. Plötzlich schlugen Blitze aus dem Himmel. Die Zauberweber hatten ihr Werk begonnen. Überall fielen die Chaoskreaturen. Die Bewacher des Chaostores zerfielen oftmals zu Asche. „Vorwärts! Für die Ordnung!“, brüllte Duncan und setzte sich in Bewegung. Wie ein Keil pflügten sie durch die Linien der Chaosanbeter. Duncan schlug nach allem vor sich. Der Hammer schnitt durch Arme und Beine, Dornen und verzerrte Leiber des Chaos. Er glühte hell auf, er schien eine Fackel zu sein, heller als alle Blitze um sie herum. Sie gelangten am Fuß des Tores an. Die schwarzen Stufen aus verfluchtem Granit schienen sich vor ihnen zurück zu ziehen. Duncan Idaho betrat sie trotzdem. Den Hammer weiter schwingend, denn weiterhin traten Chaosgeschöpfe durch das Tor. Seine Männer deckten ihm den Rücken. Die Blitze schossen unaufhörlich aus dem Himmel. Doch nun schlugen sie immer öfter im Tor ein. Schon stoben Funken und kleinere Gesteinsbrocken vom Tor weg. Haudünne Risse bildeten sich, nur um sich wie bei einem Lebewesen gleich wieder zu schließen. Duncan zerschmetterte erneut einen Chaoskrieger. Gelbes Blut spritze umher und verätzte alles. Dampf stieg von den ätzenden Stellen auf Duncans Brustpanzer auf. Doch er ließ sich nicht aufhalten. Schließlich stand er vor dem Tor. Ein seltsamer Wirbel bildete die Pforte durch das Tor. Immer wieder schienen Gesichter darin zu erscheinen. Schrecklich verzehrt oder auch wunderbare Schönheiten. Sie alle lockten ihn. Ein Wispern versuchte ihn zu sich zu ziehen. Mehrmals leckten aus dem Wirbel Arme hervor und griffen nach Duncan. Doch die Aura des Hammers ließ sie zurückweichen. Duncan holte aus. „Für die Ordnung! Für das Imperium!“ und schlug mit voller Wucht auf den Boden zu Füßen des Tores. Ein Donnern erhob sich und tiefe Risse bildeten sich im schwarzen Gestein des Tores. Duncan trat einen Schritt zurück und sah wie sich die Risse ausbreiteten. Der Wirbel begann zu flackern. Weitere Blitze brachten den Torbogen schweren Schaden bei. Es dauerte einen weitren Moment, dann stürzte ein Teil des Torbogens in das Tor und wurde vom Wirbel verschluckt. Ein vielstimmiger Schrei ertönte und wieder griffen Klauen aus dem Wirbel. Doch Duncan entfernte sich schnell. Der Wirbel schien zu schrumpfen. Wurde kleiner und kleiner, bis er nur noch die Größe einer Münze besaß. Ein Ächzen ging durch das Land, dann erhob sich ein Sturm. Ein helles Licht erschien dort, wo bis vor kurzem der Wirbel gewesen war. Von dort breitete sich der Sturm aus und warf alle Krieger zu Boden. Als sie sich wieder aufrichteten, war vom Chaostor nichts geblieben, außer ein paar schwarzen Steinbrocken.


Die imperiale Provinz

Tanelorn erstrahlte in seiner vollen Pracht. Die Schäden der Belagerung waren bereits behoben. Alle Banner des Imperiums wehten auf den Mauern der Stadt. Immer wieder war Jubel in den Straßen zu hören. Tanelorn brummte wie ein Bienenstock. Aus allen Teilen des Landes waren Schaulustige und Reisende gekommen. In jeder Gasse schien ein eigener Markt eingerichtet zu sein. Der Platz um den Baum des Lebens war voller Leute. Das Symbol der Ordnung war überall. Man konnte es sogar als Anhänger bei fast jedem Straßenhändler erwerben. Bigfoot blickte zufrieden über die Massen, als er aus der Kirche der Ordnung trat. Nach der kleinen Zeremonie der Priester der Ordnung, war es nun Zeit eine Rede zu halten. Ein leichtes Ziehen erinnerte ihn noch an die Wunden im seinen Arm. Doch nachdem das Chaostor zertrümmert worden war, schien auch das Gift aus ihm zu weichen. So war er schnell wieder zu Kräften gekommen. Flankiert von zwei Leibwachen der Stahlwölfe trat der Imperator in seiner Prunkrüstung vor die Schaulustigen, Reisenden, Diplomaten, hohen Gäste und andere Zuschauer. Die Sonne spiegelte sich im Glanz der frisch polierten Rüstungen. Es wurde still auf dem Hauptplatz und kurze Zeit war nur das Flattern der Banner über ihren Köpfen zu hören. Dann erhob Bigfoot, der Imperator des ewigen Imperiums der Ordnung die Stimme. „Hört mich an, Volk von Carnage. Dies ist Eure Stunde! Die schweren Schlachten gegen das Chaos und ihre Diener sind geschlagen. Wir haben gesiegt und das Chaos aus diesem Land getrieben.“ Jubel erhob sich über den Platz. Einige Zuschauer warfen weiße Blumen auf die Treppe auf der Bigfoot stand. „Nie wieder wird das Chaos dieses Land beflecken. Von nun an steht Carnage unter dem Schutz des ewigen Imperiums der Ordnung. Ich ernenne hiermit Carnage zur Provinz Carnage des ewigen Imperiums, mit Tanelorn als seine Hauptstadt.“ Wieder brach Jubel los. „Die achte Legion unter dem Kommando des ehrenvollen Ruffles wird diese Provinz vor allem Übel beschützen. Nie wieder wird das Chaos einen Fuß in dieses Land setzten. Wir werden sie zerschmettern und zurück in die Zwischenwelten treiben. Der Sieg gehört der Ordnung!“ Fast endlos erschallte der Jubel. Es war der Beginn eines der größten Volksfeste die das Land seit Jahrzehnten gesehen hatte.

In den folgenden Wochen schlossen sich viele weitere, bis dato unabhängige Städte und Landstriche der Provinz an. Die Herren der Ordnung gründeten zudem weitere Ortschaften und Städte. Eine neue Zeit war für Carnage angebrochen. Aber es war auch die Zeit um Abschied zu nehmen. Die Expeditionstruppen sehnten sich nach ihrem Zuhause. Dem Imperator ging es ähnlich. Lange waren sie der Ewigen Stadt fern geblieben. Nun war es Zeit zurück zu kehren. Zwei Monate nach dem großen Sieg über das Chaos, übertrug der Imperator das Kommando über die Provinz Carnage an Ruffles. Die Expeditionstruppen machten sich mit einer ganzen Flotte von Schiffen auf die Heimreise.

Als sie die Tore der Ewigen Stadt durchquerten wurden sie vom Volk mit lauten Hochrufen begrüßt. Die Kunde über den Sieg gegen das Chaos und die Gründung der neuen Provinz hatte die Ewige Stadt natürlich schon lange vor den Heimkehrern erreicht. Nun ritt der Imperator auf seinem schönsten Pferd durch die Tore der Stadt. Ihm folgten die siegreichen Legionen des Imperiums. Direkt hinter dem Imperator marschierte die erste Legion des Imperiums, die Stahlwölfe in ihren polierten Prunkrüstungen. Dahinter folgten die dritte und fünfte Legion. Weitere Truppen schlossen sich dem Zug an. Immer wieder scherten Krieger aus und umarmten stürmisch einen Verwandten oder die geliebte Frau, welche am Straßenrand voller Freude über die Rückkehr auf sie warteten. Als sie den Platz vor dem Palast der Ordnung erreichten regnete es Blumen von den Balkonen. Es war ein Schauspiel, wie es die Ewige Stadt noch nie gesehen hatte. Auf den Stufen des Palastes warteten die Statthalter auf ihren Imperator, um ihm erneut die goldenen Schlüssel der Stadt zu überreichen.

Der Imperator ward heimgekehrt. So endet die Chronik über die Carnage Expedition.

Möge die Ordnung mit Euch sein!