Chronik des Ewigen Imperiums der Herren der Ordnung

Von Robin Haseler alias Gavin Darklighter

           

           


Inhalt:   Das Turning der Gedanken
            Die Schar der Ordnung
            Elfen und Menschen
            Der Ruf der Ordnung und des Allvaters
            Der Drachenstecher und die Grundsteinlegung
            Der Drachenstecherthron
            Die ewige Stadt
            Ein Teufel aus der Wüste
            Die Zauberweber
            Die Audienz
            Sturm am Horizont
            Nachricht aus dem Norden
            Aufbruch
            Der erste Feldzug der Ordnung
            Willkommen im Norden
            Die Hauptstadt Korgamat
            Auf in den Kampf
            Die Schlacht bei den zwei Gebrüdern
            Die Belagerung von Korgamat
            Schlacht am Barea
            Sturm auf die Festung
            Der Heimweg
            In der ewigen Stadt
            Das Imperium der Ordnung
            Vorzeichen
            Die Strafexpedition
            Coven
            Entscheidungen
            Ein neuer Imperator

 
 

(Buch: Die Gründungszeit)

Das Turning der Gedanken

Es kam die Zeit nach der großen Wende, da begab es sich, dass zwei einsame Elfen des Weges kamen. Zwei Krieger von hohem Geblüt, ausgezogen Ehre und Ruhm zu erlangen und den Namen der vergangenen Elfenreiche wieder herzustellen. Die Namen der beiden Elfen waren Baladnaran und Sindar Eltwyn. Beide bewegten sich wie Schatten durch die Wälder Aerynths und machten auf alles Jagd, was sich ihnen in den Weg stellte, oder Ruhm und Ehre versprach. Doch mit den Jahren ihrer Wanderung kam auch Erkenntnis und Weißheit. Eines Nachts, die beiden Elfen hatten gerade erfolgreich einen kleinen Orktrupp überfallen und sich nun an ein kleines Feuer zurückgezogen. Hoch oben auf einem Berg, in einer kleinen Höhle, wärmten sie sich am Feuer und begutachteten ihre Beute. Die Orks hatten ein Dorf der Menschen geplündert und dort einige schöne Broschen gestohlen. Nun lagen diese im Feuerschein vor Baladnaran und Sindar. Nicht das es die zwei Elfen gestört hätte, dass die Orks das Menschendorf niedergebrannt hatten. Immerhin waren die Menschen nichts als Sklaven der Elfen gewesen, bevor sie sich erhoben hatten. Durch die Erziehung, die alle Elfen im Grunde erhielten, waren die Menschen für Baladnaran und Sindar nichts weiter als wilde Barbaren, welche sich ein Stück Elfenkultur abgeschaut hatten und nun behaupteten die wahren Kinder des Allvaters zu sein. Doch diese Broschen im Feuerschein zeichneten ein neues Bild der Menschen. Zumindest erschien es den beiden Elfen so als sie plötzlich darüber zu sprechen begannen, wie solche Barbaren nur diese Kunstwerke herstellen konnten. In späteren Jahren konnten sich die beiden Elfen nie erklären, wie sie eigentlich zu diesem Gespräch gekommen waren, doch irgendwie schienen sie bei ihren Gedankengängen gelenkt worden zu sein. Sie sprachen noch die ganze Nacht darüber, bevor sie im Morgengrauen an der Glut des Feuers einschliefen.

Nach der erfolgreichen Jagd kehrten die Elfen zurück in ihre Enklave. Ein kleines Fürstentum der Elfen. Baladnaran stammte aus dem hohen Haus, welches dieses Fürstentum regierte. Als sie in der kleinen, aber stark befestigten Stadt ankamen, erreichten sie neue Nachrichten aus verschiedenen Regionen des Landes. Die Chaoshorden hatten wieder ein kleines Refugium der Elfen sowie zwei Handelsposten der Menschen überrannt. Trotz der Gefahr neuer Plünderangriffe einiger Chaoshorden bekämpften sich die Elfen weiter untereinander und jeder Fürst, Prinz oder wie er sich auch immer nannte, versuchte sich als neuen König auszurufen. Betrübt über diese Nachrichten brachten die beiden Elfen ihre Beute zum Baum des Lebens, welcher das Zentrum der Stadt bildete. Schon länger war die Tradition entstanden, eine Trophäe jeder Jagd dort niederzulegen. An diesem Tag waren es die Hauer der erschlagenen Orks, welche Baladnaran und Sindar niederlegten. Noch lange standen die Beiden schweigend vor dem Baum des Lebens und betrachteten all die Trophäen, welche sie im Verlauf der Jahre hierher gebracht hatten. Inzwischen galten sie als große Jäger und Krieger in ihrem Volk, doch schien sich die Lage für die Elfen nicht zu verbessern. Beide dachten das Selbe und kehrten schon einige Tage später wieder in die Wälder zurück. Es schien ihnen inzwischen wie ein Fluch, die versprengten Chaoswesen von den Grenzen ihrer Heimat fern zu halten. Ein Fluch schien es zu sein, da immer neue Wesen nachströmten und in letzter Zeit auch immer mehr Menschen. Diese waren auf der Flucht vor marodierenden Kriegsherren und anderen Konflikten. Natürlich war die scheinbar ruhige Gegend um das Elfenreich da ein beliebtes Ziel. Immer häufiger stießen die Beiden auf kleine Flüchtlingscamps oder neue Siedlungen, in dem von ihnen geschaffenen Gürtel um ihre Grenzen. Es fiel ihnen auch immer schwerer die Menschen von dort zu vertreiben, ohne Jemanden zu töten.

Eines Nachts sprachen die Elfen wieder über ihre Lage und die Zukunft. Die Menschen hatten seit ihrem Erlebnis mit den Broschen am Feuer immer eine Rolle gespielt. Nun, da immer mehr Menschen in diese Region zu kommen schienen, konnten sie dieses Problem nicht mehr ignorieren. Die wenigen Waldläufer die ebenfalls an den Grenzen patrouillierten konnten die Menschen nicht zurückschlagen. Aber ein ausgewachsener Krieg gegen diese unbewaffneten Flüchtlinge schien den Beiden nicht angebracht. Auch wenn es ihre Erziehung ihnen schwierig machte es zuzugeben. Inzwischen waren sie durch viele Besuche in Dörfern und Flüchtlingslagern zu der Ansicht gekommen, dass die Menschen durchaus ein Recht hatten neben den Elfen zu leben. Nach und nach hatten es die beiden Elfen sogar gewagt die Menschen auszufragen. Diese hatten zwar mit Misstrauen reagiert aber bereitwillig über die Ereignisse berichtet die sie vertrieben hatten. Es war diese Nacht, als Baladnaran diese Gedanken erstmals wirklich aussprach und natürlich stimmte Sindar ihm zu. Sie diskutieren noch länger über ihre Lage, doch nach und nach wurde eines immer klarer. Die Beiden sahen die Lösung ihrer Probleme in einem Bündnis zwischen Elfen und Menschen. Gemeinsam, so groß die Unterschiede auch sein mochten, konnten sie die gesamten Chaoshorden in der Region vertreiben. Jedes Orkdorf ausrotten und die Grenzen sicherer machen. Alles was die Familie von Baladnaran zutun hatte, war den Menschen wohnrecht in ihrem Reich zu erteilen. Sindar war der Ansicht, beide Seiten würden sich schnell aneinander gewöhnen und sich bald mehr brauchen als sie sich hassen konnten.


Die Schar der Ordnung

Begeistert von ihren Plänen kehrten die beiden zurück in ihre Stadt und verkündeten die Idee. Doch am Hofe der herrschenden Familien fand dieser Gedanke, mit den niederen Menschen einen Pakt einzugehen, wenig Freunde. Man munkelte schnell, die zwei Helden seien dunklen Kräften verfallen oder zumindest würden sie durch das Chaos beeinflusst um das Elfenfürstentum ins Unglück zu stürzen. Der Wald habe sie verändert, behaupteten einige, vor allem die Elfen, welche ausschließlich in den Städten lebten und dort ein behagliches Leben in ihren hohen Türmen den Vorzug gaben. Niemand bedachte, wer in den letzten Jahren im Besonderen die Grenzen des Landes beschützt hatte. Nun waren die Beiden ihres ganzen Ruhmes und all ihrer Ehre beraubt. Der Fürst lehnte nach langen Diskussionen den Vorschlag ab, auch wenn er, wie er zugab, die militärischen Chancen eines solchen Paktes erkannte. Die einflussreichen Familien und seine Erziehung ließen ihn zu keinem anderen Schluss kommen, als die Meisten anderen in der Bevölkerung. Die Menschen konnten und würden niemals Verbündete der Elfen sein.

Es überraschte die beiden Elfen noch viele Jahre danach, dass sie trotzdem standhaft blieben und ihre Idee fortführten. Anstatt wieder in die Wälder hinaus zu ziehen, blieben sie erst einmal in der Stadt. Fünf Monate lang leisteten sie trotz aller Gerüchte und Verleumdungen Überzeugungsarbeit und es wuchs eine kleine Schar von Anhänger um sie heran. Zumeist ebenso Waldläufer und Krieger wie sie selbst, welche schon mit Menschen in Kontakt gekommen waren und diese nicht nur aus den Büchern und schrecklichen Geschichten der Vorväter kannten. Im sechsten Monat ihrer Anwesenheit war der Fürst erneut gezwungen sich mit ihren Ideen zu beschäftigen. Inzwischen hatte sich eine stattliche Gruppe von vielleicht fünfzig Waldläufern und Kriegern um Baladnaran und Sindar gesammelt. All diesen Elfen konnte das Fürstentum natürlich kein Vertrauen mehr schenken. So war zumindest die Ansicht des Volkes und vor allem der herrschenden Schicht. Doch da vor allem die Grenzschützer in den Reihen der neuen Außenseiter zu finden waren, ergaben sich für den Fürsten große Probleme. Immer öfter gelang es Chaoshorden in den inneren Grenzbereich des Reiches einzudringen. Nun war sogar einer der kleinen Vorposten im Norden geplündert worden. Doch die Sitten verboten es dem Fürsten all diese Waldläufer um Baladnaran wieder auszusenden um dieser Gefahr zu begegnen. Dies hätte seine eigene Position in der Hierarchie des Landes gefährdet und seinen Rivalen Angriffsfläche geboten. Allein dem familiären Status verdankten der beiden Außenseiter ihr Überleben der letzten Monate. Doch nun war der Fürst gezwungen zu handeln. Nach langen Beratungen fand er einen Weg in den Gesetzbüchern, wie er sowohl die Aufrührer loswerden konnte, ihre Forderungen erfüllte und obendrein noch die Chaoshorden besiegt werden würden. Er rief die beiden Elfen zu sich und erklärte ihnen seine Entscheidung. In einer langen Rede in seinem Thronsaal erkannte er die Ideen der Beiden als „militärisch“ weise Entscheidung an, weigerte sich aber eine gemischte Gesellschaft zu erlauben. Lang und breit lies er sich über die Gefahren dieser Idee aus und erklärte, sein Volk dieser Gefahr nicht aussetzen zu wollen. Dann kam er zum wesentlichen Punkt seiner Rede. Die kleine Schar um Baladnaran und Sindar sollte ausziehen und ihre Idee erproben. Im Kampf als auch im Zusammenleben. Er gewährte dieser kleinen Gruppe das Recht auch Menschen in ihre Reihen aufzunehmen, sollten diese den Wunsch dazu verspüren den Elfen im Kampf gegen das Chaos beizustehen. Auf ihrem Weg der Erprobung und Prüfung dieser Idee sollten sie jegliches Chaos beseitigen und die Ordnung ins Land bringen. Baladnaran verneigte sich tief und dankte seinem Fürsten für die weise Entscheidung. Schließlich sagte er: „Dann lasst uns aufbrechen. Wir werden das Banner der Ordnung über alles Chaos halten und den Feind vernichten!“ So zogen wenige Tage später fast achtzig Elfen nach Norden, in den Kampf gegen das Chaos. Sindar persönlich trug die Standarte mit dem Banner der Ordnung und neben ihm marschierte Baladnaran, die Lanze fest im Griff.


Elfen und Menschen

Bald schon traf die Schar der Ordnung auf die ersten Ausgeburten des Chaos und sie vertrieben diese ohne Verluste. Eigenhändig nahm sich ihr Anführer den Lord der kleinen Gruppe Untoter vor und besiegte diesen in einem spektakulären Zweikampf. Zuletzt rammte Baladnaran seine Lanze mit einem Krachen durch den Panzer des halb verwesten untoten Lords und warf ihn zu Boden. Sie hatten ihre erste Feuertaufe gemeistert und sich dabei sehr gut geschlagen. Doch wie Sindar zu bedenken kam, würde es weitaus schwieriger werden, die Menschen von ihren Absichten zu überzeugen. Das uralte Misstrauen der Rassen konnte nicht so leicht weggewischt werden und es konnte schlimmstenfalls ein noch härterer Kampf mit der Gesellschaft der Menschen bevorstehen, als es schon bei den Elfen der Fall gewesen war. Doch Baladnaran zeigte sich zuversichtlich und so zogen sie in die Richtung eines größeren Dorfes der Menschen. Sie entschieden sich jedoch zuerst in gebührendem Abstand zu lagern, damit die Menschen sie nicht bemerkten. Dann zogen immer wieder kleine Gruppen von Elfen um das Dorf und jagten nach jeder Gefahr für die Menschen. So vergingen Wochen, bevor die ersten Menschen überhaupt begriffen, dass es sehr ruhig in ihrer Region geworden war. Nur die immer öfteren Sichtungen von angeblichen Elfen, welche durch die Schatten der Wälder huschten, machten die Runde. Erst einige Wochen später tauchte tatsächlich ein einzelner Elf auf. Er überbrachte eine Grußbotschaft und selbige war ohne jegliche Warnung oder Drohung geschrieben. Die Menschen verstanden dies nicht, stimmten aber dem Wunsch der Elfen zu, in ihrer Nähe zu bleiben. Inzwischen hatten sie natürlich begriffen, dass die Elfen mehr oder weniger die Wachen spielten. Als Gegenleistung gestatteten es einige Menschen, dass die Elfen bei ihnen Waren einkauften und Beute verkauften. Ein recht lukrativer Handel entstand, der aber von vielen konservativen Menschen argwöhnisch und neidisch beobachtet wurde. Immer wieder kam es zu Protesten und sogar zu kleineren Übergriffen. Doch die Elfen schienen sich nicht vertreiben zu lassen und wurden nach einigen Monaten für viele zu einem vertrautem Bild in den Dörfern.

Nun wagten es auch langsam einige der mutigeren Menschen, die Elfen in ihrem Lager zu besuchen. Baladnaran begrüßte sie alle mit äußerster Freundlichkeit in einem kleinen Lager, vergaß aber nie den Menschen seine Ideen und Vorstellungen zu schildern. Fasziniert beobachteten die Menschen wie loyal diese Elfen ihrem Anführer folgten und an seine Idee glaubten. Sie brachten diese Kunde und die Ideen auch in die Dörfer in der Umgebung. In Tavernen und Schenken wurde genauso über die neue Entwicklung diskutiert wie auf dem Dorfplatz oder am Fluss beim Wäsche waschen. Natürlich bildeten sich auch hier schnell zwei Fronten. Die Zweifler und die Überzeugten. Auch hier waren viele vom alten Hass, den anerzogenen Vorurteilen und den durch alte Geschichten erzeugten Ängsten behaftet. Doch eine Gruppe von Menschen hatten diese überwunden und schloss sich der Schar der Ordnung an. So war Baladnarans Truppe schnell auf hundert Mannen angewachsen, mit denen er inzwischen weite Teile der Region von allem Übel befreit zu haben schien. Als die Arbeit in dieser Region getan schien und auch seine Ideen verbreitet waren, begann Baladnaran sich nach neuen Herausforderungen zu sehnen. Alle Menschen, die überzeugt werden konnten, waren überzeugt. Hier war nichts mehr zu erreichen. So entschloss er sich nach einiger Zeit mit seiner Schar der Ordnung aufzubrechen und neue Herausforderungen des Chaos zu suchen. Er lies eine kleine Botschaft am Rande des größten Dorfes der Region errichten. Den Turm der Ordnung, wie er ihn taufte. In diesem Haus mit einem kleinen Turm hinterlies er zwei Botschafter. Einen Menschen und einen Elfen. Sie sollten auch weiter seine Ideen verbreiten, bis er sein Ziel, ein vereinigtes Land von Elfen und Menschen, erreicht hatte. So zogen die Truppen um Baladnaran weiter, von den einen als Helden gefeiert, von anderen gefeiert, weil sie endlich verschwanden.

Die nächsten Monate stieß die Schar der Ordnung weiter in den Norden vor und machte dann einen Schwenk nach Westen. Immer öfter trafen sie auf Orkdörfer und Ruinen in denen Chaoswesen hausten. Dennoch blieben sie in jeder Schlacht siegreich und ihre Kraft, ihren Siegeswillen, schienen sie aus ihrem Glauben zu ziehen. Das Banner der Ordnung wurde über den Plätzen des Chaos gehisst, als ein neues Symbol für die Einigkeit zwischen den Rassen. Nach diesen großen Siegen und deren Kunde, die sich im Land verbreitete, erkannte Baladnaran, von seinen Anhängern inzwischen zum Kriegsherrn ernannt, die Chance neue Anhänger zu gewinnen. Er teilte seine Truppen auf, um sie in verschiedene Richtungen auszusenden. Sie sollten in ähnlicher Weise wiederholen, was sie schon einmal bei den Menschen getan hatten. Er ernannte einen aus der Gruppe der ersten Menschen unter seiner Führung zum Hauptmann einer Heereseinheit. Duncan Idaho wurde der Mensch genannt und er gab seiner Heereseinheit den Namen „Stahlwölfe“. Genauso ernannte er Cohinor Thelos zum Hauptmann und auch dieser übernahm die Führung über eine Heereseinheit. Auch ihm stand es frei den Namen seiner Truppe zu wählen und er taufte sie nach den legendären Steel Wind’s auf den Namen „New Steel Wind“. Diese beiden Truppen schickte er aus, bei ihren Völkern die Kunde zu verbreiten, dass es neue Hoffnung gäbe. Eine neue Idee, welche das Nahen des Chaos und die Wirren der Wende beseitigen könne. Er ernannte die Krieger unter sich zu den „Herren der Ordnung“ und sprach: „Ihr seit nun die Boten der Ordnung. Bringt sie in alle Teile der Welt und vertreibt das Dunkel und Chaos aus jedem Winkel. Verkündet die Idee und berichtet von den Herren der Ordnung, auf das wir das Chaos auf ewig zurückschleudern werden.“


Der Ruf der Ordnung und des Allvaters

Es dauerte über ein Jahr, bis die verschiedenen Gruppen der Ordnung wieder am selben Ort an dem sie sich getrennt hatten zusammen trafen. Sie hatten inzwischen die Kunde weit verbreitet und so manche Schlacht geschlagen. Nicht jede war von Erfolg gekrönt, doch inzwischen war doch allen Bewusst geworden, wie groß und unermesslich schwer es war, das Chaos zu bekämpfen. Längst waren die kleinen Horden von Chaosdienern kein Problem mehr, doch häufiger denn je stiessen sie auf größere Heere, angeführt von Lords und Kriegskönigen. Aber auch feindlich gesinnte Menschen und Elfen hatten die Herren der Ordnung in den Kampf gezwungen. Doch selbst eine Niederlage hatte den Glauben an die Ordnung nur noch stärker gemacht. Inzwischen war in den Reihen der Herren der Ordnung der Glaube an den Allvater wieder weit verbreitet und selbst die, die den Glaube nach der Wende verloren hatten, begannen wieder an die Ideale zu glauben. Der Allvater, auch wenn er sich von dieser Welt abgewandt hatte, war ein Teil der Ordnung. Er war einer der legendären Herren der Ordnung, der Gerechten, einer jener göttlichen Aspekte in denen sich das Prinzip der Ordnung äußert. So kam es, dass mit den zurückehrenden Heereseinheiten auch Gläubige und Priester, sowie Kreuzritter folgten. Mit ihnen wuchs der Wunsch die Kirche des Allvaters neu zu beleben und diese nichts, außer der Ordnung, zu unterwerfen. Der Wunsch wurde schon kurz nach dem ersten großen Treffen der Heerführer mit dem Kriegsherrn Baladnaran heran getragen und dieser stimmte dem Vorhaben zu. So gründete sich wenige Zeit später die Kirche des Allvaters, welche den Beinamen Kirche der Ordnung trug.

Doch das große Zusammentreffen brachte auch neue Entwicklungen mit sich. Viele neue Rassen waren in kleinen Gruppen den Hauptmännern und ihren Botschaftern gefolgt, um zu sehen ob es stimme, was sie da berichteten. So war aus dem kleinen Lager, in welchem der Kriegsherr auf seine Hauptmänner gewartet hatte, in wenigen Tagen ein großes Feldlager geworden. Baladnaran konnte es kaum glauben und fühlte sich wahrlich überfordert von der Aufgabe, die ihm das Schicksal aufgebürdet hatte. Er beschloss einen Boten zu seiner alten Heimat weit im Süd-Osten zu schicken und von seinen Erfolgen zu berichten. Der Reiter versuchte so schnell wie nur möglich seinen Auftrag zu erfüllen, dennoch war die Strecke sehr weit und so machten sich die Herren der Ordnung inzwischen auf und griffen eine Festung der Orks an, welche in den Bergen nordöstlich ihres Lager gelegen war. Den ganzen Morgen tobte die Schlacht und nicht wenige in den Reihen der Ordnung fanden den Tod, doch letztendlich wurde auch er letzte starke Orkchampion niedergeworfen und die Schlacht war entschieden. Bei diesem letzten großen Zweikampf auf dem Mauern der Festung hatte sich besonders ein Krieger ausgezeichnet und nach der erfolgreichen Schlacht wurde er von Baladnaran belobigt. So kniete der Krieger nieder und empfing die Belobigungen des Kriegsherrn, welche ihm eine höhere Aufgabe in ihren Reihen zuwies. Erst am Abend, bei der großen Siegesfeier blickte Baladnaran auf und überlegte kurz. Dann stand er auf und trat an den Krieger heran, den man an die Tafel der Hauptmänner geladen hatte. „Wie heißt du eigentlich? Ich hatte, wie mir scheint, völlig vergessen nach deinem Namen zu frage.“ Der Krieger blickte selbstbewusst zu Baladnaran, dann antwortete er: „Nennt mich Bigfoot, mein Herr.“ Baladnaran lächelte. „Ein ungewöhnlicher Name. Ich habe ihn noch nie zuvor gehört.“ Bigfoot seufzte, doch er lächelte bei seiner Antwort. „Der Name, den man mir aufgrund meines Stammbaumes verliehen hatte gehört zu einer anderen Zeit. Seit dem ich ausgezogen bin um das Chaos zu bekämpfen, habe ich den Namen angenommen, den mir meine Freunde im Kindesalter gaben. Ich nehme an, für die Familie des Schusters meiner Heimatstadt war meine Geburt ein Anlaß zu großer Freude.“ Die ganze Tafel lachte und von diesem Zeitpunkt gehörte Bigfoot ebenfalls zu den Beratern um Baladnaran. Denn der Kreis war gewachsen, seit immer neue Gruppen von Menschen, Elfen, Halbelfen, Zwergen und anderer Rassen zu ihnen strömten. Es war kaum noch möglich, diese große Gruppe an einem Ort verweilen zu lassen, denn schon längst zeichnete sich eine Knappheit an Versorgungsgütern ab.

Balandaran, Sindar und Tohen, ebenfalls einer seiner Berater und Hauptverantwortlicher der schwierigen Organisation der Versorgung und des Nachschubs, berieten lange, wie sie der neuen Entwicklung entgegen treten sollten. Ohne eine Lösung zu finden, verließen sie am Abend das Kommandozelt um einer neuen Attraktion beizuwohnen. Ein Künstler, Barde und Komiker hatte sich den Herren der Ordnung angeschlossen und gab nun seine erste Vorstellung zur Unterhaltung der Truppen. Natürlich wollte sich das kaum einer entgehen lassen und daher waren die Reihen der Zuschauer dicht gedrängt als Makabre mit seiner Darbietung begann. Als sie geendet hatte stand der Mond hoch am Himmel, doch die Jubelrufe des begeisterten Publikums schienen selbst vom Mond zurückgeworfen zu werden. Nach diesem Schauspiel spazierte Baladnaran zum ersten Mal seit langem wieder alleine durch die Wälder und überdachte seine Lage. Die Idee von der Sindar und er geträumt hatte, war in gewisser Weise Wirklichkeit geworden. Nun musste er warten wie sein Fürst in der alten Heimat reagierte. In Gedanken verloren wanderte er weiter und erklomm einen hohen Berg, um auf sein Lager herab zu sehen. Die vielen kleinen Feuerstellen die in der Nacht leuchteten, die Fackeln die herum getragen wurden und das leise Summen in der Ferne, unzählige Stimmen und Geräusche, ließen ihn innerlich frösteln. Was war aus ihm geworden? Ein neuer Heerführer wie es schon viele gegeben hatte. Hatte er nur eine neue Masche gefunden, die Leute für sich zu begeistern? In manchen Zügen seiner Leute glaubte er wahren Fanatismus zu erblicken. War dies das Ziel? Lange blickte er so über das Lager und dachte nach, doch er fand keine Antwort außer jener, seinen Weg fort zu setzen. Das Ideal und die Prinzipien der Ordnung würden ihm den Weg weisen, dachte er und wand sich vom Lager ab um den Berg hinab zu steigen. Gerade als er den Abstieg beginnen wollte, erblickte er weit im Osten ein kurzes aufzucken von Flammen. Er verharrte und blickte eine Weile in diese Richtung, bis sich schließlich das Schauspiel wiederholte. Ein kleiner Feuerschein leuchtete in der Ferne. Baladnaran konnte sich den Ursprung dieses Scheins nicht erklären, doch war seine Neugierde geweckt worden. Gleich nachdem er ins Lager zurückgekehrt war, schickte er einige Späher der New Steel Wind aus um die Lage zu erkunden.


Der Drachenstecher und die Grundsteinlegung

Es vergingen Tage, doch die Kundschafter kehrten nicht zurück. Baladnaran machte sich inzwischen Sorgen, doch Cohinor Thelos bestand darauf noch zu warten, bevor man weitere Männer ausschickte. Er war überzeugt, dass seine Waldläufer bald zurückkehrten. Aber zuerst kehrte jemand anderes zurück. Müde und dreckig vom Staub der langen Reise erreichte der Bote, den Baladnaran nach seiner alten Heimat ausgeschickt hatte das Lager. Sofort berichtete der Bote und seine Miene verriet, dass er keine guten Nachrichten brachte. Im Fürstentum war ein neuer Elf an die Spitze getreten und dieser leugnete jeglichen Auftrag Baladnarans. Als Abtrünnigen hatte man ihn gegenüber dem Boten bezeichnet und alle seine Kunde als Lügen und Märchen gebrandmarkt. Der neue Fürst lehnte jede Zusammenarbeit ab und hatte den Boten noch am selben Tag wieder aus dem Land jagen lassen.

Traurig über die Nachricht verließ Baladnaran das Lager und stieg erneut auf den Berg, den er vor einigen Tagen bestiegen hatte. Dort blieb er den restlichen Tag und dachte nach. Die Lage hatte sich erheblich geändert. Bisher hatte er einen Auftrag gehabt. Nun aber war dieser Auftrag nicht mehr von Bestand und er galt sogar als Verräter. Doch ein kurzer Blick auf das Lager sagte ihm, dass er sich nicht geirrt hatte und sein Kamerad Sindar ebenso wenig. Sie hatten Erfolg gehabt und ein neues Ideal erschaffen. Er fasste einen Entschluss und kehrte zurück zu seinen Truppen. Dort wurde er bereits erwartet von seinen Hauptleuten und Beratern. Die Späher waren tatsächlich zurückgekehrt, hatten aber schlechte Neuigkeiten mitgebracht. Was ihr Kriegsherr dort in der Ferne gesehen hatte, war der Feueratem eines großen Draken. Eines jener Wesen, welche man als die Kinder des Drachen bezeichnete. Sie berichteten von großen Zerstörungen und das es sich der Drake in einer großen Ruine gemütlich gemacht hätte. Der Entschluss war schnell gefasst, denn die Drachen galten als größte Herausforderung der man sich stellen konnte. Noch in der Nacht, im Schein der hell lodernden Feuer verkündete Baladnaran seinen Truppen, dass sie gegen einen Drake ins Feld ziehen würden. Begeistert hob sich Jubel über das Lager und schallte weit in die Nacht. Nur Makabre merkte gewitzt an, dass dies unterfangen doch eine heiße Angelegenheit werden könne.

So zogen sie los unter dem Banner der Ordnung und mit einem großen Gesang zu Ehren des Allvaters. Mochten sich auch nicht alle an diesem Lobgesang beteiligen, oder an den Allvater glauben, doch respektierten sie alle den Glauben der Anderen und dies war wohl einer der wichtigsten Aspekte ihres Zusammenhalts. Der Stärke der Herren der Ordnung. Fast fünf Tage zogen sie durch hügeliges und bewaldetes Land, bevor sie eine große Ebene erreichten. Fast genau in deren Mitte erhob sich ein niedriger, oben abgeflachter Berg. Darüber thronten große Ruinen und wiesen auf eine einst starke Festung oder Stadt hin. Schon von weitem konnte man das Kreischen und Knurren des Drake hören und viele der Krieger in den Reihen begriffen erst jetzt welche Gefahr ihnen bevor stand. Es stellte sich schnell heraus, dass eine große Anzahl von Orks sich irgendwie mit dem Drake arrangiert hatte und in den Höhlen unter den Ruinen eingezogen war. Als Bigfoot und Taker die Standarten der ersten Linie auf das Feld trugen und in den Boden rammten, hörte man das Geheul ihrer großen gezüchteten Wölfe und ihre Kriegstrommeln. Die Bogenschützen der New Steel Wind formierten sich hinter den Schwerttänzern und bildeten zwei kompakte Linien rechts von Baladnaran und seiner Leibgarde. Die Stahlwölfe postierten sich links von ihrem Kriegsherrn. Kaum hatten die restlichen Abteilungen Aufstellung bezogen und sich unter den Befehlen von Taker, Bigfoot und Tohen bereit gemacht, als eine erste Vorhut von kleinen Grobos aus versteckten Tunnelöffnungen im Boden brachen und die Stahlwölfe attackierten. Diese machten mit den schwachen Angreifern allerdings kurzen Prozess und erschlugen sie bis auf den Letzten. Dann stürmten die ersten Ork Krieger über die Ebene, um ihren Besitz vor diesen Neuankömmlingen zu verteidigen. Grobe Steinäxte und mit spitzen Steinen besetzte Pfeile hagelten auf die erste Linie der Herren der Ordnung. Doch dann hoben Taker, Bigfoot und Tohen ihre Banner und gaben den Befehl zu Angriff. Ein ohrenbetäubendes Gebrüll ertönte und die Krieger stürmten den Orks entgegen. Klirrend und krachend prallten die beiden Seiten aufeinander. Doch die an Waffen und Ausrüstung überlegenen Krieger der Ordnung gewannen schnell die Oberhand, bis die Überlebenden Orks flohen.

Es folgten weitere kleine Ausfälle und Scharmützel als die Herren der Ordnung über die Ebene auf die Ruine vorrückte. Jeder neue Höhlenausgang, den sie entdeckten wurde von den Magiern mit Feuer gereinigt und dann durch eine Manaexplosion verschlossen. Unter allen Umständen sollte ein Ausfall der Orks durch solch einen Gang verhindert werden. Erst als sie fast den Fuß des Berges erreicht hatten, zeigten die Orks wieder größere Aktivitäten. Plötzlich stürmten abermals hundert gut bewaffnete Orks aus ihren Verstecken zwischen Felsen und Ruinen hervor und griffen an. Dieses Mal war es an den Bogenschützen der New Steel Wind. Schon bevor die Orks die Reihen der Herren der Ordnung erreicht hatten, waren diese um die Hälfte reduziert worden. Mit tödlicher Genauigkeit traf ein Pfeil nach dem anderen und brachte einen weiteren Ork Krieger zur Fall. Doch selbst die elfische Bogenkunst konnte nicht alle anstürmenden Orks aufhalten. Die restlichen Orkkrieger und Champions prallten auf die Krieger der Ordnung und es entbrannten blutige Kämpfe. Die Kämpfe wogten hin und her, doch wurde schnell klar, dass die Orks versuchten eine Bresche in die Linien zu schlagen. Sie versuchten an den Anführer zu gelangen um so die Moral und vielleicht auch die Koordination zu vermindern. Doch auf einen Befehl von Baladnaran hin öffneten sich die Linien plötzlich freiwillig, und die überraschten Orks stolperten gerade Wegs hinein. Hinter ihnen schlossen sich die Linien wieder und Baladnaran selbst erschlug den Champion des Angriffes mit seinem Schwert. In einem blutigen Zweikampf, in dem auch Baladnaran einige Verletzungen davon trug, streckte er den Champion nieder um ihm mit einem letzten Hieb den Kopf vom Körper zu trennen. Den anderen Orkkriegern die ihrem Anführer in die Falle gefolgt waren, erging es nicht anders. Die Stahlwölfe und Teile von Bigfoots Truppen mähten diese regelrecht nieder. Von da an brach der Widerstand der Orks schnell zusammen und nach einer weiteren Stunde war die Schlacht geschlagen und für die Herren der Ordnung siegreich entschieden. Doch noch immer lag das Grollen des Draken über der Ebene und erst jetzt wunderten sich viele warum er nicht in den Kampf eingegriffen hatte. Doch vermutete man, dass es ihn wenig kümmerte, was nun mit seinen Untermietern geschehen würde. Allerdings schien ihm nun das näher komme der Krieger doch etwas nervös zu machen.

Nach einer kurzen Ruhepause nahm schließlich Baladnaran selbst seine alte Lanze auf und bestieg den Berg, Mit ihm gingen nur ein paar Treue Leibwachen. Seinen Beratern und Hauptmännern befahl er bei den Truppen zu bleiben. Natürlich wehrten sich seine Leute dagegen ihn allein davon ziehen zu lassen. Doch da die Herren der Ordnung nur wenige Magier in ihren Reihen hatten, war es schwer eine größere Gruppe mit Schutzzauber gegen die Feuerbälle des Draken zu belegen. Die Magier erschöpften ihre Kraft schon in dieser kleinen Gruppe. Aber abgesehen davon war es für Baladnaran auch eine persönliche Sache. Am liebsten wäre er gegen diesen direkten Vertreter des Chaos alleine ins Feld gezogen. Ein echter Zweikampf Ordnung gegen Chaos. Doch seine Hauptleute konnten ihn zumindest überreden so viele Leibwachen mit sich zu nehmen wie durch den Zauber geschützt werden konnten. Den ganzen Nachmittag hörte man den Kampfeslärm und das Feuerspucken des Draken züngelte gelegentlich über die Ruinenmauern. Doch als die Dämmerung einbrach verstummte plötzlich der Drake und es kehrte eine unheimliche Stille ein. Die Krieger der Ordnung wagten nicht zu jubeln, denn sie waren nicht sicher, wer nun den Kampf entschieden hatte. Ihr Herr oder der Drache, der sich gerade an ihrem Herrn labte. Nur Makabre hatte dafür Worte: „Mag kommen wer will. Einer von Beiden wird bald den Berg herabsteigen.“ Dies lies so manchen Krieger wieder seine Lanze aufnehmen und in die Ruinen starren. Doch als die Nacht hereinbrach, kam nicht der Drache vom Berg, es war ihr Kriegsherr. Er war besudelt mit schwarzem Blut und seine Lanze war zerbrochen. Erschöpft stützte er sich auf sie und sagte: „Es ist vollbracht.“ Mehr war er nicht bereit zu sagen, doch wussten alle warum er sich so grämte. Bis auf Einen waren all seine treuen Leibwachen bei diesem Kampf gestorben und er trauerte um sie.

Erst am nächsten Morgen machten sich die Herren der Ordnung auf den Berg zu begutachten. In Mitten der Ruine auf einem großen Platz lag der Kadaver des Draken. Durch seltsame Kräfte, die selbst die Magier nicht in Worte zu fassen vermochten, hatte der Drake sich schon fast völlig aufgelöst. An vielen Stellen ragte nur noch das weiße Skelett heraus und der Kadaver schien zusehends mehr zu vergehen und die Knochen freizulegen. Baladnaran aber beachtete dieses Schauspiel kaum und blickte sich stattdessen um. Dann nahm er eines der Banner der Ordnung und schritt auf den Drachen zu. Er bestieg den inzwischen völlig weisen Schädel des Drachen und stellt sich zwischen die Hörner. Dann rammte er das Banner der Ordnung mit einem schwungvollen Wurf in den Boden vor dem Schädel. „Hier soll unsere Stadt entstehen. Aus diesen Ruinen soll eine ewige Stadt erstehen, so groß und mächtig, wie sie nur unter des Allvaters Schutz und durch die Prinzipien der Ordnung entstehen kann. Dies hier soll die Heimstätte unserer Idee sein. Der Ausgangspunkt für unseren Krieg gegen das Chaos.“ Und seine Mannen bejubelten seine Entscheidung und riefen ihn von nun an König an. Den König der neuen Stadt der Ordnung. Baladnaran der Drachenstecher, erster König auf dem Drachenstecherthron. Verschmitzt setzte Makabre dem Jubel hinzu, ob man mehr den König bejubelte oder die Tatsache, dass nach dem Bau der Stadt nun auch Frauen in den Reihen der Ordnung zu finden sein würden.


Der Drachenstecherthron

Es dauerte keine Woche, da standen die ersten bescheidenen Holzhütten in den alten Ruinen. Die umliegenden Wälder boten ausreichend Material um die ersten Unterkünfte zu errichten. Schnell wurde klar, dass Chaos herrschen würde wenn man den Bau nicht plante und überwachte. Taker wurde zum obersten Baumeister ernannt und sollte die Bauarbeiten überwachen. Das die Wahl mit Taker gut getroffen worden war, zeigte sich bereits in der zweiten Woche. Ein zentraler Platz war angelegt und mit Steinen aus den Ruinen gepflastert worden. Über dem Schädel des besiegten Drachen hatte man ein zweistöckiges Gebäude für die Hauptleute und den König Baladnaran errichtet. Auch die umliegenden Baracken und Hütten der Gefolgsleute wurden nun geordneter gebaut und so entstand ein erstes Viertel östlich des Platzes. Dort wohnten vor allem die Wachen der Stadt und die Waldläufer. Es ging wie in einem Bienenstock zu und selbst Nachts im Mondlicht wurde irgendwo immer gebaut. In der dritten Woche hatten alle Anhänger der Ordnung ein Dach über dem Kopf, auch wenn viele davon sehr wackelig schienen und sich in diesen Hütten zu viele Leute drängten. Um den Platz herum zentrierte Taker die wichtigeren Gebäude. Zu ihrem Glück hatten sich zwei Schmiede unter ihren Leuten gefunden, die nun versuchten ihr altes Handwerk wieder auszuführen. Darunter war sogar ein Elf namens Yliriel, welcher mit seinem Halbriesenfreund Gor Valis besonders wertvolle magische Waffen herstellen konnte. Die Beiden gaben immer ein amüsantes Paar ab, wenn sie vor dem Amboss standen und Metall bearbeiteten.

Doch etwas wirklich wichtiges fehlte noch. Bisher war die Stadt nicht mehr als ein dauerhaftes Lager. Erst ein Baum des Lebens würde diesen Ort zu einer wirklichen Stadt machen. Aber Samen um einen magischen Baum zu pflanzen gab es nicht in jeder größeren Stadt zu kaufen. Sie waren äußerst selten und wertvoll. Baladnaran und seine Berater besprachen lange, welche Möglichkeiten sich ihnen boten. Durch die bisherigen Kämpfe hatte man ein wenig Beute gemacht, auch gab es bereits so etwas wie einen Wirtschaftskreislauf in der Stadt. Beides hatte dem neuen König ein wenig Gold verschafft, aber um einen Samen zu erwerben, würde er wirklich alle Reserven aufbrauchen müssen. Einfach einen Käufer auszuschicken war daher unmöglich. Schließlich schlug Tohen vor, zuerst einen Anbieter zu finden. Dies konnte ein Bote ohne große Gefahren erledigen und Niemand würde wohl auf die Idee kommen ihn zu überfallen. Für den späteren Transport konnte man dann eine komplette Heereseinheit aussenden, empfahl Bigfoot. Baladnaran schien dies die einzig mögliche Lösung zu sein und so entschloss er sich seine treuen Gefährten Sindar und Bigfoot auf die Suche nach einem Verkäufer zu schicken. Vor der Abreise besprachen sich die beiden Boten. Sie entschieden, sich zu trennen um schneller mehrere Städte bereisen zu können. Sollte es beiden gelingen einen Verkäufer für Samen zu finden, konnte man sich dann das billigere Angebot heraussuchen. Schon am nächsten Morgen machten sich die Boten auf den Weg. Sindar schlug einen Weg in den Süden ein, Bigfoot zog nach Westen.

Sindar Eltwyn gelangte dank seiner Waldläuferfähigkeiten schnell in die weiten Grasebenen des Südens. Es hatte ihn nur knapp eine Woche gekostet. Hier im Süden lebten viele Menschen, Halbelfen und Zwerge in kleinen Dörfern und Städten. Es überraschte Sindar, wie nah hier die Rassen zusammen lebten und sich doch abschotteten. Hohe Palisadenwälle schützen die Zufluchten und überall konnte man die Anzeichen von schwerer Bewaffnung erkennen. Der Süden schien unruhige Zeiten zu erleben, erkannte Sindar. Nach einiger Zeit gelangte er an ein Dorf von Halbelfen. Zuerst misstrauen sie ihm und fürchteten sich vor Sindar. Offensichtlich hatten sie die Abneigung vieler Elfen gegenüber diesen Mischlingen schon am eigenen Leib erfahren. Doch Sindar betrat ohne Umschweife das örtliche Gasthaus und da er keine Waffe gezogen hatte schienen die Bewohner erst einmal abwarten zu wollen. Das Gasthaus nannte sich „Auerbachs Kellerei“. Ein sehr seltsamer Name, doch wie Sindar erfahren hatte, liebten es die Halbelfen sich mit seltsamen Dingen zu umgeben. Dies musste an der Vermischung von Menschen- und Elfenblut liegen. Er suchte sich in dem Gasthaus eine stillere Ecke und bestellte sich einen Krug Wasser, sowie ein wenig Brot. Es dauerte nicht lange, da hatte sich drei mutigere Halbelfen zu ihm gesellt und stellten ihm Fragen. Es kam selten vor, dass sich ein Fremder und dann auch noch ein Elf hier her verirrte und sich dann auch noch friedlich verhielt.

Bigfoot benötigte länger um in die Nähe anderer Siedlungen zu kommen. Ein tiefer und unwegsamer Wald hatte seinen Weg versperrt und schon zwei Tagesreisen von der Stadt entfernt, war er von Wölfen angegriffen worden. Zu seinem Glück waren es schwache und junge Wölfe, er konnte sie mit Leichtigkeit erschlagen. Doch auch dies hatte ihn aufgehalten und er wollte doch so schnell wie möglich den Auftrag seines Königs erfüllen. Es war ihm eine große Ehre zusammen mit Sindar einen solchen Auftrag erhalten zu haben. Doch der Allvater meinte es weniger gut mit ihm und so stand er, nachdem er den Wald durchquert hatte, vor eine Ebene, welche mit Mooren bedeckt war. Ungläubig schüttelte Bigfoot den Kopf und machte sich daran auch dieses Hindernis zu durchqueren. Er wusste aus Aufzeichnung, dass es weiter im Westen eine große Stadt geben musste. Dort würde er sicherlich einen Runenmeister finden oder einen andere Verkäufer, mit dem er einen Kauf aushandeln konnte.

Duncan Idaho befand sich mit einer Gruppe der Stahlwölfe auf der Orkebene vor der Stadt. An dieser Stelle hatte vor wenigen Monaten die entscheidende Schlacht stattgefunden mit der sie diesen Ort dem Chaos abgerungen hatten. Nun diente ihnen ein Teil des alten Schlachtfeldes als Trainingsplatz. Gerade focht Duncan mit Malebolgia ein kleines Duell. Er parierte lächelnd einen weiteren Ausfall seines Freundes und ging zum Gegenangriff über. Die Wolfsstandarte wehte erhaben über dieser Szene und schien den Kommandant der Stahlwölfe bei seinem Training zu beobachten. Ein lauter Warnruf lies alle Stahlwölfe ihre Übungen unterbrechen. Natürlich hatten sie wie immer zwei Wachen aufgestellt. Diese schienen nun etwas ausgemacht zu haben. Duncan ging zusammen mit Malebolgia zu einer der Wachen. „Was ist los?“ fragte er und wischte sich den Schweiß von der Stirn. „Herr, seht, dort im Osten. Eine Gestalt nähert sich,“ antwortete die Wache. Duncan runzelte die Stirn und hielt sich die flache Hand über die Stirn um besser sehen zu können. „Freund oder Feind?“ murmelte er leise. Dann drehte er sich um und rief die Stahlwölfe zusammen. Alle auf dem Übungsfeld anwesenden standen sowieso unter Waffen. Nun nahmen sie Formation an und folgten Dunca Idaho, welcher der Gestalt entgegen ging.

Sindar Eltwyn hatte inzwischen einen vollständigen Bericht über seine Erlebnisse im Dienste der Ordnung darbieten müssen. Aus den wenigen Mutigen, war inzwischen eine große Masse von Leuten geworden. Viele waren fasziniert von dieser neuen Stadt, andere dagegen hielten alles für ein Märchen. Schließlich begann Sindar die Leute nach Samen für einen Baum des Lebens auszufragen. Aber Niemand schien zu wissen, wo man so etwas erwerben konnte. So machte sich Sindar auf, um im Nachbardorf zu suchen. Zwei junge Halbelfen baten Sindar ihn begleiten zu dürfen, um sich dem neuen König anzuschließen. Sindar lächelte, als sie zusammen den Ort verließen. Auch hier war die Botschaft der Ordnung verbreitet worden und er war sich sicher, dass die Geschichte die Runde machen würde.

„Bleibt stehen! Wer seit ihr?“ rief Duncan laut dem Fremden entgegen. Es schien der Statur nach ein Halbelf zu sein. Er schien einen langen Weg hinter sich zu haben und trug neben einem Langschwert nur noch einen kleinen Leinenrucksack über der Schulter. Der Fremde verneigte sich und lächelte freundlich. „Grüße Soldaten. Ich hoffe ihr gehört zu der Stadt auf dem Hügel dort.“ Er wies auf die entstehende Stadt hinter der Ebene. „Es wäre mir unangenehm schon wieder ausgeraubt zu werden. Ich habe inzwischen nichts mehr.“ Einige der Soldaten lachten laut. Duncan grinste. „Nun in dieser Beziehung sollt ihr keine Angst vor uns haben. Aber sagt, was sucht ihr hier?“ Der Fremde kam etwas näher und blickte dann kurz auf den von Schornsteinen aufsteigende Rauch der Stadt. „Ich habe von einer neuen Stadt gehört, welche alle Rassen gleichermaßen achtet. Schon lange wandere ich umher, aber so etwas ist mir noch nicht untergekommen. Daher beschloss ich es mit eigenen Augen zu sehen und nun wenn es wahr sein sollte, hatte ich geplant mich dort niederzulassen.“ „Die Berichte, die ihr gehört habt, sind tatsächlich wahr,“ antwortete Duncan. „Dies ist die neue Stadt der Ordnung und ich selbst bin der Kommandant der ersten Herreseinheit des Königreiches, der Stahlwölfe. Duncan Idaho ist mein Name.“ Der Halbelf zog eine Augenbraue in die Höhe. „Ich hatte schon fast nicht mehr daran geglaubt diesen Ort zu finden.“ Er gab Duncan die Hand. „Mein Name ist Galandril“

Endlich stand Bigfoot wieder auf festem Boden. Es hatte ihn nun fast zwei Wochen gekostet die beiden Hindernisse zu durchqueren, doch nun schien sein Ziel zum Greifen nahe. In der Ferne konnte er bereits den Rauch einer Siedlung erkennen. Nach seinem Zeitgefühl schien es Mittagszeit zu sein. Dies wurde auch durch den starken Rauch über der Siedlung bestätigt. Aus allen Schornsteinen quoll dünner Rauch. Bigfoot entschloss sich, sein Mittagessen zu verschieben um die Siedlung schnell zu erreichen. Tatsächlich war es recht leicht dorthin zu gelangen. Schon kurze Zeit später hatte er zwischen einigen Feldern einen ausgetretenen Weg gefunden, welcher zur Siedlung führte.

Galandril durchstreifte den restlichen Tag die im Bau befindliche Stadt. Er war fasziniert von all den Aktivitäten. Überall liefen Leute umher, in den schon komplett errichteten Vierteln herrschte reges Treiben. Das Hämmern der Schmieden erinnerte ihn an seine eigene Ausbildung bei einem Schmied. Galandril nahm sich vor, die Schmieden zu besuchen. Sein Schwert war nach der langen Zeit stark mitgenommen und es konnte nicht schaden, ein neues zu erwerben bevor er sich bei den Streitkräften bewarb. Die kleine, schiefe Baracke hatte er schon vor Stunden gefunden, doch kurz bevor er eingetreten war um sich zu dort anzumelden, hatte er sich entschieden noch einen Spaziergang durch die Stadt zu machen. Dieser Spaziergang hatte letztlich alle Zweifel ausgeräumt und nun war er entschlossen dieser neuen Idee der Ordnung zu dienen. Er erwarb bei einem Zwerg noch ein Stück geröstetes Stück Fleisch als Abendessen, dann wand er sich wieder in die Richtung der Baracke. Auf dem Weg würde er noch ein neues Schwert kaufen. Die Schmieden schienen in recht praktischer Nähe der Baracke zu liegen.

Bigfoot ging den Weg weiter hinab und erreichte die Siedlung. Leider konnte er keinen Baum des Lebens sehen. Somit war die Chance sehr gering, hier einen Verkäufer für Samen zu finden. Dennoch wirkte das Dorf sehr einladend und so marschierte er einfach weiter ins Tal hinab. Die kleinen Häuser mit den niedrigen Dächern waren um einen Turm zentriert. Ein Nebengebäude in ähnlicher Bauweise schien neueren Datums zu sein. Bigfoot vermutete, dass dieses Dorf erst kürzlich neue Bewohner erhalten hatte. Nach der anstrengenden Reise war Bigfoot froh im Dorf eine Gaststätte zu finden. Sofort steuerte er darauf zu und betrat sie. Eine dicke Wand aus Rauch empfing ihn und nahm ihm kurz den Atem. Doch dann lichtete sich der Rauch regelrecht als er die Türe schloss und gab den Blick auf einen gemütlichen Gastraum frei. Nur zwei Personen saßen an einem Tisch. Eine davon war offensichtlich der Wirt. Er musterte den potenziellen Gast und wischte sich geistesabwesend die Hände an seiner Schürze ab. „Grüße Fremder, willkommen in Coven und willkommen im Auora,“ begrüßte er schließlich den Neuankömmling. Bigfoot nickte und schaute sich um. „Ich danke Euch. Ich bin froh, freundlich empfangen zu werden.“ Der Wirt lächelte. „Nun auch wenn die Zeiten schlecht sind, nicht alle Dörfer werden von wilden Kriegsfürsten oder selbst ernannten Königen regiert. Es gibt auch Ort wie diesen und hier herrscht Frieden und Eintracht.“ Bigfoot lies sich auf einem Stuhl nahe der Theke nieder und lächelte erschöpft. „Das klingt sehr gut in meinen Ohren. Auch wenn ich einwenden muss, dass nicht alle Könige schlecht sind.“ Der zweite Mann, der bisher still an seinem Tisch sitzen geblieben war blickte nun auf. Er trug eine schwarze Maske, welche einen Teil seines Gesichtes verbarg und sein hageres Aussehen noch verstärkte. Seine Augen strahlten eine große Kraft aus als er Bigfoot damit anblickte. „Nenn mir nur einen!“ sagte er mit voller, dunkler Stimme.

Baladnaran studierte schon seit Stunden Schriftrollen, Papiere und ähnliches. Seine Arbeit als König, er nannte sich selbst ungern so, aber es war letztlich ein Amt das man ihm verliehen hatte, war völlig anders als alles was er zuvor getan hatte. Truppen in die Schlacht führen, in einem Wald ohne Ausrüstung überleben oder gar einen Draken bekämpfen. All das hatte er gelernt. Doch dieser neue Drake schien ihm viel mehr Kraft abzuverlangen als er zugeben mochte. Der Drake namens Bürokratie war selbst für einen Stadtstaat wie diesen erdrückend. Dankend dachte Baladnaran an seine treuen und ergebenen Berater. Sie schlugen sich zumeist mit den gröbsten Fragen und Angelegenheiten herum. Zu ihm gelangten nur die wirklich wichtigen Fälle. Baladnaran stand langsam auf und streckte seine Glieder. Langsam trat er an sein Fenster heran und blickte auf die kleine Stadt hinab. Sein Regierungssitz war trotz reger Baumaßnahmen immer noch das höchste Gebäude. Er hatte somit einen guten Blick auf die Stadt. In der Nacht schien die Stadt ein kleines Meer aus Lichtern zu sein. Überall sah man erleuchtete Fenster, einzelne Fackeln oder kleinere Lichter schienen durch die Nacht zu schweben. Zufrieden dachte er an die Entwicklung der letzten Monate. Zwei inzwischen florierende Schmieden hatten sie errichtet. Mehrere Handwerksbetriebe und Läden waren eröffnet worden. Inzwischen kamen regelmäßig Bauern aus der Umgebung zum Markt und verkauften ihre Güter. Einige ehemalige Krieger aus seinem ersten Heer hatte sich in den Ruhestand begeben und Bauernhöfe gebaut. Das war natürlich in zweierlei Hinsicht ein guter Schritt gewesen. Der Vorschlag stammte von Taker. Zum Einen versorgten die neuen Höfe die Stadt mit mehr Gütern und machten sie so noch unabhängiger. Zum Anderen lagen viele dieser Bauernhöfe an den Grenzen ihres Stadtstaates oder an strategisch wichtigen Punkten. Im Notfall wurden also unliebsame Späher bereits von erfahrenen Kriegern empfangen. Es läuft gut, dachte Baladnaran und rieb sich die müden Augen. Die Idee der Ordnung hatte sich einen Ort geschaffen. Aber noch war er zerbrechlich und es drohten viele Gefahren. Müde blickte er zum Mond auf und dachte an seine Boten, welche nach einem Samen für den Baum des Lebens suchten. Er hoffte, sie würden Erfolg haben.

Natürlich kannte er einen König. Bigfoot schilderte dem Wirt und dem anderem Gast die Geschehnisse um Baladnaran den Drachenstecher, König auf dem Drachenstecherthron und Gründer der Herren der Ordnung, wie er selbst seine Krieger nannte. Der Gast, welcher sich als Szador Witchblade vorgestellt hatte, schien sehr beeindruckt über diese Geschichte. Aber im Grunde glaubte er sie nicht wirklich. Es schien eine Geschichte wie viele zu sein, die es seit der Wende gab. Ein Hoffnungsschimmer am Horizont. Doch Szador hatte sich selbst eine Hoffnung gegeben. Zusammen mit seiner Schwester Molly war er vor etwa einem Jahr in dieses Dorf gezogen. Das Örtchen Coven besaß nicht einmal einen Baum des Lebens, doch alle Gefährten hatten sich zum Bleiben entschlossen. Das erzählte Szador sozusagen als Ausgleich auch dem Fremden namens Bigfoot. Nach langer Wanderschaft hatte sich aus einer Gruppe Gefährten eine Gilde herausgebildet. Ein Zirkel von Zauberern und Hexen. Diese Zauberweber nannten sich Witchcraft und Szador war einer ihrer Anführer. Warum genau sie hier in diesem abgelegenen Dorf geblieben waren, verriet er nicht. Die Geschichte die er erzählte war aber dennoch spannend. Nach langer Reise hatten sie das Dorf Coven erschöpft erreicht. Es war bis auf wenige Bauern gänzlich verlassen. Doch laut Szadors Schwester Molly strahlte dieser Ort eine besondere Energie aus. Auf ihren Rat hin beschlossen sie eine Weile zu bleiben. Zu lange schon waren sie auf der Suche nach einer neuen Heimat. Die wenigen Bewohner des Dorfes begrüßten die Neuankömmlinge freundlich und luden sie ein zu bleiben. Besonders der Dorfälteste bemühte sich darum, denn so eine große Gruppe junger Leute hatte er schon lange nicht mehr gesehen. Er knüpfte daran die Hoffnung, das Dorf so doch weiter am Leben erhalten zu können. Das unter den Neuankömmlingen viele verschiedene Rassen waren störte die Bauern wenig. Sie achteten jeden der sein Tagewerk ordentlich verrichtete. So zog die Witchcraft in die leeren Gebäude und machte einen alten Turm zu ihrem Gildenzentrum. Dies war nun schon fast zwei Jahre her und der Turm hatte ein Nebengebäude erhalten. Inzwischen war Coven praktisch ein Ort der Magie und Zauberweber. Bigfoot hörte erstaunt zu und sah das Dorf mit neuen Augen. Hinter dieser einfachen Fassade hatte er keine solche geballte magische Macht erwartet, wie sie Szador Witchblade andeutete. Doch dies rief ihm auch wieder seinen Auftrag ins Gedächtnis. Inzwischen hatte er sich mit Met und einem Hasenbraten gestärkt, doch sein wirkliches Anliegen noch nicht preisgegeben. Erst jetzt befragte er Szador, ob er einen Verkäufer für Samen kenne. Leider musste Szador dies verneinen. Ansonsten würde in Coven vielleicht bereits ein kleiner Baum wachsen bemerkte er noch.

Endlich, dachte Sindar und blickte sich in dem weitläufigen Laden um. Er hatte gestern Nacht zusammen mit seinen zwei neuen Gefährten diese größere Stadt erreicht. Schon von weitem hatte er das silberne Schimmern des Baumes gesehen. Sofort war er sich sicher gewesen, hier einen Samen zu finden. Nun standen sie in einem großen Verkaufsraum. Der Laden lag recht zentral am Hauptplatz der Stadt und so war er kaum zu verfehlen gewesen. Jeden den die Wanderer nach einem Verkäufer für Samen gefragt hatte, konnte sich in dieser Stadt nur diesen Laden dafür vorstellen. Ein Mann im langen, seidenen Gewand trat aus einem Hinterzimmer und lächelte freundlich. „Was kann ich für Euch tun?“ fragte er. „Nun, wir sind hier um für unseren Herrn ein Angebot einzuholen,“ antwortete Sindar und begann seine Wünsche zu schildern.


Die Ewige Stadt

Es dauerte weitere zwei Wochen bis Sindar Eltwyn in die Stadt zurückgekehrt war. Er brachte gute Nachrichten mit. Es gab einen Verkäufer in einer nicht all zu weit entfernten Stadt und dank einer Anzahlung würde das Geschäft auch nicht bekannt werden, versicherte er. Der Preis für den Samen war allerdings mehr als horrend und würde in jedem Falle die gesamten Mittel von Baladnaran aufbrauchen. Doch Taker und Tohen hatten dies voraus gesehen. Ein König ohne jeglichen Reichtum war natürlich nicht tragbar. So hatten sie längst in der Stadt eine Sammelaktion eingeleitet. Schon mehrere Male waren die Heereseinheiten zu Beutezügen aufgebrochen und hatten Orkcamps geplündert. Zusätzlich hatten die Schmieden der Stadt wertvolle und hochwertige Rüstungen und Schwerter gefertigt. Diese sollten nun zusammen mit dem Beutegut verkauft werden. Baladnaran zeigte sich überrascht aber erfreut über diese Idee. Die etwas eigenmächtige Handhabe seiner Berater schien ihn nicht zu stören. Doch bevor eine Heereseinheit mit all diesem Gold und den Waren aufbrechen sollte, lies der König noch eine ganze Woche verstreichen. Er wartete auf Bigfoot, den zweiten Boten. Als dieser aber schließlich immer noch nicht zurückgekehrt war, schickte er jeweils eine Abteilung der New Steel Wind und der Stahlwölfe aus, Waren und Gold zum Verkäufer des Samens zu bringen. Sindar führte den Tross an. Unter dem Jubel der Stadtbewohner verließ die Karawane die Stadt in Richtung Süden und machte sich auf ihre Stadt zu einer großen und mächtigen Stadt mit einem Lebensbaum zu machen.

Nur wenige Tage später erreichte Bigfoot die Stadt wieder. Niedergeschlagen begab er sich zu seinem König und berichtete von seinem Misserfolg. Diesen betrübte die Nachricht jedoch nicht im geringsten. Baladnaran erzählte von Sindars Erfolg und der kürzlich aufgebrochenen Karawane. Zudem zeigte er sich glücklich, seinen Adjutanten wieder zu sehen. Insgeheim hatte er schon gefürchtet, wieder einen treuen Recken an das Chaos dort draußen verloren zu haben. Die letzten Berichte der Späher hatten von vielen Aktivitäten der Orks gesprochen. Außerdem war ein beunruhigendes Gerücht aus dem Norden heran getragen worden. Dort sollten sich Kräfte des Chaos sammeln. Bevor Baladnaran aber wieder hinter seinen Karten und Schriftrollen verschwinden konnte, berichtete Bigfoot von seiner Begegnung mit den Zauberwebern der Witchcraft. Der König zeigte sich höchst interessiert, denn an magischer Durchschlagskraft mangelte es ihnen nach wie vor sehr. Bigfoot erkannte den Gedanken seines Herrn und erklärte ihm, dass die Zauberweber sich in das Dorf Coven zurückgezogen hatten um Ruhe zu finden. Es schien ihm wenig wahrscheinlich, dass sich das Dorf ihrem Reich anschließen würde. Dennoch hatte er die beiden Anführer der Zauberweber, Szador und Molly Witchblade eingeladen die Stadt und den König zu besuchen. Baladnaran schien damit zufrieden und entließ seinen Adjutanten. Doch in seinem Gedanken behielten die Zauberweber einen Platz. Man würde abwarten müssen, ob man auch diese Zauberweber von der Idee der Ordnung überzeugen konnte. Mit Sicherheit würden sie ihre Gemeinschaft ungemein bereichern.

Die Karawane erreichte drei Wochen später die Stadt, die die Bewohner Kahfo nannten. Sindar schickte die Händler ihrer Karawane zum Markt um ihre Waren zu verkaufen. Er selbst machte sich zu einer Kirche des Allvaters auf um dort ihr schon gesammeltes Gold zu hinterlegen. In den Jahren nach der Wende hatten sich die Kirchen in vielen Städten zu einer Art sicheren Bank entwickelt. Kaum ein Dieb oder Räuber wagte es in die Kirchen einzubrechen und die wenigsten schafften es wieder hinaus. Der erste Tag ihrer Verkaufsaktion lief relativ gut. Einige Börsen voller Gold konnte Sindar am Ende dieses Tages zusätzlich zur Kirche bringen und in einem Schließfach lagern. Besonders die hochwertigen Rüstungen hatten großen Absatz gefunden, wie Sindar später feststellte, als er die Listen mit den Verkäufen durchging. Der Schmied in dieser Stadt hatte sich offensichtlich mehr auf Waffen spezialisiert und so herrschte große Nachfrage an Rüstungen. Aber auch die anderen Waren hatten sie gut absetzen können. Insgesamt war wohl die Hälfte ihrer Waren verkauft worden. Sindar glaubte mit einem kleinen Rabatt die restlichen Waren morgen losschlagen zu können. Auch die Lasttiere sollten dann verkauft werden. Mit dem Samen in ihren Händen wollten sie schnellstmöglich zurück. Ihre Verkaufsaktion zog schon mehr als genug Aufmerksamkeit auf sie.

Molly Witchblade stand am nächsten Morgen auf dem Turm von Coven. Sie beobachtete den golden schimmernden Sonnenaufgang. Tautropfen glitzerten überall auf den Feldern und machten den Morgen zu einem wunderschönen Augenblick. Hier schien noch alles in Ordnung. Die Gerüchte, die Wanderer mitbrachten, schienen hier kein Gewicht zu haben. Immer öfter hatten sie von großen Verwüstungen gehört. Das Land war im Umbruch und viele Kriegsherren zogen umher um die Macht zu erringen. Sie strich sich langsam durch das lange Haar und wärmte sich an den ersten Sonnenstrahlen. Gute Nachrichten hatten sie eigentlich in letzter Zeit wenige gehört. Nur von diesem Mensch namens Bigfoot. Aber diese Geschichte schien, wie ihr Bruder zu sagen pflegte, direkt von einem Ork zu stammen. Gab es wirklich eine neue Stadt, einen König, der sich nicht der Macht sondern der Ordnung verschrieben hatte? Sie blickte wieder hinaus auf die Felder und lauschte den Vögeln. Nach einigen Augenblicken drehte sie sich um und verließ den Balkon. Sie wollte beim Frühstück noch einmal mit Szador über diese Herren der Ordnung sprechen.

Als die ersten Sonnenstrahlen Kahfo erreichten, herrschte dort bereits reges Treiben. Sindar fand diese Stadt sympathisch. Er war schon immer ein Frühaufsteher gewesen und in dieser Stadt schien dies auch die Regel zu sein. Das half ihnen natürlich. Bereits am frühen Morgen boten sie wieder ihre Waren an. Am späten Nachmittag waren sowohl die Waren als auch alle Lasttiere verkauft. Sindar und Duncan Idaho sowie ein Begleitschutz aus einem halben Dutzend Stahlwölfen machten sich mit dem Gold auf, den Händler zu besuchen. Dieser hatte natürlich schon von ihrer Ankunft gehört und ein kleines Päckchen geschnürt. Er nahm das Gold entgegen und lächelte zufrieden. „Ich danke Euch. Es ist überraschend wie schnell Ihr dieses Vermögen herangeschafft habt. Sicherlich ist Euer König ein mächtiger und reicher Mann.“ Sindar lächelte. „Weder noch. Zumindest jetzt nicht mehr.“ Er deutete auf die großen Goldmengen, welche in Ledersäcken auf dem Tisch lagen. Der Händler machte ein seltsames Gesicht und fuhr fort: „Aber Euch ist sicherlich bewusst, dass noch weitere Kosten auf Euch zukommen. Um den Samen zu einem stattlichen Baum zu ziehen benötigt Ihr einen Runenmeister.“ Duncan Idaho blickte nervös zu Sindar. „Ach tatsächlich?“ Doch Sindar nickte und lächelte wieder. „Sicherlich kennt Ihr auch einen Mann, der eine neue Stelle als Runenmeister sucht.“ Der Händler wurde etwas nervös und blickte kurz auf die im Raum verteilten Stahlwölfe. „Ja sicher,“ er lachte etwas zu schrill und schnappte dann kurz nach Luft, „man hat ja so seine Bekannten. Weiter unten die Straße runter lebt ein junger Halbelf. Nun, sie werden mit ihm natürlich keine Probleme haben. Anscheinend hat die Rasse einer Person bei ihnen kein Gewicht.“ Erschrocken schwieg der Händler kurz und hoffte sich nicht irgendwie in eine missliche Lage gebracht zu haben. Er musste unbedingt aufhören immer auf diese Gerüchte in den Tavernen zu hören. Die Gerüchte über seine Käufer konnten auch völlig falsch sein und ihm nun eine Menge Ärger bringen. Schließlich schluckte er und fuhr fort. „Der Bursche wurde von unserem alten Runenmeister ausgebildet, doch unser Herr hat sich gegen einen Halbelf aus Baumhüter ausgesprochen. Sicherlich wird er gerne mitkommen.“ Sindar nahm das Päckchen entgegen und nickte. „Wir haben tatsächlich keine Probleme mit Halbelfen. Wir werden ihn aufsuchen. Wie wird er genannt?“ Der Händler schien sichtlich erleichtert und antwortete: „Kertac wird er genannt. Sie werden ihn leicht erkennen. Sein ganzer Oberkörper ist mit seltsamen Runen tätowiert.“ Sindar neigte den Kopf. „Habt Dank.“

Die zwei Abteilungen standen sich auf der Orkebene gegenüber. Die Banner flatterten in einem lauen Wind. Verschwitzt und müde sahen sie aus und nicht mehr alle Lanzen wurde gerade empor gehoben. Bigfoot lächelte. Das von ihm erdachte Training hatte sich als sehr erfolgreich erwiesen. Solange sowohl Sindar Eltwyn als auch Duncan Idaho abwesend waren, hatte Bigfoot die Aufgabe übertragen bekommen, die neuen Freiwilligen in das Heer einzugliedern. Er hatte diese Aufgabe gerne übernommen und mit ihnen nach einer grundlegenden Ausbildung viele taktische Übungen absolviert. Das Freiwilligenheer war anders als die Heereseinheiten nicht spezialisiert. Es war im Prinzip die Infanterie fürs Grobe. Während die New Steel Wind zumeist eine Heereseinheit Bogenschützen stellte und somit die Fernkämpfer, die Stahlwölfe als schlagkräftige Sturmeinheit dienten, musste die reguläre Infanterie ganz andere Aufgaben bewältigen. Solche Dinge hatten sie die letzten Wochen geprobt. Oft spielten die Elfen der New Steel Wind die Feinde und schlichen sich nahe heran, um sie zu überraschen. Schnell begriffen die Neuen, wie leicht man sie erwischen konnte. Ähnliche Erfahrungen machten sie mit den Stahlwölfen und ihrer Fähigkeit Schlachtlinien zu durchbrechen. Bigfoot verfolgte solche Planspiele meist von einer kleinen Anhöhe aus. Oft schaute auch der König selbst vorbei und begutachtete die Fortschritte. Dies spornte die Truppen natürlich noch weiter an. Immer wieder spielte Bigfoot verschiedene Szenarien durch und übergab Anderen die Leitung über Abteilungen. Nach und nach suchte er sich so die Begabtesten heraus. Besonders tat sich dabei ein junger Halbelf namens Galandril hervor. Nach einigen Übungen entschloss sich Bigfoot den Halbelf zum Hauptmann zu ernennen. Er würde die Infanterie der Ordnung in Zukunft anführen und hoffentlich seine Aufgabe gut erfüllen. Bigfoot lies die Abteilungen in ihre Zelte zurückkehren. Natürlich waren sie nicht weit von der Stadt entfernt, aber ihre Baracken sahen die Soldaten erst nach dem Manöver wieder. Dann rief er Galandril zu sich um den morgigen Tag zu besprechen. Es vergingen zwei weitere Wochen bis die Infanterie der Ordnung ihr Feldmanöver beendet hatte. Zusammen mit den New Steel Wind und den Stahlwölfen hatten sie eine Menge gelernt. Besonders die Zusammenarbeit zwischen den Spezialisten und dem normalen Heer war sehr fruchtbar. Bigfoot schien zufrieden und gönnte den Truppen eine Ruhephase. Er berichtete noch einmal alles Baladnaran, obwohl sich dieser natürlich immer auf dem Laufenden gehalten hatte und sogar zweimal an Übungen überraschend teilgenommen hatte. Baladnaran beschloss bei dieser Gelegenheit, dass der Rang eines Adjutanten den Aufgaben die der Krieger übernommen hatte nicht gerecht wurde. In einer kleinen Zeremonie am Abend machte er Bigfoot zum Tribun der Ordnung. Nach diesem freudigen Ereignis kündigte sich am nächsten Morgen ein weiteres an. Die Karawane hatte das Territorium der Ordnung erreicht und war nun nur noch einen Tag von der Stadt entfernt. Ein Bote von einem kleinen Vorposten hatte von der bevorstehen Ankunft berichtet. Makabre zeigte sich besonders erfreut. Sein neues Projekt, eine Taverne, würde genau zum großen Pflanzungsfest fertig werden. Natürlich schien für ihn die Eröffnung der Taverne „Zum gebratenen Bambi“ das größere Ereignis zu sein. Als man ihn darauf hinwies, bemerkte er nur. „Was ist Euch wichtiger. Blätter oder Bier?“ Auf eine Antwort brauchte er im Grunde nicht zu warten und so lächelte er nur schelmisch und verschwand um die letzten Arbeiten zu überwachen.

Es war ein sonniger Tag. Nur wenige Wolken waren am Himmel zu sehen. Ein starker Wind wehte über den Hügel auf dem die Stadt thronte. Die Banner der Ordnung flatterten wild im Wind und bildeten ein recht buntes Meer über den Köpfen der versammelten Menge. Baladnaran stand in der Mitte des großen Platzes der Stadt. Fast alle Bewohner der Stadt hatten sich versammelt um diesem Ereignis beizuwohnen. Rüstungen glänzten frisch poliert in der Sonne. Schilde und Waffen klapperten leise. Dann erhob Baladnaran die Stimme. „Freunde! .... Diener der Ordnung! ... Herren der Ordnung! Es ist nun an der Zeit unseren großen Traum zu verwirklichen. Ihr alle habt Euren Teil hierzu beigetragen!“ Er deutete auf ein kleines Loch in der Erde und den daneben stehenden jungen Runenmeister, der nervös lächelte, als sich alle Blicke auf ihn richteten. „Viele haben in den letzten Monaten ihr Leben gelassen. Hart haben wir für diesen Ort gekämpft. Doch wir haben das Chaos bezwungen, es ausgetrieben aus diesem Ort und diesen der Ordnung untertan gemacht. Dies ist nun unsere Heimat. Der Keim einer neuen Ordnung. Und ihr seit seine Boten.“ Er machte eine Pause und lies die Worte wirken. Die Versammelten schienen inzwischen hingerissen von der Rede. Zwar hielt ihr König selten Reden, doch war dies der Fall, schienen alle wie gebannt. „Dieses Königreich wird die neue Hoffnung sein. Wir werden die Hoffnung bringen ... und die Ordnung. Möge diese Stadt die Säule der Ordnung sein. Die Ewige Stadt der Ordnung!“ Die Massen brachen in ohrenbetäubendes Gejubel aus und Hochrufe auf ihren König schallten über die Stadt. Schließlich, nachdem sich die Zuhörer wieder etwas beruhigt hatten, gab Baladnaran dem Runenmeister ein Zeichen. Er legte den Samen in die Erde und sprach einige seltsame Worte. Dann zeichnete er um das Erdloch Runen auf den Boden und sang in einer fremden Sprache. Ein helles magisches Licht glühte langsam auf und umgab den Samen. Nach und nach erhob sich ein schmales Pflänzchen, kaum als junger Baum zu erkennen, aus der Erde. Der Baum reichte dem Runenmeister kaum bis zur Hüfte, trotzdem schien er überglücklich und wand sich wieder dem König zu. Auf ein Zeichen trat Makabre vor und rief: “Mag nun diese Stadt wohl einen Baume haben, doch wahrlich wirklich wertvoll macht wohl nur eines diese Stadt. Kommt zu mir in meine neu erbaute Taverne. Sei dies ein Freudentag, ob nun wegen Taverne oder Baum. Ich seh schon, reichen wird das Bier wohl kaum.“


Ein Teufel aus der Wüste

In den kommenden Wochen wuchs der Baum der Stadt erstaunlich schnell. Immer wieder kamen Bewohner der Stadt und bewunderten ihn, während der junge Runenmeister ihn so sehr umsorgte und pflegte, dass man ihn inzwischen den „Baum Papa“ nannte. Die Stadt selbst wuchs inzwischen nicht mehr so schnell wie kurz nach der Gründung. Die ersten Ströme neuer Streiter der Ordnung ebbten langsam ab und es kehrte etwas Ruhe ein. Die Mauern um die Stadt, welche teilweise noch von den Ruinen stammten, waren inzwischen vollständig neu errichtet und dicke Türme schützten die Stadt vor Angreifern. In dem inzwischen etwas weiter ausgedehnten Reich, es hatten sich zwei weitere kleine Dörfer der neuen Ordnung angeschlossen, hatte man Vorposten errichtet. Alle paar Tage trafen Boten, Waldläufer und Späher von den Grenzen ein und berichteten dem König. Noch immer galten die Grenzen als wenig sicher, auch wenn die neu errichteten Vorposten die Grenzen weiter befestigten.

Eines Tages ritt ein Eilbote vom südlichen Vorposten durch die Tore der Stadt. Eilig bahnte er sich seinen Weg durch die Massen auf den Straßen und hielt direkt vor dem Regierungssitz von Baladnaran an. Dort sprang er vom Sattel, kaum dass das Pferd gestoppt hatte und eilte in die Vorhalle um seine Nachricht zu überbringen. Staubig und voller Schmutz berichtete er von neuen Vorkommnissen an der Grenze. Ein Waldläufer behauptete einen Irekei gesehen zu haben, der sich in der Umgebung des Vorpostens herum trieb. Aber das war nicht alles. Ein kurz benutztes Nachtlager hatte ein anderer Waldläufer gefunden und auch dieses wies auf ungebetenen Besuch hin. Dies war natürlich eine Entwicklung, die alle Berater in helle Aufregung versetzte. Es war gut möglich, dass dieser Irekei ein Späher war. Stand ein Angriff bevor? Was sonst konnte ein einzelner Irekei, Diener des Drachen, hier suchen? Die Herren der Ordnung waren die direkten Feinde des Chaos. Damit wohl auch der Irekei. Es folgten lange Diskussionen in den steinernen Hallen des Thronsaales. Lange Zeit hörte der König nur zu und blieb stumm auf seinem Thron, der auf dem Drakenschädel errichtet war sitzen. Schließlich, es war schon spät, unterbrach er seine Berater und gab seine Entscheidung bekannt. Baladnaran hatte beschlossen eine Abteilung Waldläufer auszusenden um diesen Irekei Späher zu beobachten. Mehr wollte er im Moment nicht tun. Viele ihrer Truppenteile waren noch nicht völlig aufgestellt. An vielen Stellen, vor allem an den Grenzen gab es noch Probleme. Ab und zu ein kleiner Trupp marodierender Orks oder ein Rudel Riesenwölfe. Im Grunde waren die Grenztruppen in ständiger Alarmbereitschaft. Vorerst wollte er kein wirkliches Heer in den Süden schicken und damit die ewige Stadt ohne große Verteidigung lassen. Die kleine Abordnung musste vorerst genügen, bis mehr Informationen eintrafen.

Stöhnend warf er die Hände über dem Kopf zusammen. Seine Schwester sprach schon wieder von diesen Herren der Ordnung. Seitdem ein weiterer Reisender in der Taverne von dieser Stadt, der ewigen Stadt, gesprochen hatte, schien seine Schwester von diesem Thema besessen. Offensichtlich faszinierte sie die Idee der Ordnung. Gut, gab Szador zu, sie entsprach in gewisser Weise auch dem, was sie bei den Zauberwebern praktizierten. Unausgesprochen zwar, aber auch bei der Witchcraft gab es keine Vorurteile gegen andere Rassen. War es seine Bestimmung, so konnte jeder in ihre Gemeinschaft aufgenommen werden. Szador nahm noch einen Schluck Bier und stellte den Krug etwas zu energisch auf den Tisch. Molly blickte ihn tadelnd an. Er zuckte nur mit den Achseln und blickte in gewisser Weise resignierend auf die Elfe. „Gut, gut. Wir schauen uns diese Stadt einmal an. Wir wurden immerhin eingeladen den König zu sehen.“ Molly lächelte überglücklich. „Ich bin mir sicher, es ist zum Besten der Gilde. Ich fühle es...“. Szador nickte. Vielleicht ergab sich tatsächlich etwas. Außerdem benötigten sie dringend einige Waren. Sicherlich würde einiges davon in der Stadt zu finden sein.

Drei Tage später beobachteten die Waldläufer die Bewegungen des Irekei. Sie hatten ihn sehr schnell aufgespürt und bemerkt, dass er kaum seine Spuren verwischte. Nach einigen weiteren Tagen verlor er fast gänzlich die Motivation zu diesem Versteckspiel. Einige der Waldläufer mutmaßten schon, er tue dies mit Absicht. Bisher hatten sie sich ihm nicht gezeigt und er schien sie nicht bemerkt zu haben. Also spielten sie das Spiel weiter. Der Irekei schlich weiter an der Grenze entlang und beobachtete ab und zu eines der Dörfer. Weitere Irekei waren nicht in der Gegend und seine Ausrüstung war nicht die eines Spähers. Er war wohl auf sich allein gestellt. Doch so dumm war der Irekei schließlich doch nicht. Eine Woche nach Beginn der Beobachtung, es war ein kühler Morgen, schlich sich der Irekei wieder herum. Plötzlich stand er einfach auf und ging auf die Waldläufer zu. Diese waren davon mehr als überrascht und verharrten in ihren Verstecken. „Ich grüße Euch. Ihr folgt mir schon einige Tage, vermutlich länger, habe ich recht? Ich bin in keiner feindlichen Absicht hier, das möchte ich Euch versichern!“ sagte der Irekei aus der Distanz. Der Anführer der Waldläufer trat nach einer kurzen Pause hinter einem Gestrüpp hervor. „Was sucht Ihr dann an unseren Grenzen, Diener des Drachen?!“ Als er den Irekei als Diener der Drachen bezeichnete, zuckte dieser kurz zusammen und verzog sein Gesicht. „Nun, um ganz offen zu sein. Ich suche eine neue Heimat.“ Der Anführer der Waldelfen riss überrascht die Augen auf. „Hier?“ Der Irekei nickte. „Warum nicht? Mein Volk verstieß mich weil ich nicht an den Drachen glauben mochte. Nein, verstoßen ist nicht das richtige Wort.“ Er machte eine kurze Pause und sein Gesicht wurde bitter. „Man ächtete, folterte und jagte mich. Erst dann trieb man mich aus meiner Heimat. Was läge nun näher als sich den Feinden meines Volkes anzuschließen. Ich hab von den Herren der Ordnung gehört und mir scheint, dies ist etwas an das ich eher glauben kann.“ Die Waldläufer berieten sich lautstark und waren sichtlich verwirrt. Nach einer Weile entschloss sich der Anführer der Waldläufer zu einer gewagten Tat. „Ich nehme Euch mit zum König. Er wird über Euch entscheiden müssen. Einen solchen Fall gab es noch nie.“ Er machte eine kurze Pause. „Aber ich warne Euch, stellt sich heraus, dass ihr ein Spion seid, gelingt Euch mit Sicherheit keine Flucht.“ „Ich werde Euch friedlich folgen und seit versichert, nie mehr würde ich etwas für mein Volk tun.“ Der Waldläufer nickte. „Dann kommt.“


Die Zauberweber
(Besuch in der ewigen Stadt)

Szador blickte sich erstaunt um und wehrte gleichzeitig zwei aufdringliche Händler ab. Die schien es hier überall zu geben. Vermutlich schliefen diese Leute nie, denn gerade erst war die Sonne aufgegangen, als sie die Stadt erreichten. Das letzte Stück hatten sie im Morgengrauen zurückgelegt und man hatte sie ohne Probleme durch die Tore gelassen. Nun bewunderte Szador die Festungsmauern und zog seine Schwester an der Robe, um sie auf weitere Einzelheiten der Befestigung hinzuweisen. Aber Molly war bereits in Gedanken in einem der Läden links von ihnen. Ein Magier bot dort seltene Kräuter, Elixiere, Reptilien und andere Reagenzien an. Schnell bemerkte auch Szador dies und rollte die Augen. Er würde den Geldbeutel fest am Gürtel halten müssen, sonst konnte es geschehen, dass Molly die Gilde für die nächsten zehn Jahre mit Reagenzien ausstatte. Langsam kamen immer mehr Leute auf die Straßen der Stadt. Zumeist Menschen und Elfen, aber auch einige Halbelfen und Zwerge. Szador glaubte auch einen Halbriesen zu sehen, doch bevor er richtig hinschaute war dieser schon in einer Schmiede verschwunden. Nach und nach legte sich ein regelrechtes Summen über die Stadt. Die ewige Stadt erwachte zum Leben und nahm ihre Geschäfte auf. Immer mehr Händler tummelten sich auf der Straße oder standen vor ihren Läden und versuchten Kunden anzulocken. Von dieser Flut aus Eindrücken getragen, welche sich so sehr von dem gemächlichen Tagesablauf in Coven unterschieden, gingen Molly und Szador tiefer in die Stadt. Die ewige Stadt war offensichtlich gut angelegt worden. Die meisten großen Straßen endeten in der Nähe des gut bewachten Baum des Lebens. Der Baum stand in der Mitte eines Platzes, auf dem reges Treiben herrschte. Überall liefen Leute umher, eine Abteilung Stadtwachen marschierte mit viel Lärm über den Platz und wieder flitzen zwischen all den Leuten die lästigen Händler herum. Auf der einen Seite des Platzes erhob sich ein mächtiges Gebäude. Es wurde gerade ausgebaut und sah daher nicht ganz so majestätisch aus, wie man es von einem Regierungssitz erwartete. Dennoch war Szador von dem Bau beeindruckte. Deutlich erkannte er, dass sich hinter dem äußerlichen Prunk eine vollkommen praktische Bauweise verbarg. Der Regierungssitz war eine Festung, kein Palast. Inzwischen war es fast Mittag und Szador knurrte laut hörbar der Magen. Als die ersten Passanten sichtlich erschreckt aufsahen, gab Molly nach und beendete ihre Einkäufe. Sie entschlossen sich in der Taverne „Zum gebratenen Bambi“ einzukehren und anschließend den geplanten Besuch beim König zu absolvieren.

Die Sonne hatte fast ihren Zenit erreicht, da traf der Trupp Waldläufer mit dem Irekei vor der Stadt ein. Sie waren schnell gewandert und so hatte kein Bote ihr Kommen angekündigt. Das Gesicht der Stadtwachen am Tor war dementsprechend, als sie den dunkelroten Irekei vor sich sahen. Schnell waren ein halbes Dutzend Lanzen auf seine Brust gerichtet und einige Soldaten liefen davon um den Hauptmann zu holen. Der Irekei beobachtete seine Verwahrung ruhig und gelassen. Die Waldläufer hatten ihn auf so etwas vorbereitet, auch wenn sie ihm nicht trauten, hatten sie ihn vor einer Panikaktion schützen wollen. Niemand hatte etwas davon, wenn er in Panik in eine Lanze rannte.

Der Wildbraten schmeckte wirklich vorzüglich, daher griff Szador abermals zu. Die recht große Taverne legte offensichtlich viel Wert auf ihre Küche und auch für musikalische Unterhaltung war gesorgt. Im Moment aber hatte der Barde Pause und dem Wirt persönlich Platz gemacht, der einige witzige Reime auf den König darbot. Das überraschte Molly sehr. Aber als sie eine Bedienung fragte, ob der Wirt nun nicht Ärger mit dem König bekam, lächelte diese nur und schüttelte den Kopf. Ein Tischnachbar erklärte, dass der König selbst alle paar Wochen hierher kam und sich diese Darbietungen anhörte. Einmal soll er gesagt haben, der Wirt Makabre ist besser als jeder Berater, denn er spricht aus, was sich sonst niemand traut. Molly zog überrascht eine Augenbraue in die Höhe. Sie hatte zwar große Erwartungen an diese Herren der Ordnung geknüpft, doch bisher schienen sich alle zu erfüllen. Nun, sie hatte es schon in Coven gefühlt und gewusst, dass dieser Bigfoot nicht nur dick aufgetragen hatte. Auch Szador schien recht beeindruckt, aber eher von dem Braten vor sich.

Lady Dorkas de Hell blickte in die Runde. Die Amazone kam gerade von einer langen Reise zurück. Man hatte sie in den Süden geschickt um dort Informationen zu sammeln und nach Verbündeten zu suchen. Nun Informationen, Gerüchte und andere Nachrichten hatte sie genügend zurückgebracht. Leider keine neuen Verbündeten und das wurmte sie, wie sie sich eingestehen musste. Sie war schon immer ehrgeizig gewesen und hatte sich große Ziele gesteckt. Gerade aus diesem Grund war sie sehr schnell bei den Herren der Ordnung akzeptiert und mit besonderen Aufgaben betraut worden. Allerdings störte sie der Begriff „Herren“ der Ordnung immer noch. Sie trank einen Schluck Met und musterte die Kerle an der Bar. Diese lachten schon eine Weile und deuten auf sie. Innerlich lächelte sie und wartete.

Szador hatte inzwischen sein Mahl beendet und spülte mit einem Humpen Bier nach. Erst jetzt bemerkte er, dass seine Schwester jemanden links von ihnen beobachtete. Langsam blickte er auch in diese Richtung und sah eine gut gebaute Frau mit langen, blauem Haar. Sie trug eine bronzene Rüstung und sah darin noch richtig gut aus. Schnell erkannte er, dass es sich um eine Amazone handeln musste. Diese Kriegerfrauen traf man selten an so geselligen Orten und so betrachtete er sie weiter um ihre Ausrüstung zu studieren. Einer der Kerle an der Bar lachte laut auf und rief: „Wetten das?“ Ein Zweiter lies seinen Krug auf die Theke krachen, eine Menge Bier spritze heraus und antwortete: „Nee du doch net!“ Dann lachte er ebenfalls. Der Erste stand auf und klemmte seine Daumen in den Gürtel. Mit geschwellter Brust und stolzem Schritt kam er auf die Amazone zu. „Na Kleines? So allein heute?“ Lady Dorkas blickte auf und lächelte eisig. „Besser alleine als mit dir.“ Das brachte dem Mutigen schallendes Gelächter seiner Kumpane ein. Natürlich spornte ihn das weiter an. Er griff der Amazone ins blaue Haar. „Schöne Haare, diese Farbe....“ Bevor er aber den Satz beenden konnte lag er auf dem Boden, die Amazone hatte sich auf ihn geschwungen. Erschrocken von dieser Reaktion ging ein Raunen durch die Taverne. Der Wirt rief etwas von „Nicht schon wieder Dorkas“ und eilte aus der Küche hervor. Die Kumpanen an der Theke fanden es im Übrigen wenig amüsant, dass ihr Freund von einer Frau auf den Boden gelegt wurde. Zumindest in dieser Situation. Sie sprangen wie ein Mann auf und gingen auf die Amazone los. Schnell brach ein Tumult los, als ein weiterer Mann auf dem Boden landete und dabei zwei Stühle mitnahm. Gäste versuchten sich in Sicherheit zu bringen, der Wirt Makabre schimpfte laut durch die Gegend und rief nach Wachen. Molly und Szador entschlossen sich ebenfalls den Laden zu verlassen und standen wenig später mit vielen anderen Gästen vor der Taverne. Durch die Fenster beobachtete man den Kampf drinnen. Die Amazone hatte alle Männer bis auf zwei inzwischen auf den Boden befördert. Weitere Tische und Stühle waren dabei zu Bruch gegangen. Doch nun schritten Stadtwachen ein und stürmten die Taverne. Schnell war die Prügelei beendet und das Interesse lies nach. Szador wollte gerade in Richtung einer Schmiede gehen, da rannte jemand auf den Platz. „Ein Irekei ist in der Stadt! Er will zum König!“

Schnell machte die Nachricht die Runde und es kam eine große Menschenmenge auf dem Platz zusammen. Der Irekei, seinen Namen verschwieg er weiterhin, ging unsicher durch die Straßen der Stadt. Er wurde von einem Dutzend Stadtwachen begleitet, die ihn flankierten. Der Hauptmann der Stadtwachen blickte sich nervös um und war sich sicher, jeden Augenblick würde jemand einen Stein werfen. Doch die Bevölkerung blieb überraschend ruhig. Zwar blickten viele misstrauisch den Irekei an, doch niemand machte Anstalten die Prozession zu stören. Natürlich bildete sich vor den Stadtwachen schnell eine Gasse in der Menge und sie kamen zügig voran. In kürzester Zeit erreichten sie den Platz. Gegenüber ragte der Regierungssitz auf. Als sie den Platz betraten und der Irekei für die Leute in Sicht kam hob sich ein Raunen aus hunderten Stimmen über den Platz. Inzwischen stand dem Irekei deutlich der Schweiß auf der Stirn. Offensichtlich war er sich nun nicht mehr so sicher, ob der Besuch bei den Herren der Ordnung eine so gute Idee gewesen war. Aber ein Zurück gab es nicht mehr. Die Massen machten dem Trupp den Weg frei und sie überquerten den Platz. Aus dem Gebäude trat ein hochgewachsener, schlanker Mensch. Er trug die Kleidung eines Regierungsbeamten, doch die Narben im Gesicht und das Schwert an seinem Gürtel zeigten deutlich, dass er eigentlich ein Krieger war. Er empfing die Gruppe einige Meter vor der breiten Treppe, die zu den Toren des Gebäudes führte. Die Stadtwachen grüßten den Mann und brachten die Bitte des Irekei vor. Der Mensch blickte den rothäutigen Irekei einen Augenblick an bevor er ihn begrüßte. „Ich grüße dich, Irekei. Ich bin Bigfoot, Tribune der Ordnung und Heerführer des Reiches. Eurem Wunsch wird stattgegeben. Der Drachenstecher, Halter des Drachenstecherthrons, König Baladnaran wird Euch empfangen.“ Der Irekei nickte nur stumm und schien sich ein wenig zu entspannen. Bigfoot wollte sich bereits abwenden und den Irekei in das Gebäude führen, da erblickte er zwei bekannte Gestalten in der Menge. Er winkte eine Wache heran und wies auf die zwei Personen, dann führte er den Irekei in das Gebäude. Molly und Szador waren überrascht, als die Wache sie bat, ebenfalls in den Thronsaal zu kommen. Sie hatten Bigfoot in der prächtigen Kleidung zuerst nicht erkannt und sich über die Geste gewundert. Nun hatten sie also doch noch eine Chance den König zu sehen und sogar bei einer scheinbar recht sonderbaren Audienz dabei sein zu können. Sie folgten der Wache in das Gebäude hinein.


Die Audienz

Der Thronsaal war prächtig ausgestattet. Zwar glänzte wenig Gold oder Silber, doch zeigten prächtige Wandteppiche und Mosaike die Taten der Helden der Ordnung. Der längliche Saal lief auf den erhöht stehenden Drachenstecherthron zu. Schon von weitem konnte man erkennen, worauf der Thron stand. Die Hörner eines großen Draken Schädels ragten an den Seiten des Throns empor. Ihre Spitzen waren vergoldet und leuchteten im Schein der Fackeln und der einfallenden Sonne. Die Pracht war um den Thron am größten und demonstrierte sowohl die gewonnene Macht der Herren der Ordnung, als auch die Verehrung der Bevölkerung. Viele Dinge hier im Saal, waren Geschenke von einfachen Untertanen, so die meisterhaft gewebten Wandteppiche mit den Szenen aus vergangenen Schlachten. Der König Baladnaran saß auf seinem Thron und blickte auf die weiter unten versammelten Bittsteller, Zuhörer, Würdenträger und Berater. Seine treusten Berater und sein Tribun standen zwei Stufen unter dem Thron. Taker und Tohen stritten leise über ein Thema und achteten kaum auf den momentanen Bittsteller. Nur Bigfoot hörte aufmerksam zu. Der Bauer, sein Name war Gorl, lebte mit seiner Familie nahe einem der neuen Außenposten. Er versorgte diesen, wie er nicht vergaß zu erwähnen, mit vorzüglichem Gemüse. Aber in letzter Zeit wurden seine Felder immer wieder von übergroßen Wildschweinen verwüstet. Gorl hatte dafür keine Erklärung, denn diese Art von Wildschweinen lebte normalerweise tief im Wald und war sehr scheu. Nun hatte Gorl und auch die anderen Bauern der Gegend Angst, irgend etwas könnte die Wildschweine aus dem Wald getrieben haben. Orks womöglich. Der König hörte dem Bauern zu und blickte dann zu seinen Beratern. Doch bevor Tohen und Taker sich wieder auf das Thema konzentriert hatten, trat Bigfoot an den Thron heran und sprach leise mit dem König. Dieser nickte kurz und wand sich dem Bauern zu. „Ich schicke einige Waldläufer der New Steel Wind mit dir. Sie sollen die Wälder auskundschaften. Sollten die Wildschweine weiter deine Felder verwüsten, werden die Waldläufer die Schweine erlegen.“ Der Bauer dankte überschwänglich und verneigte sich ein halbes dutzend Mal vor dem König, bevor ihn eine Wache aus dem Saal führte. Die Berater und der Tribune unterhielten sich leise und schließlich verließ Tohen den Saal um etwas zu erledigen. Bigfoot blickte wieder in den Saal. Das war nun die dritte Meldung über ungewöhnliche Vorgänge an den Grenzen im Norden. Außerdem hatte Tohen von einem Händler beunruhigende Gerüchte aus dem Norden gehört. Es soll Unruhen oder Kämpfe im Barbarenreich von Theoden Bärenklaue geben. Genaues hatten sie noch nicht erfahren, doch nun sollten sich die Waldläufer diesem Thema annehmen. Die Wildschweine würden sie innerhalb eines Abends geschossen haben. Danach würden sie weiter nach Norden ziehen um Informationen zu sammeln. Bigfoot zupfte seine Kleidung zurecht. Ihm war eine richtige Uniform lieber, doch diese Bequemlichkeit konnte er sich nicht leisten wenn er einer Audienz beiwohnte. Der König hatte ihm zum Symbol des Heeres gemacht und als solches stand er nun neben dem Thron. Ob es Bigfoot gefiel oder nicht, neben seinen Aufgaben als Heerführer gehörten auch diese Pflichten dazu.

Molly Witchblade musterte die Wandteppiche und lies sich durch die Darstellung erzählen, wie die Herren der Ordnung diesen Ort erobert hatten. Bisher war die Audienz zäh und langweilig gewesen. Irgendwie hatte sie erwartet, das Leben eines Königs würde aus mehr interessanten und wichtigen Entscheidungen bestehen. Doch die bisher behandelten Dinge waren mehr als alltäglich und ähnelten den Problemen, welche sich zuhause in Coven auch ergaben. Gerade wollte sie sich dem nächsten Teppich zuwenden und ihn betrachten, als ein leises Raunen durch den Saal ging. Der Irekei trat vor den Thron.

Baladnaran lehnte sich auf seinem Thron vor und musterte den Irekei. Schließlich neigte er den Kopf und lächelte. „Nun Irekei, ich hörte ihr wünscht eine Audienz?“ Der Irekei war nervös, zeigte dies aber nicht übermäßig. „So ist es Herr, ich habe einen Wunsch.“ Der König zog eine Augenbraue empor. „So? Was wünscht Ihr denn?“ „Nun König, ich möchte mich Eurem Heer anschließen.“ Irgendwo im Saal erscholl ein kurzes Lachen, welches aber schnell verstummte. Kurz senkte sich absolute Stille über den Saal. „Dienst du nicht dem Chaosbringer, dem Drachen?“ fragte Baladnaran in die Stille. Der Irekei blickte verächtlich auf, als der Drache genannt wurde. „Nein, ich diente ihm noch nie, auch wenn mein Volk dies von all seinen Kindern verlangt.“ Er lächelte schief. „Man könnte sagen, irgendetwas ging bei mir schief. Zumindest meinte dies einmal mein alter Lehrer.“ Doch schnell wurden seine Züge wieder bitter. „Aber man bestrafte mich für diesen Unwillen und trieb mich schließlich aus meiner Heimat.“ Der König hörte fasziniert zu, als der Irekei weiter seine Geschichte erzählte. Sein Wunsch war klar, doch dieser schien unglaublich. Bei aller Toleranz der Herren der Ordnung, ihrer Ideen alle Rassen gleich zu behandeln, an einen Irekei hatte dabei nun wirklich Niemand gedacht. Noch während der Irekei seine Geschichte erzählte, war leises Gemurmel im Hintergrund entstanden.

Auch Szador lauschte dem Gemurmel und schnappte einiges auf. „Da können wir ja gleich einen Draken aufnehmen...“ „Sicherlich ein Spion“ und ähnliche Aussagen waren zu hören. Szador war gespannt, wie der König diese Gradwanderung zwischen seiner Idee und dem Misstrauen seiner Leute angehen würde. Der König beriet sich lange und einige Audienzen wurden auf den späten Abend verlegt. Auch der Empfang der Gildenvertreter der Witchcraft verschob sich. Bigfoot persönlich entschuldigte sich bei Molly und Szador, doch angesichts dieser außergewöhnlichen Umstände war dies natürlich für die Geschwister verständlich.

Schließlich schien Baladnaran einen Entschluss gefasst zu haben. Er erhob sich würdevoll von seinem Thron. „Ihr habt einen sehr außergewöhnlichen Wunsch geäußert Irekei. Die Idee unseres Reiches beruht auf Gleichheit, Toleranz und dem unablässigen Streiten für die Ordnung. Ihr seit in den Augen einiger meiner Berater ein Spion, andere halten sie für verrückt oder glauben ihnen. Trotz Gleichheit der Rassen und der Toleranz die wir üben gibt es Ausnahmen. Ihr seid so eine Ausnahme. Ich, König Baladnaran, der Drachenstecher und Halter des Drachenstecherthrons kann Euch nicht sofort aufnehmen. Viel Misstrauen würde gesät durch Eure Anwesenheit.“ Der Irekei lies den Kopf hängen, blieb aber gefasst und hörte weiter zu. „Doch unsere Prinzipien verbieten uns, einen freiwilligen Diener der Ordnung abzuweisen. Ich habe beschlossen, dir eine Aufgabe zu geben. Erfülle diese und diene damit der Ordnung. Durch diese Aufgabe kannst du dich beweisen.“ Der Irekei schien erstaunt und auch der Hofstaat hatte wohl nicht mit so einer Entscheidung gerechnet. „Was soll ich tun mein König?“ fragte der Irekei. „Geh an die Grenzen unseres Reiches im Osten. Dort wirst du das Chaos suchen und vernichten. Ein Jahr sollst du dort dieser Aufgabe nachgehen. Wenn du deine Aufgabe gut machst und überlebst, werden meine Waldläufer mir davon Kunde bringen. Dies soll deine Prüfung für die Ordnung sein. Und nun geh!“ Der König hob bei den letzten Worten den Arm und zeigte nach Osten. Der Irekei verneigte sich tief und dankte dem König, dann wurde er von Wachen nach draußen gebracht. Gemurmel hob sich im Saal und erfüllte diesen. Die Entscheidung des Königs würde einige Zeit für Gesprächsstoff sorgen.

Szador und Molly saßen an einem Tisch in der Taverne und diskutierten leise. Molly schien mehr denn je überzeugt zu sein, dass ein Bündnis mit diesem König ihrer Gilde eine Menge Möglichkeiten bot. Die Entscheidung bezüglich des Irekei war aber auch für Szador sehr überzeugend gewesen. Ihm ging es nun um den praktischen Nutzen dieses Bündnisses. Was hatten sie davon, sich diesem König anzuschließen? Würden sie Steuern zahlen müssen? Oder Truppen stellen? Das Reich war jung und wurde sicherlich bedroht. Schließlich entschlossen sie sich den Abend abzuwarten. Das Gespräch mit König Baladnaran würde auf jeden Fall interessant werden. Am Abend wurden sie dann tatsächlich empfangen. Das Gespräch fand nicht im großen Thronsaal statt, sondern in einem kleineren Nebenraum. Es waren weit weniger Personen anwesend als Szador das erwartet hätte. Zwei Wachen flankierten die Türe durch die sie gekommen waren. Ein Schreiber saß etwas abseits und würde wohl das Gespräch festhalten. Sie selbst saßen um einen kleinen, runden Eichentisch herum. Neben dem König waren noch drei weitere Berater und der Tribun anwesend. Die drei Berater stellten sich förmlich vor. Der erste war Sindar Eltwyn, dann Tohen und der dritte Berater war Taker. Den Tribun Bigfoot kannten die Geschwister schon aus Coven. Seit ihrem letzen Gespräch in der Taverne in Coven schien er befördert worden zu sein. Nach einer weiteren kurzen Begrüßung und ein wenig allgemeinen Gesprächen kam man zur Sache. Der König war sehr an magischer Verstärkung seiner Truppen interessiert. Auch die Heilkunde und andere Anwendungen schien er für sehr nützlich zu halten um sein Reich noch mehr aufblühen zu lassen. Dies waren Dinge, welche Coven bieten konnte. Baladnaran bot im Gegenzug an, das Dorf unter seinen Schutz zu stellen und sobald ihr Baum des Lebens erste Samen tragen würde, ihnen einen Samen zu überlassen. Eine Steuer sollte es nicht geben, wenn die Gilde Witchcraft eine Heereseinheit Zauberweber aufstellen würden, um dem Reich beizustehen. Szador und Molly erschien das Angebot akzeptabel. Schutz für das eigene Dorf, dafür aber auch als Gegenleistung Truppen, falls das Reich an anderen Ecken bedroht war. Dazu ein Samen für einen Baum des Lebens. Dies würde ihr Coven zu einer richtigen Stadt machen. Nach weiteren, zähen Verhandlungen um Details wurde ein Vertrag aufgesetzt. Doch Szador und Molly wollten vor der Unterzeichnung zuerst die anderen Gildenmitglieder befragen. Alle Beteiligten schienen zufrieden und so lud Baladnaran seine potenziellen Verbündeten zu einem kleinen Abendbankett ein. Zur Feier des Tages, wie er meinte.


Sturm am Horizont

Duncan Idaho befahl seinen Stahlwölfen sich zurück zu ziehen. Ein taktisches Manöver, welches seine Truppen noch nicht so gut beherrschten. Nun, sie waren schließlich eine Sturmeinheit und von ihnen erwartete man dies auch nicht. Dennoch mochte Duncan die Möglichkeit nicht ausschließen, dass so ein Manöver einmal nötig war oder befohlen wurde. Besser, es schon jetzt einmal geübt zu haben. Er wischte sich den Schweiß von der Stirn und blickte über die Ebene. Etwa einen Kilometer weiter drillte der Tribun Bigfoot zusammen mit dem Hauptmann Galandril weitere Abteilungen. So aktiv wie die letzte Woche waren diese Truppenübungen zur Koordination und ähnlichem schon lange nicht mehr durchgeführt worden. Offensichtlich lag etwas in der Luft. Aber dem Kriegsrat, also dem militärischen Planungsstab, hatte man noch nicht zusammen gerufen. Zu diesem gehörte er als Anführer einer Heereseinheit nämlich auch. Vielleicht war doch nichts dran an seinen Vermutungen, dachte er und wand sich wieder seiner Abteilung zu. Dennoch würde er heute einige Extrastunden einlegen, beschloss er und brüllte einen Befehl zum Abmarsch in die Hügel. Der Tribun stand auf einer kleinen Anhöhe und beobachtete das Schauspiel. Eine Abteilung des Heeres trainierte die Verteidigung bei einem Überraschungsangriff. Natürlich war es nicht wirklich eine Überraschung, wenn man wusste, dass heute eben jenes geübt werden sollte. Dennoch hielt Bigfoot dieses Training für wichtig. Wenn jeder wusste wo er im Ernstfall zu stehen hatte, war dies schon ein Gewinn. Wie aus dem Nichts tauchten plötzlich um die Abteilung die Waldläufer der New Steel Wind auf und spielten die Angreifer. Wie sie sich so nahe heran geschlichen hatten, war selbst Bigfoot schleierhaft. Aber das würde die Aufmerksamkeit der Truppe weiter schärfen. Sichtlich überrascht versuchten diese gerade eine Linie zu bilden. Noch nicht perfekt, aber ein Anfang, dachte Bigfoot. Er beobachtete noch eine Weile die Übungen, war aber in Gedanken schon bei anderen Dingen. Die Gerüchte aus dem Norden hatten sich bestätigt. Es herrschte anscheinend Chaos im Land von Theoden Bärenklaue und wenn das Königreich nicht bald Ordnung schaffen würde, war es dem Untergang geweiht. Schon jetzt zeigten sich viel öfter marodierende Truppen und Plünderer an den Grenzen der Herren der Ordnung. Noch schlimmer schien die Botschaft eines Spähers, er habe Chaoskrieger, Skelettkrieger und Orks ausgemacht. Ein Bürgerkrieg schien es zumindest nicht zu sein, was das Königreich im Norden heimsuchte. Baladnaran war besorgt und hatte die gesamte Nordgrenze in Alarmbereitschaft versetzt. Eine weitere Abteilung Waldläufer war in den Norden geschickt worden und das reguläre Heer wurde bereit gemacht. Noch hatte der König keine Befehle gegeben, doch schien er in Gedanken die Gefahr abzuschätzen. Es war gut möglich, dass er eine kleine Streitmacht in das nördliche Königreich entsandte um dort für Ruhe zu sorgen. Bigfoot wand sich wieder mehr den Übungen auf der Ebene zu. Die Truppen schlugen sich gegen den Überraschungsangriff doch relativ gut. Galandril war wirklich eine Entdeckung gewesen. Er führte seine Männer gut und hatte sie auch in diesem Fall gut organisiert. Bigfoot merkte sich einige Fehler, die er beobachtete und später bei der Besprechung anbringen wollte.

Vier Wochen nach ihrem Gespräch mit Baladnaran kehrten Szador und Molly Witchblade wieder in die ewige Stadt zurück. Sie hatten die Angelegenheit mit den Bewohnern von Coven und den Mitgliedern der Gilde besprochen. Der Vertrag sollte unterzeichnet werden. Als diese Nachricht den König erreichte, setzte er einen Festtag für den nächsten Tag an um dieses Ereignis würdig zu feiern. Als der Morgen herein brach, waren die Mauern der Stadt und auch die Türme über und über mit Bannern der Ordnung und der Witchcraft belegt. Die ganze Stadt schien ein Meer aus Fahnen zu sein. Überall wurde gefeiert, denn natürlich war dieser Zusammenschluss von Coven und der ewigen Stadt ein großes Ereignis. Außerdem war ein freier Tag nie zu verachten, war bei einer weiteren Bardenstunde von Makabre angemerkt worden. Gegen Mittag erschollen helle, glasklare Fanfaren über der Stadt und klangen bis tief in die Ebene hinab. Ein Festzug, mit dem König und den Repräsentanten der Zauberweber an der Spitze, zog durch die Stadt und lies sich vom Volk feiern. Eine Abteilung jeder Heereseinheit war in prächtigen Paradeuniformen oder glänzend polierten Rüstungen angetreten. Die Feier und das folgende Festmahl dauerten bis tief in die Nacht.


Nachricht aus dem Norden

Einen Monat später überwachte Taker die Bauarbeiten an der neuen Verbindungsstraße zwischen der ewigen Stadt und Coven. Da Coven in Zukunft eine wichtige Stelle eingeräumt werden sollte, war es unerlässlich, dass eine gute Straßenverbindung geschaffen wurde. Die Berichte über die unwegsamen Wälder und das nachfolgenden Moor waren korrekt gewesen. Taker hatte die besten Baumeister und Handwerker, sowie eine Abteilung des Heeres zu Pionieren zusammengefasst, um diese Aufgabe bewältigen zu können. In der ersten Woche hatten sie in unglaublicher Geschwindigkeit eine Straße nach Westen gelegt. Die Ebene und das Gelände bis zu den Wäldern im Westen war für die Arbeiter ein Kinderspiel gewesen. Doch schon die Steigung zu den Wäldern selbst hatte ihnen Kopfzerbrechen bereitet. Schließlich musste man einige eng geschwungene Kurven einziehen, bevor die Straße den Berg erklommen hatte. Von da an ging es sehr langsam voran. Taker war dennoch mit den Fortschritten zufrieden. Neben der Errichtung der ewigen Stadt war dies das größte Bauprojekt des Reiches. Unzählige Arbeiter mühten sich hier ab, doch gute Verbindungen zwischen den Eckpunkten des Reiches waren wichtig. Das hatte der König schnell erkannt, als Berichte aus den Grenzgebieten nur selten eintrafen, weil der Weg so beschwerlich war. Nun hatten sie eine breite Schneise durch die Wälder geschlagen und alle Wurzeln aus dem Boden gerissen. Eine wahre Plackerei für die Leute. Vor zwei Tagen schließlich hatten sie das Moor erreicht. Wie geplant lies Taker hier einen kleinen Posten errichten, da dieser Ort fast auf halben Weg zwischen dem beiden Endpunkten der Straße lag. Taker blickte auf das Moor und schüttelte den Kopf. Einige Arbeiter begannen gerade mit dem geschlagenen Holz und Aushub einen Damm durch das Moor zu errichten. Die Arbeiten, um das Moor zu durchqueren, würden noch lange Zeit in Anspruch nehmen. Aber wenn die Straße erst einmal fertig gestellt war, würden Boten innerhalb von wenigen Tagen ihre Nachrichten überbringen können.

Taker lies seinen Blick noch einmal über die Baustelle schweifen und beobachtete wie einige Arbeiter neue Stämme in den Boden rammten um den Damm zu befestigen. Dann wandte er sich um und begab sich in den neu errichteten Posten. Dort hatte er mit seinem Planungsstab das fertige Gebäude neben dem kleinen Aussichtsturm in Beschlag genommen. Als er dort durch die schmale Türe trat, tauchte er wieder in das Gewimmel ein, dem er kurze Zeit zuvor entflohen war um frische Luft zu schnappen. Die Luft war mehr als stickig und schien bald zu einem Nebel zu werden. Es waren eindeutig zu viele Personen in dem Gebäude und arbeiteten. Baumeister beugten sich über Karten und Pläne, Vorarbeiter kamen und gingen. An einem extra Tisch ordnete ein Leutnant die Berichte an den König und eine Unzahl weiterer Leute liefen umher, um ihre Aufgaben zu erfüllen. Als der Leutnant an seinem Tisch Taker erblickte sprang er auf und überreichte ihm ein Blatt Papier. „Gut das Ihr kommt, Herr. Ein Bote brachte dies vor kurzem. Ich habe schon Leute ausgeschickt um Euch zu suchen.“ Taker nahm das Blatt und überflog es. Er runzelte die Stirn und wand sich an einen der Baumeister. „Tyrdiel, Ihr übernehmt meine Aufgaben. Der König hat mich an seinen Hof beordert. Ich muss so schnell wie möglich aufbrechen.“ Tyrdiel verneigte sich. „Ich werde das Projekt im Zeitplan erfüllen, Herr.“ Taker nickte. „Gut,“ er wandte sich an den Leutnant, „und nun soll sich meine Eskorte bereit machen.“

Einige Tage später hatten sich alle Berater um den König versammelt. Es war ein wolkenverhangener Abend und in der Ferne grollte ein Gewitter. Leichter Nieselregen war schon den ganzen Tag auf die ewige Stadt niedergegangen und hatte alles in Schlamm und Matsch getaucht. Der Thronsaal lag düster und nur beleuchtet durch einige Fackeln da. Das seltsame Spiel warf immer wieder sich verändernde Schatten an die Wand und lies die Motive auf den Wandteppichen in Bewegung geraten. In der Mitte des Saales war ein großer rechteckiger Tisch aufgestellt worden, um den sich nun der König und seine Berater versammelt hatten. Eine große Karte lag auf dem Tisch und zeigte das Reich der Herren der Ordnung und die umliegenden Regionen. Nur im Norden grenzte direkt ein anderes Reich an. Das Barbarenreich von Theoden Bärenklaue. Mit ihm hatte man zwar noch nicht viel Kontakt gehabt, dennoch war die Beziehung zwischen den beiden Reichen bisher freundlich gewesen. Schon des öfteren hatten große Karawanen von dort, beladen mit Erzen und wertvollen Fellen, die ewige Stadt erreicht. Nun aber hatte sich die Lage verändert. Baladnaran blickte auf die Karte und runzelte die Stirn. Kleine hölzerne Türme zeigten entlang der Grenze ihre Vorposten an. Kleine Holzsoldaten zeigten an, wo Grenztruppen standen. Im Norden war dies an nur einer Stelle der Fall. Bisher hatten sich beide Reiche durch diese Grenze den Rücken freigehalten. Zumindest bezeichnete Bigfoot dieses Vorgehen so. Daher gab es nur am nördlichsten Punkt des Reiches einen Vorposten mit umliegenden Gehöften. Ein Holzsoldat zeugte von der Anwesenheit einer Grenztruppe in dem Vorposten. Seit Monaten gab es Gerüchte und Nachrichten aus dem Norden, die nichts gutes verhießen. Auch die Späher hatten bereits schlimme Dinge berichtet. Doch bisher schien das Reich der Herren der Ordnung nicht betroffen zu sein. Zwar hatte der König sich Sorgen gemacht und zusätzlich Waldläufer in den Norden entsandt, aber im Grunde hatte er nicht gedacht, dass es im Norden wirklich Krieg geben würde. Nun aber war ein Bote aus dem Norden eingetroffen. Sein Name war Wulfgar Leviel. Leviel war schon einmal in der ewigen Stadt als Händler gewesen und wohl deshalb ausgewählt worden. Er war mit einer Abordnung Barbarenkrieger gekommen, welche ihn auf dem Weg geschützt hatten. Scheinbar war es im Norden derzeit enorm gefährlich. Die Bitte, die Leviel vorgetragen hatte, war im Grunde einfach. Theoden Bärenklaue bat um Hilfe bei dem Kampf gegen das Chaos. Ganze Horden der Chaoskrieger waren eingefallen und verwüsteten sein Reich. Zu Anfang schien man der Bedrohung noch Herr werden zu können, doch vor zwei Wochen war Theoden Bärenklaue bei der Schwarzeiskluft in einer Schlacht besiegt worden. Er hatte sich mit seinen restlichen Truppen zurückziehen müssen. Nun wurde das Reich verwüstet und der Feind schien sich für eine Belagerung der Hauptstadt zu rüsten.

Das waren wirklich keine guten Nachrichten und so beriet man, was nun zu tun sei. Schnell stand fest, dass ein Feldzug im Norden Ordnung schaffen musste. Eine andere Möglichkeit hatte man nicht, wollte man vermeiden, dass der Feind auch den Boden des eigenen Reiches betrat. Schon am Nachmittag hatte ein Eilbote ein Scharmützel gemeldet. Die Grenztruppen hatten den Feind aber wieder nach Norden treiben können. König Baldnaran hatte seinen Entschluss im Grunde schon einige Tage vorher gefasst. Es war schon einige Zeit her, da hatte er Bigfoot mit Vorbereitungen für einen Feldzug beauftragt. Nun wurde es Zeit das Heer aufzustellen. Aber wichtig waren neben dem regulären Heer der Herren der Ordnung auch die Heereseinheiten und Gildentruppen. Jede Gilde im Reich der Herren der Ordnung hatte Truppen im Falle eines solchen Feldzuges zu stellen. Gilden gab es inzwischen drei an der Zahl im Reich. Die elfische Heereseinheit New Steel Wind hatte vor kurzem die Gildenwürde erlangt, da ihre Zahl zu groß geworden war, um nur eine Heereseinheit darzustellen. Am selben Tag hatte auch eine andere Gruppe die Gildenwürde erhalten. Die Crusaders. Eine religiöse Kriegergruppe, welche der Kirche der Ordnung entstammte. Und nicht zu vergessen die Gilde der Zauberweber, Witchcraft. Diese drei Gilden würden nun ihre Truppen bereit stellen müssen.

Baladnaran sagte nichts, doch als er die einzelnen Holzfiguren auf der Eben neben der Stadt aufstellte wusste jeder Anwesende, dass der Feldzug begonnen hatte. Bigfoot beobachtete welche Figuren sein König aufstellte und war über die Anzahl überrascht. Je eine Abordnung der drei großen Gilden des Reiches. Die Heereseinheit Stahlwölfe in voller Zahl. Eine Kohorte des regulären Heeres. Eine halbe Kohorte bestehend aus Versorgungstruppen und Freiwilligen. Und nicht zu vergessen die Abordnung der Barbaren. Damit waren fast alle Truppen der Herren der Ordnung am Feldzug beteiligt. Keine Leibwache für den König blieb zurück, denn diese entstammten meist den Stahlwölfen. Im Süden blieben nur minimale Grenztruppen zurück. Der König schien auf die Veteranen, welche als Bauern dort lebten zu setzen, falls es dort Probleme gab. Bigfoot, der Tribun und Heerführer hatte noch nie so ein gewaltiges Heer angeführt. Er würde eine Nacht darüber schlafen müssen um das richtig erfassen zu können. Schwerer denn je lastete die Verantwortung auf ihm, die dieser Rang mit sich brachte, Doch bevor er überhaupt viele Gedanken daran verschwenden könnte, war es schon an ihm die Versorgung des Heeres mit zu planen.

Es dauerte überraschender Weise nur wenige Tage bis alle Truppen sich im Feldlager gesammelt hatten. Zum Glück waren viele Truppen des stehenden Heeres sowieso nahe der Stadt stationiert, weil sie dort gerade ein Manöver durchgeführt hatten. Bigfoot und Galandril hatten sie in den letzten Woche hart gedrillt und zu einer ausgezeichneten Infanterie gemacht. Doch als Bigfoot von einem Turm der Stadt das Feldlager in der Ebene überblickte, gestand er sich ein, dass kein Manöver der Welt die richtige Kampferfahrung ersetzen konnte. Hier fehlte diese in den meisten Fälle gänzlich. Gerade das stehende Heer hatte im letzten Jahr stark darunter gelitten, dass viele Veteranen in den Ruhestand gegangen waren um ein ruhiges Bauernleben zu führen. Aber auch die Koordination zwischen den neuen Heereseinheiten war noch nie wirklich erprobt worden. Bigfoot hoffte, dass die eiserne Disziplin der New Steel Wind und der Stahlwölfe dies wieder wett machen würde.


Aufbruch

Der Morgentau glitzerte silbern in den Gräsern auf der Ebene als die ersten Sonnenstrahlen das Feld beschienen. Ein lauer Wind lies die Standarten der einzelnen Teile des Heeres flattern. Baladnaran stand auf einer kleinen Anhöhe in Mitten des Feldlagers. Die Standarten waren rechts von ihm aufgepflanzt worden. Das weiße Schlachtbanner der New Steel Wind mit elfischen Runen auf der Standarte. Daneben das blutrote Banner der Stahlwölfe, gekrönt von einer eisernen Nachbildung eines Wolfskopfes. Das Witchcraft Emblem flatterte rechts davon. Eine blaue Flamme auf schwarzem Grund, Zeichen der Zauberweber. Die Schlachtstandarte der Crusader trug das weiße Symbol des Allvater auf schwarzem Grund und hob sich ebenfalls im Wind. Den Abschluss bildete das Banner des stehenden Heeres. Das weiße Emblem der Ordnung auf schwarzem Grund. König Baladnaran musterte sie stolz, dann wand er sich nach links. Dort standen seine Berater. Die Zeit war gekommen und er nickte kurz. Tohen gab ein Zeichen und Fanfaren erschollen über dem Feldlager.

Alle Heereseinheiten und Abteilungen standen auf dieses Kommando hin stramm. Ein dumpfes Klirren erklang als alle Krieger zur selben Zeit Haltung annahmen und ihre Rüstungen und Waffen klapperten. Baladnaran blickte stolz auf die Reihen hinab. Vor jeder Heereseinheit standen die Hauptleute in voller Rüstung und blickten stolz zu ihrem König. Vor den Hauptleuten, im Zentrum der Aufstellung, stand der Tribun. Der Feldherr der Ordnung Bigfoot. Ein Lächeln konnte der König sich nicht verkneifen, wie schnell aus dem Krieger Bigfoot sein Heerführer geworden war. Ein Stratege mit außerordentlichen Fähigkeiten. Es musste eine Fügung des Schicksals gewesen sein, dass Bigfoot ihm aufgefallen war. Die polierten Rüstungen glänzten in der aufgehenden Sonne hell und ließen das Heer noch imposanter aussehen. Baladnaran straffte sich und erhob dann seine Stimme: „Herren der Ordnung! Bekämpfer des Chaos! Meine Krieger! Ihr wisst es alle. Im Norden herrscht Chaos. Das Reich von König Bärenklaue wurde überwältigt und stürzt ins Chaos. Überall herrschen Not und Leid. König Bärenklaue wird der Lage nicht mehr alleine Herr und bat daher uns ihm beizustehen. Leider kommt dieser Hilferuf spät. Vor drei Wochen wurde er in einer Schlacht geschlagen und musste sich zurückziehen. Alle Hoffnung liegt nun bei uns, das Chaos zu besiegen.“ Er machte eine kurze Pause und lies die Worte verklingen. „Aber meine treuen Krieger, denkt nicht ihr kämpft bloß für ein anderes Reich. Nein! Ihr kämpft nicht nur für die Ordnung und gegen das Chaos. Längst wird auch unsere Grenze bedroht. Schlimme Nachrichten haben uns erreicht. Das Reich der Ordnung wird sich solch einer Gefahr immer stellen. Ihr werdet Euch dieser Gefahr immer stellen. Streiter der Ordnung! Zieht aus um das Chaos zu vernichten und tragt die Ordnung in das Nordreich!“ Tosender Jubel erhob sich über dem Feldlager. Baladnaran hatte es schon immer verstanden seine Untertanen zu begeistern. So auch hier. Mit Würde schritt er nun zu seinem Tribun hinab und übergab ihm symbolisch ein Schwert. Bigfoot nahm es und hob in der rechten Hand empor. Wieder erklang Jubel. Die Truppen unterstanden nun offiziell dem Heerführer Bigfoot. Noch am Vormittag war alles zum Abmarsch bereit und als sich dann die Kolonne in Marsch setzte war die Straße nach Norden von Bürgern der Stadt gesäumt, welche sie bejubelten. Der Feldzug hatte begonnen.


Der erste Feldzug der Ordnung

Der endlos erscheinende Heerwurm zog sich über die Straße nach Norden. Inzwischen war Bigfoot mehr als dankbar, dass diese Straße bereits fertig gestellt war. So kam das Heer unerwartet schnell voran und würde wahrscheinlich in drei Tagen die Grenze erreichen. Der Vorposten, der wie Bigfoot auffiel keinen Namen besaß, lag am nördlichsten Punkt der Grenzen. Dorthin führte schnurgerade die Straße und ging dann in einen Feldweg ins Nordreich über. Scheinbar legte König Bärenklaue weniger Wert auf gute Verbindungswege. Das würde ihm nun zum Nachteil gereichen, stellte Bigfoot fest. Bis zum ersten Dorf namens Noreson würde es eine ganze Weile dauern. Zwar würde die mit dem Boten gekommene Barbarenabordnung vielleicht die eine oder andere Abkürzung kennen, aber trotzdem würde es die Truppen erschöpfen, die schmalen Wege die Berge hinauf zu erklimmen.

Es hatte dann doch vier Tage gedauert, bis sie den Vorposten erreicht hatten. Die Späher aber waren eilig umgekehrt, als sie den Vorposten erblickt hatten. Der Heerführer Bigfoot wurde umgehend informiert. Über dem Vorposten stand dicker Rauch und aus der Ferne hatte man eine Horde Skelettkrieger ausgemacht. Vermutlich wurde der Vorposten belagert. In großer Eile rief man alle Hauptleute zusammen und besprach die Lage. Ein direkter Angriff kam bei dem Gelände nicht in Frage. Das von kleinen Senken und Wäldchen übersäte Gebiet erlaubte keine breite Formation. Aber die Späher beschrieben den Feind als durchaus ernst zu nehmende Streitmacht. Schließlich entschloss sich Bigfoot auf Anraten von Galandril dazu kleine Kommandoeinheiten zu bilden. Die in solchen Aktionen erfahrenen Stahlwölfe sollten die Spitze bilden. Eine Gruppe der New Steel Wind sollte den Stahlwölfen mit ihren Bogenschützen Deckung geben. Eine zweite Abordnung sollte aus dem stehenden Heer und den Schwerttänzern der New Steel Wind, sowie den Prälaten der Crusader gebildet werden. Die Zauberweber wollte Bigfoot zuerst einmal in der Hinterhand behalten, auch wenn Szador Witchblade als Hauptmann der Zauberweber protestierte, nicht an dem Angriff teilnehmen zu können. Bigfoots Plan sah folgendermaßen aus. Die Gruppe um Duncan Idaho sollte sich durch das unübersichtliche Gelände nach Westen schlagen. Von dort aus sollten sie am Mittag einen Angriff starten und damit die Aufmerksamkeit auf sich ziehen. Die kampferprobten Stahlwölfe sollten einen harten Schlag durchführen und sich dann unter der Deckung der Bogenschützen zurückziehen. Vermutlich würde dann ein Teil der Feinde die Verfolgung aufnehmen. Im unwegsamen Gelände würden dann die Stahlwölfe und die Bogenschützen auf den Feind lauern und ihn immer wieder in Scharmützel verwickeln. Während der Feind so im Westen gebunden war, würde die zweite Gruppe direkt über die Straße vorstoßen. Eine so kleine Gruppe konnte schnell auf die freie Ebene vor dem Vorposten gelangen. Dort würden sie die verbleibenden Feinde in einen Kampf verwickeln bis die Hauptstreitmacht heran gebracht werden konnte. Bigfoot war sich bewusst, dass sein Plan leicht schief gehen konnte. Sollte die erste Gruppe überwältigt werden, konnte dies gefährlich werden, da dann der Feind ebenfalls über die Flanke angreifen würde. Aber weitaus mehr Sorgen bereiteten ihm die zweite Gruppe. Sollte es den Schwertänzern und den regulären Soldaten nicht gelingen den Feind zu beschäftigen, so würden die restlichen nachströmenden Truppen keine Aufstellung nehmen können. Schlimmer noch, die zurückweichenden Truppen der zweiten Gruppe würden große Verwirrung stiften. Dennoch erschien dies der einzige Weg einem großen Gemetzel aus dem Weg zu gehen. Ein direkter Frontalangriff hätte den Feind sicherlich auch bezwungen, aber mit großen Verlusten auf eigener Seite. So bestand zumindest die Möglichkeit, den Feind geschickt zu besiegen, anstatt die Ebene mit Blut zu tränken.

Leise schlich sich die erste Gruppe an den Feind heran. Die Elfen stellten sich in dieser Beziehung natürlich weitaus geschickter an als die Stahlwölfe in ihren schweren Rüstungen. Doch der Feind bemerkte den nahenden Trupp nicht. Das Gelände war einfach zu unübersichtlich und so kamen sie bis auf wenige hundert Meter an den Feind und seine Lager heran. Einige große Zelte standen in der Nähe des Vorpostens. Man hörte lautes Hämmern und Sägen. Offensichtlich bauten die Belagerer Rammböcke um eine Entscheidung herbei zu führen. Nur wenige Skelettkrieger und Trolle bewachten die Zelte. Mit Ausfällen aus dem Vorposten brauchte man schon lange nicht mehr rechnen. Duncan Idaho zeigte mit knappen Handbewegungen seinen Kriegern wo sie angreifen sollten. Die Bogenschützen warteten derweil auf den geplanten Rückzug in Senken und hinter Büschen verborgen, um die Verfolger im Pfeilhagel nieder zu machen. Unvermittelt stand Duncan Idaho auf und zog sein Schwert. Laut rief er: „Für die Ordnung!“ und seine Stahlwölfe taten es ihm nach. Mit donnerndem Rufen stürzten sie sich auf die überraschten Chaoskrieger. In kürzester Zeit hatten sie den Weg zum Feind zurückgelegt. Trotz ihrer schweren Rüstungen waren sie für einen solchen Sturmangriff ausgebildet. Es gehörte sogar zu ihren Spezialitäten. Schnell waren die wenigen Wachen in Kämpfe verwickelt und auch die in den Zelten arbeitenden Krieger wurden angegriffen. Duncan Idaho trat eine dicke Zeltstange um und brachte so eines der Zelte zum Einsturz. Dann wand er sich zu einem schmächtigen, bleichen Kerl, der noch aus dem Zelt gestürzt kam. Es war eindeutig ein Mensch, doch schien er dem Chaos verfallen zu sein. Der Kerl zog einen Krummdolch und stieß nach dem Hauptmann der Stahlwölfe. Doch der Dolch glitt einfach an dem Brustpanzer ab und Duncan antwortete mit einem kräftigen Schwerthieb. Der Kerl wurde regelrecht gespalten. Eine tiefe klaffende Wunde zog sich die Schulter hinab über die Brust. Röchelnd klappte er zusammen. Duncan blickte sich kurz um und schätze die Lage ein. Sie wurden gerade von den Belagerern richtig wahrgenommen. Ein Teil von ihnen begann in Richtung der Zelte zu stürzen um sich ihnen entgegen zu stellen. Aber noch war nicht die Zeit für Rückzug entschied Duncan, während er dem Hieb eines Skelettkriegers auswich. Sein Langschild zerbarst unter dem schweren Hieb der Kreatur. Duncan Idaho taumelte, fing sich aber schnell wieder und parierte den zweiten Schlag. Gekonnt lies er die Klinge des Feindes über die eigene Klinge nach rechts weg gleiten. Dann trat er kräftig gegen das Skelett. Mit einem lauten Knirschen brach der Oberschenkel des Skeletts und es fiel klappernd zusammen. Grimmig lächelnd hob er das Schwert des Skeletts auf. Der Schwachpunkt der Knochengestelle waren halt immer noch die morschen Knochen dachte er und schwang seine zwei Schwerter, als ein weiteres Skelett auf ihn zustürzte.

Galandril beobachtete wie die Stahlwölfe durch die Reihen des Feindes fuhren. Sie hatten sie völlig überrascht und sogar eines ihrer Lager in Brand gesteckt. Nun wartete Galandril und seine zusammengewürfelte Sturmeinheit darauf, dass Duncan Idaho den Befehl zum Rückzug gab und den Feind in einen Hinterhalt lockte. Das geschah auch in diesem Moment. Man konnte in der Ferne sehen wie Duncan den Arm hob und seine Stahlwölfe sich schnell zurückzogen. Noch einen Augenblick, dachte Galandril und sah wie eine Gruppe Trolle die Verfolgung aufnahm. Als die Trolle das unwegsame Gelände erreicht hatten gab er den Befehl. Seine Gruppe stürmte ebenfalls unter gellendem Rufen vor und brandete gegen die vor dem Tor lagernden Skelettkriegern. Schnell hatte jeder einen Gegner gefunden und auch Galandril stürzte sich ins Gefecht. Weiter hinten, fast außer Sichtweite, stand Bigfoot und gab die Befehle zum Aufmarsch der Truppen. Sie mussten jetzt so schnell wie möglich das Feld erreichen und im Rücken der Sturmeinheit Aufstellung beziehen. Eilig machten die verbliebenen Hauptleute sich daran ihre Soldaten an den richtigen Platz zu bringen. Die Trolle liefen geradewegs in den ersten Pfeilhagel hinein. Drei Trolle brachen auf der Stelle zusammen. Weitere waren verwundet, was sie aber nur noch wütender machte. Nach dieser ersten Attacke zogen sich die Bogenschützen zurück und die Stahlwölfe blieben plötzlich stehen und wandten sich den Trollen zu. Nun war es ihre Aufgabe den Feind zu schlagen und dann auf das Feld zurück zu kehren. Die erste Ablenkung war geglückt. Mit lautem Brüllen dirigierte Bigfoot seine Truppen als sie Aufstellung nahmen. Doch sie waren langsam. Zu langsam. Inzwischen hatte sich der Feind von der Überraschung erholt und formierte sich zum Gegenangriff. Auch die wieder auf dem Schlachtfeld erschienenen Stahlwölfe konnten daran nicht viel ändern. Eine Abteilung des Feindes hatte die Vorbereitungen entdeckt und die richtigen Schlüsse gezogen. Sie umgingen Galandril und seine Krieger, um den noch nicht geordneten Kriegern in die Flanke zu fallen. Bigfoot erinnerte sich an den weisen Spruch den er erst kürzlich in der Bibliothek der ewigen Stadt gelesen hatte. „Kein Schlachtplan überlebt den ersten Kontakt mit dem Feind“. Nun war es an ihm auf die neue Lage zu reagieren. Aber er hatte noch ein As im Ärmel und dieses würde er nun einsetzten. Er wand sich zu Szador Witchblade um. „Die Zauberweber übernehmen die Flanke. Bratet den Feind mit all Eurer Macht.“ Der Hauptmann der Witchcraft nickte knapp und wandte sich zu seiner Truppe um. Überraschend schnell hatten die Männer und Frauen in den langen Roben ihre Positionen eingenommen. Kaum hatten sie dies getan, erhob sich ein unnatürliches Gemurmel über ihnen und ein kühler Wind begann zu wehen. Einen Augenblick sammelten sich um ihre Hände feurige Manakugeln, welche auch sogleich gegen den Feind los rasten. Dies war eine völlig neue Art der Kriegsführung wie Bigfoot erkannte. Bisher hatte er fast ausschließlich mit normalen Kriegern gekämpft. Dies war also zudem die Feuertaufe für die Zauberweber der Witchcraft im Kampf mit den Herren der Ordnung. Allerdings konnte Bigfoot nicht über die neuen Möglichkeiten nachdenken. Nachdem der Flankenangriff des Feindes in einem Inferno untergegangen war hatte seine Truppe Aufstellung bezogen. Nun war es an ihm den entscheidenden Befehl zu geben. Er hob die rechte mit dem Schwert in der Hand und rief: “Für die Ordnung!“

Auf diesen Befehl hin setzten sich die Abteilungen in Bewegung. Das die eingeübten Formationen und das Zusammenspiel der Heereseinheiten nicht sofort klappte sah man sofort. Teilweise lag dies daran, dass Teile der Truppen ja schon in Kämpfe verwickelt waren, aber auch die Panik des Gefechts trug dazu bei. Dennoch drängten die Herren der Ordnung den Feind unablässig zurück und vereinigten sich schnell mit den Sturmeinheiten. Kurze Zeit später war der Feind von den Toren des Vorpostens vertrieben und es wurde nur noch an den Flanken gekämpft.

Am Abend waren die letzten Widerstandsnester aufgerieben oder der Feind vertrieben. Nur wenigen der Belagerern war die Flucht geglückt. Am liebsten wäre es Bigfoot aber gewesen, wenn gar Niemand entkommen wäre. Nun würde der Chaoslord von ihrem Kommen erfahren. Mit großer Freude wurden derweil die Truppen im Vorposten begrüßt. Der Hauptmann des Postens war schon vor zwei Tagen gefallen und ein Leutnant hatte die Verteidigung weiter geleitet. Der Vorposten hätte kaum den Tag überlebt, wie Bigfoot erkannte, als er ihn durchschritt. An einer Stelle war der Palisadenzaun kurz vor dem Einsturz, in allen Baracken lagen Verwundete. Es war ein Wunder wie die wenigen kampftüchtigen Krieger so lange hatten durchhalten können. Bigfoot gratulierte dem Leutnant und erhob ihn in den Rang eines Hauptmannes. Er erhielt auch sogleich den Befehl den Vorposten wieder herzurichten, denn Bigfoot wollte seinen Truppen nur diese Nacht Ruhe gönnen. Länger wollte er sich nicht aufhalten und daher musste der Vorposten alleine zurecht kommen.


Willkommen im Norden

Schon vor Tagen hatte man bemerkt wie kühl es hier wurde. Kaum das sie die ersten mittleren Berge überquert hatten, wurde der Wind deutlich schärfer und kühler. Sie waren in den rauen Bergen der Nordlande angekommen. War die Stimmung direkt nach dem Sieg über die Chaoskrieger gut gewesen, so wurde sie nun zusehends schlechter. Das unwegsame Gelände, die schlechten Feldwege und das immer kältere Wetter machten den Truppen zu schaffen. Lediglich die Abordnung der Barbaren schienen sich immer besser zu fühlen. Sie brannten regelrecht darauf, die ersten Siedlungen zu erreichen um der Bevölkerung von dem ersten Sieg zu berichten und die mitgebrachten Verbündeten zu präsentieren. Überraschender Weise fanden die Späher, die Bigfoot ausschickte, keine frischen Anzeichen von Chaostruppen. Er hatte fest mit einem Hinterhalt gerechnet. Im Grunde wäre das unwegsame Gelände zwischen den dicht bewaldeten Hügeln und Berge eine gute Gelegenheit. Beunruhigt schickte Bigfoot weitere Waldläufer aus um die Sache weiter zu erkunden.

Zwei Tage später wurden die Barbaren immer unruhiger. Sie waren nun nahe dem Dorf Noeson, aber bisher waren sie auf keine Patrouillen getroffen, die es eigentlich hätte geben müssen. Der Anführer der Barbaren äußerte seine Besorgnis bei Bigfoot. Das Fehlen der Patrouillen oder anderer Wanderer deutete auf schlimme Geschehnisse in Noeson hin. Dies bewahrheitete sich, als die Spitze des Heerwurmes die letzte Hügelkuppe überwunden hatte und vor sich das Dorf liegen sah. Es war völlig verwüstet. Alle Gebäude waren niedergebrannt worden. Die Felder um das Dorf ebenfalls. Als die Barbaren das alles erblickten, rannten sie wie wild geworden den Weg hinab in das Dorf. Doch Niemand lebte mehr. Als das Heer in das Dorf einmarschierte, bot sich ihnen ein Anblick des Grauens. Hier hatte es blutige Kämpfe gegeben. Unzählige Haufen von Knochen und Trollkadavern zeugten davon. Doch die Dorfbewohner waren unterlegen. Man hatte ihre Leichen auf Pfähle gespießt und rund um den Dorfplatz aufgestellt. Frauen und Kinder schienen entführt worden zu sein. Die lange Reihe der Leichen auf Pfählen, um die sich dicke Schwärme von Fliegen sammelten, lies allen die Galle in den Mund steigen. Nicht wenige erbrachen sich. Es dauerte eine ganze Weile, bis alle sich wieder gefasst hatten und Bigfoot den Befehl gab die Leichen zu bergen. Es dauerte den ganzen Tag, bis alle Opfer dieses Überfalls begraben waren. Östlich des niedergebrannten Dorfes erstreckte sich am Abend ein regelrechtes Gräberfeld. Die Truppen des Heeres schäumten inzwischen vor Wut, angesichts solcher Greultaten des Feindes. Schneller als gewohnt waren am nächsten Morgen alle Abteilungen abmarschbereit. Es war deutlich zu erkennen, dass die Truppen es dem Feind heimzahlen wollte. So machte man sich auf den Weg zur Hauptstadt des Nordreiches.


Die Hauptstadt Korgamat

Dank dem erhöhten Marschtempo erreichten sie vier Tage später die Hauptstadt Korgamat. Als sie einen ersten Blick von einem Hügel aus auf die Stadt werfen konnten, erwies sich diese als wahre Festung. Vor ihnen lag ein recht breites Tal, welches hauptsächlich für die kärgliche Landwirtschaft genutzt wurde. Am anderen Ende des Tals erhoben sich schroffe Felswände in die Höhe, gespalten durch eine tiefe Schlucht. In diese Schlucht war das Stadttor gebaut worden. Die Stadt selbst erstreckte sich auf einem kleinen Plateau oberhalb der Schlucht. Überwältigt von diesem Anblick zog das Heer, begleitet von den Hoch-Rufen der Bevölkerung, in das Tal ein. Unter Anleitung eines Abgesandten aus der Stadt errichteten sie ein Lager vor der Stadt. Der Platz schien schon vorher für ein Feldlager genutzt worden zu sein und so wurden keine bepflanzten Felder der Bauern zerstört, als die Herren der Ordnung ihre Zelte aufschlugen. Am Abend schließlich wurden die Repräsentanten der Herren der Ordnung in die Stadt eingeladen. Bigfoot nahm Cohinor Thelos und Szador Witchblade mit sich. Die restlichen Hauptleute blieben bei den Truppen. Für die Dauer der Abwesenheit des Tribun hatte Duncan Idaho den Oberbefehl, denn jeder rechnete immer noch mit einem überraschenden Angriff des Feindes. Warum also nicht direkt vor der Stadt?

Zur Überraschung aller wurden sie im großen Thronsaal nicht vom König Bärenklaue empfangen. Aus Berichten wussten sie, dass Theoden Bärenklaue, trotz seines hohen Alters, ein Hüne von einem Mann war. Doch auf dem Eichenthron, welcher mit dicken Fellen gepolstert war, saß ein junger, schmächtiger Mann. Szador konnte sich des Eindrucks nicht erwehren, dass ihn das Gesichts des Mannes an ein Wiesel erinnerte. Die hohe Stimme, mit der er sie begrüßte, schien dazu zu passen. „Ich bin erfreut über Euer kommen, Streiter der Ordnung. Man hat mir bereits von Euren Taten an der Grenze berichtet und ich bin sehr beeindruckt. Es stimmt mich froh, solche Freunde im Land zu haben. Leider können wir selbst keine solchen Erfolge aufweisen. Wir sind unterlegen und seit der verlorenen Schlacht ist mein Vater erkrankt. Ich, sein Sohn Janus Bärenklaue, führe die Amtsgeschäfte derweil.“ Bigfoot verneigte sich tief vor dem Prinzregenten. „Es betrübt mich sehr, von der Krankheit Eures Vaters zu hören. Selbst bei uns ist er als mutiger Kämpfer bekannt und wir hätten ihn gerne an unserer Seite gehabt. Doch da ihr nun ....“ Der Prinz unterbrach Bigfoot. „Oh,“ er lachte etwas zu schrill, „ich bin kein Krieger wie mein Vater. Ich werde Euch leider nicht begleiten können. Mein Vater braucht mich hier. Aber ich werde Euch meine letzten Abteilungen Krieger mitgeben. Sie sind starke Kämpfer und haben sich bisher immer gegen den Feind bewährt.“ Bigfoot runzelte leicht die Stirn und verneigte sich abermals. „Ich danke Euch, Prinz.“ Nach einer Weile versammelte man sich um einen Tisch im so genannten Kriegssaal. Der Saal war behängt mit unzähligen Fellen von wilden Tieren und überall standen schwere Waffen und Schilde herum. Auf dem Tisch war eine Karte des Nordreiches ausgebreitet und auch hier wurde mit Figuren angezeigt, wo sich welche Truppen befanden. Die Figuren waren aus Knochen gefertigt und erstrahlten somit in hellem weiß. Einige der Figuren hatte man schwarz eingefärbt. Diese stellten die Chaostruppen dar. Während alle weißen Figuren um Korgamat versammelt waren, befanden sich zwei schwarze Figuren in der Nähe von auf der Karte eingezeichneten Dörfern. Laut dem Prinz waren die Dörfer weiter im Norden bereits vernichtet und wurden nun von dem Chaoslord als Lagerplatz benutzt. Eine weitere Ansammlung von schwarzen Figuren befand sich weiter im Norden. An einem Berghang war eine kleine Festung eingezeichnet. Einst hatte dieses Gebiet laut dem Prinzen einem schwachen Fürst gehört. Doch das Nordreich hatte dieses Gebiet erobert. Nun aber hatte sich der Chaoslord gerade diese verfallene Festung als Stützpunkt ausgesucht. Der Prinz versprach für die Hilfe gegen den Feind eine großzügige Spende an die Herren der Ordnung zu leisten und Bigfoot war diesem Angebot natürlich nicht abgeneigt. Gekommen wäre man auf jeden Fall. Ob nun um die eigenen Reichsgrenzen zu schützen oder um den Barbaren zur Hilfe zu eilen. Mit dem Kriegstribut des Nordreiches konnten wenigstens die Aufwendungen der Herren der Ordnung beglichen werden, denn mit großer Beute beim Feind rechnete man nicht. Immerhin handelte es sich zu großen Teilen um Untote und die plündern bekanntlich nicht. Man einigte sich auf eine angemessene Zahlung. Sie sollte in drei Teilen erfolgen. Die Erste in Gold, die Zweite durch Waren wie Bärenfelle und Erze und die Dritte durch das Abtreten eines Landstreifens südlich der Berge. Bigfoot war mehr als zufrieden, doch vergaß er nicht, dass zuerst einmal die Chaostruppen vertrieben werden mussten. Noch eine Weile brütete Bigfoot über dem Kartentisch zusammen mit seinen Beratern. Der Prinz empfahl einen recht direkten Weg zur feindlichen Festung. Ein Grund dafür war, dass der Chaoslord so keine Truppen mehr ausheben konnte. Aber Bigfoot war sich relativ sicher, dass der Chaoslord längst gewarnt worden war. So unauffällig sie auch gewesen waren, ein dermaßen großer Heerzug musste auffallen. Gegen diesen schnellen und direkten Weg sprach, dass er durch eine Schlucht führte. Doch der Prinz bezeichnete die Hänge um die Schlucht als nicht erreichbar. Noch nie seien dort Leute gewesen, da die Felswände einfach zu steil wären. Nach langem Prüfen anderer Möglichkeiten beschloss man über diesen Weg das Heer gegen die Chaosfeste zu führen.


Auf in den Kampf

Das Heer verbrachte noch einen weiteren Tag im Tal vor Korgamat um sich von dem anstrengenden Fußmarsch zu erholen. Erst am folgenden Morgen machte sich das Heer bereit und zog über einen anderen Hügel weiter, um die Chaosfeste zu erstürmen. Mit dem Heer der Ordnung kam auch eine Abteilung Barbarenkrieger, geführt von Widukind Dragowit, einem Cousin des Prinzen. Trotz seines Ranges schien er unter den Kriegern nicht unbedingt dem Standard der sonst so kräftigen Barbaren zu entsprechen. Er ähnelte eher dem Prinzen, sowohl in Statur als auch in Gebaren. Auch schienen seine Krieger ihn nicht als wahren Anführer anzuerkennen. Mehr als einmal gab der Hauptmann der Barbaren, welcher Dragowit beriet, Bigfoot zu verstehen, dass sie lieber ihm folgten als auf die Befehle Dragowits zu hören. Solche Zwistigkeiten waren Bigfoot allerdings fremd. Bisher hatte es so etwas im Reich der Ordnung nicht gegeben. An den Gedanken von Intrigen und Ränkespielen musste er sich erst gewöhnen. Denn wenn dies im Nordreich öfters vorkam, musste er darauf vorbereitet sein. Die nächsten vier Tage kam man gut voran. Es kam nur einmal zu einem kurzen Zusammenstoß mit einer Gruppe Plünderern. Allerdings trafen diese nicht einmal auf das Hauptheer. Eine Vorausgruppe der regulären Truppen stellte die Plünderer auf einer Lichtung und nahm diese gefangen. Galandril wies den Tribun auf diesen Erfolg der Vorausgruppe hin und lies sich genehmigen, diese Gruppe junger Krieger von nun an immer in dieser Position einzusetzen. Die jungen Krieger schworen sich bei einem Eid später die Treue. Ein Akt der sie noch enger zusammen schweißte.

Zwei weitere Tage vergingen ereignislos. Das Heer quälte sich über schlechte Straßen und bergiges Land. Immer umschlossen von noch höheren, schneebedeckten Bergen. Das Klima war inzwischen feucht und kalt geworden. Bis in den Mittag stiegen dichte Nebelschwaden aus den Wäldern empor und verhinderten eine ausreichende Sicht. Die Vorausgruppen wurden damit umso wichtiger, um Gefahren rechtzeitig aufzuspüren. Doch nichts regte sich. Inzwischen war man sehr misstrauisch geworden. Bigfoot war überzeugt, dass der Feind von ihrem Kommen wusste. Nur Dragowit schien dies nicht zu glauben. Er behauptete immer noch, einen Überraschungsangriff landen zu können. Am folgenden Tag erhoben sich vor ihnen zwei hohe Berge. Dragowit bezeichnete sie als die zwei Gebrüder. Genau zwischen diesen zwei Bergen verlief die Schlucht, durch welche sie in die Hochebenen eindringen konnten, welche nun der Chaoslord beherrschte. Widukind Dragowit drängte auf ein schnelles Durchqueren der Schlucht, doch Bigfoot lehnte dies ab und schickte zuerst Späher los. Überraschenderweise schien diese erneute Verzögerung Dragowit sehr nervös zu machen. Doch Bigfoot lies sich nicht beirren und versuchte zuerst ein genaueres Bild von dieser Schlucht zu bekommen. Tatsächlich erwiesen sich die Hänge der Schlucht als sehr steil. Niemand konnte dort stehen oder auf andere Art einen Hinterhalt legen. Da man einen direkten Angriff befürchten musste, wenn man die Schlucht verließ und noch keine Aufstellung genommen hatte, entschloss sich Bigfoot die Stahlwölfe als Spitze einzusetzen. Sie sollten im Notfall den Weg freimachen um den anderen Truppen das Nachrücken durch die Schlucht zu ermöglichen. Den Schluss des Heerzuges bildeten die Barbaren unter Dragowit.

Es lief glatter als erwartet, musste sich Bigfoot eingestehen. Die Stahlwölfe waren bereits aus der Schlucht herausgetreten und die Crusaders folgten ihnen direkt. Die befürchtete Attacke schien nicht stattzufinden. Genau in dem Augenblick als Bigfoot diese Gedanken hegte, begann ein Tumult am Ende des Heerzuges. Irgend etwas geschah bei den Barbaren. Als Bigfoot dort mit einigen Schwerttänzern eintraf, war bereits alles vorbei. Etwa zehn Barbaren lagen erschlagen auf dem felsigen Boden, der sich nun rot färbte. Der Hauptmann der Barbaren hatte eine tiefe Wunde die sich quer über die linke Schulter zog, doch mit seiner rechten Hand hielt er den am Boden knienden Dragowit fest. „Was ist hier los?“ fragte Bigfoot erzürnt. Der Hauptmann neigte den Kopf und antwortete: „Tribun, Widukind Dragowit wollte mich offensichtlich ablösen lassen. Seine Anhänger schreckten nicht vor einem hinterlistigen und ehrlosen Angriff zurück. Nur durch das Opfer eines treuen Freundes überlebte ich.“ Trauer und Wut zeigte sich auf dem Gesicht des Hauptmannes. Bigfoot blickte wütend auf Dragowit. „Was sollte das alles?“ Der Mann am Boden war inzwischen kreidebleich und zitterte. Plötzlich sprudelte es aus ihm heraus wie aus einem Wasserfall. Er berichtete, dass er sich vom Heer absetzen wollte, da sein Prinz ihm das geraten hatte. Genau hier an dieser Schlucht sollte er sich zurückziehen. Den Hauptmann auszuschalten war daher nur ein praktischer Zug gewesen. Bigfoot war schockiert. Offensichtlich plante der Prinz etwas völlig anderes. In diesem Augenblick surrte ein Pfeil durch die Luft und traf Dragowit in die Brust. Stöhnend sackte er zusammen. Einen Augenblick später stürmte ein großer Trupp Trolle aus den umliegenden Wäldern auf sie ein. Mit gellenden Schreien stießen sie mit den Barbaren zusammen. Bigfoot hatte zusammen mit dem Hauptmann der Barbaren gerade eine halbwegs ordentliche Linie bilden lassen, als ein Leutnant zu ihm eilte und von einem großen Truppenaufmarsch des Feindes auf der anderen Seite des Berges berichtete. Bigfoot fluchte kräftig. Man wollte sie einkesseln.


Die Schlacht bei den zwei Gebrüdern

Durch die Berichte erkannte Bigfoot die Lage recht schnell. Die Hauptstreitmacht des Feindes befand sich auf der Ebene am Ende der Schlucht. Die Trolle, die ihnen nun den Weg abschnitten, waren sozusagen eine Sperre und sollten sie auf die Hauptstreitmacht zutreiben. Der Plan des Feindes schien aufzugehen. Als die noch in der Schlucht befindlichen Truppen den Schlachtenlärm hörten gerieten sie teilweise in Panik. Nur das eiserne Durchgreifen der Hauptmänner verhinderte eine ungeordnete Flucht. Das schlimmste wäre nun eine ungeordnete und verwirrte Schar, welche auf die Ebene drängte. Dort würden sie mit Sicherheit niedergemetzelt werden. Die Barbaren wehrten sich erfolgreich gegen die Trolle, waren aber zahlenmäßig unterlegen. Bigfoot, längst selbst in Kämpfe verwickelt, befahl der letzten Heereseinheit in der Schlucht zu wenden und ihnen zu Hilfe zu eilen. Szador Witchblade hatte den Befehl des Tribun längst erahnt und so waren die Zauberweber schnell hinter den Reihen der Barbaren erschienen. Dies bestärkte die Barbaren umso mehr und noch in Wut über den Verrat ihres Prinzen, der nun offensichtlich schien, begannen sie in die Reihen der Trolle zu stürmen. Mit der Wut von Berserkern, der ihnen ihren Ruf verlieh, drängten sie die Trolle weiter zurück.

Duncan Idaho schwang sein Schwert und hieb einem Chaosdiener, einem Menschen, den Kopf ab. Neben ihm sank zur gleichen Zeit ein weiterer seiner Männer zusammen. Lange konnten sie diese Stellung nicht mehr halten, wurde ihm bewusst. Wieder brandete eine neue Welle Angreifer auf sie zu. Dieses Mal waren es sowohl Skelettkrieger als auch Menschen. Als die Angreifer auf die Linie der Stahlwölfe trafen, hallte erneut infernalischer Lärm über die Ebene. Rüstungen krachten aufeinander, Schilde splitterten und die Schreie der Verwundeten waren unüberhörbar. Die hinter den Stahlwölfen stehenden Crusaders nutzten den Tumult, machten einen Ausfall und drängten die Angreifer erneut zurück. Wieder war die kleine Höhe vor der Schlucht völlig in ihrer Hand. Duncan dankte dem Allvater, dass die Truppen des Feindes offensichtlich keine nennenswerte Anzahl an Bogenschützen besaß. Dies hätte ihnen in diesem Augenblick eine Niederlage einbringen können. Immer noch steckten die wirklich großen Verbände in der Schlucht fest und Duncan hatten keine neuen Befehle des Tribun erreicht. Also mussten sie weiter aushalten. Er trat aus der Linie und lief zurück zu ihrem Standartenträger. Ohne ein Wort zu sagen nahm er ihm das Banner aus der Hand und lief zurück zur Front. Mit einem kräftigen Stoß pflanzte er es genau auf die Mitte der Anhöhe. Das rote Banner der Stahlwölfe wehte nun über den Truppen. Gerade als eine weitere, schwächere Welle versuchte die Anhöhe zu nehmen.

Bigfoot und die Schwerttänzer der New Steel Wind, die ihn begleitet hatten, stießen gerade in die Seite der Troll Abteilung. Dies verursachte Panik unter den Trollen und nun waren sie in heilloser Flucht begriffen. Feuerbälle der Zauberweber mähten weitere Gegner nieder. Der Gestank von verbanntem Fleisch und Fell überzog das Tal. Momentan schien der Weg für einen Rückzug frei. Der Heerführer Bigfoot zögerte keinen Augenblick und befahl die in der Schlucht steckenden Truppen wieder hinaus zu führen. Kurz darauf, die ersten Krieger unter Führung von Galandril traten gerade aus der Schlucht, stürmte erneut eine große Gruppe Trolle aus dem Wald südlich des Weges. Die Barbaren, noch berauscht von dem vorherigen Sieg, warfen sich ihnen ohne zu zögern entgegen.

Die Stahlwölfe hatten sich mit ihren Verwundeten in die Schlucht zurückgezogen. Duncan trug auf seiner Schulter die Standarte. Die Crusaders, noch frischer an Truppen, hielten weiter die Anhöhe um den Rückzug zu ermöglichen. Doch auch auf der anderen Seite der Schlucht schien es zu heftigen Kämpfen zu kommen. Aus dem anfänglichen Scharmützel war eine ähnliche Situation entstanden wie auf ihrer Seite stellte Duncan fest, als er erste Berichte erhielt.

Die Trolle wurden immer zahlreicher und begannen die Barbaren einzuschließen. Sie kämpfen mit unglaublicher Wucht und ihre Äxte spalteten alles was in ihre Reichweite kam. Doch nach und nach sanken weitere Barbaren auf den Boden. Bigfoot versuchte derweil seine Truppen zu ordnen, während die Zauberweber den Barbaren Schützenhilfe gaben. Unausgesprochen war längst klar, dass sich die Barbarenkrieger, beschämt vom Verrat ihres Prinzen für die Herren der Ordnung, opferten. Einige Meter neben dem Eingang zur Schlucht erhob sich eine kleine Anhöhe, teilweise bewaldet und mit Felsen übersät. Dort postierten sich die aus der Schlucht kommenden Bogenschützen der New Steel Wind. Nach und nach zog Bigfoot alle Truppen um diese Anhöhe zusammen. Die Zauberweber der Witchcraft gesellten sich zu den Bogenschützen, denn viele von ihnen waren von dem Dauerfeuer, dass sie hatten leisten müssen, geschwächt und brauchten eine kurze Pause. Galandril zog mit seinen Kriegern ein Linie, um die zurückkehrenden Krieger aus der Schlucht vor den Trollen zu schützen. Die zurückweichenden Crusaders und Stahlwölfe waren darüber sehr dankbar, hatten sie doch einige Verletzte bei sich. Die Angriffe der Trolle waren inzwischen abgeebbt, nachdem sie die Barbaren fast völlig aufgerieben hatten. Lediglich fünf Krieger schleppten sich zurück zu den Stellungen der Herren der Ordnung. Als der Nachmittag sich dem Ende zu neigte und die Schatten länger wurden, hatten sich die Herren der Ordnung verschanzt. Ein schneller Rückzug kam derzeit nicht in Frage.

Als es Nacht wurde loderten immer mehr Feuer in den Wäldern um sie herum auf. Der Feind belagerte sie nun. Bigfoot war mehr als besorgt. Immer wieder mussten Bogenschützen den Ausgang der Schlucht mit Pfeilen belegen, da weitere Krieger des Feindes versuchten nach zu drängen. Doch nun, da die Sicht schlechter wurde, konnten sie sich darauf weniger verlassen. Die magischen Lichter erhellten teilweise noch das Schlachtfeld, doch die Zauberweber konzentrierten sich auf die Linien am Fuße der Anhöhe. Es gab nicht genügend Magier für diese Aufgabe und daher war es nie überall hell. Immerhin konnten die Herren der Ordnung so einen Überraschungsangriff vorbeugen. Immer wieder versuchten die Skelettkrieger anzugreifen, zogen sich aber nach kurzen Scharmützeln wieder zurück. Sie testeten ihre Stärke, erkannte Bigfoot. Als der fünfte kurze Angriff abgewehrt worden war, entschloss sich Bigfoot zu handeln. Der Tribun rief seinen Hauptmann Galandril zu sich. „Wir müssen etwas tun, damit sie den Belagerungsring über Nacht nicht noch enger ziehen,“ stellte er fest. Sein Hauptmann Galandril stimmte dem zu. „Wenn wir Verwirrung in ihren Reihen stiften könnten, wäre es uns möglich morgen auszubrechen. Errichten sie aber jetzt über Nacht Barrikaden, sind wir des Todes.“ Der Tribun erinnerte sich an eines der Bücher über Kriegführung in der Bibliothek der ewigen Stadt. „Teile und herrsche“ nannte sich da ein Kapitel und befasste sich mit dem aufgeteilten Vorgehen gegen den Feind. Er rieb sich eine Narbe am Kinn und dachte nach. Schließlich fasste er einen Entschluss. „Es nutzt uns nichts, wenn alle Truppen hier festsitzen und nur abwehren. Wir müssen offensiv handeln. Zumindest teilweise!“ Der Halbelf Galandril runzelte die Stirn. „Was habt ihr vor Tribun?“ Bigfoot lächelte. „Wir schicken zwei kleine Kommandos hinter die feindlichen Linien. Sie werden den Anführer, den Chaosfeldherrn suchen und töten. In der Verwirrung werden wir ausbrechen.“ Galandril nickte. „Das könnte funktionieren, aber es wird sehr riskant für die Kommandos sein. Vielleicht sehen wir sie nicht wieder.“ „Ich bin mir dieser Gefahr bewusst,“ war die schlichte Antwort des Tribun.

Galandril fiel die Aufgabe zu, die Männer für diesen Ausfall auszuwählen. Angesichts der Möglichkeit, dass er diese Männer in den direkten Tod schickte, fühlte er sich nicht gerade wohl dabei. Da die anderen Heereseinheiten zur Verteidigung gebraucht wurden, sollte er Krieger aus den Reihen der ihm unterstehenden Abteilungen auswählen. Die Stahlwölfe, welche sich inzwischen etwas von den schweren Kämpfen erholt hatten, würden die Lücken an der Front schließen. Nach längerem Grübeln entschied er sich zwei Gruppen zu schicken, bei denen sich die Männer bereits kannten und gemeinsam als Unterabteilung gekämpft hatten. Dies konnte durchaus ein Vorteil sein. Die erste Gruppe hatte er schon einmal belobigt und sie waren bisher meist als Vorausgruppe eingesetzt worden. Die andere Gruppe war ihm bisher durch recht furchtlosen Einsatz aufgefallen. Die beiden Gruppen schienen genau die richtigen für den Auftrag.

Leise robbten sie durch das feuchte Gras am Fuße der Anhöhe. Ranarion Venator und seine kleine Gruppe hatten einen wirklich gefährlichen Auftrag erhalten. Natürlich hatten sie seit Beginn des Feldzuges viel Zeit als Vorausgruppe in den Wäldern verbracht, doch waren sie kaum auf Gefahren gestoßen. Ranarion gestand sich ein, dass er Angst hatte. Um sich und seine Leute. Das ihr Auftrag gleich von zwei unabhängigen Gruppen ausgeführt wurde bewies, dass nicht jeder diese Aufgabe überleben würde. Sie waren nun kurz vor den Linien des Feindes. Leise schlichen sie die Front entlang. Die Skelettkrieger schliefen nie, dass war bekannt. Daher suchte Ranarion nach einer anderen Lücke. Schon von weitem vernahm er das laute, grollende Schnarchen eines Trolls. Ein Lächelns blitzte in Ranarions Gesicht auf und sie hielten auf den Lärm zu. Auf der anderen Seite der Anhöhe ging ähnliches vor. Die Zauberweber hatten nach und nach ihr magisches Licht am Himmel verlöschen lassen, damit die Gruppen vorrücken konnten. Es war inzwischen so spät in der Nacht, dass auch der Chaoshauptmann seinen Truppen eine Pause gönnte. Mochten zwar Skelettkrieger unermüdlich sein, Trolle, Menschen und Orks waren es nicht.

Calis Avery von Finstermoor drückte einen Büschel Gras zur Seite und beobachtete die feindlichen Linien. Ihm war zusammen mit einer anderen Gruppe eine schwere Aufgabe übertragen worden. Leicht nervös dachte er an die Schwierigkeiten die auf sie warten konnten. Er pfiff leise und seine Krieger folgten ihm. Es raschelte nur leise, als sie sich durch ein großes Gestrüpp schlichen, genau zwischen zwei Wachposten hindurch. Mit müden Augen beobachtete Bigfoot wie das magische Licht wieder aufflammte. Hoffentlich seid ihr durch, dachte er. Eine längere Pause des Lichts hätte die Aufmerksamkeit des Feindes erregt. Die Zeitspanne der Dunkelheit war daher sehr begrenzt gewesen. Nun war das Schlachtfeld wieder in ein seltsames Dämmerlicht gehüllt.

Hinter den Linien des Feindes kamen sie etwas schneller voran. Die Lager der Chaoskrieger waren dicht an der Front gelegen. Um Absicherung schien sich kaum jemand Sorgen zu machen. Ranarion Venator schlich sich die Linien entlang. Ihre Aufgabe war klar und einfach, dennoch barg sie viele Gefahren. Sie sollten den Hauptmann oder Feldherrn des Feindes finden und töten. Allerdings war natürlich die Möglichkeit gegeben, dass sich der Feldherr auf der anderen Seite des Belagerungsringes aufhielt. Dann war ihre Aufgabe, soviel Verwirrung wie möglich zu stiften um am Morgen den Ausbruch der eigenen Truppen zu ermöglichen. Ranarion stand buchstäblich der Schweiß auf der Stirn, wenn er daran dachte dem Feldherrn gegenüber zu treten. Ähnliche Gedanken verfolgten auch Calis Avery. Sie waren gerade auf einen Boten gestoßen, der recht müde in eine Richtung ging. Möglicherweise führte er sie direkt zum Anführer der Feinde. Leise folgten sie ihm, die Schwerter bereits gezogen.

Sein Arm schmerzte wieder. Immerhin war es keine tiefe Wunde und mit einem Streifen Stoff hatte er die Wunde stillen können. Duncan Idaho hatte zusammen mit einigen seiner Stahlwölfen die Reihen der Verteidiger geschlossen, nachdem einige Krieger zu einer Kommandoaktion aufgebrochen waren. Kurz darauf hatte es einen weiteren kleinen Angriff gegeben. Doch die Truppen waren inzwischen erschöpft und so hatten sie den Angriff nicht mehr so kraftvoll zurückschlagen können. In einer unaufmerksamen Sekunde hatte Duncan von einem Skelett diese Wunde davongetragen. Aber wie so oft waren diese Chaoswesen nicht so kraftvoll und der wütende Tritt von Duncan gegen den Unterkörper des Skeletts hatte es zum Einsturz gebracht. Zum Glück war die Klinge nicht vergiftet gewesen dachte Duncan und lies seinen Blick wieder über die entfernten Feuer schweifen. Jeden Moment konnte es wieder losgehen.

Irgendwie war er nun doch enttäuscht. Ranarions Gruppe hatte keinen Feldherrn oder Hauptmann ausmachen können. Auf ihrer Seite schien sich der Feldherr nicht aufzuhalten. Aber damit blieb noch eine andere Aufgabe. Ranarion teilte seine Krieger auf und verteilte sie um einige der Feuer. Im Schatten warteten sie auf das Zeichen. Sie würden die meisten der Feinde im Schlaf überraschen und niedermachen. Sicherlich, die Untoten schliefen nie, aber es gab genügend Diener des Chaos, die Schlaf brauchten. Das machte die Sache wesentlich einfacher. Nach dem Überraschungsangriff würde der Weg frei sein für den Ausbruch. Doch zuerst mussten die Krieger um Calis ihre gefährliche Aufgabe erfüllen. Er schickte ein Flehen an den Allvater, mochte ihr Kampf erfolgreich sein.

Sie hatten tatsächlich gefunden was sie gesucht hatten. Ein großes Zelt mit allerhand Kriegsstandarten davor befand sich vor ihnen. Nur zwei Skelettkrieger mit Lanzen standen vor dem Zelt. Das musste das Zelt des Feldherrn sein. Vielleicht konnten sie ihn im Schlaf überraschen, hoffte Calis. Doch ein lautes Schnauben riss ihn aus seinen Gedanken. Hinter dem Zelt erhob sich etwas. Ein großer, schwarzer Schatten war hinter dem Zelt erschienen. Irgend etwas musste hinter dem Zelt gelegen und sich nun erhoben haben. Seine Gedanken rasten, bis Calis erkannte was es sein musste. Die glühenden gelben Augen die plötzlich aus der Dunkelheit aufglühten, bestätigten dies. Der Feldherr besaß einen Reitdraken. Eine Unterart der Draken, die sich mancher mächtige Chaoskrieger zum Gefährten gemacht hatte. Leise fluchend fragte er sich, warum die Späher dieses Untier nicht schon entdeckt hatten. Natürlich war der Reitdrake nicht übermäßig groß. Doch war er fast doppelt so groß wie ein normaler Mensch. Von den kräftigen Pranken ganz zu schweigen. Immerhin erklärte dies, warum nur zwei Wachen vor dem Zelt standen. Wer braucht schon einen Haufen Wachen, wenn er solch einen Wachhund hat. Ein lautes Brüllen des Draken lies Calis zusammenzucken. Das Vieh hatte sie gesehen und warnte nun seinen Herrn. Calis hob den Arm und gab seinen Krieger damit ein Zeichen. Sofort surrten Pfeile durch die Luft und die Skelettwachen am Zelt fielen klappernd in sich zusammen. Noch bevor die Knochen der Skelette auf dem Boden angekommen waren, lief Calis mit einigen Anderen zum Zelt. Doch der Feldherr war schon wach und durch einen hinteren Zeltausgang zu seinem Draken geeilt. Man hörte einen bösartigen Fluch des Feldherrn. Das Identifizierte ihn als Menschen, was die Sache aber nicht leichter machen sollte. Calis griff sich eine der Lanzen, die nun auf dem Boden vor dem Zelt lagen. Seine Krieger taten es ihm gleich, denn nicht wenige Banner vor dem Zelt waren ebenfalls an Lanzen befestigt. Ein mächtiger Hieb des Draken fegte das Zelt beiseite. Calis schluckte hart als ihm der faulige Atem des Draken ins Gesicht wehte. Seinen Kriegern erging es ähnlich. Sie wichen alle einige Schritte zurück. Der Drake machte noch einen Schritt nach vorn und erst jetzt sah man, dass der Feldherr bereits im Sattel saß und das Untier lenkte. Sie hoben gemeinsam ihre Lanzen und stießen abwechselnd auf den Draken ein. Die drei Bogenschützen im Hintergrund versuchten ebenfalls ihr Bestes. Doch zuerst schienen dem Draken die kleinen Wunden nichts auszumachen. Oft glitten die Lanzen einfach an den Schuppen ab. Es sah nicht gut aus für die Herren der Ordnung.

Ein lautes Brüllen schreckte Ranarion auf. Die Dämmerung hatte bereits begonnen und er hatte jeden Augenblick damit gerechnet, ein Zeichen von den Anderen zu bekommen. Nun, dachte er, dies scheint das Zeichen zu sein. Allerdings hatte er sich nicht träumen lassen, dass der Feind einen Draken besaß. Etwas anderes konnte aber solche Laute nicht von sich geben. Er hoffte, die Anderen würden dies durchstehen und zog sein Schwert. „Für die Ordnung!“ rief er laut. Seine Krieger stürzten auf die meist schlafenden Feinde. Der Kampf hatte begonnen.

Bigfoot vernahm sowohl das Grollen des Draken, als auch den Beginn der Kämpfe auf einer Seite. Nun wusste er, wo sie durchbrechen würden. Müde zog er seinen Brustpanzer wieder in eine bequemere Position und zog sein Schwert. Dann befahl er den Crusaders sich bereit zu machen für die erste Welle des Ausbruchs.

Zum zweiten Mal fegte der Drake einen seiner Männer von den Füßen. Laut schreiend wurde er gegen einen Baum geschleudert und man hörte das laute Knacken des Rückrades. Calis verzog das Gesicht zu einer Grimasse und stieß erneut auf den Draken ein. Dieses Mal traf er richtig und die Lanze trat tief in das Untier. Ein lauter Schmerzensschrei war die Folge. Das Vieh war also doch verwundbar. „Konzentriert Euch auf den Hals und den Kopf!“ rief er seinen Kameraden zu und zog die Lanze zurück. Dickes schmieriges Blut lief die Lanze herab. Es stank grässlich, doch das war nur ein Zeichen, dass der Drake zu töten war. Gemeinsam stießen sie immer wieder in die Richtung des Kopfes. Ein weiterer Schlag mit der rechten Pranke zerschmetterte einen Kameraden neben Calis. Doch ein weiterer Stoß einer Lanze traf gut. Der Drake taumelte und knickte ein. Sofort zielten die Bogenschützen auf den Feldherrn, der ungeschützt versuchte sich im Sattel zu halten. Sie trafen und der Feldherr sackte zusammen. Calis stieß wieder zu und traf das Auge des Untiers. Er drang tiefer mit der Lanze als je zuvor ein und dies schien der Todesstoß zu sein.

Mit einem kräftigen Hieb trennte er dem Troll die linke Hand ab. Ein grauenhaftes Knurren war die Antwort und ein kräftiger Hieb mit der Rechten. Ranarion versuchte sich noch weg zu ducken, doch der Schlag traf sein Schild krachend. Ein tiefer Spalt bildete sich darin und er taumelte von der Wucht des Schlages zurück. Doch noch bevor der Troll nachsetzten konnte war sein Kamerad Loderon hinter ihm und hieb sein Schwert in den Rücken des Trolls. Mit einem überraschenden Knurren kippte dieser nach vorne und rührte sich nicht mehr. Dies war der letzte Troll gewesen. Zusammen mit den Kriegern der Crusaders hatten sie die Linien des Feindes zerbrochen. Nun strömten weitere Krieger der Herren der Ordnung in die Lücke um sie zu halten.

Nachdem der Feldherr des Chaos gefallen war, brach Panik bei den Belagerern aus. In dem Durcheinander und der gesprengten Befehlskette hatten die Herren der Ordnung leichtes Spiel. Von dem Punkt ihres Durchbruches rollten sie die Linien des Feindes auf. Überraschend leicht gaben sich die Feinde geschlagen. Bis die Sonne über den Bergen aufging kämpften die Reste der Chaoskrieger. Doch sie wurden bis auf den Letzten nieder gemacht. Keiner entkam den Schwertern, Lanzen und Pfeilen der Herren der Ordnung. Als die Sonne das Tal schließlich richtig beleuchtete, war es übersät von den erschlagenen Chaoskriegern. Auch viele Krieger der Herren der Ordnung hatten den Tod gefunden. Dennoch war diese Schlacht ein großer Sieg gewesen. Bigfoot aber gönnte seinen Truppen keine Ruhe. Kaum das sie gesiegt hatten, da formierte er schon die Krieger wieder und befahl den Abmarsch. Verwundete mussten auf Tragen mitgeschleppt werden. Der Tribun wollte so schnell wie möglich zurück nach Korgamat. Es gab noch eine Rechnung mit dem Prinzen zu begleichen.


Die Belagerung von Korgamat

Vier Tage hielt Bigfoot die Truppen zu eiligem Marschtempo an und die Krieger murrten nicht einen Augenblick lang. Längst waren sie ihrem Tribun bis in den Tod ergeben. Er hatte sie aus der Gefahr der Belagerung geführt und schließlich hatten sie über das Heer des Chaos triumphiert. Nun waren sie ebenso erpicht darauf nach Korgamat zu kommen wie ihr Anführer. Am fünften Tag erreichten sie im Morgengrauen das Tal unterhalb von Korgamat. Noch bevor die Sonne über die Berge gestiegen war, befanden sich die Truppen vor den Toren der Stadt. Dieses Mal kamen sie nicht als Verbündete und Freunde. Dies stellten auch schnell die ersten Bürger fest, als sie die Herren der Ordnung begrüßen wollten. Schroff wurde ihnen vom Verrat ihres Prinzen berichtet. Die Bürger schienen darüber sehr schockiert zu sein. Doch kaum hatte der Prinz bemerkt, dass die Herren der Ordnung vor der Stadt lagerten, schloss er die Tore. Bigfoot befahl die Belagerung.

So verging der erste Tag ohne große Ereignisse. Die Herren der Ordnung errichteten ein Lager vor den Toren der Stadt und Wachposten sperrten das Tal ab. Da es nur einen Zugang zur Stadt gab, waren die Bewohner nun auf ihre Vorräte angewiesen. Die Vorräte waren aber auch ein Problem von Bigfoot. Natürlich hatten sie nicht viel bei sich. Lange würden sie die Belagerung nicht durchhalten können. Der Tribun setzte voll und ganz auf die Bevölkerung der Stadt. Sicherlich würde sie ähnlich auf diese Ehrlosigkeit reagieren wie die Barbaren, welche sich für sie geopfert hatten. Als die Nacht hereinbrach war er sich sicher, dass sein Plan aufgehen würde. Man hörte Tumulte aus der Stadt und irgendwo in der Stadt brannte ein Feuer. Es kam wohl zu Auseinandersetzungen in der Stadt. Leider konnten die Herren der Ordnung nur raten, wer dabei die Oberhand gewonnen hatte. Am zweiten Tag der Belagerung gegen Mittag öffneten sich dann die Tore. Sofort waren einige Stahlwölfe zur Stelle um hinein zu stürmen. Es war allerdings nicht nötig. Einige Bürger, offensichtlich hoch gestellte Persönlichkeiten, traten ohne Waffen heraus. Vor sich trieben sie eine dreckige Gestalt her. Erst auf den zweiten Blick erkannte man ihn als den Prinzen. Die Bürger hatten über Nacht die Oberhand gewonnen.

Man hatte sich an diesem Morgen schnell geeinigt. Eine Plünderung oder dergleichen hatte Bigfoot natürlich nicht im Sinn gehabt. Nun da er dem Prinzen habhaft geworden war, bestand er aber darauf den König selbst zu sehen. Zuerst wollte man ihn wegen des ernsten Gesundheitszustandes nicht zu ihm lassen, doch als Szador Witchblade anbot, einen seiner besten Heiler mitzuschicken, willigten die Stadtoberen ein. So kam Bigfoot und der Heiler der Zauberweber am Nachmittag zum König. Er lag in einem abgedunkelten Zimmer zusammengesunken in seinem Bett. Seine eingefallenen Wangen und die blasse Haut deuteten auf eine schwere Krankheit hin. Der König schien Fieber zu haben und auf seiner Stirn standen dicke Schweißperlen. Ansprechbar war er nicht, er redete wirr im Fieberwahn und so lies Bigfoot den Heiler seine Arbeit tun. Zuerst schien es, als ob der Heiler nicht viel ausrichten könnte. Ratlos stand er nach einigen Heilzaubern neben dem Bett und runzelte die Stirn. Er blieb so einige Zeit stehen und schien in seinem Gedächtnis zu kramen. Schließlich ging er zu dem schon kalten Essen auf der Kommode und begutachtete es. Das Tablett stammte noch vom Vortag. Er roch vorsichtig am Wein und an den Speisen. Leise murmelte er dann etwas und ein Glühen baute sich um seine rechte Hand auf. Mit der Hand wanderte er über die Speisen und über den Wein. Als er das zum zweiten Mal tat, begann der Wein ebenfalls leicht zu leuchten. Der Zauberweber drehte sich ruckartig um und sagte zu Bigfoot: „Der König ist gar nicht krank. Er wurde dauerhaft mit seinem Wein vergiftet!“

Bigfoot hätte es sich denken können. Grimmig dachte er an den Prinz, der nun im Kerker saß. Während eines Verhörs durch Galandril hatte er bereits alles gestanden. Nur die Vergiftung war ein neuer Aspekt. Bisher hatte er behauptet, nach der Erkrankung des Königs die Amtsgeschäfte übernommen zu haben. Schnell hatte er dann einen Vertrag mit dem Chaoslord geschlossen und ihm die ganze Nordhälfte des Reiches abgetreten. So wollte er, wie er sagte, sein Volk retten. Angesichts der Greultaten im ganzen Reich war diese Lüge verabscheuenswert für Bigfoot. Die eintreffenden Herren der Ordnung waren ihm bei der, wie es der Prinz nannte, friedlichen Lösung des Problems im Wege. Daher der Verrat und der Hinterhalt. Nun, da die Vergiftung des Königs erkannt war, zeigte sich auch der Rest des bösartigen Planes. Der Prinz hatte nicht nur mit dem Chaos paktiert sondern auch noch der Macht wegen den eigenen Vater vergiftet. Nun war es natürlich die Frage, ob der König geheilt werden konnte. Die ganze Nacht über bemühte sich der Heiler um eine Entgiftung und am Morgen darauf schien es ihm geglückt. Völlig erschöpft sank er in einen Sessel zusammen und schlief sofort ein. Bigfoot wurde von Dragooner benachrichtigt, dass der König genesen sei und schon wieder auf den Beinen ist. Verwundert machte sich der Tribun aus dem Feldlager auf in die Stadt um den König zu treffen.

Als er den Thronsaal betrat, saß der König in vollem königlichen Gewand auf dem Thron. Er war zwar immer noch blass, doch seine Augen strahlten eine Kraft aus, die keinen Zweifel lies, wer hier nun wieder herrschte. Bigfoot verneigte sich vor dem König. „Ich grüße Euch König Bärenklauen!“ Der König winkte ab und lächelte. „Oh, kommt näher Tribun. Meine Diener haben mir alles berichtet. Ihr habt nicht nur einen Sieg über meine Feinde davon getragen, sondern auch einen Feind in meinem Rücken gefangen.“ Bitterkeit blitzte im Gesicht des alten Königs auf. „Nie hätte ich das von meinem eigenen Sohn erwartet,“ sagte er leise, bevor er dann wieder Bigfoot direkt anblickte. „Mein Volk ist Euch zu Dank verpflichtet.“ Bigfoot neigte abermals den Kopf. „Herr, noch ist die Gefahr nicht gebannt. Wir haben zwar den Feind einmal geschlagen, doch der Chaoslord herrscht immer noch im Norden.“ Der König nickte ernst. „Ich weiß, auch das haben mir meine Diener berichtet.“ Eine kurze Pause trat ein bevor Theoden Bärenklaue weiter sprach. „Hört mir zu Tribun,“ er lehnte sich vor und legte seine Hand auf die Schulter von Bigfoot, „ich bin alt und werde nicht mehr lange die Königswürde tragen können. Meine größte Sorge gilt aber meinem Volk. Nun, da ich keinen Erben mehr habe werde ich Euch ein Angebot machen.“ Bigfoot blickte den König verwirrt an. „Herr, was meint Ihr?“ „Besiegt mir den Chaoslord und rettet mein Volk vor dem Untergang. Ich selbst habe nicht genügend Krieger für diese Aufgabe. Rettet das Reich und ich schließe mich als Unterkönig Eurem Reich an. Wenn ich sterbe fällt mein Reich an Euren König.“ Bigfoot blickte erstaunt drein. Ihm blieb schier die Luft weg als er dieses Angebot hörte. Das war mehr als er sich je erträumt hatte. Wenn die Herren der Ordnung diesen Feldzug gewannen, brachten sie ein ganzes Königreich in ihre eigenes Reich ein.


Schlacht am Barea

Der Handel wurde besiegelt und der Tribun berichtete seinen Truppen davon. Der Jubel kannte keine Grenzen über dieses Angebot. Nun kämpften sie im Grunde auch für ihr eigenes Land, was den Kriegern noch mehr Siegesgewissheit verschaffte. Zwei Abteilungen Barbaren gesellten sich zu den Herren der Ordnung und verstärkten ihre Reihen. Nun waren sie stärker als je zuvor und bereit, wieder in den Norden zu ziehen. Noch am selben Tag brachen sie auf. Ein zweites Mal wollten sie nicht in einen Hinterhalt geraten und so teilten sich die Truppen in drei Heersäulen auf, welche sich auf der großen Eben vor der Festung des Chaoslords vereinen sollten. Dank den Barbaren fanden sie nun auch viel sicherere Wege über die Berge und konnten so die Schlucht meiden. Die folgenden sechs Tage geschah nichts. Kein Troll wurde gesichtet, es kam zu keinen Scharmützel. Der Feind schien wie vom Erdboden verschluckt. Die drei Heersäulen arbeiteten sich über die Gipfel der schneebedeckten Berge und näherten sich immer mehr der großen Ebene. Längst schien allen klar zu sein, dass der Feind sich ihnen auf der Ebene entgegen stellen würde. Am siebten Tag erreichten die drei Heersäulen fast gleichzeitig die Ebene und vereinigten sich wieder zu einem mächtigen Heer. Dann wurde die Vermutung Gewissheit. Bigfoot überblickte die Ebene, welche sich vor dem mächtigen Berg Barea erstreckte und musterte die zwei Heerlager des Feindes. Schlampige Zeltformationen, kaum Barrikaden und kein Palisadenzaun. Dennoch war die Anzahl der Feinde beeindruckend. Die beiden Heere waren sich ebenbürtig. Unter dem Befehl von Bigfoot nahm das Heer sofort Aufstellung. Es dauerte nicht lange, da marschierte die erste Schlachtlinie auf den Feind zu. Ausgeklügelte Taktiken oder Finten waren in diesem Fall unangebracht. Die zwei Heere traten sich auf der Ebene völlig offen entgegen.

Der Überraschungseffekt war auf Seiten der Herren der Ordnung. Zwar hatte der Feind gewusst, dass die Truppen sich näherten, doch sie hatten nicht mit einem so schnellen Angriff gerechnet. Hier bewiesen die Herren der Ordnung, wie sehr sie von den vielen Manövern profitiert hatten. In geschlossener Schlachtlinie marschierten sie auf den Feind zu und nirgends tat sich eine Lücke auf oder fiel eine Abteilung zurück. Die Chaoskrieger dagegen sammelten sich zu losen Gruppen und Linien ohne rechte Planung. Zwar versuchten einige Hauptleute die Reihen richtig aufstellen, doch in der kurzen Zeit die ihnen blieb gelang dies nicht. Es fehlte an Disziplin. So stürmten die Chaoshorden in losen Gruppen auf die Linien der Herren der Ordnung zu. Als die Reihen der Krieger aufeinander krachten entbrannte ein blutiger Kampf. Zuerst drängten die anrennenden Chaoskrieger die Herren der Ordnung zurück und versuchten in ihre Linien zu fahren. Doch die Besonnenheit der Hauptmänner lies dies nicht zu und so kam der Feind mehr und mehr zum Stehen. Dies nutzten die hinter den immer noch geschlossenen Linien stehenden Bogenschützen aus. Im ersten Pfeilhagel der Elfen fielen unzählige Krieger des Feindes bevor sie überhaupt daran dachten die Schilde zu heben. Nachdem so die Reihen der Chaoskrieger ausgedünnt waren gab Bigfoot den Befehl zum Sturm. Die geschlossenen Reihen lösten sich und die Herren der Ordnung stürmten in die verbliebenen Gruppen der Chaoshorde. Vor allem die Stahlwölfe zeichneten sich bei diesem Angriff besonders aus. Ihre oft geübten Sturmtaktiken zeigten überragende Wirkung beim Feind. Vereinzelt begannen die Chaoskrieger die Flucht zu ergreifen. Allen voran die Orks, die in ihrer Feigheit als erste bemerkten, auf wessen Seite sich das Schlachtenglück gewandt hatte. Menschen, Trolle und Skelette dagegen waren weniger einsichtig und setzten das blutige Ringen fort. Es kam die große Stunde der Barbaren. Bigfoot hatte sie bisher zurückgehalten, doch nun wollte er ihnen den Sieg gönnen. Die zwei Abteilungen Barbaren waren voller Blutdurst als sie endlich gegen die verbliebenen Feinde stürmten. Sie fegten wie ein blutiger Sturm über die Ebene und vernichteten jeden Feind. Die Barbaren waren wieder zu Berserkern geworden, setzten allen Flüchtigen nach und machten sie nieder. Schließlich war es getan. Die Herren der Ordnung hatten den Sieg am Barea davongetragen.


Sturm auf die Festung

Nach diesem großen Sieg gönnte Bigfoot seinen Truppen eine Pause. Er plante am kommenden Morgen weiter zu ziehen und die Festung des Chaoslords anzugreifen. Es hatte ihn etwas überrascht, den Lord nicht bei seinen Truppen vorzufinden, doch das war ihnen gelegen gekommen. Um so leichter waren sie mit ihnen fertig geworden. Bigfoot ging langsam durch das Feldlager und begutachtete die Verwundeten. Einige Heiler und Waldläufer eilten umher und versorgten die Wunden der Kämpfer. Der Tribun wurde an jedem Lagerfeuer freudig begrüßt und blieb oft einen Augenblick sitzen um den Soldaten zu zuhören. So verging die Nacht schnell und am nächsten Morgen machten sich alle zum Abmarsch bereit. Geier kreisten über der Eben wo die Schlacht stattgefunden hatte. Inzwischen hatten sich trotz des kühlen Wetters viele Fliegen eingefunden. Bigfoot hasste diesen Anblick, stellte er zum wiederholten Male fest, als sie weiter zogen und dabei das Schlachtfeld durchquerten. Seinen Kriegern ging es nicht anders. Immer wieder blieb ein Krieger stehen um sich zu übergeben. Nur den Barbaren schien der Anblick in einer gewissen Weise zu gefallen, lagen doch auf diesem Feld die Mörder ihrer Familien.

Noch am selben Tag erreichten sie die Festung. Sie lag auf einem Ausläufer des Bareas und war mehr als heruntergekommen. An einigen Stellen begannen die dicken Mauern einzustürzen. Das selbe Schicksal hatte auch schon einen der Seitentürme ereilt. Um Instandsetzung schien sich der Chaoslord zumindest nicht zu kümmern. Auf den Zinnen der alten Festung standen ausschließlich Skelettkrieger. Viele der Skelette waren mit Bogen bewaffnet. Ein schwarzes Chaosbanner wehte auf einem der verfallenen Türme. Bigfoot war sich nach einer Begutachtung der Befestigungen sicher, die Belagerung würde nicht all zu lange dauern. Trotzdem wollte er sicher gehen. Er schickte eine Gruppe Barbaren aus um am anderen Ende der Ebene Holz schlagen zu lassen. Hier gab es kein Holz, nur vereinzelt wuchsen Sträucher auf der Ebene, doch das Holz benötigten sie um Belagerungsgeräte zu bauen. Es konnte schließlich durchaus sein, dass es doch länger dauern würde die Festung zu stürmen. Was nun folgte waren die klassischen Taktiken einer Belagerung. Die Belagerten versuchten immer wieder mit ihren Bogenschützen den Feind zu erreichen, hatte dabei aber wenig Glück, da die Skelettkrieger keine guten Schützen waren. Im Gegenzug antworteten die Bogenschützen der New Steel Wind ebenfalls mit einem Pfeilhagel. Die besseren Bögen und das größere Geschick der Elfen zeigte dabei allerdings Wirkung. Immer wieder fiel ein Skelett in sich zusammen. Diesem Hin und Her konnten die übrigen Truppenteile nur zusehen. Sie bereiteten sich auf einen möglichen Ausfall vor. Nach einer Weile des Pfeileaustausches schickte der Tribun auch die Zauberweber ins Feld. Ihre Reichweite war ähnlich und ihre Manageschosse waren weitaus gefährlicher. Immer wieder erzitterten die Mauern der Festung unter den heftigen Einschlägen der magischen Energien und sogar ein weiterer Seitenturm stürzte in sich zusammen.

Inzwischen schleppten die Barbaren die ersten Stämme heran. In einer langen Schlange brachten sie immer mehr Holz. Die ersten Stämme wurden dazu verwendet, um an wichtigen Stellen wie vor dem Tor Barrikaden zu errichten. Ein Ausfall würde nun weitaus weniger Wirkung zeigen. Doch der Ausfall mit dem man nach dem heftigen Beschuss eigentlich rechnete, blieb immer noch aus. Es konnte gut sein, dass sich nicht genug Truppen in der Festung befanden um so einen Ausfall zu wagen. Vielleicht hatte der Chaoslord voll auf die erdrückende Masse seines Heeres gesetzt, dass am Vortag unterlegen war. Der Tribun befahl nun Rammböcke zu bauen. Wenn der Feind nicht zu ihnen kam, dann mussten sie wohl oder übel zum Feind. Außerdem befahl er den Bogenschützen mit brennenden Pfeilen zu schießen. Die Zauberweber stellten ihre magischen Angriffe, welche immer noch weiter liefen, ebenfalls auf Feuerbälle um. Als die Dämmerung langsam herein brach, brannte es in vielen Teilen der Festung. Flammen schlugen aus dem Hauptturm und das Chaosbanner hatte ebenfalls Feuer gefangen. Auf den Zinnen war nun kaum noch ein Skelett zu sehen. Das Dauerfeuer von Pfeilen und Feuerbällen hatte sie vertrieben. Es war an der Zeit die Rammböcke einzusetzen. Nachdem der Tribun den Befehl gegeben hatte, stürmte ein Trupp Barbaren mit einem Rammbock gegen das Tor. Ein unheimlicher Donner erklang über der Ebene, als sie den Rammbock immer wieder gegen das Tor stießen. Als das Tor begann nach zugeben, zog Bigfoot sein Schwert. Er wollte den Sturm der Festung anführen.

Mit einem lauten Krachen gab das Tor nach innen nach. Schnell stürmten einige Barbaren hinein, während andere den Rammbock zur Seite zogen. Bigfoot hob sein Schwert. „Für die Ordnung, für das Reich!“ Dann stürmte eine erste Abteilung den Barbaren nach in die Festung hinein. Sie wurden bereits erwartet. Unzählige Skelette versuchten die Barbaren zurück zu drängen und das Tor wieder zu verbarrikadieren. Bigfoot und die Anderen stürmten hinein und prallten auf den Feind. Schilde krachten, Schwerter klirrten und so mancher Knochen der Skelette brach. Bigfoot schwang sein Schwert und spaltete dem erstbesten Skelett den Helm und den darunter liegenden Schädel. Klappernd fiel es zusammen. Kaum war dies geschehen musste er mit seinem Schild auch schon einen Schlag von der Seite parieren. Im Hof der Festung war es sehr eng und es war leicht möglich, plötzlich ein Skelett im Rücken zu haben. Doch nun drängten die nachrückenden Abteilungen ebenfalls in die Festung und beteiligten sich an den Kämpfen. Nach und nach wurden die Skelette zurückgedrängt. Doch dann krachte eine Türe aus den Angeln. Ein riesiger Minotaur trat aus dem Schatten und schwang demonstrativ seinen Kriegshammer. Es war unverkennbar der Chaoslord. Mit einem bösartigem Knurren lies er seinen Hammer auf einen Barbaren niedergehen, welcher mit zerschmettertem Schädel zusammensank. Ein unheiliges Glühen lag in seinen Augen als der Minotaur auf Bigfoot zu trat. Als Bigfoot den ersten Schlag des Minotaur parierte, splitterte sein Schild. Es brach glatt in der Mitte mit einem lauten Knirschen auseinander. Im ersten Augenblick dachte Bigfoot sein Arm würde ebenso von ihm abfallen wie das Schild. Wie taub hing er an seiner Seite. Der mächtige Schlag hatte ihn regelrecht betäubt. Doch damit konnte er sich im Augenblick nicht aufhalten. Er sprang zur Seite um einem weiteren Schlag auszuweichen und führte dann sein Schwert gegen den Minotaur. Er traf den Lord auch und verletzte ihn am rechten Oberarm. Das schwächte seine Schläge zum Glück etwas ab. So gelang es Bigfoot in einem schnellen Ausweichmanöver ein weiteres Schwert aufzuheben. Er kämpfte zwar nur ungern mit zwei Schwertern, doch schien dies hier die beste Möglichkeit zu sein. Sein immer noch tauber Arm versuchte das Schwert zu halten, doch dies gelang nur mit großer Mühe. Bigfoot parierte geschickt einen Schlag und lenkte ihn gegen eine nahe Mauer, indem er den Hammer an seiner Klinge entlang rutschen lies. Das Ergebnis war ein Donnern wie ein Glockenschlag und ein großes Loch in der Mauer. Doch der Schlag hatte vor allem den Minotaur aus der Ruhe gebracht. Bisher hatte noch Niemand seine Schläge einfach abgelenkt. Diese Verwirrung nutzte Bigfoot und stieß vor. Er hielt die Schwerter hoch, die Klinge leicht nach unten geneigt und stieß sie nach dem Minotaur. Seine linker Arm hatte nicht genügend Kraft und so glitt das Schwert ab und verursachte nur eine oberflächliche Wunde. Doch die zweite Klinge bohrte sich tief in den Torso des Minotaur, der schmerzerfüllt aufbrüllte. Bigfoot sprang zurück um einem verzweifelten Hieb auszuweichen. Sein Schwert hatte er stecken lassen. Der Minotaur versuchte es noch aus sich heraus zu ziehen, als Bigfoot mit seinem anderen Schwert, dass nun in seiner Rechten lag, wieder zustieß. Dieses Mal traf die Klinge das Hals und ging glatt hindurch. Das andere Ende der Klinge brach durch den Nacken knackend wieder hervor. Knurrend brach der Minotaur zusammen.

Jubel brach bei den Herren der Ordnung aus. Denn inzwischen waren alle anderen Feinde besiegt worden. Der Zweikampf hatte viel länger gedauert als Bigfoot gedacht hatte. Sein Brustpanzer war rot vom Blut des Minotaur, dem er wohl die Halsschlagader durchstoßen hatte. Der linke Arm war immer noch taub, aber es reichte um die Arme in die Höhe zu recken. Der Jubel wurde ohrenbetäubend. Die Ordnung hatte gesiegt!


Der Heimweg

Nachdem die Festung eingenommen worden war zogen die siegreichen Herren der Ordnung zurück zur Hauptstadt des Nordreiches. Dort wurden die Truppen von der glücklichen Bevölkerung als große Helden gefeiert. Endlich hatten sie Gelegenheit, sich nach den wochenlangen Strapazen zu erholen und die mehrtägigen Feiern in Korgamat waren mehr als eine willkommene Abwechslung. Der Zweikampf zwischen dem Tribun und dem Chaoslord verbreitete sich wie ein Lauffeuer in der Stadt und da jeder ein neues Detail erfahren haben wollte, wurde der Kampf innerhalb eines Tages zu einem Wunder. Theoden Bärenklaue war überglücklich und hielt Wort. Er schickte mehrere hochrangige Vertreter mit dem Heer, als dieses sich nach drei Tagen Siegesfeiern zum Abmarsch in die Heimat bereit machte. So schnell wie gedacht kam das Heer allerdings nicht nach Hause. Es hatte inzwischen geschneit und so war der direkte Heimweg versperrt. Unter Anleitung der Vertreter von König Bärenklaue nahmen sie einen anderen Weg.

Der Umweg kostete sie einige Tage und ihre Vorräte waren dadurch arg vermindert. Daher entschloss man sich, ein benachbartes Tal zu besuchen, in dem ein Dorf gelegen war. Das Dorf gehörte nicht zum Nordreich und stellte ein eigenes Fürstentum dar. Sie wurden freundlich empfangen als eine Gesandtschaft das Dorf betrat um Lebensmittel zu kaufen. Das restliche Heer lagerte derweil etwas abseits. Der Fürst, der sie empfing war im Grunde kein echter Fürst. Der Mensch, der nur über dieses kleine Dorf herrschte schien mehr dem Bauernadel zu entstammen, also von seinen Bürgern gewählt zu sein. Zumindest lies dies sein Auftreten vermuten. Der junge Mensch mit einem kurzen Irokesenschnitt begrüßte sie freundlich, aber wenig förmlich. Die Kunde über den Sieg der Herren der Ordnung hatte man hier schon vernommen und so war man nicht überrascht ein großes Heer einziehen zu sehen. Als der Mann etwas unbeholfen begann seinen Dank auszusprechen, da durch den Sieg auch ihr Dorf gerettet worden war, schaltete sich eine junge Elfe ein. Ihr blondes lockiges Haar schimmerte im Schein der Sonne als sie das Reden übernahm. Bigfoot war amüsiert. Scheinbar handelte es sich um die Gemahlin des Fürsten. Nun zumindest wusste er nun, wer „Herr“ im Hause Darklighter war. So nannten sich die beiden zumindest. Gavin und Elenora Darklighter. Die Verhandlungen über den Kauf von Lebensmitteln war schnell abgeschlossen. Der Preis war natürlich sehr günstig. Damit drückten die Bauern ihren Dank aus und so manche junge Bäuerin drückte den Krieger einen flüchtigen Kuss auf die Wange, als diese später wieder abzogen. Aber sie hatten auch einen weiteren Begleiter gewonnen. Der junge Gavin Darklighter war fasziniert von den Geschichten die er über die Herren der Ordnung gehört hatte und folgte dem Heerzug um sich selbst ein Bild davon zu machen.


In der ewigen Stadt

Der Empfang war noch pompöser als in Korgomat. Als die Herren der Ordnung in ihre Stadt einzogen, wurden sie stürmisch begrüßt. Die Berichte über die gewonnenen Schlachten verbreiteten sich in Windes Eile und auch der Zweikampf mit dem Chaoslord wurde wieder zu einem Dauerbrenner. Baladnaran zeigte sich äußerst überrascht über die Entwicklung die der Feldzug genommen hatte. Faktisch war er nun Herr über ein doppelt so großes Reich. Ihm schien der Gedanken zuerst nicht zu behagen, schließlich siegte aber wieder sein Idealismus. Die Ordnung hatte wieder gesiegt und Früchte getragen. Zur Feier des großen Ereignisses wurde ein dreitägiges Fest ausgerufen. Ein Bankett folgte dem Anderen und ein nicht enden wollender Strom von Bier, Met und Wein ergoss sich aus den Fässern der Tavernen. Gavin Darklighter beäugte diese Feiern verwundert. Zum Einen wurde hier ein großer Sieg gefeiert. Auch sein Dorf war durch das Heer dieses Königs gerettet worden. Aber nachdem er mit dem Gefolge der Unterhändler des Nordreiches den König besucht hatte, schien es ihm, als wäre der König nicht wirklich an Eroberungen oder Machtausweitung interessiert. Es ging ihm viel mehr um diese Idee der Ordnung, von der er inzwischen eine Menge gehört hatte. Die Stadt selbst schien ein Beweis für die Toleranz des Reiches zu sein. Viele verschiedene Rassen lebten hier und heute feierten sie auch zusammen. Den König und sein Kreis aus treuen Gefährten schienen die Bürger wie Heilige zu verehren. Durch ihre heldenhaften Taten, der durch diesen Feldzug noch viele hinzugefügt worden waren, hatten sie dies alles ermöglicht. Je mehr Gavin bei seinen Wanderungen durch die Stadt sah, desto beeindruckter war er. Als die Festveranstaltungen geendet hatten, beschloss Gavin heim zu kehren. Von diesem Reich musste sein Dorf erfahren.

Die Verhandlungen, wie das Nordreich an die Herren der Ordnung angegliedert werden sollte, waren nicht so schnell vorüber. Es gab eine Menge zu planen und zu besprechen. Außenposten mussten verlegt werden, Straßen sollten gebaut werden. Taker blickte mit gequältem Gesicht auf die vielen Karten. Die Straßen waren eine Katastrophe. Dagegen war der Bau der Verbindung nach Coven ein Klacks gewesen. So vergingen die nächsten Monate. Bautrupps begannen Straßen auszubauen und kleine Kontingente der Herren der Ordnung errichteten Vorposten und Garnisonen im Nordreich um dessen Schutz zu verstärken. Wichtige Erze und andere Waren erreichten die ewige Stadt nun wesentlich häufiger und regelmäßiger. Die Stadt blühte weiter auf und wuchs erneut. Der Baumeister Taker hatte dadurch eine Menge mehr zu tun. Bauplätze waren zu vergeben, Rechte für Geschäfte zu verkaufen und außerdem musste er darauf achten, dass Niemand wild baute. Die Truppen dagegen ruhten sich aus. Die meisten Verletzten waren zwar wieder genesen und wieder bei ihren Abteilungen, aber außer einigen kleinen Übungen war es ruhig bei den Truppen. Der einbrechende Winter tat sein übriges. Wieder einmal trotze die neue Stadt dem Winter und bewies, dass sie trotz der erhöhten Lage gut mit den Winterstürmen zurecht kam. Als das Wetter wieder milder wurde und so die Straßen wieder freier waren, kehrte eine Reisender zurück in die Stadt. Gavin Darklighter war mit einer Delegation gekommen um den König zu sprechen. Da wenig geschehen war in den letzten Monaten, war dies eine große Sensation. Das Angebot des jungen Menschen ebenfalls. Sein Dorf und zwei weitere kleine Dörfer baten um den Anschluss an das Reich der Herren der Ordnung. Baladnaran dachte nicht lange darüber nach. Er nahm die drei Dörfer gern in das Reich auf. Gavin Darklighter schwor noch am selben Tag dem König seine Lehenstreue.


Das Imperium der Ordnung

Viele Besprechungen waren in den folgenden Wochen an der Tagesordnung. Das Reich war enorm gewachsen. Es gab nur wenige andere Reiche, welche sich an Größe mit den Herren der Ordnung messen konnten. Frieden und Wohlstand bestätigten das Vorgehen des Königs. Doch inzwischen gab es viele Stimmen, die eine abgeänderte Regierungsform wünschten. Das Reich war groß und mächtig, der Titel König schien dem kaum noch zu entsprechen. Er drückte einfach nicht mehr den vollen Willen, die Idee und das Konzept der Ordnung aus. Schließlich rieten die Berater dem König, sich zum Imperator krönen zu lassen und das Imperium der Ordnung zu gründen. Lange Zeit dachte der König darüber nach. Mehrere male brach er zum Schrecken seiner Leibwächter alleine in die Wälder auf um dort Ruhe zu finden. Dort blieb er oft Tage lang und erinnerte sich seiner Tage als einfacher Waldläufer. Manchmal lies er sich zumindest von seinem alten Freund Sindar Eltwyn begleiten. Wie damals, als ihnen die Idee gekommen war, welche schließlich in den Herren der Ordnung enden sollte, saßen sie am Feuer und sprachen lange miteinander. Es schien eine schwere Last für Baladnaran zu sein. Die große Verantwortung für so viele Bewohner des Reiches inne zu haben, war eine große Bürde. Sein Idealismus und sein Charisma hatten ihn sehr weit gebracht, stellte er fest. Nun stand er vor der Entscheidung, sich den mächtigsten Titel der Welt zu verleihen. Schon lange hatte es so etwas nicht mehr gegeben. Der Titel Imperator entsprach dem des Hochkönigs und würde sicherlich viele Feinde anziehen. Doch Sindar erinnerte ihn bei ihren Wanderungen immer an ihren Traum. Einen Traum, der in den Grenzen des Reiches schon in Erfüllung gegangen war. Nach fast einem Monat Bedenkzeit hatte der König seinen Entschluss gefasst. Die Zeremonie, bei dem sich der König selbst zum Imperator krönen würde, wurde festgelegt. Ein weiterer Punkte der Zeremonie sollten die Umgestaltungen des Heeres sein. Weitere Heereseinheiten würden ihre Banner aus der Hand des Imperators erhalten.

Der Tag rückte näher und immer mehr Abgesandte aus allen Teilen des Reiches trafen in der ewigen Stadt ein. So ein Gedränge hatte in der Stadt schon lange nicht mehr geherrscht. Alle Tavernen waren ausgebucht und immer noch drängten Schaulustige, Spione und Abgesandte anderer Reiche in die Stadt. Der Thronsaal war für die Zeremonie noch prächtiger geschmückt worden, als er sonst schon war. Alle Wappen und Symbole der einzelnen Teile des Reiches waren im Meer der Fahnen zu finden. Große Berge von Geschenke und Schriftrollen mit Grüßen, die die Tische fast einknicken ließen, komplettierten das Bild. Als der Abend herein brach, war es soweit. Unzählige Würdenträger des Reiches hatten sich versammelt und erwarteten den Beginn der Zeremonie. Stille legte sich über den Thronsaal und die umliegenden Räume, als Sindar Eltwyn in prächtigem Gewand die Stufen zum Thron emporstieg. „Höret Volk! Die Herren der Ordnung verkünden nun schon lange ihre Botschaft, ihre Idee der Ordnung. Sie bekämpfen das Chaos und schufen so einen Ort der Ruhe und des Friedens. Dies hier ist das Königreich der Ordnung, unter dem weisen Herrscher Baladnaran dem Drachenstecher. Unter seiner Führung und mit der Tatkraft seiner Recken wuchs das Reich und der Wohlstand. Kaum hatten sie diese Stadt gegründet, da schlossen sich viele Dörfer den Herren der Ordnung an. Schließlich ganze Gilde und ihre Heimatorte. Nun, nach dem großen Feldzug gegen das Chaos im Norden selbst ein ganzes Königreich! „Wahrlich! Die Herren der Ordnung regieren nun ein mächtiges Königreich. Doch ich frage Euch: Ist es noch ein Königreich? Ein Reich dieser Größe? Ich will Euch die Antwort auf diese Frage geben: Nein! Es ist kein Königreich mehr. Von nun an wird es etwas anderes sein.

Höret, höret Volk, Gesandte, Krieger und Reisende. Hiermit gebe ich bekannt. Das Königreich der Ordnung ist Vergangenheit. An dessen Stelle tritt nun das Imperium der Ordnung unter seinem Imperator Baladnaran, dem Drachenstecher!“ Nachdem Sindar Eltwyn dies verkündet hatte brandete Jubel auf. Der Lärm war ohrenbetäubend und wurde noch verstärkt als er im Thronsaal widerhallte. Unter diesem Jubel stieg der König Baladnaran die Stufen zum Thron empor. Er stellte sich vor dem Thron auf und blickte in den Saal. Der Jubel verklang schnell und man hätte eine Nadel fallen hören können, so still wurde es. Sindar Eltwyn sprach wieder: „Seht nun den König Baladnaran wie er die Krone des Reiches niederlegt.“ Bei diesen Worten nahm Baladnaran die Krone ab und legte sie auf ein rotes Samtkissen. „Hier steht er nun, Baladnaran der Drachenstecher! Der neue Imperator der Ordnung!“ Baladnaran griff zu einem zweiten, purpurnen Kissen auf einer marmornen Säule. Auf dem Kissen lag ein schlichter goldener Stirnreif mit dem Symbol der Ordnung eingraviert. Er nahm den Stirnreif, hielt ihn hoch, damit die Menge ihn sehen konnte, dann setzte er sich den Reif auf die Stirn und lies sich auf dem Thron nieder. Sindar rief laut: „Preiset Euren Imperator!“ Abermals brandete Jubel auf und vielerlei Kopfbedeckungen flogen durch die Luft.

Im weiteren Verlauf der Zeremonie wurden die bestehenden Gilden in die neue imperiale Ordnung aufgenommen und leisteten ihren Eid auf den Imperator. Ebenso schwor der Tribun und seine Hauptleute erneut auf den obersten Herrn der Ordnung. Schließlich erhielt jede Heereseinheit eine neue Standarte, welche das imperiale Wappen der Ordnung zierte. Nachdem so alle Kräfte der Herren der Ordnung im neuen Imperium vereint waren, war es an der Zeit die Belohnungen für den letzten Feldzug und andere Leistungen zu vergeben. Auch aufgrund der Umgestaltung des Reiches, ernannte Baladnaran seine Berater Sindar Eltwyn, Tohen und Taker zu seinen Generalprotektoren für verschiedene Aufgaben. Sein Tribun und Feldherr Bigfoot erhielt ebenfalls diesen Rang und war damit faktisch sein direkter Vertreter im Reich. Nur Bigfoot hatte genau wie Baladnaran das Kommando über die Truppen. Schon allein die zeigte wie sehr der Imperator seinem Tribun vertraute. Eine weiterer Höhepunkt des Abends war die Neugründung zweier Heereseinheiten. Sie hatten sich als Abteilung im letzten Feldzug sehr verdient gemacht und nach diesem eine Art Verbund gegründet. Nun wurde dies legitimiert und in den Stand einer Heereseinheit erhoben. Die Hauptmänner der Abteilungen knieten vor dem Thron. Über ihnen stand der Imperator in Purpur gehüllt, in der Rechten ein magisch schimmerndes Schwert. Ranarion Venator erhielt zuerst den Ritterschlag, der ihn zu einem Hauptmann einer Heereseinheit machte. Nach dem Schlag erhob er sich würdevoll und nahm das Banner seiner neuen Heereseinheit entgegen. „Aus imperialer Hand gebe ich dir die Standarte Eurer Heereseinheit. Der Freiheitsbund möge der Ordnung dienen und jegliches Chaos vertreiben. Schützt das Imperium mit all Eurer Kraft und Eurem Leben,“ sprach Baladnaran. Als Ranarion zurücktrat bewegte sich das Banner und man konnte Details erkennen. Auf grünem Grund war ein silbernes Kreuz zu sehen, eingefasst durch einen Kreis und durchstoßen von einem Schwert. Als nächstes wand sich der Imperator an Calis Avery von Finstermoor. Auch er kniete vor dem Thron und empfing den Ritterschlag. Nach diesem Akt erhielt auch er das Banner seiner neuen Heereseinheit. Auf diesem war ein zwischen zwei hellen Symbolen der Ordnung die dunklen Umrisse eines Draken zu sehen. Es war das Zeichen für ihre Leistung im Feldzug. „Aus imperialer Hand gebe ich dir die Standarte Eurer Heereseinheit. Die Lords of Dragons mögen der Ordnung dienen und jegliches Chaos vertreiben. Schützt das Imperium mit alle Eurer Kraft und Eurem Leben,“ sprach Baladnaran. Calis nahm die Standarte, verneigte sich ebenfalls und trat zurück ins Glied.


Vorzeichen

Das nächste halbe Jahr verlief gerade zu perfekt. In alle Teile des Reiches entwickelte sich Wohlstand und der Frieden blieb weiter erhalten. Taker hatte die Bauprojekte fast völlig abgeschlossen. Inzwischen führte eine gut ausgebaute Straße auch in den Norden. Außerdem waren weitere Grenzposten errichtet worden. Nach diesen schweren Aufgaben war es für Taker geradezu eine Freude wieder die Planung der Stadt in Angriff zu nehmen. Weitere Gebäude, vor allem private Häuser wurden errichtet. Geschäfte wurde inzwischen meist von der Stadtverwaltung errichtet und dann versteigert. Ein wildes Bauen oder gar zuviel Konkurrenz der Geschäfte sollte vermieden werden. So erblühte die Stadt noch mehr in jener Zeit und wuchs über die alten Stadtmauern hinaus. Daher wurde schon bald eine weitere äußere Mauer in Angriff genommen. Auch wenn die Gefahr durch Angreifer gering war, wollte man vorbereitet sein. Erst kürzlich hatte es an den westlichen Grenzen einen Orküberfall gegeben.

Einen Abend nachdem Baladnaran eine Strafexpedition in die orkverseuchten Gebiete befohlen hatte, stand er auf einer Dachterrasse und überblickte wieder einmal die ewige Stadt. Schon oft hatte diesen Blick genossen und dabei Entschlüsse gefasst. Der Lärm der Straße drang leise zu ihm herauf als er über die befohlene Strafexpedition nachdachte. Vermutlich würde sein Tribun reiche Beute für das Imperium mitbringen und damit die Wirtschaft weiter ankurbeln. Es lief alles bestens. Bis auf diesen kleinen Grenzkonflikt schien alles ruhig zu sein. Sein Traum war im Grunde erfüllt. Natürlich gab es immer noch unglaublich viele Orte, die vom Chaos heimgesucht wurden. Doch nun gab es einen Ort, ein Reich, eine Macht, welche sich gegen diese Gefahr stemmte. Zufrieden blickte er auf die Stadt und das Getümmel auf dem Platz um den Baum des Lebens. Was er unter sich sah war mehr als er je erhofft hatte. Aber sein Erfolg machte ihm auf irgendeine Weise auch Angst.


Die Strafexpedition

Mit einem kräftigen Hieb trennte Bigfoot dem Orkchampion den Kopf vom Rumpf. Die Schlacht war geschlagen, die überlebenden Orks versuchten nach dem Tot ihres Stammesführers zu fliehen. Die Lords of Dragons und der Freiheitsbund setzten ihnen aber bereits nach. Bigfoot blickte zufrieden auf den Berg besiegter Orks. Sie hatten das Camp ausgeräuchert, welches ihren Grenzposten und einige Gehöfte überfallen hatte. Diese Expedition war sehr nützlich gewesen. Bigfoot hatte die neuen Heereseinheiten im Feld erproben können und sie mit anderen Teilen des Heeres zusammen arbeiten sehen. Es funktionierte alles recht gut. Da die beiden neuen Heereseinheiten schon vorher gedient hatten, gab es in Sachen Taktik wenig Probleme. Gut, die Kommunikation war noch ein wenig schwierig, aber das würde sich auch geben, wenn sich die Hauptleute eingewöhnt hatten. Während Bigfoot über die Erfahrungen mit der Truppe nachdachte, hatten die Truppen alle Orks denen man noch habhaft werden konnte getötet. Andere Krieger hatten bereits begonnen das Camp noch einmal zu durchsuchen oder machten sich daran bei den von ihnen erschlagenen Orks nach Beute zu suchen. Duncan Idaho beobachtete mit seinem Kameraden Malebolgia wie zwei Karren mit Beute beladen wurden. Alles wertvolle wurde von Duncan in einer Liste notiert um später festzustellen was alles erbeutet worden war. Das Camp musste eine ganze Menge Dörfer geplündert haben, denn die zwei Karren waren fast voll, als Duncan seine Liste schloss und an den Tribun weitergab. Das eine oder andere Gut würde wohl seinen Weg zurück in die geplünderten Dörfer finden. Dafür würden die Garnisonstruppen sorgen. Aber Duncan war sich sicher, dass eine große Menge davon übrig blieb. Dieser Teil der Beute würde versteigert werden um dann dem Ausbau der Dörfer und Städte zugute zu kommen. Vielleicht konnte damit die Gilde Coven ihren Magierturm fertig stellen, der ihre Stadt krönen sollte.


Coven

Die Delegierten der Gilde Witchcraft begrüßten den Imperator und seine Begleiter freundlich und führten sie mit ausschweifenden Erklärungen durch die neuen Teile von Coven. Der Ort war in letzter Zeit sehr stark gewachsen. Zum Teil hatte er die Last des neuen Zuzugs der ewigen Stadt übernommen. Aber außerdem war Coven zu einem wichtigen Ort der magischen Schulen geworden. Viele Lehrer fanden sich hier und im Grunde konnte man von einer Akademie der Magier sprechen. Heute war der Tag an dem der Imperator Coven das Stadtrecht übergeben würde. Szador und Molly Witchblade empfingen Baladnaran an der Stelle, an welcher der Baum des Lebens gepflanzt werden sollte. Mit diesem Akt, den der Imperator vornehmen würde, erhielt Coven das imperiale Stadtrecht. Nach einer kurzen Rede überreichte Baladnaran Molly Witchblade die Urkunde und setzte dann den Samen des Baumes ein. Außerdem setzte man eine Steinplatte vor den Flecken Erde, wo der Baum erblühen sollte. Auf dem Stein war zu lesen: Hier erblüht die Saat der Ordnung. Mit diesem Lebensbaum erhält Coven das imperiale Stadtrecht aus der Hand des Imperators Baladnaran dem Drachenstecher. Den ganzen Abend wurde in der Stadt ein großes Fest gefeiert um diesen Tag zu würdigen. Unzählige Magier führten kleine Zaubertricks vor und erfreuten jung und alt. Speis und Trank waren im Überfluss vorhanden, denn die Gilde Witchcraft hatte ihre Taverne für jedermann geöffnet. Der Besitzer Kickerson McSteel stand persönlich hinter dem Tresen um die vielen Gäste zu bedienen.

Für Baladnaran gingen die Amtsgeschäfte jedoch weiter. Nachrichten von der Strafexpedition waren eingetroffen und diese sprachen von einem vollen Erfolg. Das freute den Imperator natürlich. Eine weitere Gefahr weniger für das Imperium. Andere Berichte sahen nicht so rosig aus. Zwar kamen diese Berichte von weit her, doch Feuer konnte immer schnell übergreifen. In diesem Fall handelten die Berichte von Gildenkriegen um die Kontrolle über Städte. Zwar hatte das Imperium wenige Gegner zu fürchten. Sollten sich aber kleinere Gruppierungen zusammenschließen um die Ewige Stadt, Coven oder die umliegenden Ortschaften zu erobern, wäre dies eine ernsthafte Bedrohung. Daher zog Baladnaran es vor, über alles im Bilde zu sein. Ob nun im Imperium oder in anderen Reichen, die Spione der Herren der Ordnung waren überall. Es gab sogar eine eigene Abteilung für die Aufklärung hinter den Linien. Die Assasinen der imperialen Klaue. In dieser Nacht erreichten ihn aber auch eine andere schlechte Nachricht. Sie kam aus seiner alten Heimat, dem kleinen Elfenreich. Der Bericht war schon fast veraltet, denn seine Heimat lag weitab vom Imperium der Ordnung. Nie hatten die Elfen auf Boten des Imperators geantwortet. Baladnaran hätte sich sehr ein Bündnis mit seinem alten Lehensherrn gewünscht. Schließlich hatte er im Grunde dessen Auftrag ausgeführt, indem er die Herren der Ordnung gegründet hatte. Doch die Boten waren immer an den Grenzen abgewiesen worden. Besorgt las Baladnaran den in knappen Worten abgefassten Bericht des Kundschafters. Alles war sehr vage gehalten, denn die Informationen stammten nicht aus erster Hand. In einer Taverne hatte ein Reisender von Verrat im Haus des höchsten Elfen des Reiches gesprochen. Es gab einen Erbenstreit unter den Söhnen des verstorbenen Herrschers. Das Land war angeblich gespalten, aber noch verhandelte man. Es hätte keine Kampfhandlungen gegeben, so der Bericht. Trotzdem war Baladnaran voller Sorge um seine Heimat, die Nachricht war veraltet. Vieles konnte in der Zwischenzeit geschehen sein. So sehr wie schon lange nicht mehr verspürte er das Verlangen ein einfacher Waldläufer zu sein und wie früher durch das Land zu streifen. Vor seiner Krönung zum Imperator hatte er sich zum letzten Mal diesen Luxus gegönnt um über diese Dinge nachzudenken. Seine Leibwache hatte er dadurch schier in den Wahnsinn getrieben, hatte er später amüsiert feststellen müssen. Immer war in seiner Nähe eine halbe Kohorte gewesen um so schnell wie möglich einzugreifen. Zu seinem Kummer hatte er sie mit seinen eingerosteten Waldläufer Fähigkeiten zuerst gar nicht entdeckt. Das hatte ihm doch sehr zu denken gegeben. Würden seine Fähigkeiten als Anführer ebenfalls eingerostet sein wenn er erst einmal einige Jahre auf dem Thron saß, fragte er sich damals. Abermals schweiften seine Gedanken zu seiner alten Heimat und was dort wohl vorging. Mit tiefen Sorgenfalten auf der Stirn entließ er für diesen Abend seine Berater und Berichterstatter um sich etwas auszuruhen.


Entscheidungen

Sowohl der Imperator als auch die Beteiligten der Strafexpedition waren in die ewige Stadt zurückgekehrt. So kam es, dass wieder eine Sitzung die nächste Versammlung jagte. Ein kleines Festbankett zu Ehren der erfolgreichen Expedition lockerte dies etwas auf, aber konnte bei Baladnaran nicht jene düsteren Gedanken vertreiben, die er schon auf der gesamten Rückreise von Coven hegte. Immer wieder musste er an das kleine Elfenreich denken. Die Idylle zwischen den hohen Bergen. Seine Heimatstadt an den Berghängen, durchzogen von kleinen Wasserfällen. So spürten viele Anwesenden bei den kommenden Sitzungen, dass der Imperator oft mit seinen Gedanken an anderen Orten war. Nur seine engen Berater wagten es dies zur Sprache zu bringen, doch Baladnaran wehrte sich dagegen und meinte, er sie nur etwas müde gewesen. Baladnaran hätte jedoch seine Berater schlecht gewählt, wären sie nicht dahinter gekommen was ihren Herrn bedrückte. Auch sie hatten die Berichte über Baladnarans Heimat gelesen. Nicht zu Unrecht hatten sie mit Sorge beobachtet, wie er die neuen Berichte gelesen hatte. Diese neuen Berichte sprachen von Bürgerkrieg, dem Einfall von Orkhorden und allgemeinem Chaos. Als einen Monat später abermals ähnliche Berichte eintrafen, entschloss sich Baladnaran wieder einmal in die Wälder zu ziehen. Seine Leibwachen waren darüber, wie schon einmal, mehr als besorgt. Doch Sindar Eltwyn versprach gut auf seinen alten Freund aufzupassen. Das dies den Leibwachen nicht genügte war offensichtlich, aber schon wenige Tage nach ihrer Abreise hatten die Wachen ihre Schützlinge aus den Augen verloren.

Bigfoot hatte für die Dauer der Abwesenheit des Imperators die Amtsgeschäfte übernommen. Er und die anderen Generalprotektoren führten das Reich auf seinem alltäglichen Weg. Wären die Gerüchte über die Wanderungen des Imperators nicht gewesen, hätte man gar nicht bemerkt, dass Baladnaran nicht anwesend war. Die Gerüchte besagten, dass Baladnaran nicht zurückkehren würde. Natürlich machte sich darauf Unruhe breit. Gerüchte waren ein gefährliches Gift und konnten sich schnell zu einem Problem ausweiten. Doch das Vertrauen in die Generalprotektoren und den Tribun Bigfoot waren groß. So blieb das Volk ruhig und harrte der Dinge die kommen mochten. Nach vielen Wochen jedoch, entgegen aller Gerüchte, kehrte der Imperator wieder zurück. Völlig unerwartet kam er durch die Tore der Stadt, in zerschlissener Kleidung und völlig verdreckt. Kaum jemand erkannte ihn, als er so durch die Straßen ging und die wachsende Stadt betrachtete. Erst als er fast vor dem Palast angekommen war, erfuhr man dort von seinem Kommen und schickte eine Eskorte. So bot sich dem Volk ein seltsames Bild, als zwei heruntergekommene Waldläufer von einem Großaufgebot der Leibgarde des Imperators zum Palast geführt wurden. Sofort wurde zu einem großen Festbankett geladen um diesen Augenblick zu feiern. Bei einem regelrechten Gelage feierte man den Imperator und lauschte seinen Geschichten. Sichtlich erschrocken wirkten die Leibwachen als Baladnaran von Gefechten mit Orks berichtete. Es war als wären ihre schlimmsten Albträume wahr geworden. Aber die restlichen Zuhörer waren begeistert. Ihr Imperator hatte eigenhändig die Grenzen vor Gefahren geschützt. Welcher Herrscher konnte dies schon von sich behaupten. Es war natürlich klar, dass bereits am nächsten Morgen diese Geschichte in legendären Ausschmückungen die Runde in der Stadt machen würden Zum Abschluss des Banketts begann Baladnaran über das Imperium zu sprechen. „Meine Freunde, ich habe nun lange Zeit der Ordnung gedient. Als Krieger, König und nun als Imperator. Die Herren der Ordnung sind ein Wunder. Man könnte sagen der Allvater selbst habe uns die Chance ermöglicht, diese Gemeinschaft aufzubauen. Wir haben gegen so manchen Feind, so manche Ausgeburt des Chaos gekämpft. Sicherlich setzte man uns auch ab und zu schwer zu. Keine Schlacht ist ohne Verluste zu gewinnen. Niemand kann behaupten die Herren der Ordnung seien Halbgötter. Doch eines sage ich Euch. Das Imperium der Ordnung hat eine Eigenschaft, welches ihre Stärke ausmacht. Die Ordnung und damit das Imperium ist wie eine Hydra, die vielköpfige Schlange. Mag das Chaos auch einen Kopf abschlagen. Für jeden abgeschlagenen Kopf wachsen zwei Neue nach. Die Ordnung wird nicht unterliegen. Wir werden nicht unterliegen!“ Mit diesen Worten hob er seinen Becher voll Wein. „Auf das Imperium der Ordnung!“ Man prostete sich nach dieser Rede noch lange zu und setzte das Gelage bis spät in die Nacht fort. Doch der Imperator zog sich schon recht früh nach seiner kleinen Ansprache zurück. Sindar folgte ihm kurz darauf.


Ein neuer Imperator

Es war ein kühler Morgen als Bigfoot zum ersten Mal in den Hof seines kleinen Anwesens trat. Er tauchte den Kopf kurz in eine große Schale mit Wasser und war sofort hell wach. Trotz der langen Feier am Vorabend hatte er sich vorgenommen einen Besuch bei den Truppen in der Stadtgarnison zu machen. So war er schon recht früh auf den Beinen und hatte bereits gefrühstückt, als er zum Imperator gerufen wurde. Bigfoot war überrascht über diese plötzliche Bitte zu erscheinen, immerhin war gerade erst die Sonne aufgegangen. Eiligst legte er seine Uniform an um auch angemessen vor seinem Herrn zu erscheinen. Baladnaran saß auf seinem Thron, trug aber nicht das übliche imperiale Purpur. Er und Sindar waren wie Waldläufer gekleidet. Die anderen Generalprotektoren trafen kurz nach Bigfoot ein, die meisten unrasiert und müde dreinblickend. Sie waren weitaus deutlicher von den letzten Nacht gezeichnet, da sie dem Met noch länger als Bigfoot zugesprochen hatten. Als alle versammelt waren stand Baladnaran von seinem Thron auf. „Ich habe eine Entscheidung getroffen. Ich möchte zusammen mit meinem alten Freund Sindar zurück in meine Heimat und dort helfen die Unruhen zu beseitigen.“ Die Münder aller Zuhörer standen weit offen. Schließlich antwortete Bigfoot. „Aber Herr, das Imperium braucht Euch!“ Baladnaran schüttelte den Kopf. „Nein, es braucht nicht mich. Das Imperium braucht nur einen Führer. Erinnert Euch was ich gestern gesagt habe. Ich bin nicht das Imperium der Ordnung. Ihr seit es!“ Taker hatte sich nun ebenfalls gefasst. „Dann nehmt wenigstens eine Kohorte Krieger mit Euch ...“ begann er. Sindar unterbrach ihn mit gequältem Lächeln. „Versucht es erst gar nicht. Ich habe ihn lange versucht davon abzubringen ohne Truppen zurückzukehren. Doch er will es so.“ Baladnaran nickte stumm, doch nach einem Augenblick sprach er wieder zu seinen Beratern: „Versteht mich nicht falsch meine Freunde. Ich fliehe nicht vor Euch, vor dem Imperium. Als ich in den Wäldern war, ja ich gebe zu, ich fühlte mich wieder frei. Wie damals, bevor alles begann. Keine Verpflichtungen, kein Ziel, nur die Aufgabe Orks aufzuspüren. Meine Gedanken jedoch waren selbst bei meinen Ausflügen immer bei Euch und dem Imperium. Ich konnte meine Aufgabe nicht verleugnen. Aber dann...“ Er stockte einen Augenblick. Sindar Eltwyn half seinem Freund aus. „Wir trafen auf eine kleine Gruppe Elfen in den Wäldern. Sie flohen aus unserer Heimat.“ Baladnaran nickte. „Versteht ihr? Unsere Heimat. Jenes Idyll des Friedens und der Schönheit. Nie war es dem Bösen, dem Chaos gelungen in unsere Grenzen einzudringen. Alle Feinde haben wir zurückgeschlagen. Doch was geschieht nun?“ Wieder machte er eine Pause. „Meine Verwandten vernichten sich selbst in einem grausamen Krieg um die Krone.“ Betretene Stille lag über dem Thronsaal, bevor Baladnaran weiter sprach. „Dies ist nicht alles. Die Elfen brachten auch für mich persönlich sehr schlechte Kunde. Ihr wisst dies nicht, aber meine Eltern besitzen ein kleines Gut in meiner Heimat. Die ganze Gegend ist geplündert worden, über den Verbleib meines Vaters und meiner Mutter ist nichts bekannt. Obwohl einer der Flüchtlinge auf dem Gut gelebt hat, wusste er nicht genau was geschehen ist.“ Sindar trat neben Baladnaran und legte seine Hand auf dessen Schulter. „Ihr versteht also, wir müssen zurückkehren.“ Wieder herrschte Stille, niemand wagte etwas zu sprechen und auch wusste niemand was er sagen sollte. Nach dieser Pause wand Baladnaran sich schließlich an Bigfoot. „Du wirst mein Nachfolger sein. Ich habe lange über dieser Entscheidung gebrütet, doch ich bin mir sicher Bigfoot, du bist der richtige. Die Truppen vertrauen dir und folgen dir fast mehr als mir. Dein strategisches Geschick wird dir auch in politischen Dingen sehr nützlich sein.“ Bigfoot war aschfahl geworden und spürte wie sich sein Magen zusammen zog. „Aber ... ich ...“ stotterte er. Doch Baladnaran lächelte: „Das Imperium hat seinen neuen Anführer. Ich hoffe die anderen Generalprotektoren sind damit einverstanden.“ Die Anderen, ebenfalls von den Ereignissen überrollt, nickten stumm. Erst nach einigen Augenblicken knieten sie vor Bigfoot nieder und schworen ihm Treue. Betäubt lies Bigfoot diese Zeremonie über sich ergehen ohne wirklich zu begreifen was vor sich ging. Von da an ging alles sehr schnell. Noch am Morgen verbreiteten Kuriere die Nachricht vom neuen Herr über den Drachenstecherthron. Zusammen mit dem Imperator verließ auch Sindar Eltwyn sein Amt um Baladnaran zu begleiten. Eine weitere Änderung war der Rücktritt Tohens. Er nutzte die Gelegenheit um sich von nun an mehr seiner Familie zu widmen. Als Ersatz folgte Galandril in das Amt eines Generalprotektors.

Die Nachricht war ein großer Schock, doch schon zur Mittagszeit hatten sich große Menschenmassen vor dem Regierungssitz versammelt. Wie ein Lauffeuer hatte sich die Nachricht verbreitet. Eigentlich hatte es der Herolde nicht benötigt. Jeder wußte es bereits und trotz allem Vertrauen in den Tribun stand ihnen die Sorge ins Gesicht geschrieben. Diese Sorge war es, die sie vor den imperialen Palast getrieben hatte. Baladnaran und Bigfoot, nun beide in das imperiale Purpur gehüllt, standen auf einem Balkon von dem man den ganzen Platz vor dem Palast überblicken konnte. Als sie hinaus getreten waren, war die Menschenmenge still geworden. „Höret mich, Volk der Ewigen Stadt!“ rief Baladnaran. „Vor Euch stehen zwei Imperatoren. Der Alte und der Neue! Für mich ist es Zeit andere Wege zu gehen. Andere Aufgaben erwarten mich. Glaubt den Herolden wenn sie verkünden, ich breche in meine Heimat auf. Es ist die Wahrheit!“ Er nahm seinen goldenen Stirnreif vom Kopf und setzte diesen Bigfoot auf. „Nun ist der alte Imperator nur noch ein einfacher Waldläufer. Das was ich immer war, was ich immer sein werde. Dient dem Imperator der Ordnung, Herr über den Drachenstecherthron, wie ihr mir Untertan ward. Schwört ihm die Treue, schwört auf die Ordnung, dass ihr unter seinem Banner, unter dem Banner der imperialen Ordnung gegen das Chaos zieht!“ Die Leute auf dem Platz verneigten sich und schworen dem neuen Imperator ewige Treue. Jubel über die so vollzogene Übergabe der imperialen Würden brach aus. Der neue und der alte Imperator blickten auf ein Meer von jubelnden Bürgern der Ewigen Stadt hinab. Als bereits der Abend hereingebrochen war, marschierten Abteilungen jeder Heereseinheit auf dem Platz unterhalb des Balkons auf. Prächtige Banner wehten im Wind und ihre Waffen und Rüstungen waren blitzblank poliert. In der untergehenden Sonne ein wahrlich bewegender Anblick. Sie alle schworen im Namen des imperialen Heeres die Treue auf den neuen Imperator Bigfoot. Als der Mond aufging, brach Baladnaran auf. Auf seinem ganzen Weg hinab von der Stadt auf dem Berg bis in die Ebene standen Bürger und Soldaten Spalier. Fackeln erhellten den Weg und man verabschiedete den ersten Imperator der Ordnung. Eine ganze Abteilung Waldläufer der New Steel Wind begleitete die zwei Gefährten bis zu den Grenzen des Imperiums. Dann setzten Baladnaran und Sindar ihren Weg alleine fort. Nicht ohne das Versprechen zu geben wieder zu kommen. Sollten alle Probleme und Fragen gelöst sein.

Von diesem Tag an war ein Mensch an der Spitze des Imperiums, doch alle Rassen dienten dem neuen Imperator mit gleicher Loyalität wie ihrem alten Herrn. Das Imperium nahm im Verlauf der Zeit weiter an Macht zu. Viele neue Krieger schlossen sich den Herren der Ordnung an um gegen das Chaos ins Feld zu ziehen. Schlachten wurden geschlagen. Es kam zu Kämpfen mit dem Chaos, auch Feldzüge gegen andere, feindseelige Gilden, welche die Herren der Ordnung beneideten. Doch dies ist hier nicht Gegenstand der Geschichte. Mit den ersten Jahren der Amtszeit Bigfoots als Imperator endet die Gründungsgeschichte der Herren der Ordnung.